In kaum
einem europäischen Land gibt es einen höheren Anteil Mieter als in Deutschland.
Mieten
ist auch eine feine Sache. Man kann seine monatlichen Fixkosten sicher
übersehen, muß nicht damit rechnen, daß urplötzlich mal ein paar Tausend oder
Zehntausend Euro für eine Sonderumlage fällig sind, weil das Dach energetisch
erneuert werden muß, ein Legionellenbefund
neue Trinkwasseranlagen notwendig macht, die alten Steigleitungen den Geist
aufgeben, oder die asbesthaltigen Eternit-Platten der Hausfassade entsorgt
werden müssen.
Das
braucht einen Mieter alles nicht zu kümmern. Der Vermieter muß zahlen.
Wenn die
Wohnung kalt ist, ruft man den Vermieter an. Tropft der Wasserhahn? Vermieter
anrufen. Die Fenster sind undicht? Die Kloschüssel hat einen Sprung? Der
Vermieter sorgt immer für die Reparatur und bezahlt den Handwerker.
Ich bin
gern Mieter. In der Theorie jedenfalls.
Einen
Nachteil hat das Mieterdasein. Wohnt man in einer schönen Gegend, einer hippen
Großstadt, sind die Mieten gewaltig. München liegt bei
durchschnittlich 16 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter, Hamburg ist fast genauso teuer.
Der
Anstieg der Mieten spiegelt den Wohnungsmangel wider.
Braucht
man eine neue Wohnung zeigt sich das Mieter-Dasein von der unangenehmsten
Seite. Möglicherweise sucht man Jahre, muß sich immer wieder in demütigend
lange Schlangen bei offenen Wohnungsbesichtigungen einreihen.
Zimperlichkeit
ist das fehl am Platze. Möchte der Makler einen geblasen haben, tut man das
besser ohne zu zögern.
Wenn man
durch Hamburg fährt, fragt man sich, wieso überhaupt Wohnungsmangel existierten
kann. Nagelneue Häuser schießen wie Pilze aus der Erde. Alle 50m gibt es
Baustellen. In einigen Straßen sieht man mehr Baugerüste als Hausfassaden.
Daß es
dennoch Wohnungsmangel gibt, hat mehrere Ursachen.
1.
In
den zehn Jahren CDU-Regierung unter Ole von Beust (2001-2011) wurde der soziale
Wohnungsbau komplett eingestellt. Erst mit Bürgermeister Scholz wird seit 2012
wieder gebaut, aber der Rückstand ist gewaltig.
2.
Hamburg
geht es dank der besseren Weichenstellungen unter der SPD ökonomisch wieder
sehr gut; es gibt weniger Arbeitslose und die Menschen verdienen mehr. Wer mehr
Geld hat, möchte eine schönere Wohnung oder kann seine Kinder früher aus dem
Haus werfen und bei der ersten eigenen Wohnung helfen. Es entsteht mehr Bedarf.
3.
Millionenstädte
sind attraktiv. Auch Hamburg wächst. Eine zahlreichere Bevölkerung braucht mehr
Wohnungen.
4.
Langsam
drängen auch die Kriegsvertriebenen aus Syrien und Afghanistan auf den normalen
Wohnmarkt.
5.
Es
werden viel zu wenig günstige und kleine Wohnungen gebaut, weil die Renditen
bei Luxuswohnungen mit Elbblick größer sind.
6.
Statt
Wohnraum wird trotz des Büroleerstands immer noch auf gewerblich nutzbare
Immobilien gesetzt, weil man dort höhere Mieten kassiert.
Die Mieter,
die sich „etwas fürs Alter zurückgelegt“ haben, die private Rentenvorsorge wie
politisch propagiert in Form von Anleihen oder Wertpapieren oder
Lebensversicherungen, betrieben haben, stehen vor einem finanziellen Scherbenhaufen. Es
gibt nirgendwo noch Zinsen. Im Gegenteil, es droht sogar eine Strafgebühr, wenn
man 20.000,- oder 40.000,- angespart hat.
Was
liegt also angesichts der Misere auf dem Mietmarkt und der Null-Prozent-Zinsen
näher als sich selbst eine Eigentumswohnung anzuschaffen?
Schön
wäre eine Neubauwohnung, weil man da mutmaßlich für Jahrzehnte keine großen
Sanierungen vor sich hat und im Fall, daß man sie selbst vermieten möchte, von
der Mietpreisbremse ausgenommen ist.
In der
Praxis ist das aber für Normalsterbliche nicht möglich, weil Neubauten auch
aufgrund der vielen Bauauflagen unfassbar teuer sind.
Normalverdiener
müssen Bestandsimmobilien aus den 1960ern oder 1970ern ins Auge fassen. Also
die hässlichen Dinger, die alle noch teure energetische Dämmungen vor sich
haben.
