Mittwoch, 11. April 2018

Der alte Hut.



Das hat ja schon vor über 200 Jahren funktioniert.
Wenn eine Regierung innenpolitisch in echte Schwierigkeiten kommt, um Akzeptanz beim eigenen Volk ringen muss, zettelt sie eben einen Krieg mit einem äußeren Feind an. Dann steht das Land in einer nationalen Wallung zusammen und stellt sich wieder hinter die eigene Regierung.

Der Jakobiner Jacques-Pierre Brissot de Warville, genannt Brissot (1754 -1793), vertrat als großer Gegenspieler Maximilien de Robespierres die Ansicht ein großer Krieg wäre für die Französische Revolution äußerst hilfreich, da man zusammenstünde, von ökonomischer Not ablenke und natürlich auch andere Königshäuser stürzen könne.

1914 nutze der greise Österreichische Kaiser Franz-Joseph das Mittel Krieg, um wie Cousin Wilhelm in Berlin eine gewaltige nationale Aufwallung und Begeisterung zu entfesseln. Damit waren alle Aufmüpfigkeiten gegen das verknöcherte monarchistische System erst einmal beendet.

Margaret Thatcher hatte 1982 gegen Ende ihrer ersten Amtszeit jede Menge Probleme mit aufmüpfigen Gewerkschaften, in den britischen Industriestädten gab es Massenproteste.
Aber als sie sich in den Falklandkrieg stürzte und wegen einer völlig unbedeutenden Insel am anderen Ende der Welt die gesamte englische Navy in Gang setzte, um Argentinien zu Klump zu schießen, wurde sie endgültig zur „eisernen Lady“, die niemand mehr unterschätzen mochte.
Bei den folgenden Unterhauswahlen, wenige Monate nach dem gewonnenen Krieg holten ihre Torys mit 397 von insgesamt 650 und 58 hinzu gewonnenen Sitzen den deutlichsten Wahlsieg des Jahrhunderts.

Teresa May, die intellektuell und strategisch ihrer konservativen Vorgängerin deutlich unterlegen bereits eine Volksabstimmung und eine Unterhauswahl ohne Not ruinierte, kann so einen äußeren Feind auch nur zu gut gebrauchen, um ihre Umfragewerte zu pushen.
Sie hat keine Kontrolle über ihre debakulierenden Minister, immer noch nicht den geringsten Plan wie man den Brexit umsetzen soll und zudem mit ihrer frühen Positionierung als große Freundin Donald Trumps immer wieder konsequent alles falsch gemacht.
Aber Putin taugt perfekt als Bösewicht.


Sie benutzt Russland wieThe Iron Lady" 1982 Argentinien.
Sergej Skripal, ein einzelner Doppelagent reicht ihr als Grund, um eine weltweite diplomatische Megakrise herauf zu beschwören.
Nach Francis Fukuyamas 1992 postulierten „The End of History“ sind wir in einer erstaunlich engen Schleife wieder mitten in den kalten Krieg zurück gerutscht.
Nur daß es damals in Washington, London und Bonn durchaus intelligente Menschen in den Regierungen hatte, die bereit waren mit Moskau zu sprechen.
Im Kreml saßen damals Typen wie Leonid Breschnew, der am eigenen Leib „die ganze Scheiße“ (Helmut Schmidt über WK-II) erlebt hatte und sich mit den Westeuropäern einig war, WK-III unbedingt zu verhindern.

2018 gibt es neben Macron niemand auf der internationalen Bühne, dem man Tatkraft und Intelligenz attestieren würde.
Trudeau ist natürlich sehr sympathisch, aber Kanada ist weit weg und militärisch nicht sehr relevant.
Angela Merkel, die bereits 13 Jahre untätig angesichts aller Weltkrisen vor sich hin schläft gilt da bereits als große Hoffnung.
Zu Wladimir Putin kann man immerhin einige positive Konnotation finden: Er ist schlau, erfahren, historisch bewandert und weiß wie Außenpolitik funktioniert; er wird also mutmaßlich immerhin nicht aus Versehen einen Weltkrieg anzetteln.
Das sagt aber noch nichts über seine Absichten und seine tatsächliche Rolle aus.
Die meisten anderen politischen Führer sind offensichtlich einem Fieberalptraum entsprungen.

