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Samstag, 29. Oktober 2022

Der SPIEGEL verrennt sich mal wieder

Natürlich habe ich schon immer ein SPIEGEL-Print-Abo und werde es auch behalten. Deswegen gefällt mir aber noch lange nicht jeder Artikel in des Periodikums.

Es gibt tatsächlich diese sogenannten „Spiegel-Kampagnen“, bei denen sich die Chefredaktion offenbar einen Politiker des linken Parteienspektrums aussucht und über Jahre mit einer Kaskade negativer Artikel überzieht.

Nach dem Fall der Mauer traf es Manfred Stolpe und Gregor Gysi besonders hart. Ich hatte immer das Gefühl, es handele sich um eine persönliche Vendetta; ausgetragen von Funk, Kilz, Kaden und insbesondere Stefan Aust. Keine Woche, ohne daß erneut irgendeine IM-Geschichte ausgebreitet wurde.

Zu der Zeit, noch ohne Internetanschluss, las ich den Spiegel buchstäblich von der ersten bis zur letzten Seite. Jedes Wort. Bei der erwarteten Anti-Stolpe-Tirade konnte ich schon mitsingen, weil das so oft wiederholt wurde. Nun bin ich generell kein Fan von Kirchenfunktionären, aber angesichts dieses Sperrfeuers aus Hamburg, freute ich mich ganz besonders, wenn er wieder mal die absolute Mehrheit in Brandenburg holte.

Die nächste echte Zerstörungskampagne lief um 2002 durch den erzkonservativen Gabor Steingart, 2001 bis 2007 Leiter des Hauptstadtbüros des Spiegel in Berlin an, der es sich zusammen mit STERN-Kolumnist Hans-Ulrich Jörges offenbar zur Lebensaufgabe gemacht hatte, die rotgrüne Schröder-Regierung zu stürzen. Nachdem zu Steingarts großer Enttäuschung Stoiber im Herbst 2002 die Bundestagswahl verlor, schoss er sich insbesondere auf Vizekanzler Fischer ein und erklärte jeden Montag auf’s Neue, wieso endlich Merkel und Westerwelle die Regierung übernehmen müssten. Die große Liebe für Angela Merkel und die CDU brach zwar nie in der SPIEGEL-Redaktion aus, aber sie wurde nie auch nur annähernd so hart wie Stolpe, Schröder oder Fischer angefasst.

Seit etwa zwei Jahren gibt es ein neues Hassobjekt: Olaf Scholz. Insbesondere im Laufe des Jahres 2021 wurde er voller Verachtung, als Charisma-freier Sonderling lächerlich gemacht, der es niemals schaffen würde auch nur die kleinste Chance auf das Kanzleramt zu erhalten. Als aber ausgerechnet dieser so niedergeschriebene Scholz im Dezember 2021 plötzlich Kanzler war, wollte man an der Ericusspitze 1 offenbar ungern zugeben, ein volles Jahr drastische Fehlprognosen ventiliert zu haben.

In den vergangenen elf Monaten erschien dementsprechend kein Spiegel-Artikel, in dem Olaf Scholz nicht mit deutlich wahrnehmbaren negativen Untertönen beschrieben wurde. Unglücklicherweise (für den Spiegel) verstehen sich die Ampelaner auf persönlicher Ebene sehr gut, so daß Grüne und Gelbe keine persönliche schmutzige Wäsche weitertratschen.

In den Koalitionsverhandlungen hatte man vereinbart, die Treffen reihum von Scholz, Habeck und Lindner leiten zu lassen. Nachdem alle einmal dran waren, baten FDP und Grüne den künftigen Kanzler einhellig darum, er möge doch bitte alle weiteren Verhandlungsrunden leiten. Sehr schnell erkannten also die damals eifersüchtig um Posten buhlenden Parteien, wie fair und sachlich und perfekt informiert, Scholz hinter den Kulissen agiert.

Als linker Sozialdemokrat ärgere ich mich natürlich, wenn der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland nichts besseres zu tun hat, als zu Lindners Prunk-Porsche-Hochzeit auf der Reichen-Insel Sylt einzufliegen.

