Mittwoch, 29. Januar 2014

Noch da, Grüne? Teil II

Wie ich Politiker hasse, die sich mit tumben Fußballmetaphern an das gemeine Volk heran wanzen wollen.
Dazu gehört auch die CDU-affine Hamburger Grünen-Chefin Katharina Fegebank, die sich gern in der FC St.Pauli-Fankneipe JOLLY ROGER rumtreibt, um sich bei den grölenden Biersäufern beliebt zu machen.

Für sie gilt eine der bekanntesten Fußballerweisheiten:

Erst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu.

Wie gerade erst beschrieben, haben die Hessen-CDU-philen Grünen die politisch-inhaltliche Arbeit derzeit eingestellt.
Sie imitieren nun die Methode Merkel: Keiner bewegt sich und auf gar keinen Fall darf man sich programmatisch äußern.

Urplötzlich fiel den ehemaligen Baumfreunden aber noch ein, daß es in wenigen Monaten eine überregionale große Wahl gibt, bei der man sich vielleicht irgendwie beteiligen sollte. Scheint um Europa oder so zu gehen. Nichts Genaues weiß man nicht.
Die Grünen wollen auch personell dem Unionsvorbild folgen und die abgehalfterten, in Deutschland durch Misserfolge aufgefallenen Politiker auf die hochdotierten Posten im EU-Parlament abschieben.
Bei den Brüsseler Windeiern à la Silvana Koch-Mehrin oder Bernd Posselt kommt es ja nicht so drauf an, welchen Depp man dazu setzen möchte.

Da die Grünen ohnehin keine Meinung zu Europa haben und sich auch nicht im Wahlkampf äußern wollen, mußte auf möglichst billige Weise ein(e) Spitzenkandidat(in) gefunden werden.

War da nicht kürzlich irgendwas bei der SPD?
Ja, richtig. Mit einem Mitgliederentscheid zur Regierungsbeteiligung hatten sich die Sozen wochenlang die Titelseiten der Zeitungen gesichert.
Gut, inhaltliche Ergebnisse brachte es nicht. Der Koalitionsvertrag ist ein Desaster und demoskopisch stürzt die SPD auch schon wieder ab, aber irgendwie war es doch richtig hipp so ein Spektakel zu inszenieren.
Also wollten die Grünen das jetzt auch mal machen.
Allerdings möglichst ohne Aufwand, also ohne diese anstrengenden Diskussionen auf regionalen Konferenzen und vor allem ohne irgendwelche inhaltlichen Fragen zu streifen.
Außerdem ist so eine Befragung der Mitglieder teuer. Man braucht „Hochleistungsschlitzmaschinen“, jede Menge Geld für Porto und zu druckende Unterlagen.
Dazu hatten die Grünen natürlich keine Lust und erinnerten sich, daß es ja jetzt diese neue, die eigenartige Erfindung gibt. Nennt sich „Neuland“, oder wie es die Nerds zärtlich rufen: „Internet“. Das muß reichen.

Grüne blamieren sich mit Online-Kandidatur.
Basisbeteiligung ist das Zauberwort, das die Grünen aus dem Stimmungstief holen sollte. Diesmal wurden nicht nur die eigenen Parteimitglieder befragt, das haben ja andere wie die SPD schon längst nachgemacht. Nein, diesmal wollten die Grünen alle Europäer ab 16 Jahren im Internet abstimmen lassen, egal ob Parteimitglied oder nicht. Und zwar über die Frage, wer als Spitzenkandidaten-Duo zur Europawahl Ende Mai antreten soll.
Zwar werden erst am heutigen Mittwoch die Sieger vorgestellt. Aber schon jetzt steht fest: Die äußerst geringe Wahlbeteiligung bei der europaweiten Online-Abstimmung über das Grünen-Spitzenkandidaten-Duo bestätigt die schlimmsten Befürchtungen der Parteistrategen. Nur rund 20.000 Menschen aus ganz Europa haben sich für die Grünen-Vorwahlen interessiert und ihre Stimme abgegeben. Die geringe Beteiligung gilt bei den Grünen hinter den Kulissen als herbe Niederlage. Noch vor dem Start der europaweiten Abstimmung war parteiintern die 100.000-Stimmen-Marke als Zielvorgabe ausgegeben worden. [….]

Man erinnert sich an das Räsonieren über die Frage wann „das Internet voll ist“ des ehemaligen Merkel’schen Fachmannes für „Neue Medien“ Staatssekretär Bernd Neumann.

„Plebiszitäre Elemente“ scheint noch immer die Zauberparole für einige Kleinstparteien zu sein. Wenn man sich damit aber einen schlanken Fuß machen will und nur ferne Fragen beantworten läßt, die keinerlei Konsequenzen für die Parteiführung haben, wird es peinlich. Ob man sich nun an das Ergebnis halten soll, wissen die Grünen nicht.

Ska Keller, 32, wird Spitzenkandidatin der europäischen Grünen. Das ergab die Greenprimary, eine europaweite Online-Abstimmung. Die Wahlbeteiligung lag dabei allerdings unter 0,01 Prozent.

Wahlbeteiligung unter 0,01 Prozent.
Eine parteitaktische Meisterleistung, um sich bei der EU-Wahl ins Medieninteresse zu katapultieren!

[….] Seit Mittwoch steht fest: Die Bewerberin für die deutsche Spitzenkandidatur, Rebecca Harms, 57 Jahre, Veteranin des Anti-Atom-Protests und Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, ist bei einer europaweiten Onlinevorwahl ihrer Partei durchgefallen. Im Rennen um die europäische Spitzenkandidatur landete Harms auf Platz drei von vier grünen Bewerbern, deutlich hinter einer jungen, deutschen Konkurrentin, die vor kurzem noch fast niemand kannte: Ska Keller, 32 Jahre, geboren in Brandenburg, seit 2009 für die Grünen im Europaparlament, Kandidatin der Europäischen Grünen Jugend.
[….] Die Onlineverliererin Rebecca Harms, derzeit mit einer Delegation des Europaparlaments in der Ukraine unterwegs, denkt nicht daran, den Spitzenplatz kampflos zu räumen: „Meine Kandidatur für Platz eins der Europaliste der deutschen Grünen gilt weiter“, sagte sie der taz.
[….] Doch gerade die Relevanz und Aussagekraft des Pilotversuchs sind auch unter Grünen umstritten. Schließlich fiel die Beteiligung peinlich niedrig aus: 22.000 Teilnehmer bei einer Abstimmung, die nicht nur Parteimitgliedern offen stand, sondern allen interessierten Bürgern über 16 Jahren aus 28 europäischen Ländern. Allein in Deutschland haben die Grünen 60.000 Mitglieder.
„Eine Abstimmung europaweit mit 22.000 Votes ist doch wohl ein Witz“, twitterte der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn. [….]