Religiosität ist auch eine Frage der Gewohnheit.
Je einfältiger der Mensch, desto mehr braucht er Strukturen
und Rituale.
Man geht in die Kirche, weil man immer hingegangen ist und
weil alle anderen auch dahin gehen. Trott, Mitläufertum, Gruppendruck und
Denkfaulheit sind die Zutaten, mit denen der Pastor seine zahlenden Schäfchen
in die Kirche holt.
Schäfchen, die für eine nachweislich unwirksame Therapie
zahlen.
Wenn es drauf ankommt, hat der Glaube noch nie geholfen.
Auschwitz hat das gezeigt.
Deswegen montieren Domherren lieber einen Blitzableiter auf
den Kirchturm statt auf Gottes Schutz zu vertrauen. Daher fahren Päpste in
gepanzerten Limousinen.
Daher betet niemand für das Nachwachsen amputierter
Gliedmaßen oder das Wiederauferstehen verstorbener Geliebter – wenn es erst
ist, wissen sie, daß ihr angeblich allmächtiger Gott nicht helfen kann.
Das Zünden der stärksten päpstlichen Superwaffe, dem Urbi et Orbi;
und der von Trump ausgerufene „nationale Gebetstag gegen Corona“ hatten nicht
nur gar keinen Effekt, sondern seitdem stiegen die Fallzahlen der Infizierten
und Toten exponentiell an.
Für religiöse Führer sind die leeren Gotteshäuser ein
Problem, weil sie erstmals die Gewohnheiten der Gläubigen für längere Zeit
unterbrechen.
Dabei könnten sie metaphysisch entwöhnt werden – wie bereits
die große Majorität der Menschen, die ohnehin nie in Gottesdienste geht. Man
muss den Schritt nur einmal wagen und merkt dann wie viel angenehmer man den
Sonntag verbringen kann.
Sonntags in die Messe zu gehen ist wie das STERN-Abonnement,
das ich seit Teenagertagen hatte. Man ist so sehr dran gewöhnt donnerstags im
neuen Heft zu blättern, daß man sich gar nicht vorstellen kann, daß an dem Tag
nur noch die ZEIT allein im Briefkasten liegen soll.
1993, mit dem Erscheinen der „WOCHE“, der linksliberalen
Zeit-Alternative vom Manfred Bissinger, die ich von der ersten Ausgabe an
abonniert hatte, kündigte ich das STERN-Abo.
Meine Tante, meine Mutter, mein Onkel beglückwünschten mich
zwar – du hast ja Recht, man muss den
STERN wirklich nicht mehr lesen; das ist doch ein reines Boulevardblatt
geworden – trauten sich aber zunächst nicht den Schritt ebenfalls zu gehen,
weil sie die Zeitschrift seit Dekaden gewöhnt waren.
Ich war ihr Versuchskaninchen. Mal sehen wie lange es dauert
bis der Junge jammert und den STERN zurückwill.
Wie sich herausstellte, war aber nur die Vorstellung nun
keinen STERN mehr zu haben so unangenehm, den nächsten Donnerstag vermisste ich
ihn noch im Briefkasten, aber nach kürzester Zeit hatte ich das bunte Ding
vollkommen vergessen. Aber wenn ich danach gefragt wurde, drängte ich natürlich
den Rest der Familie ebenfalls die Abos zu kündigen, weil es so eine
Erleichterung und Ersparnis (Geld, Zeit und Altpapier) war.
Pfaffen fürchten sich nun davor, ihrem Schafsherden-Rudiment
könnte es genauso gehen.
Daher drängen sie darauf ihre sakralen Geldsammel-Einrichtungen
möglichst schnell wieder zu füllen und drängen die Bundes- und
Landesregierungen die Kirchen wieder zu
öffnen.
Hier hinkt der STERN-Vergleich dann allerdings sehr. Das
Magazin zu lesen oder nicht ist sicher keine Frage des Überlebens. In Zeiten
von Corona ist der Kirchgang allerdings potentiell tödlich. Insbesondere wegen
der Altersstruktur der Kirchgänger. Auf den Kirchenbänken sitzen weitgehend
Grauhaarige, die sehr viel eher an Covid19 sterben.
Angela Merkel, die Pastorentochter von der C-Partei CDU hegt
alle Sympathien für die Kirche. Aber sie ist eben auch Bundeskanzlerin, die
ihren Amtseid (anders als Trump) so versteht möglichst keine Bürger zu töten
und daher bleibt es beim Gottesdienstverbot.
[…..] Kanzlerin Merkel und die Länder haben sich in der Corona-Krise darauf
geeinigt, die Kontaktbeschränkungen zu verlängern. Doch die Maßnahmen werden
gelockert: Ab Montag sollen mehr Geschäfte wieder öffnen.
Bund und Länder haben sich bei ihren Beratungen auf eine Verlängerung
der Kontaktbeschränkungen verständigt. "Es darf jetzt kein falsches
Vorpreschen geben", sagte Bundeskanzlerin Merkel nach einer
Telefonkonferenz mit den Ministerpräsidenten der Länder. Man habe zwar etwas
erreicht - die Krankenhäuser, die Ärzte und die Pflegekräfte seien nicht
überlastet worden. Aber das sei nur ein Zwischenerfolg, "ein
zerbrechlicher Zwischenerfolg", warnte Merkel. […..]
