Wie
unangenehm und unseriös Westerwelle war, merkte man immer bei seinen
gespreizten und affektierten Auftritten. Er schwankte stets zwischen „andere
beleidigen“ und selbst „beleidigt sein“.
Seine
kontinuierlich im Keller verharrenden Beliebtheitswerte, die er einmalig in der
neueren Geschichte auch als Außenminister behielt, besserten sich erst ganz
langsam, als er in den letzten anderthalb Amtsjahren ausnahmsweise anfing seine
Aufgabe ernst zu nehmen, viel reiste und somit aus dem Dauerfokus der Öffentlichkeit
verschwand.
(…..)
Die BUNTE war jahrelang Westerwelles einziger Maßstab.
Das Fachblatt für Seichtes, Sachfremdes und
Verblödung, die BUNTE aus dem Hause Burda, ist das erfolgreichste
Klatschmagazin Deutschlands.
Mit einer Reichweite von über vier Millionen Lesern
kann Chefradakteurin und Markwort-Lebensgefährtin Patrizia Riekel mit ihren
oftmals fernab der Wahrheit angesiedelten Berichten durchaus politisch relevant
sein.
Nur mit ihrer maßgeblicher Hilfe konnte Lügenbaron von
und zu Guttenberg (Kunduz!) zum beliebtesten Politiker Deutschlands aufsteigen.
Die stets perfekt in Szene gesetzten Brüste seiner
Ehefrau Stefanie - eine geborene Gräfin von Bismarck-Schönhausen wie BUNTE nie
vergisst demütig zu erwähnen - kompensieren die fehlenden politischen Erfolge
ihres Mannes.
Eine endlose Folge von Hochglanzphotos des adeligen
Promi-Paars dürfte auch den konservativen Verleger und
CDU-Bundespräsidentenwahlmann Hubert Burda erfreut haben, der seinen Parteien
stets eine große Hilfe ist.
Frau Riekel geht nicht unkreativ vor.
Eine ihrer besten Ideen war das vor einigen Jahren
eingeführte „Promi-Register“, das in jeder Ausgabe des Yellowpress-Flaggschiffs
alle erwähnten Möchtegern-Wichtigen alphabetisch aufzählt.
So muß ein Pressesüchtiger nicht erst umständlich das
ganze Heft durchblättern, sondern kann auf einen Blick erkennen, ob er wieder
„drinsteht“!
König dieser Disziplin ist zweifelllos Guido
Westerwelle, der seit Jahren in keiner einzigen BUNTE-Ausgabe fehlt.
Mögen seine Kollegen auch noch so viel Akten studiert
und Hintergrunddiskussionen geführt haben - Guido raste wie besessen von einem
Ball zur nächsten Eröffnung.
Kein Boulevardevent, keine Friseursalon-Einweihung,
keine Gala, die ohne den FDP-Chef stattfand.
Erst nachdem er Außenminister wurde, kam es einmal zu
einem Register-Novum: unter dem Buchstaben „W“ kein Guido!
Es blieb aber bei einer Ausnahme.
Auch in der aktuellen Ausgabe ist wieder ein
Westerwelle-Bild.
Das Eventleben des Guido W. war die logische
Entsprechung seiner politischen Konzeptionslosigkeit. Außer „Steuern runter“
hatte er rein gar nichts anzubieten. Dafür war er aber privat immer presse-präsent.
Die Antipode Trittin hielt sich privat aus den Medien
fern, grübelte stattdessen über politischen Lösungen.
So gibt es von Trittin ein wegweisendes und kluges
Buch „Stillstand made in Germany“, so wie
sich auch sein Kollege Joschka Fischer mehrere Jahre vor 1998 intensiv in die
Außenpolitik eingearbeitet hatte und seine Erkenntnisse in Buchform Für einen neuen Gesellschaftsvertrag. Eine politische Antwort
auf die globale Revolution vor der Bundestagswahl
vorgelegt.
Inzwischen veröffentlichte Fischer weit über ein
Dutzend politische Bücher.
Westerwelle tat nichts dergleichen. Er war so von sich
überzeugt, daß er im höchsten Maße ahnungslos ins Außenamt stolperte und dort
zu allem Übel auch noch verkündete er werde sich nicht darauf beschränken sich
ein paar schöne Jahre im Außenamt zu machen, sondern auch Innenpolitik
betreiben. Westerwelle hielt Außenpolitik also offensichtlich für ein
minderwichtiges Hobby, das man nebenher betreiben könne. (….)
Zu Jens Spahn gibt es natürlich viele Parallelitäten.
Spahn trat mit 15 der JU und mit 17 der CDU bei.
Westerwelle ging mit 18 zur FDP und gründete dort die
JuLis.
Beide stammen aus NRW, beide sind schwul, beide sind
überzeugte Christen, beide etablierten sich als die Lauten und Schrillen in
ihrer Partei, beide versuchten mit aller Kraft ihre Parteien nach ganz rechts
zu rücken, beide sind nicht als Aktenfresser oder Fachpolitiker bekannt, beide
zogen in schicke Berliner Szene-Wohnungen, beide sorgten als hochbezahlte Wirtschaftslobbyisten vor
allem für ihr eigenes finanzielles Wohl, beide studierten an der Fernuni Hagen,
beide nahmen an Bilderberger-Konferenzen teil, beide suchen manisch nach
Pressepräsenz und beide wählten sich einen Ehemann, der durch seine Kontakte
ihre Promisucht bespielen kann.