Die
Wohnungen, die man als Nichtmillionär gerade nicht kaufen sollte, weil sie sich
als üble Kostengräber entpuppen können.
Aber
selbst das geht oft nicht, weil EU und Bundesregierung die Regeln bei der
Immobilienkreditvergabe so angepasst haben, daß de facto nur noch diejenigen
Geld von den Banken bekommen, die ohnehin schon einen Batzen davon haben.
Bei
Merkel gilt weiterhin das Motto „der Teufel scheißt immer auf den größten
Haufen“.
[…] Die neue Immobilienkredit-Richtlinie hilft
niemandem
Im Gegenteil: Sie
erschwert die Finanzierung eines Eigenheims für genau diejenigen, die es
besonders nötig hätten. […] Der 21. März 2016 könnte sich für viele
Bundesbürger nachträglich als Schwarzer Montag herausstellen. An dem Tag trat,
weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, eine neue Richtlinie zu
Immobilienkrediten in Kraft. Seitdem sind erst acht Wochen vergangen. Es gibt
noch keine gesicherte Datenbasis, erste Berichte aber lassen Schlimmes
befürchten: Die Richtlinie könnte dazu führen, dass viele Deutsche das
gewünschte Eigenheim oder dessen Renovierung nicht mehr finanzieren können -
und zwar gerade jene, die es besonders nötig hätten: Durchschnittsverdiener und
Rentner.
[…] Vor allem zwei Dinge sind es, die
Immobilienkredite künftig erschweren. […][…]
Die Quote der
Immobilienbesitzer ist in Deutschland deutlich geringer als im europäischen
Vergleich, etwa in Spanien oder Italien. Jetzt holen die Deutschen auf. Das
liegt auch an der Geldpolitik: In Zeiten, in denen erspartes Geld auf der Bank
keine Zinsen mehr bringt, legen die Bürger es lieber in Wohneigentum an. Hinzu
kommt, dass eine abbezahlte Immobilie eine der besten Formen der Altersvorsorge
ist, weil im Alter keine Miete mehr anfällt.
Es müsste deshalb
gesellschaftlich gewünscht sein, dass die Bundesbürger zu mehr Wohneigentum
kommen. Die neue Richtlinie zu Immobilienkrediten erschwert dies aber, anstatt
es zu erleichtern. […]
Man muß
im Merkeldeutschland schon Vermögen haben, um weiteres Vermögen anzuhäufen. So
erklärt sich das politisch offenbar gewollte immer weitere Aufklaffen der
sozialen Schere.
Normal-
und Geringverdiener werden von der GroKo alleingelassen. Das ist eine
vollkommen falsche politische Weichenstellung.
Darum
profitieren nur wenige Menschen vom Immobilien-Boom.
[…] Obwohl die Bauzinsen seit Jahren sinken,
obwohl so viele Menschen in Arbeit sind wie nie zuvor, obwohl die Löhne
steigen, ändert sich nichts an der sogenannten Wohneigentumsquote: Nur 44
Prozent aller Haushalte bundesweit leben in eigenen vier Wänden. Die restlichen
56 Prozent wohnen zur Miete. In keinem anderen Euro-Land ist der Anteil der
Eigentümer so niedrig. […] Es sind
vor allem wohlhabende Menschen, die in Immobilien investieren; der Boom geht an
der breiten Masse vorbei. So rechnet das Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
vor: Seit 2010 ist die Eigentumsquote vor allem im reichsten Fünftel der
Bevölkerung gestiegen, auf knapp 70 Prozent. "In den anderen
Einkommensgruppen gab es hingegen kaum Veränderungen", sagt Michael
Voigtländer, Immobilienexperte des Instituts.
[…] Das ist ein ungesunder Befund in Zeiten, in
denen die Ungleichheit größer und die Altersvorsorge unsicherer wird. Denn wer
im Alter mietfrei im abbezahlten Haus leben kann, genießt einen finanziellen
Vorteil, den man heute kaum beziffern kann. Wer weiß schon, wie stark die
Mieten in den Ballungszentren noch steigen werden.
[…] Mit den Preisen steigt der Betrag, den man
mindestens auf der hohen Kante haben muss, um überhaupt kaufen zu können.
"Viele Banken verlangen 20 Prozent Eigenkapital, wenn sie ein Haus oder
eine Wohnung finanzieren sollen", sagt IW-Experte Voigtländer. Hinzu
kommen Notarkosten und Grunderwerbsteuer, die man nicht kreditfinanzieren kann.
Je höher der Kaufpreis, desto höher diese Nebenkosten. "Das macht es
Menschen mit niedrigem Einkommen nahezu unmöglich, zum Eigentümer zu
werden", sagt Voigtländer. […]
Wenn man
ohnehin schon so reich ist, daß man mehrere Wohnungen hat, wird man auch noch
zusätzlich von Schäuble mit Geld überhäuft, indem man Reparaturen als
Werbungskosten erstattet kriegt.