Scholz ist aber bekannt dafür, sich im diametralen Gegensatz zu Linder, wirklich gar nichts aus Statussymbolen und Reichtum zu machen. Scholz hielt sich immer fern von Yellow Press und roten Teppichen. Er wird also kaum nach Sylt geflogen sein, weil es ihm so einen Spaß machte, Lindners Porsche zu betrachten und Lindners Champagner zu trinken. Er flog klugerweise dahin, weil er Lindners Ego kennt und weiß, wie sehr es gestreichelt werden muss, um den Koalitionsfrieden zu wahren. Das hake ich als „Regierungskunst“ ab. Er braucht die FDP und mit diesem Ehrenbesuch stimmte er Lobbylindner mild, ohne dafür politische Kapital zu verschwenden.

Die Auseinandersetzungen um das AKW Lingen und die partiell hysterischen heuchlerischen Stellungnahmen zur Cosco-Beteiligung am Terminal Tollerort, machen den SPIEGEL offenkundig sehr glücklich.

In der aktuellen Ausgabe ziehen die Hamburger richtig vom Leder gegen den Kanzler.

Spaß macht es mir wirklich nicht, das zu lesen. Aber ich will mich keinesfalls in eine Blase zurück ziehen, in der jeder meiner Meinung ist. Das ist nämlich das moderne Grundübel der Welt. Also lese ich, wie Melanie Amann, Markus Becker, Christoph Giesen, Nils Klawitter, Martin Knobbe, Marina Kormbaki, Maximilian Popp und Britta Sandberg Olaf Scholz hassen. Sie müssen ihn schließlich nicht lieben.

Etwas störend sind aber die Stellen, an denen sie bei der Verklärung ihrer geliebten Angela Merkel, den Boden der Tatsachen ganz verlassen.

[….] In Brüssel sieht es nicht besser aus, im Gegenteil. Dort wird jeder neue Regierungschef an seinem Vorgänger gemessen, also wird Scholz mit Angela Merkel verglichen – und dieser Tage sind die Erinnerungen an alte Zeiten besonders rosig eingefärbt. Merkel, so schwärmen Diplomaten in Brüssel, habe enorm viel Zeit in Gespräche mit kleineren EU-Ländern investiert. Das Ergebnis sei ein »360-Grad-Blick« auf die europäischen Partner gewesen, der Scholz leider abgehe, zumindest bislang. Unter Merkel sei es außerdem unvorstellbar gewesen, dass Deutschland mal eben ein 200 Milliarden Euro schweres Paket zur Abfederung der Energiekrise geschnürt hätte, ohne die wichtigsten EU-Partner vorzuwarnen, insbesondere Frankreich – so geschehen unter Scholz. […..]

(DER SPIEGEL 44/2022, 29.10.2022)

Der reine Hohn! Merkel war es, die durch ihre grausame Austeritätspolitik die anderen EU-Partner so verprellte, daß die Beziehungen schweren Schaden nahm. Merkels Regierung war es, die die Griechen zwang, Piräus an die Chinesen zu verkaufen. Merkel und Schäuble setzten brutal Haushaltsdisziplin in Südeuropa durch, während sie in Deutschland des Gegenteil taten – nämlich Konjunkturprogramme gegen die Krise. Berlin wurde für diese Rücksichtslosigkeit gegenüber der kleineren Ländern so sehr gehasst, daß Merkel in Spanien, Italien, Griechenland mit SS-Uniform dargestellt wurde. Selbst das Weiße Haus mischte sich ein und Obama verlangte nachdrücklich, Deutschland dürfe sein brutales Machtmittel des Exportüberschusses nicht behalten.

[….] Kleinere, wirtschaftlich schwächere EU-Länder fühlten sich kalt erwischt, gar bedroht von der Wucht des 200-Milliarden-Pakets. Der Vorwurf: Deutschland subventioniere sich und nur sich raus aus der Krise. Berlin handele egoistisch und protektionistisch, hieß es schon zu Beginn des jüngsten Brüsseler Gipfels. […..]

(DER SPIEGEL 44/2022, 29.10.2022)

Kauder und Schäuble hetzten gegen Tsipras und Varoufakis, Kauder verstieg sich dazu in äußerster deutscher Arroganz zu erklären, man spräche wieder deutsch in Brüssel.

