Freitag, 8. März 2019

Moderner Staatsfunk


Ein Kind der 1980er wie ich assoziiert mit dem Begriff „Staatsfunk“ Medien aus totalitären Ländern, die nur das berichten was die Regierung möchte und auch gar keinen anderen Anspruch haben.
Die sowjetische „Prawda“, die „aktuelle Kamera“ der DDR oder auch das „Korean Central Televisio“ (KCTV) 조선중앙텔레비죤aus Pjöngjang.
In westlichen demokratischen Staaten sind selbst die Parteizeitungen wie der Bayernkurier pluralistischer, aber es gibt überall private Medien, die so extrem einseitig sind, daß der Vergleich mit „Staatsmedien“ naheliegt.
Als Helmut Kohl in den 1990ern bei Sat1 in der Sendung „Zur Sache, Kanzler“ vom glühenden Kohl-Fan Heinz Klaus Mertes interviewt wurde,  hatte er keine Kritik zu befürchten. Der Sender gehörte seinem persönlichen Gönner und Spender Leo Kirch, Moderator Mertes galt als „Bundesmikrofonhalter“.
Die SPRINGER-Zeitungen waren fast ebenso einseitig positioniert. Peter Boenisch (1927-2005) kam 1959 zum Axel-Springer-Verlage, wurde 1961 Chefredakteur der Bild-Zeitung, von 1965 bis 1979 Chefredakteur der Bild am Sonntag, 1971 Geschäftsführer der Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co, 1978 -1981 Chefredakteur der WELT und schließlich 1983  Staatssekretär, Leiter des Presse- und Informationsamtes und Regierungssprecher der Bundesregierung unter Helmut Kohl.

[….] Sat 1 und „Bild“ trommeln im Wahlkampf für den Kanzler. Im Hintergrund zieht Leo Kirch die Fäden, der Herr der Medien und Freund Helmut Kohls. Zu besichtigen ist eine Melange aus publizistischen, wirtschaftlichen und politischen Interessen – im Dienste beiderseitigen Machtgewinns: Kohl satt! [….]

Die von Kohl und der CDU/CSU als „Rotfunk“ beschimpften Anstalten WDR oder NDR und die von ihm gehassten und boykottierten SPIEGEL und STERN und ZEIT waren natürlich liberaler ausgerichtet.

[….] Rudolf Augstein diagnostizierte, Kohl habe Denken und Nachdenken "nicht in seinem Repertoire"; durch "Herumsitzen" habe er geschafft, "was ihm kaum einer noch zugetraut hätte, die Kanzlerschaft". Der Mann hieß in vielen Texten "der Dicke" , auf dem Titelbild stand: "Kohl kaputt" (1979), "Ist Kohl noch zu retten?" (1985), "Der Minus Kanzler" (1986).
Kohl regierte weiter, aber er litt unter der Kritik. "Es lohnt sich, in Deutschland links zu schreiben und rechts zu leben", schrieb er 1994 an den Hamburger Staatsrat Knut Nevermann. Kohl hasste alle Hamburger Blätter, und auf die Frage, ob da nicht zu differenzieren sei, sagte er: "Ja, natürlich. Der SPIEGEL ist ein Schweineblatt und der ,Stern' ist ein Verbrecherblatt. Das ist doch differenziert."
Zum Bruch war es im Wahlkampf 1976 gekommen. In einem SPIEGEL-Gespräch, das sein letztes bleiben sollte, sagte Kohl einen tölpeligen Satz: Er wolle notfalls auch "mit einer Stimme Mehrheit oder weniger" regieren. Die Redaktion machte daraus die Überschrift und zeigte Kohl auf dem Cover als Birne; die Wahl gewann Helmut Schmidt, und Kohl beschloss, nur noch inoffiziell, also im Hintergrund, oder indirekt, also über seine Fritzenkötters, mit dem SPIEGEL zu reden. Er sagte: "Ich lese den nicht und bin übrigens nicht gegen den SPIEGEL, auch nicht gegen die Müllabfuhr in Bonn. Aber ich bleibe trotzdem nicht über Nacht in der Kläranlage." [….]

Sie kritisierten CDU, CSU und FDP heftig, konnten aber andererseits nie von der SPD auf der Habenseite verbucht werden.
Das haben „linke“ Journalisten so sich, daß sie mit ihren politischen Freunden besonders kritisch umgehen.

Die Verbindungen zwischen Trump und FOX sind allerdings noch viel enger als die zwischen Springer/Kirch/Sat1 und der CDU.

Fox kennt überhaupt gar keine Skrupel zu lügen bis sich die Bäume biegen, um Trump zu preisen.
Es lohnt sich, denn Trump klebt den FOX-Moderatoren an den Lippen, telefoniert nach jeder Hannity-Sendung mit dem ultrarechten Hetzer und steht im täglichen Kontakt zum Besitzer Murdoch.
#45 lässt seine Politik direkt von FOX bestimmen und rekrutiert sogar das Regierungspersonal aus den Reihen der ultrakonservativen Demagogen des Murdoch-Imperiums. Diese Verbindungen sind bekannt und offensichtlich (der zweite und einzige Mandant Michael Cohens außer Trump war FOX-Hetzer Sean Hannity) wurden vom NEW YORKER ausführlich analysiert.
Es handelt sich tatsächlich um Staatsfunk. Als die Fox-Frau Diana Falzone vor allen anderen von Trumps Schweigegeldzahlungen an von ihm gebumste Pornodarstellerinnen erfuhr, bekam sie von oben klare Anweisungen:
"Rupert will, dass Donald Trump gewinnt. Also lass es bleiben."
FOX ist gefährlicher als Staatsmedien diktatorischer Länder, da Murdoch ein Eigenleben führt, die gesamte US-Regierung lenken kann und zudem erweckt FOX öffentlich den Eindruck ein neutraler News-Sender zu sein.

