Freitag, 13. Juli 2018

Aus den Augen, aus dem Sinn, auf der Tagesordnung.


Oh, das mögen konservative Knochen wie Jens Spahn oder Wolfgang Bosbach gar nicht: Ausländer und Geld abgeben.
Finanzzusagen an Griechenland? Da verkümmert selbst das kleinste Rudimentärherz eines Konservativen endgültig zur Rosine.
Vermutlich wissen auch griechophobe C-Politiker, daß deutsche Überweisungen „nach Athen“ dort in Wahrheit nur kurz durchgeleitet werden und anschließend verzinst und vermehrt im deutschen Staatssäckel und in den Bilanzen deutscher Banken landen.
Das aber den Wählern zu erklären wagen sie nicht, weil es die mühsam aufgebauten xenophoben Vorurteile zum Einsturz bringen könnte.

Was im deutschen Polit-Sprech als großzügig und solidarische „Griechenlandhilfe“ vermarktet wird, ist in Wahrheit das Gegenteil, nämlich Ausbeutung.
Umverteilung vom armen Griechenland ins reiche Deutschland.

[….]  Deutschland gilt als Zahlmeister Europas. An der Rettung Griechenlands hat die Bundesrepublik allerdings ganz gut verdient. Die
Die Griechenland-Krise hat Deutschland einen ordentlichen Gewinn beschert. Seit dem Jahr 2010 hat die Bundesrepublik insgesamt rund 2,9 Milliarden Euro an Zinsen erhalten. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor.
Der Regierungsantwort zufolge gab es seit 2010 vor allem Gewinne aus Ankäufen griechischer Staatsanleihen im Zuge des "Securities Market Programme" (SMP) der Europäischen Zentralbank (EZB), die bei der Bundesbank anfielen und dem Bundeshaushalt überwiesen wurden. Auch die Bundesbank kaufte in großer Zahl die Staatspapiere. [….]

Aber wen interessieren schon Fakten, wenn Teile der Regierung auf radikalem rechtspopulistischem Kurs sind?
Begriffe wie „Solidarität“, „Hilfe“ oder „Rettungsschirm“ will man in den C-Parteien kaum noch in den Mund nehmen, während ihnen die AfD auf den Fersen ist und man mit Rücksichtslosigkeit und Bösartigkeit gegenüber Menschen in Not punktet. Springers rechte „WELT“ tutet ungeniert ebenfalls in das Horn und wiederholt wie eine Schallplatte mit Sprung ihren ewigen Dreiklang aus „Tsipras = linksextrem = unseriös“

[….]  Tsipras hat – anders als in den Verhandlungen zwischen EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) versprochen – noch nicht die Mehrwertsteuer auf fünf Inseln der Ägäis erhöht. Es ist nur eine von 88 sogenannten Prior Actions. Es handelt sich lediglich um 28 Millionen Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen.
Ein Petitesse – scheinbar – gemessen an den Milliardenbeträge, die nach Griechenland geflossen sind. Oder eher ein Symbol dafür, dass Athen doch nicht bereit ist, nach den vereinbarten Regeln zu spielen, jetzt, da Schuldenerleichterungen und die Zahlung der letzten Hilfstranche beschlossen scheint?
Der Unionsfraktion im Bundestag passt dieses Verhalten nicht. Sie machte Druck auf die Bundesregierung. [….] Warum so viel Aufwand wegen so einer relativ kleinen Summe? Aus Sicht der Unionsfraktion ändern die Griechen mit ihrer Programmverzögerung das Hilfsprogramm insgesamt. Zwar hat die griechische Regierung jetzt Kompensation über Einsparungen beim Militär zugesagt. Allein fünf Millionen Euro wollen sie bei der Mittelausstattung einsparen, weitere vier Millionen bei der Wartung ihrer Flugzeuge und zehn Millionen bei anderen Rüstungsprojekten.
Die CDU aber ist der Meinung, angesichts all des Misstrauens in Deutschland über die Hilfen für Griechenland soll keinesfalls der Eindruck entstehen, die Regierungsfraktionen würden jetzt mit Athen in irgendeiner Form mauscheln. [….]

Acht Jahre Schäuble waren nicht nur verheerend für das Vertrauensverhältnis innerhalb der EU und die soziale Gerechtigkeit, sondern haben auch den Diskurs in der deutschen Öffentlichkeit zum Thema „Euro“ völlig vergiftet.
Populistisch und anti-europäisch? Wenn diese Melodien gespielt werden, ist die Lindner-FDP vorn dabei, um sich nicht von der AfD die nationalistische Butter vom Etat-Brot nehmen zu lassen.