[….] Anders als langjährige EU-Regierungschefs beherrscht der deutsche Sozialdemokrat auch noch nicht die Kunst, nationale Belange europäisch zu verbrämen, deutsche Interessen zur Schicksalsfrage der ganzen EU hochzustilisieren. Macron ist da ganz groß drin, Scholz legt wenig Wert auf die Verkaufe seiner Konzepte, er glaubt an die Kraft von Argumenten und Fakten. Und läuft damit immer wieder ins Leere. […..]

(DER SPIEGEL 44/2022, 29.10.2022)

Merkel war es, die mit ihren nationalen Alleingängen in der Atompolitik (Ausstieg 2011) und Flüchtlingspolitik 2015 die anderen Europäer extrem verärgerte, weil sie rein gar nichts vorher abgesprochen hatte und alle vor vollendete Tatsachen stellte.

Dadurch wurde Martin Schulz als „Mr. Europa“ überhaupt 2017 SPD-Kanzlerkandidat, weil die Sozialdemokraten die deutschen Alleingänge und die arrogante Haltung des Kanzleramts gegenüber anderen Europäern ändern wollten.

Samstag, 12. Februar 2022

Pfui Schröder?

In „den Medien“, aber auch an der SPD-Basis wird Gerhard Schröder mit drastischen Worten für seine internationalen Aufsichtsratsposten kritisiert. Offensichtlich hat sich die allgemeine Sichtweise „Russland schlecht, Ukraine gut“ allgemein durchgesetzt. Diejenigen, die sich Mühe geben, das größte Land der Erde zu verstehen, werden diffamiert.

Ich bin anderer Meinung; es ist wichtiger denn je, Kommunikationskanäle in den dem Kreml aufrecht zu erhalten.

Ich bin nicht der Ansicht, daß die Ukraine unserer natürlicher Verbündeter sein sollte.

Putins Argumente sind nicht an den Haaren herbeigezogen. Ja, die Ukraine gehörte die längste Zeit zur Sowjetunion, ja, die Krim war fast immer russisch, ja, die Krim wird weit überwiegend von Russen bewohnt, ja, die NATO hat ihre Versprechen gebrochen und ist Russland immer mehr auf die Pelle gerückt und ja, es war nie Russland, das den Westen angriff, sondern es waren immer die westlichen Länder, die tief nach Osten marschierten, um Russland anzugreifen – von Napoleon bis Hitler. Beim letzten mal, dem Unternehmen Barbarossa, als am 22.Juli 1941 Deutschland in die Sowjetunion einmarschierte, starben am Ende 25 Millionen Sowjet-Bürger; eins der Opfer war der in St. Petersburg von Deutschen eingekesselte ältere Bruder Wladimir Putins. Man nenne mich gern „Russland-Versteher“, aber ich finde es tatsächlich nachvollziehbar, daß der Kreml sich nicht ewig lange angucken mag, wie die NATO immer weiter nach Osten vorrückt.

Seit ein paar Tagen richten sich Zorn und Häme auch gegen die aktuelle SPD-Führung, weil sich Martin Schulz, Matthias Platzeck und der Staatssekretär im Bundesinnenministerium Johann Saathoff mit Gerhard Schröder trafen.

[…] Russland: So mauschelt Schröder mit SPD-Promis!

Ex-Kanzler Gerhard Schröder ist in Sachen Russland-Politik in der SPD völlig isoliert. So ist zumindest die offizielle Darstellung der Parteispitze. Doch in Wahrheit mischt der Gazprom-Lobbyist noch immer kräftig mit, wie nun der „Spiegel“ enthüllt. Am 5. Januar hat es demnach ein Treffen von Schröder mit mehreren SPD-Promis in Hannover gegeben. […] Saathoff und Schulz nahmen wenige Tage später auch an einer von Parteichef Lars Klingbeil organisierten SPD-Klausurtagung zum Thema Russland teil.  […]

(Christian Burmeister, MoPo, 11.02.2022)

Geht es noch, Burmeister? Mauscheln??

Es wäre fahrlässig und borniert, wenn die Bundesregierung gerade jetzt nicht mit Schröder spräche! Gerade wenn die ganze Welt darüber rätselt, was Putin genau vorhat und das Weiße Haus schon von einem dritten Weltkrieg spricht, ist es die Pflicht der Bundesregierung alle Möglichkeiten zu nutzen, um an exklusive Informationen zu kommen.

Internationale Diplomatie definiert sich gerade durch Kontakte und Gesprächsaustausch mit den Mächten, die einem eher feindlich gegenüber stehen.