Vor sie Alternative gestellt die Gläubigen einer tödlichen
Seuche auszusetzen und damit einige Schäfchen unter die Erde zu bringen, oder
auf ihre Einnahmen zu verzichten, entscheiden sich die Bischöfe anders als die
Kanzlerin und Ministerpräsidenten.
Katholiban-Chef Bätzing – „Corona ist ein Glücksfall der Geschichte“
– ist sauer.
[….] Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof
Georg Bätzing, äußerte in einer ersten Stellungnahme Unverständnis zu der
Entscheidung in Bezug auf öffentliche Gottesdienste. "Die heutigen
Beschlüsse der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten zum weiteren
Vorgehen gegen die Corona-Pandemie haben wir zur Kenntnis genommen. Wir sind
den politisch Verantwortlichen dankbar für ihren Einsatz", so Bätzing in
einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung.
"Die Ostertage haben gezeigt: Gottesdienste geben vielen Millionen
Menschen Orientierung und Halt unter den schwierigen Lebensbedingungen der
Krise. Mit Enttäuschung nehme ich allerdings zur Kenntnis, dass das Verbot von
öffentlichen Gottesdiensten aller Religionsgemeinschaften derzeit erhalten
bleiben soll. Angesichts von ersten Lockerungsmaßnahmen in anderen Bereichen
des öffentlichen Lebens kann ich das nicht nachvollziehen, erst recht nicht
nach der sehr deutlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der
vergangenen Woche zu den schwerwiegenden Eingriffen in die
Religionsfreiheit", so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz
weiter. [….]
Ein paar Glaubensgeronten abkratzen zu lassen, weil sie sich
in den Gottesdiensten anstecken? Wieso sollte das ein Problem sein, fragen sich
auch seine Brüder im Amte.
[…..] Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer will wieder Gottesdienste
mit Gläubigen feiern. […..] Die
Kirche habe "große Opfer gebracht und zuletzt an Ostern schmerzhaft auf
vieles verzichtet. Jetzt braucht es mit den allgemeinen Lockerungen auch ein
behutsames und schrittweises Öffnen der Gottesdienste für die Teilnahme von
Gläubigen, die das Ganze bisher mit Geduld und Verständnis mitgetragen
haben", mahnte der Bischof am Dienstag. [….]
[…..] Kardinal Woelki lässt öffentliche Gottesdienste vorbereiten "Wir
haben eine Botschaft für die Menschen"
[…..] Sollte eine Lockerung der Corona-Maßnahmen eintreten, so müssten auf
jeden Fall auch die Kirchen wieder für öffentliche Gottesdienste geöffnet
werden. Das hat der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki im
Nachrichtensender Phoenix an diesem Mittwoch gefordert.
[…..] Er betonte das Grundrecht eines Kirchengangs und verwies auf die
jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: "Das ist ein
Menschenrecht, ein Freiheitsrecht, ein Recht auf freie Religionsausübung, das
ist von der Verfassung her garantiert." [….]
Leben und den Bedeutungsverlust der Kirchen riskieren oder lieber den Tod riskieren, damit die Bischöfe sich weiterhin reich und mächtig fühlen können?
Da wählen organisierte Christen die toxische Option!
Die menschliche Dummheit ist unendlich.
[….] In der gegenwärtigen Corona-Krise hat man schon allerhand Erstaunliches
gelesen, doch die jüngste Stellungnahme von CDU-Gesundheitspolitiker Alexander
Krauß sollte man sich keinesfalls entgehen lassen. Am Montag postete der
CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem Erzgebirge auf seiner Homepage einen Text mit
der Überschrift: "Gottesdienste stärken Immunsystem - Beschränkungen
zuerst aufheben". Krauß erklärte in dem Text, dass Gottesdienste alsbald
wieder erlaubt werden sollten. "Die gravierende Einschränkung der
Religionsfreiheit sei zwar derzeit gerechtfertigt, müsse aber so bald als
möglich aufgehoben werden." Soweit so gut. Das entspricht ziemlich genau
dem, was das Bundesverfassungsgericht erklärte, als es vor einigen Tagen über
das coronabedingte Verbot von Gottesdiensten entschieden hatte.
Doch Krauß, der neben Politik- und Kommunikationswissenschaften auch
evangelische Theologie studiert hat und zeitweise Mitarbeiter für
Öffentlichkeitsarbeit bei der Stadtmission Zwickau war, reichte es nicht, auf
die Grundsätze der Religionsfreiheit hinzuweisen. Gerade kirchliche Angebote
müssten bei einer beginnenden Lockerung der Corona-Maßnahmen wieder zugelassen
werden, so Krauß, denn "zudem stärken Seelsorge und Gottesdienste das
Immunsystem, sind also per se eine Anti-Corona-Maßnahme". "Derzeit
werde unterschätzt", so der CDU-Politiker, "welchen großen Beitrag
die Kirchen zur seelischen Gesundheit leisteten. Gebete und Gemeinschaft im
Gottesdienst stärkten die Abwehrkräfte des Körpers und seien daher in einem
doppelten Sinne heilsam". Die wissenschaftliche Quelle, auf der seine
Aussage fußt, bleibt Krauß schuldig. [….] Dass die Einschätzung von
Gottesdiensten als Anti-Corona-Maßnahme ausgerechnet von einem Mitglied im
Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages kommt, der noch dazu
"Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für ambulante ärztliche
Versorgung, MVZ´s (Medizinische Versorgungszentren) und DMP´s (Disseas[sic!]-Management-Programme)"
ist, ist höchst bedenklich. [….]