Während „Herr Mronz“ seinen Guido in die reichen
Schickimicki-Kreise der Pferdesportler einführte ist Spahns Mann sogar noch
effektiver dabei ihn zu vermarkten.
Westerwelle hatte beste Verbindungen zur BUNTEN, aber
Spahn heiratete gleich den Berliner BUNTE-Chef Daniel Funke.
Wie praktisch.
[….] Der
36-Jährige beschreibt sich als "leidenschaftlicher Journalist" und
"aufmerksamer Beobachter des (glatten) Society-Parketts". Die Trauung
habe Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) vorgenommen, der mit Spahn und
Funke persönlich bekannt sei, sagte eine Sprecherin der Stadt auf Anfrage und
bestätigte damit den Bericht der "Bild am Sonntag". [….]
Ähnlich wie Westerwelle, der sich auch in seinen
ersten Ministertagen von seiner ekelhaftesten Seite zeigte und
HartzIV-Empfängern vorwarf sie würden in „spätrömischer Dekadenz“ an den
Grundfesten des Staates rütteln (was nicht nur frech und bösartig, sondern auch
ein historisch grundfalsches Gleichnis war – nur die steinreiche Oberschicht
Roms erging sich in Dekadenz) – beleidigte auch Spahn als erstes Arme, die auf „Tafeln“
angewiesen sind.
Genau wie Westerwelle ist auch Spahn völlig unfähig
sich auch nur für wenige Tage zurück zu halten, oder gar einfach seine Arbeit
im neuen Ministerium zu tun.
Stattdessen raste er am Wochenende wieder sofort zur
BILD und diktierte den rechten Xenophoben neue Hetze gegen Arme, Minderheiten,
sozial Schwache und Frauen in den Block.
Im Streit über das strikte ärztliche Werbungs- und
Aufklärungsverbot bei Schwangerschaftsunterbrechungen, goss er ordentlich Öl
ins Feuer.
[….] Bundesgesundheitsminister Jens Spahn warnte
in der "BamS" davor, die bestehende Regelung leichtfertig zu
gefährden. Zugleich provozierte der CDU-Politiker die Gegner des Werbeverbots.
"Mich wundern die Maßstäbe: Wenn es um das Leben von Tieren geht, da sind
einige, die jetzt für Abtreibungen werben wollen, kompromisslos. Aber in dieser
Debatte wird manchmal gar nicht mehr berücksichtigt, dass es um ungeborenes
menschliches Leben geht", sagte er.
Vor vielen Jahren sei "ein mühsamer gesellschaftlicher
Kompromiss" gefunden worden. Schwangerschaftsabbrüche seien "keine
ärztliche Leistung wie jede andere - und selbst für die gelten bei der Werbung
strenge Regeln", hob der neue Gesundheitsminister hervor.
Grüne und Linke kritisierten Spahn scharf. Spahn versuche sich "schon
wieder" mit "Hardliner-Positionen" zu profilieren, diesmal
"auf Kosten von Frauen in Notlagen und Gewissensnöten", sagte
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Offenbar habe der neue
Gesundheitsminister den Kern der Debatte um den Paragrafen 219a nicht
verstanden, fügte Hofreiter hinzu: "Es geht darum, den Zugang zu
sachlichen Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zu erleichtern und nicht
darum, kommerzielle Werbung zu erlauben." Gesundheitsminister Spahn solle
lieber das Gespräch mit betroffenen Ärztinnen und Ärzten suchen, anstatt
populistische Vergleiche zu ziehen, so Hofreiter.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Linkspartei-Fraktion, Jan Korte,
sagte: "Wenn ein Minister zwischen Werbung und sachlicher Information
nicht unterscheiden kann, ist das ein krasses Problem." Er forderte
zugleich die SPD auf, "endlich" die Mehrheit im Bundestag zu nutzen. [….]
Mal abgesehen davon, daß es immer widerlich ist, wenn
konservative Katholiken ohne Uterus und Vagina den Menschen mit Uterus
vorschreiben, was sie mit diesem zu tun und zu lassen haben, sollte sich die
SPD nicht grämen diesen bösartigen Hardliner indirekt ins Ministeramt gehoben
zu haben.
Hätte sich die SPD der Groko verweigert, wäre die
Bundesregierung garantiert noch rechter geworden.
Die menschliche Unanständigkeit der Minister Seehofer
und Spahn zeigt, wozu CDU und CSU fähig sind. Man mag gar nicht dran denken,
welche ewig-gestrigen Typen im Merkel-Kabinett säßen, wenn keine Rücksicht auf
die SPD genommen werden müsste; oder wenn AfD oder FDP beteiligt wären.
Außerdem läßt Spahn Merkels bevorzugte Strategie der
asymmetrischen Demobilisierung kollabieren.
Das kann der SPD nur recht sein, um sich auch IN der
Groko zu profilieren.
Umso besser können die Soziminister sich öffentlich
wirksam für Frauen und sozial Schwache einsetzen, wenn ein ultrakonservativer
Pöbler im Ministeramt misogyn und xenophob dampfplaudert.