Wenn europäische Regierungen nur noch mit Nationen sprechen, mit denen sie eng befreundet sind und ohnehin einer Meinung sind, kann man alle Botschaften und Außenministerien gleich schließen und alles von einem Ministerialbeamten im Bundeskanzleramt erledigen lassen.

Es ist gerade jetzt von unschätzbaren Vorteil, in Gerhard Schröder einen Ansprechpartner zu haben, dem Putin vertraut und dem er sich ganz anders öffnet, als einer 40-Jährigen Außenministerin, deren Partei (Habeck! Bütikofer!) darüber orakelt, der Ukraine Waffen zu liefern!

(…..) Diese „lupenreiner Demokrat“-Zitataufsagerei kann ich nicht mehr hören.

Was für eine billige Polemik.  Wenig einfallsreich und auch nicht besonders intelligent ist es hingegen in jedem zweiten Leserbrief und fast jedem Artikel einen hämischen Schröder-Seitenhieb über den „lupenreinen Demokraten“ Putin zu lesen. Das ist unfair.  Zunächst einmal ist das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen. 

 Die Formulierung stammt von Reinhold Beckmann.

Beckmann: "Ist Putin ein lupenreiner Demokrat?"

Gerhard Schröder: "Das sind immer so Begriffe. Ich glaube ihm das und ich bin davon überzeugt, dass er das ist. Dass in Russland nicht alles so ist, wie er sich das vorstellt und gar wie ich oder wir uns das vorstellen würden, das, glaube ich, sollte man verstehen. Dieses Land hat 75 Jahre kommunistische Herrschaft hinter sich und ich würde immer gerne die Fundamentalkritiker daran erinnern, mal darüber nachzudenken, ab wann denn bei uns alles so wunderbar gelaufen ist."

(Deutschlandradio 2004)

Putin war damals Präsident und in der Konfrontation mit dem kriegslüsternen US-Präsidenten GWB ein absolut unverzichtbarer Alliierter.

Ich behaupte, der amtierende Bundeskanzler Schröder hätte in der Situation gar nicht sagen können und gar nicht sagen dürfen, er glaube Putin nicht den Weg der Demokratie einzuschlagen.

Das hätte unermesslichen diplomatischen und außenpolitischen Schaden zur Unzeit angerichtet.  Gerd Schröders Spruch stammt aus einer anderen Zeit, nämlich 2004.  Damals waren alle sehr froh darüber, daß die irren Autokraten um Boris Jelzin, der volltrunken mit dem Atomkoffer rumstolperte, von einem rationalen Mann ersetzt wurden.  Tatsächlich hat Russland unter Putin ökonomisch gewaltige Fortschritte gemacht, wurde stabiler, verlässlicher und sichert nicht zuletzt unsere Energieversorgung.  Russland war vor zehn Jahren ein äußerst wichtiger Partner Deutschlands, um gemeinsam gegen den Irakkrieg zu arbeiten. Das muß man Putin schon hoch anrechnen, daß er so klar für den friedlichen Kurs Frankreichs, Belgiens und Deutschlands gegen die USA, Polen, GB, Italien, Spanien, etc Stellung bezogen hat!  Rußland hat 1999 die Todesstrafe abgeschafft, während Merkels Christenfreund George W. Bush in seiner Amtszeit als Gouverneur 152 (sic!) Todesurteile unterschrieben hat. Der Staat Texas, dem GWB als Gouverneur diente hat in den letzten 30 Jahren sogar 22 Teenager hinrichten lassen.  Auch geistig Behinderte werden in Amerika, dem land oft he free, hingerichtet.2008 unterschrieb Bush noch als amtierender Präsident das Todesurteil gegen den Gefreiten Ronald Gray, einen US-Soldaten.

Tu quoque ist kein absolutes Argument und macht Putins Aktionen gegen Pussy Riot nicht besser. 
Aber wir sollten uns fragen, warum wir immer so hysterisch auf Russland losgehen und alle Augen bei Obama zudrücken. (….)

(Putin, die Pussy, 20.08.2012)

Schröders Kontakt zu Putin ist in der Ukraine-Krise aber auch wegen der nicht vorhandenen Alternativen extrem wichtig.

Krieg ist keine Option. Allein ist die Ukraine, deren Soldaten mangels Ausrüstung derzeit mit Holzgewehren trainieren, Russland hoffnungslos unterlegen.