[….] "Es muss im Interesse Europas ganz schnell ausgeräumt werden, dass es hier irgendwelche Zusagen an die griechische Regierung im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik gegeben hat", sagt FDP-Haushälter Otto Fricke.
Merkel bestritt gegenüber Haushaltspolitikern der Union, dass man Absprachen getroffen habe. Griechenland gehört aber zu den Ländern, mit denen Merkel Rückführungsabkommen für Flüchtlinge schließen will.
Auf europäischer Ebene ist der Vorgang für Deutschland schon jetzt peinlich. Wegen der nötigen erneuten Befassung des Haushaltsausschusses konnte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Beschlussgremium des Eurorettungsschirms ESM der Auszahlung der letzten Tranche Ende der Woche nur unter Vorbehalt zustimmen. [….]
(SPON, 13.07.18)

28 Millionen Euro weniger Mehrwertsteuererhöhung, während Deutschland gerade wieder die gesamte Flüchtlingsproblematik Griechenland aufpresst und 2900 Millionen Gewinn mit griechischen Staatsanleihen macht.

[….]  Der Ärger ist zurück. Das Misstrauen auch. Die Abgeordneten des Haushaltsausschusses im Bundestag müssen am 1. August ihren Urlaub unterbrechen, um zu einer Sondersitzung nach Berlin zu kommen. Einziges Thema auf der Agenda: Griechenland. Doch wieder!
Die Regierung in Athen hatte entschieden, eine geplante Steuererhöhung nicht umzusetzen. Dabei war diese vereinbart und unterschrieben, damit die letzte Kredittranche des dritten Programms ausgezahlt werden kann. Die Kreditgeber haben interveniert; in aller Eile hat man eine "kompensatorische Maßnahme" vereinbart: Athen muss die Militärausgaben um jene 28 Millionen Euro senken, die wegen der gestrichenen Verpflichtung fehlen. Weil das aber eine Änderung der Programmvereinbarungen ist, müssen die Haushaltspolitiker der Bundestagsfraktionen eine Stellungnahme dazu abgeben - und dafür aus dem Urlaub kommen.
Insbesondere in der Union rumort der ohnehin mühsam zurückgehaltene Ärger wieder: "Wir können nicht akzeptieren, dass Griechenland kurz vor Abschluss des Hilfsprogramms einseitig eine der verabredeten Reformmaßnahmen aufkündigt. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens", kritisiert Eckhardt Rehberg, Haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, die griechische Programmänderung. "Auf besonderen Druck der Unionsfraktion" habe die griechische Regierung nun eine neue Maßnahme zur Kompensation zugesagt. […..]

Die deutsche EU-Politik wird immer noch von Banken und Vorurteilen bestimmt.
Die größte Regierungsfraktion aus CDU/CSU zwingt also Bundesfinanzminister Olaf Scholz gegen seine Überzeugung das Falsche zu tun.
Tja, das kommt dabei raus, wenn der Souverän rechts wählt und die SPD nicht die stärkste Fraktion stellt.

[….]  Wie eine am Boden liegende Volkswirtschaft auf Kommando kontinuierlich wachsen soll, ist ein Rätsel. Immerhin: Es gibt etwas mehr Arbeit, es gibt Wachstum - im Vergleich zu den Vorjahren gesehen. Ob es den griechischen Bürgern besser geht, ist eine ganz andere Frage. Die Neue Zürcher Zeitung konstatierte Ende Juni: "Eine Serie happiger Rentenkürzungen für die Pensionierten, schmerzhafte Lohneinbußen für die Arbeitenden und ein Reigen von Steuererhöhungen haben den Lebensstandard der Einkommensschwachen und der Mittelklasse dramatisch gesenkt."
Nicholas Logothetis hat für Elstat gearbeitet, die 2010 gegründete Nachfolgeorganisation der vormaligen griechischen Statistikbehörde, die ihren Namen nicht wert war. 2014 [….] sagte er, was auch andere sagen: Die griechische Krise sei keine Staatsschuldenkrise gewesen. Sie sei von den Finanzmärkten fabriziert und ausgenutzt worden. [….] Die Nichtregierungsorganisation Attac hat ein Dossier veröffentlicht, demzufolge die Griechen keine faulen Leute sind. Sie arbeiten sogar mehr Stunden pro Jahr als die Deutschen. [….] Logothetis hat eine üble Vermutung geäußert. Griechenland sei von der Troika zum Labor-Meerschweinchen gemacht worden: Mal gucken, wie man mit einem Staat umgeht, dessen Haushaltsdefizit zu hoch ist. Mal gucken, wie sehr man eine Bevölkerung zwiebeln kann. Weil Griechenland nicht mal elf Millionen Einwohner hat, bot das Land sich an, um den Finanzmärkten zu zeigen, wie stark die EU ist. Die deutsche Berenberg-Bank hat schon 2012 ein Papier veröffentlicht, in dem es hieß: "Die Überdosis an Austerität hat den griechischen Patienten inzwischen fast umgebracht." [….]