Wer ganz
wenig Kohle hat und sich gerade mal eine Wohnung leisten kann, die er
auch selbst bewohnt, kann er nichts absetzen und muß alles selbst zahlen.
Selbst
wenn sich ein Durchschnittsverdiener ganz erheblich streckt, um eine
Einzimmerwohnung zu kaufen und zu vermieten (Stichwort "private
Alterssicherung") wird er noch mal gegenüber den Reichen benachteiligt,
weil er zwar theoretisch Werbungskosten absetzen kann, aber gar nicht genug
Steuern zahlt um in diesen Genuss zu kommen.
Diese
drastische Ungerechtigkeit zu Gunsten der Reichen wollen CDU und CSU nun noch
einmal verschärfen statt für die weniger Betuchten, die es viel nötiger hätten,
Hilfen bereit zu stellen.
In der Union wächst
der Druck auf die Bundesregierung, für eine Steuererleichterung der Bürger zu
sorgen. Nach Bayerns Finanzminister Markus Söder fordert auch der
Wirtschaftsflügel von CDU und CSU, die Bürger bis zum Jahr 2020 um rund 30
Milliarden Euro zu entlasten. Die Mittelstandsvereinigung (MIT) stellte dafür
ein Steuermodell vor, das für die Jahre 2018 bis 2020 drei Reformstufen
vorsieht.
Zunächst soll 2018 die
Werbungskosten-Pauschale von 1000 auf 2000 Euro erhöht werden.
(NTV,
08.08.2016)
Der SPD,
die mit in der GroKo sitzt, kann man in diesem Fall schwerlich einen Vorwurf
machen. Sie stemmt sich gegen diese Politik, unterliegt aber der
Unionsmehrheit.
Um der
von der Union gewollten Vermögenskonzentration am Immobilienmarkt mildernd
entgegen zu wirken, bekam die SPD die „Mietpreisbremse“.
Das von
Haiko Maas maßgeblich formulierte Gesetz ist nun ein gutes Jahr in Kraft und
bringt vielleicht nicht nichts, weil man nicht weiß wie die Mieten ohne das Gesetz
gestiegen wären.
Der
Mietanstieg ist womöglich gebremst, aber die Mieten steigen dennoch weiter an.
Der
Grund dafür sind Verwässerungen zu Gunsten der Vermieter, die Merkels Mannen in
das Gesetz gepresst haben, um es unwirksam zu machen.
Über die
Mietpreisbremse können Vermieter nur lachen
[…] So werden in diesem Sommer etwa in Hamburg,
München und Köln Wohnungen zu sechs Prozent höheren Mieten angeboten als vor
einem Jahr. […] Hier versagt die
große Koalition: SPD-Minister Maas hat ein wirkungsloses Gesetz entworfen.
Unter anderem, weil die Union auf viele Ausnahmen besteht.
Der größte Fehler: Dem
Vermieter, der sich nicht an das Gesetz hält, drohen keine Strafen.
Schlimmstenfalls muss er die zu viel bezahlte Miete zurückzahlen; Bußgelder
gibt es nicht. Es kostet Vermietern nichts, den Rechtsbruch auszuprobieren.
[…] Ursprünglich hatte die SPD gefordert, die
ortsübliche Miete solle künftig auf der Grundlage von Verträgen der vergangenen
zehn Jahre ermittelt werden. Bislang ziehen Mietspiegel nur die vergangenen
vier Jahre heran; das ist genau die Zeit der starken Preissteigerungen. Der
jüngste Gesetzentwurf beziffert den Zeitraum nur noch mit acht Jahren. Gut
möglich, dass sich die Koalition letztlich auf sechs Jahre einigen wird. Der
Effekt wäre: nahe null.
Bleibt - Stand jetzt -
noch, die Mieterhöhungen nach Modernisierungen zu begrenzen. […] Doch auch mit dieser Idee stößt die SPD auf Widerstand. So
argumentiert etwa die Union, Vermieter bräuchten weiterhin einen Anreiz, in
zeitgemäße und energieeffiziente Wohnungen zu investieren. […]
Für die
SPD, die sich mal wieder sagenhaft schlecht vermarktet ist die Wohnungspolitik ein Desaster.
Maas muß
jetzt nachbessern und versuchen die Vermieter doch ein bißchen mehr zu
piesacken. Der Schwarze Peter liegt also im Bundesjustizministerium, während
CDU, CSU und Immobilienlobby feixend daneben stehen.
Mir ist
es unverständlich wieso Gabriel, Nahles (lebt die eigentlich noch?) und Hendricks
nicht aus vollen Rohren auf Merkel schießen und dem Volk erklären, daß sie, die
SPD alles versucht haben, um den Mietanstieg zu bremsen, daß aber die CDU
massiv zu Gunsten der Vermieter eingriff.
Wer
günstigere Wohnungen haben möchte sollte also besser nicht CDU oder CSU wählen.