Sollte Putin tatsächlich einen Angriffsbefehl in Richtung Kiew erteilen, müsste sich schon die NATO der russischen Armee entgegenstellen.

Ich bin kein Militärexperte, aber nachdem die angeblich mit Abstand stärkste Militärmacht der Erde, die USA, zuletzt die Kriege im Irak, in Syrien und in Afghanistan gegen Steinzeitkrieger verlor, glaube ich nicht, daß die NATO Russland besiegen könnte.
Außerdem ist das graue Theorie, denn die Vorstellung, daß GIs und Russen auf einander schießen, würde vermutlich tatsächlich zu einem WK-III führen, der bekanntlich im Atomzeitalter nicht nur der dritte, sondern auch der letzte Weltkrieg wäre. Dann hätte sich Homo Demens final selbst besiegt. Das kann man auch wollen.

Wie sollte man aber sonst einen Aggressor aufhalten, mit dem man nicht mal reden will und schon eine Zusammenkunft von Quasi-Unterhändlern (Schröder, Schulz, Platzeck) in Bausch und Bogen verdammt?

Die russophoben Journalisten und Politiker setzten auf extreme Wirtschaftssanktionen. Also das erprobte vorletzte Mittel vor dem Waffengang.

Mit dem kleinen Nachteil, daß Wirtschaftssanktionen noch nie funktioniert haben.

Sie haben weder Saddam Hussein gestoppt, stürzen nicht Kim Jong Un vom Thron, und haben in den letzten acht Jahren bekanntlich auch Putin nicht einen Millimeter von der Krim geschoben. Zudem sind in einer zunehmend globalisierten Welt, die ökonomischen Schäden nicht nur nicht auf die sanktionierte Nation zu beschränken, sondern können den Sanktions-verhängenden Ländern womöglich noch mehr schaden.

Deswegen ist es auch richtig von Olaf Scholz, eben nicht dauernd von Nordstream II zu sprechen. Die deutschen Gasspeicher sind leer und Russland hat längst im energiehungrigen China einen alternativen Abnehmer.

Sollte es den Kreml etwa beeindrucken, wenn in Deutschland die Lichter ausgehen? Ähnlich brutal würde eine Aussetzung des SWIFT-Finanzabkommens auf Deutschland wirken, während Moskau längst einen Weg gefunden hat, Finanzsanktionen zu umgehen.

[…] "Londongrad" als Schlupfloch?

In Großbritannien waschen viele Russen ihr Geld. Wirkungsvolle Sanktionen gegen Russland seien deswegen kaum möglich, heißt es aus den USA. Doch die Konservative Partei hat offenbar wenig Interesse, gegen Korruption vorzugehen. […] "London ist das Ziel der Wahl für alle Kleptokraten", sagt der außenpolitische Sprecher von Labour, David Lammy. "Hier gibt es Firmen, die korrupten Eliten helfen, ihr unrechtmäßig erworbenes Vermögen zu verstecken."  Labour fordert strengere Gesetze, Transparenzregeln eine Stärkung der Ermittlungsbehörden. Die Forderung ist nicht neu. Schon 2018 hieß es in einem Abschlussbericht eines Untersuchungsausschusses des Parlaments: Die Regierung müsse den Zufluss von schmutzigem Geld ins Vereinigte Königreich beenden. Doch passiert ist nichts: "Wegen des Brexit und wegen eines Desinteresses in der Regierung gab es keine Energie, das Thema anzugehen", sagt Tom Keatinge, Direktor am Zentrum für Wirtschaftskriminalität des Royal United Services Institute. […] Allein herauszufinden, wem was gehört, ist in Großbritannien ziemlich schwierig. Firmenanteile oder Immobilien sind auf Firmen in Übersee registriert. Eine Weiterverfolgung ist kaum möglich. […]

(Tagesschau, 10.02.2022)

Hilfe ist von Trumps Homunculus Johnson kaum zu erwarten.

Zudem sehen wir gerade bei den Olympischen Spielen den Schulterschluss zwischen Russland und China. Präsident Xi ist ebenfalls verärgert über den Westen, stellt sich im UN-Sicherheitsrat schon länger demonstrativ an die Seite Russlands, intensiviert die ökonomischen Verflechtungen mit Russland.