[….]  Donald Trump und seine Anhänger lieben Fox News. Und der Medienkonzern, allen voran sein Gründer Rupert Murdoch, sind im Gegenzug immer an Trumps Seite, wenn es etwas zu berichten gibt. Die engen Bande zwischen Trump und dem Sender haben in der Vergangenheit immer wieder für Schlagzeilen gesorgt - etwa, als der Fox-Kommentator John Bolton zu Trumps Sicherheitsberater gekürt wurde. [….] Die Politik- und Medienwissenschaftlerin Nicole Hemmer sagte dem "New Yorker", in der Geschichte der USA sei man "noch nie so nah am Staatsfernsehen" gewesen. Fox sei sowohl Trumps "Schild als auch sein Schwert" - das TV-Netzwerk nehme den Präsidenten in Schutz und verbreite seine Propaganda. [….]
    44 Interviews habe Donald Trump dem Fox-Network bislang gegeben. Den anderen drei großen Fernsehanstalten der USA insgesamt nur zehn. CNN habe bisher nicht mit ihm sprechen dürfen, denn diesen Sender bezichtigt Trump der "Fake News".
    Fox und das Weiße Haus würden so reibungslos miteinander kooperieren, dass schwer auszumachen sei, wer hier wem folge. Trump retweete fast alle Zeilen, die das Fox Netzwerk veröffentliche. Seine Sprecherin Sarah Sanders halte kaum mehr Pressekonferenzen ab, dafür sei sie schon etwa 30 Mal in Fox-Shows wie "Fox and Friends" oder "Hannity" aufgetreten.
    Im Juli 2018 ernannte Trump den langjährigen Fox News-Produzenten Bill Shine zum Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses und stellvertretenden Stabschef. Bill Shine sei sehr eng mit Trumps Vertrautem Sean Hannity befreundet, einem der stilprägenden Fox-Moderatoren, [….]            Es gab weitere Personalwechsel zwischen Fox und Weißem Haus: Der Neurochirurg Ben Carson, der als Kommentator bei Fox News auftrat, ist heute Minister für Wohnungsbau im Kabinett Trump. Der Kommentatorin K.T. McFarland wurde zur Sicherheitsberaterin ernannt, trat aber nach kurzer Zeit zurück. Die Fox News-Moderatorin Heather Nauert schlug Trump als Botschafterin der Vereinten Nationen vor. Und Hope Hicks, früher Trumps Pressesprecherin und enge Vertraute, führt nun die Öffentlichkeitsarbeit bei 21st Century Fox. [….]

Die Demokraten können der geballten Medienmacht aus Rupert Murdoch, den Kochs, Mercer, David Pecker und Trump nichts entgegensetzen.
Es gibt keine so skrupellosen linken Medienkonzerne, weil Doofheit, Hass und Rücksichtslosigkeit konservative Eigenschaften sind.
MSNBC kritisiert Trump zwar leidenschaftlich, bleibt aber bei der Wahrheit und ist ein ökonomischer Zwerg verglichen mit FOX. New York Times und Washington Post sind eben kein „linkes Fox“, sondern seriöse Medien.

Die Demokratische Partei setzt nun in einer Art verzweifelter Notwehr auf Boykott.
Eine ziemlich erbärmliche Maßnahme, die ihre ganze Hilflosigkeit zeigt.
Demokraten sperren Presse aus? Wirklich?
Soweit sind wir im Land Of The Free im Jahr 2019? Weil Trump gegen die Pressefreiheit agitiert und kritische Journalisten radikal bekämpft, zahlen die Demokraten mit gleicher Münze heim?
Ich halte das für wenig einfallsreich.
Andererseits hat der DNC nichts zu verlieren. Kein FOX-Zuschauer würde sie wählen und der Drang es Fox irgendwie heimzuzahlen, ist verständlich.
Immerhin wird so mit offenen Karten gespielt. Fox ist Trump und Trump ist Fox.
Im Gegensatz zu Trump regieren die Demokraten nicht; sie sperren die Nazi-Medien also nicht aus staatlichen Prozessen aus, sondern nur aus Partei-internen Veranstaltungen.

 [….] Der Spott ließ nicht lange auf sich warten. "Wer sich vor Shep Smith fürchtet, der sollte vielleicht lieber nicht Präsident werden", ätzte am Donnerstag Jack Shafer, der Medienkolumnist der Zeitschrift Politico. Das war Shep Smith gegenüber nicht sehr nett, der ein grundsolider, vernünftiger Journalist ist, auch wenn er für den rechtskonservativen Sender Fox News arbeitet. Vor allem aber war es ein Hieb zwischen die Augen für die Demokraten, die am Tag zuvor verkündet hatten, keine ihrer zwölf Kandidatendebatten von Fox News veranstalten zu lassen. Die Antwort aus der Branche war recht einhellig: Angsthasen!
[….] Mit Fox News fremdeln die Demokraten schon lange. Dass ihre Kandidaten dort nicht debattieren, ist eigentlich die Regel. Und es ist verständlich. Fox News wurde 1996 von Rupert Murdoch als konservatives Gegenstück zu CNN gegründet, inzwischen sind viele Shows jedoch regelrechte Propagandasendungen für Trump. Fox-Moderatoren wie Sean Hannity, Lou Dobbs, Tucker Carlson und Laura Ingraham verteidigen den Präsidenten bedingungslos.[….]

Die Einer-links-einer-rechts-Pseudoneutralität bei CNN wird ohnehin übertrieben. Es hat keinen Sinn zu allen Themen immer Trump-Verteidiger und GOP-Agitatoren einzuladen, wenn diese wie Frau Conway ohnehin nur wie gedruckt lügen.