Rodrigo Duterte ist ein vom Morden begeisterter Mörder, Kronprinz Mohammed, die Hoffnung Saudi-Arabiens ein Kriegstreiber, der Myriaden Menschen im Jemen auf dem Gewissen hat und Hass gegen Intimfeind Iran schürt.
Bibi Netanjahu ist ein zutiefst korrupter Kriegstreiber, der sukzessive, aber stetig die Pressefreiheit in Israel abschafft und die Justiz drangsaliert, während er immer mehr mit ultraorthodoxen Fanatikern paktiert.
Vorgestern wählten 70% der Ungarn rechtsradikal und zum dritten Mal einen ausgesprochen menschenverachtenden Antisemiten zum Regierungschef, der zuvor Justiz und freie Presse zerschmettert hatte.
Das Bild ist in einigen anderen osteuropäischen Ländern nicht viel besser, insbesondere in Polen. Dort wird seit Jahren systematisch die Demokratie abgewickelt.
 Der Schokomilliardär Poroschenko erweist sich als Ukrainsicher Präsident als ebenso korrupt wie hasserfüllt und unfähig.
Auf den britischen Inseln trottelt Teresa May ihr Land ins Abseits und in Italien fanden die Wähler es sei mal wieder Zeit für Berlusconi.
Spanien, das Land, das als einziges in Europa keine relevante rechtsradikale EU-feindliche Partei wuchern lässt, bricht völlig ohne Not und zum Schaden aller eine absurden Separationskonflikt zwischen einem völlig überforderten MP Rajoy und dem destruktiven katalanischen Separatisten Carles Puigdemont los.
Neben echten Schätzchen wie Kim Jong Un und Baschar Hafiz al-Assad gibt es noch das extrem wichtige NATO-Land Türkei, dessen Präsident radikal wie Orban und autokratisch wie Putin ist, allerdings nicht über Intelligenz und Vernunft des Russen verfügt, sondern geistig auf dem Stand eines pöbelnden garstigen Kleinkindes angekommen ist.
Da ist er sich mit dem derzeit gefährlichsten und debilsten Deppen der Weltführer ähnlich: Donald Trump, der Präsident, der in jeder Hinsicht so schlimm ist, daß es keine Worte gibt seine perfide Bösartigkeit zu beschreiben.


Recep Tayyip Erdoğan, Assad, Putin, Trump und der in diesem Quintett geradezu liberale Iranische Präsident Hassan Ruhani sind nun am Drücker, um das Megadesaster des 21. Jahrhunderts, das Schlachtfeld Syrien mit bisher mindestens 600.000 Toten und 12 Millionen Vertriebenen zu „ordnen“.

Was sagt das eigentlich über die Menschheit aus, wenn wir ausgerechnet diese fünf an die entscheidenden Hebel der Macht setzen?
Viereinhalb von ihnen sind sogar durch Wahlen von ihren Völkern als bester Führer ausgesucht worden.

Der tobende Donald bebt so sehr vor Wut über die Enthüllungen seiner Penisabenteuer, daß er nun radikale Schritte unternimmt, um im „Land Of The Free“ die Pressefreiheit abzuschaffen.

Nachdem acht Jahre Dauerbombardement Syrien in eine Hölle verwandelt haben, kündigt Trump per Twitter an (you cannot make this shit up) nun noch mehr zu bombardieren.

[…..] Russisches Roulette
 Donald Trump kündigt einen Raketenangriff auf Syrien an - und äußert sich via Twitter dabei so, als wolle er direkt russische Ziele bombardieren. Das ist unverantwortlich, er riskiert einen Krieg der Großmächte. [….]

Wenn das größte europäische Nachrichtenmagazin den US-Präsidenten „unverantwortlich“ nennt, ist das eigentlich eine radikale Anschuldigung.
Aber nach einem Jahr Trump wirkt die Vokabel nur unangemessen euphemistisch.


Es ist wie bei small penis cars – Donald braucht die ganz großen Kaliber.
Mit den Knallern kann sein Fötushirn seinem Ärger Luft machen.

Hemmungen kennt er nicht, schon kurz nach seinem Amtsantritt setzte er die „Mother of all bombs“ ein.

[….] The United States has dropped a massive GBU-43 bomb, the biggest non-nuclear bomb it has ever used in combat, in eastern Afghanistan targeting a network of caves and tunnels used by Islamic State militants.
Key points:

    GBU-43 bomb weighs just under 10,000kg
    Afghanistan says up to 36 suspected IS militants were killed
    Strike was designed to "maximise destruction" of IS fighters and facilities

President Donald Trump touted the bombing as evidence of a more muscular US foreign policy since he took office in January after eight years of President Barack Obama.
The 9,797-kilogram GBU-43 bomb was dropped from a MC-130 aircraft in the Achin district of Nangarhar province, close to the border with Pakistan, Pentagon spokesman Adam Stump said. [….]

Ein bißchen Weltkrieg ist vielleicht genau das wonach #45 der Sinn steht.
Dann wäre ihm der Platz in der Geschichte sicher. Als 45. und letzter US-Präsident.

[….] Es ist die erste Interventionserklärung per Twitter, geschrieben vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, adressiert an Russland. Der Text ist kurz und aggressiv. Moskau habe angekündigt, alle Raketen abzuschießen, die auf Syrien abgefeuert würden, twitterte Donald Trump – und ergänzte: „Mach‘ dich bereit, Russland, denn sie werden kommen, hübsch und neu und ,intelligent‘.“
Zwei atomar hochgerüstete Supermächte bedrohen einander. Keine will ihr Gesicht verlieren. [….] In Syrien bahnt sich erneut eine Katastrophe an. Russland und Amerika sind auf Konfrontationskurs. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mischt ebenso mit wie Großbritannien. Israel hat Stellungen der vom Iran unterstützen Hisbollah-Miliz ins Visier genommen, der Iran kündigt Vergeltung an, für den Fall droht Israel mit einem direkten Angriff auf Assad. [….]
(Malte Lehming, Tagesspiegel, 11.04.18)