Was machen wir eigentlich bei maximalen antirussischen Sanktionen mit Abschaltung aller Gaspipelines aus dem Osten, wenn China mit Gegenmaßnahmen reagiert und den Westen nicht mehr beliefert?
Wir Europäer sind vollständig von Chinas Importen abhängig und die USA hängen zudem auch noch finanziell an Pekings Haken, weil sie dort mit über 1,1 Billionen Dollar verschuldet sind.

Merkels verblödeter Wirtschaftsminister Peter Altmaier hatte sich bei den Gaseinkäufen vollständig auf den Nordstream-Angaben verlassen. Er wurde nach Strich und Faden übertölpelt und nun ist die deutsche Abhängigkeit vom russischen Gas größer, denn je.

Präsident Putin übernahm 2000 eine marode, demotivierte russische Armee, die auf weitgehend schrottreifen Panzern saß. Er erkannte das Problem, investierte, entwickelte, modernisierte. 20 Jahren später ist sein Militär stärker denn je und überrascht westliche Beobachter mit sagenhafter Beweglichkeit, kann in kürzester Zeit in Kasachstan oder der Ukraine sein, während Deutschland zu doof ist, sich auch nur Transportflugzeige zuzulegen.

Das kommt eben davon, wenn man dämliche CDU-Regierungen wählt, in denen Altmaier, von der Leyen, Scheuer oder Annegret Kramp-Karrenbauer für solche Mega-Probleme zuständig sind. Wir werden abgehängt und stehen nun international als unfähige Idioten da. Die Deutschen können kein Handy bauen, setzen beim Autobau auf seit 20 Jahren veraltete Techniken, werden für Armee und erst recht die Geheimdienste international ausgelacht.

Wladimir Putin ist dem Westen einige Schritte voraus. Natürlich gefällt uns das nicht. Aber es hilft nicht, sich wie ein Kleinkind auf den Supermarktboden zu werfen, mit den Fäusten auf den Boden zu trommeln, daß wir auch volle Gasspeicher und funktionierende Panzer wollen.

Wir müssen die militärische und geopolitische Lage so anerkennen wie sie ist.

Viele Trümpfe hat Deutschland gerade nicht in der Hand. Da darf man nicht wählerisch sein und sollte froh sein, über den einen Vorteil, den man hat: Gerd Schröder. Den Mann mit den Kontakten, die er schon mehrfach zum Wohle Deutschlands einsetzte.

[….] Altkanzler Schröder vermittelte bei Erdogan

Die Freilassung von Peter Steudtner geht auf eine geheime Mission von Altkanzler Schröder zurück. Nach SPIEGEL-Informationen reiste er auf Bitten von Außenminister Gabriel und mit Wissen der Kanzlerin zu Staatspräsident Erdogan. [….]

(Christoph Schult, 26.10.2017)

Baerbock, Lindner und Scholz sollten Gerhard Schröder zu ihrem offiziellen Moskau-Unterhändler benennen und hätten damit endlich einen direkten Draht zu Putin, der nicht nur zuhören würde, sondern seinem Freund Gerd auch vertraut.

Sonntag, 5. September 2021

Wahlen haben Konsequenzen.

Wenn ich eins nicht leiden kann, dann ist das die Masse der indolenten und phlegmatischen Politikfernen, die sich vier Jahre lang nicht für die Vorgänge in Parlament und Regierung interessieren, noch nicht einmal die Minister den richtigen Parteien zuordnen können und dann kurz vor Wahltag debil grinsend bei Straßenumfragen in die Kamera plappern, sie könnten sich nicht entscheiden, weil ihnen beide (oder im Falle 2021 alle drei) Kandidaten nicht gefielen.

Ein Blick ins Grundgesetz verrät:

Artikel 21

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

Natürlich kann jeder Bürger Einfluß nehmen, indem er mit anderen diskutiert, Leserbriefe schreibt, zu Demonstrationen geht, Petitionen einreicht, sich bei Bürgerinitiativen engagiert und dergleichen mehr.

Aber letztendlich muss eine parlamentarische Mehrheit gefunden werden und das funktioniert nur, wenn Parteien überzeugt wurden.

Daher empfiehlt es sich als Mitglied eine Partei ganz direkt zu beeinflussen.

