Der
fromme Katholik und Kirchenfreund Giovanni di Lorenzo hat ein
Problem mit seinem klerikalen Wochenblatt, aka „Die
Zeit“.
Nach der
Kirchenrubrik „Glauben und Zweifeln“ im Blatt und der stramm katholischen
regelmäßigen Beilage "Christ und Welt" will nun ausgerechnet die RKK
nicht mehr bei dem Projekt mitmachen und überlässt das Frömmeln zukünftig ganz
allein der „ZEIT“
[….]
Vom 1. Oktober an jedenfalls wird die Beilage,
die einst unter dem Titel Rheinischer Merkur das Flaggschiff der katholischen
Publizistik in Deutschland war, von der hundertprozentigen Zeit-Tochter
"Credo" produziert. Die Redaktion zieht nach Berlin; der Etat, der
bei über 750 000 Euro liegen soll, bleibt gleich, das Blatt wird weiterhin von
fünf Redakteuren gemacht. Das Katholische Medienhaus in Bonn aber, getragen vom
Verband der Diözesen Deutschlands, verliert ein gewichtiges Produkt: Sechs
Jahre lang hat dort ein Tochterunternehmen der Katholischen Nachrichtenagentur
Christ & Welt produziert und der Zeit zugeliefert.
[….] "Wir glauben, Christ & Welt so am
besten absichern und weiterentwickeln zu können," sagt Zeit-Chefredakteur
Giovanni di Lorenzo, und: "Wir wollen bei der Zeit nicht missionieren,
aber mir war es immer wichtig, die Themen Religion und Sinnsuche bei uns zu
verankern." Die Redaktion wird im alten Westberlin arbeiten, "wir
lassen uns auf Berlin ein", sagt Patrik Schwarz, der als
Geschäftsführender Redakteur der Zeit Herausgeber von Christ & Welt ist, "aber
wir vergessen dabei nicht, wie wichtig die Regionen für die Religion in
Deutschland sind." [….]
Nach dem
Tod der beiden Ausnahme-Herausgeber Marion Gräfin Dönhoff und Helmut Schmidt,
können Holtzbrinck und di Lorenzo das einst so renommierte Hamburger Wochenblatt
ganz auf Klerikalkurs trimmen.
In der aktuellen
Ausgabe werben die Theophilen vom Speersort für die "Nacht der Kirchen.“
[….]
Unter dem Motto "Lebe, Liebe,
Lache" öffnen bei der "Nacht der Kirchen" am 17. September
wieder mehr als 100 Gotteshäuser in Hamburg und Umgebung ihre Türen. Zu den
rund 570 Veranstaltungen beim größten ökumenischen Fest des Nordens werden von
19 Uhr bis Mitternacht mehr als 70 000 Besucher erwartet, teilten die
Veranstalter am Montag in Hamburg mit. [….]
Wie
schön für den jungen Erzbischof des flächenmäßig größten Bistums Deutschlands.
Stefan Heße genießt publizistische Dauerwerbung der nur wenige Straße weiter
beheimateten „ZEIT“.
Einziger
Wermutstropfen: Die frommen Herren Heße und di Lorenzo sind in der gottlosen
Hansestadt relativ allein mit ihrer Begeisterung für den Katholizismus.
Trotz
der brachialen kostenlosen Werbung aus den Medien und der nie dagewesenen
Geldflut aus Rekordkirchensteuereinnahmen schrumpft die RKK des Erzbistums
Hamburg weiter zusammen.
[….]
Er kam als Hoffnungsträger nach Hamburg:
Erzbischof Stefan Heße. [….] Wenn er
auftritt, gibt es viel Weihrauch und devote Bekundungen. Aber unter der
Oberfläche brodelt es. In den Gemeinden wächst der Unmut. [….] Aus 83 Pfarreien sollen nur noch 28 werden.
Nicht nur dort, wo die Kirchen leer sind, sondern überall. Weil es nicht mehr
genug Pfarrer gibt. Stattdessen werden Großpfarreien errichtet,
Zusammenschlüsse von Gemeinden, oft eine Autostunde voneinander entfernt,
sogenannte Pastorale Räume, an deren Spitze nur noch ein Pfarrer steht. [….]
Da ist dann eine Gemeindereferentin nicht
mehr für eine einzelne Kirche, sondern etwa für die Erstkommunionvorbereitung
im großen Ganzen verantwortlich. In der Konsequenz heißt das: Keine
Kirchengemeinde hat mehr einen eigenen, von der Kirche bezahlten Beschäftigten
für sich, einen, der den Standort repräsentiert, der sich auskennt, hier
vernetzt ist, als Ansprechpartner für alle Belange gilt. Keiner kennt sich mehr
richtig aus, wechselndes Personal wird zum Dauerzustand.
[….][Es
kommt] schnell zu fatalen Situationen wie
etwa im geplanten Pastoralen Raum Südholstein mit den Gemeinden in Pinneberg,
Halstenbek, Wedel, Uetersen, Quickborn und Elmshorn. Dort ist ein älteres
Gemeindemitglied gestorben, seine Frau ruft bei den im Gemeindebrief aufgeführten
vier Telefonnummern von Priestern und Mitarbeitern an, darunter Geistliche im
Ruhestand. Niemand ist erreichbar. Die Frau geht in ihrer Not verzweifelt in
die Praxis ihres Hausarztes. Der ist evangelisch, hat aber einen katholischen
Freund, den er im Büro anruft. Der versucht, den Diakon zu erreichen, der mit
der Zusatzbezeichnung "mit Zivilberuf" nur ehrenamtlich für die
Kirche arbeitet, aber in jeder freien Minute Amtshandlungen vornimmt: Taufen,
Eheschließungen, Beerdigungen. Das alles natürlich, ohne bezahlt zu werden.
Schöne neue Gemeindewelt. [….]