Die Hamburger Morgenpost wurde heute mit einem WIR-Aufkleber vor meine Tür
gelegt.
Man bappe sich das sichtbar an Auto, Haustür oder auf die
Kleidung, um so den Zusammenhalt Hamburgs während der Krise zu demonstrieren.
Und Werbung für die darbende Mopo zu machen.
Das ständige Preisen des Gemeinsinns geht mir schon deswegen
auf die Nerven, weil die Metaphern so schief sind.
„Zusammenstehen“, sich „unterhaken“ oder „unterstützen“,
zusammenstehen, zusammenrücken. Gemeinsamkeit spüren, sich die Hand reichen, Wir-Gefühl.
Dabei sind das gerade die Dinge, die wird unter
epidemiologischen Gesichtspunkten dringend vermeiden sollten.
Nun sind Einzelkämpfer, Solisten, Eremiten, Sozialphobiker,
Eskapisten, Eigenbrödler, Troglodyten, Nichtgesellige, Bücherwürmer, Asexuelle
gefragt.
Die EU zeigt es doch so schön unter der nicht vorhandenen Führung
von der Leyens: Keine Solidarität, jeder gegen jeden, Nationalismus.
Die Nationen, die besser durch die Krise kommen, wollen
nichts abgeben und die schwerer getroffenen Landstriche im Stich lassen. „Eurobonds,
nein danke“ lautet das Credo von Deutschlands hochverehrten Kanzlerin.
Die Gewinne des reichsten Mannes
der Welt, Jeff Bezos gehen durch die Decke, weil auch die deutschen Verbraucher
aus mangelnder Solidarität lieber alles bei Amazon bestellen, statt die
sterbenden lokalen Läden zu unterstützen.
Amazon verdient 10.000 Euro in
der Sekunde (!), weil sich die EU-Staaten immer noch so sehr auf der Nase
herumtanzen lassen, daß Bezos keine nennenswerten Steuern zahlen muss, während
der kleine Laden um die Ecke, der mit viel Glück 10.000 Euro im Monat macht,
steuerlich zur Kasse gebeten wird.
Wir sind keine solidarische
Gesellschaft, sondern eine Bande egoistischer Denkfauler.
Der Deutschen allerliebste Partei, die CDU setzt sich intensiv für Steuergeschenke für die
Superreichen ein – Soli-Abschaffung auch für die obersten 10 Prozent – während
eben diese Partei auch meint, die um 21.00 Uhr so eifrig beklatschten
Geringverdiener von der Supermarktkasse und aus den Pflegeheimen, von denen
viele aufstocken müssen, sollten sich mit der Grundrente noch gedulden. Lieber
Altersarmut als auf neue Millionengeschenke für die Superreichen zu verzichten.
Das deutschlandweit seit Wochen
angeordnete Homeschooling ist ebenfalls ein Element der sozialen Spaltung.
Reiche Kinder bekommen massiv
bessere Chancen, während die Jugendlichen aus ärmeren Familien stärker denn je
benachteiligt werden.