[….] Parteien wirken bei der politischen Willensbildung mit, indem sie

    die unterschiedlichen politischen Vorstellungen und Interessen in der Gesellschaft artikulieren, sie zu politischen Konzepten und Programmen bündeln und Lösungen für politische Probleme suchen,

    in der Öffentlichkeit für ihre Vorstellungen werben und die öffentliche Meinung und die politischen Ansichten der einzelnen Bürger beeinflussen,

    den Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit bieten, sich aktiv politisch zu betätigen und Erfahrungen zu sammeln, um politische Verantwortung übernehmen zu können,

    die Kandidaten für die Volksvertretungen in Bund, Ländern und Gemeinden und das Führungspersonal für politische Ämter stellen,

    als Regierungsparteien die politische Führung unterstützen,

    als Oppositionsparteien die Regierung kontrollieren, kritisieren und politische Alternativen entwickeln. [….]

(BPB, 15.12.2009)

Das demokratische politische Spektrum der Bundestagsparteien vom radikal pazifistischen Flügel der Linkspartei bis zum Werteunion-Flügel der CDU ist extrem weit. Wer sich darin nicht wiederfindet, kann unter Dutzenden weiteren zur Wahl zugelassenen Parteien auswählen

Dabei gilt es aber zu bedenken, daß der politische Einfluss der parlamentarischen Opposition bereits sehr gering ist. Die außerparlamentarische Opposition aber, ist nahezu wirkungslos.

Ich mag zum Beispiel das streng säkulare Programm der Partei „Die Humanisten“. Da sie aber keine Chance haben, die 5%-Hürde zu schaffen, wäre die Stimme ähnlich schädlich wie Nichtwählen.

Parteimitglieder beeinflussen auch die personelle Aufstellung einer Partei, wie ich selbst mehrfach schmerzlich erlebte.

1993 war ich ein strikter Gegner Scharpings und großer Befürworter Schröders. Daher war ich von der einfachen Mehrheit für Scharping bitter enttäuscht.

Bekanntlich war ich auch nie ein Schulz-Fan und trommelte vergeblich für Olaf Scholz, als sich die Mehrheit der Partei leider einmal für Andrea Nahles und einmal für NoWaBo und Esken entschied.

A posteriori habe ich offensichtlich Recht gehabt. Mit Schröder 1998 lief die Wahl sehr viel besser als die Scharping-Wahl 1994 und 2021 ist es Olaf Scholz, der nach vielen Leidensjahren die SPD hoffentlich zur stärksten Partei macht.

Aber es ist der Kern der Demokratie, daß nicht ein einzelner die Ausrichtung der Partei anordnet, sondern daß alle Mitglieder beteiligt sind.

Wer in „Die Grünen“ eintritt, kann entsprechend beeinflussen, ob die Partei sich erzkatholisch/CDU-affin (Kretschmann, Palmer), evangelisch-fromm (Göring-Kirchentag) oder progressiv/säkular (Roth, Trittin) ausrichtet.

Bei den Linken geht es von Oberrealo (Bartsch, Pau) über intellektuell (Gysi), pazifistisch (Dagdelen, Jelpke), Finanzexperte (Fabio De Masi) bis außenpolitisch durchgeknallt (Andrej Hunko) und völkisch-AfD-affin (Wagenknecht).

Die SPD bietet allerlei fromme Cis-Heteros, die von „Gendergaga“, Multikulti und Säkularismus nichts wissen wollen (Thierse, Nahles, Griese) bis zu Migranten (Hakverdi) oder schwulen Großstädtern (Kahrs, Kühnert) und linken Frauen (Esken) vielen Mitgliedern eine politische Heimat. Glücklicherweise sind die meisten aber ideologisch nicht verbohrte, sehr sozial und ökologisch denkende Menschen.

Die CDU reicht von liberaleren Norddeutschen (Günther*, Wersich) über völkische Rechtsaußen (Ploß, Maaßen, Amthor, Stahlknecht) bis zu gemütlichen frommen süddeutschen Bauern.

(*Daniel Günther ist erzkatholisch.)

Wem das alles noch nicht reicht, dem steht es selbstverständlich frei, selbst eine Partei zu gründen.

Wer sich beklagt, die Parlamentarier wären überbezahlt, Minister schwelgten im Luxus, ist herzlich eingeladen selbst eine Abgeordneten- oder Minister-Laufbahn einzuschlagen. Die Parteien freuen sich über neue Mitglieder und noch mehr über diejenigen, die sich auch wirklich engagieren, zu allen Basistreffen kommen, sich zu Delegierten wählen lassen und in Wahlkämpfen ihr Gesicht hinhalten.

Jeder sozial denkende und politisch interessierte deutsche Wähler ist in der Lage mit Hilfe der Umfragen, die eine vage Aussicht auf das Ergebnis bieten, eine taktische Wahlentscheidung zu treffen. Schlimmstenfalls muss er das geringste Übel wählen. Aber auch das ist angesichts von Kandidaten wie Laschet und Lindner eine sehr leichte Übung.

Was aber nicht geht, ist vier Jahre die Augen zu verschließen, das enorme parteipolitische Spektrum zu ignorieren, die unendlichen Möglichkeiten sich einzubringen außer Acht zu lassen und dann zwei Wochen vor der Bundestagswahl zu jammern, sie hätten lieber andere Kandidaten als Scholz, Laschet und Baerbock.

Dafür ist es wahrlich zu spät und wer sich über Jahre nie selbst in die Politik einbringt, hat sein Recht verwirkt, sich über diejenigen zu beklagen, die es tun.

Donnerstag, 10. Juni 2021

Annalena Schulz

Es ist ein Muster.

Als vor vier Jahren nicht wie erwartet Sigmar Gabriel, sondern der dem deutschen Michel unbekanntere Martin Schulz, als Kanzlerkandidat präsentiert wurde, war er begeistert von dem Neuen. Endlich ein Neuanfang, er wirkte so frisch, so anders als der Berliner GroKo-Betrieb; die demoskopischen Werte der SPD gingen durch die Decke.

Als vor vier Wochen nicht wie erwartet Robert Habeck, sondern die dem deutschen Michel unbekanntere Annalena Baerbock, als Kanzlerkandidatin präsentiert wurde, war er begeistert von der Neuen. Endlich ein Neuanfang, sie wirkte so frisch, so anders als der Berliner GroKo-Betrieb; die demoskopischen Werte der Grünen gingen durch die Decke.

Mit wohlwollender Neugier erkundeten die Bürger erst mal seinen Lebenslauf. So, so, der Mann spricht sechs Sprachen. Kluger Kerl. Sehr religionsfreundlich. Spielte in der Jugend Fußball, begeisterter Fußballfan. Aber beim genaueren Hinsehen wurden Zweifel an seiner Qualifikation geweckt. Noch nie ein Regierungsamt gehabt. Nur Realschulabschluss. Reicht das zum Bundeskanzler?

Mit wohlwollender Neugier erkundeten die Bürger erst mal ihren Lebenslauf. So, so, die Frau ist Völkerrechtlerin. Kluge Frau. Sehr religionsfreundlich. Spielte in der Jugend Fußball, begeisterter Fußballfan. Aber beim genaueren Hinsehen wurden Zweifel an ihrer Qualifikation geweckt. Noch nie ein Regierungsamt gehabt. Nur Vordiplom an der Uni Hamburg. Reicht das zum Bundeskanzler?

Etwas bange wurde den Wählern, als Schulz konkretere Änderungen vorschlug, wie zB Managergehälter zu begrenzen. Zudem gehört er innerhalb seiner Partei zum konservativen Seeheimer Kreis.

Etwas bange wurde den Wählern, als Baerbock konkretere Änderungen vorschlug, wie zB den Benzinpreis zu erhöhen. Zudem gehört sie innerhalb ihrer Partei zum konservativen CDU-affinen Flügel.

Den Wählern dämmerte es; unter einem Kanzler Schulz könnte sich womöglich wirklich etwas ändern. Und nichts hasst der Wähler so sehr wie Reformen; es soll immer alles so bleiben wie es ist. Daher setzten sie lieber auf Schlafwagen-Merkel.    Bei den folgenden Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen ging es drastisch bergab.   Nach den Landtagswahlpleiten ließen die Umfrageergebnisse der SPD im Bund wieder nach.

Den Wählern dämmerte es; unter einer Kanzlerin Baerbock könnte sich womöglich wirklich etwas ändern. Und nichts hasst der Wähler so sehr wie Reformen; es soll immer alles so bleiben wie es ist. Daher setzten sie lieber auf Schlafwagen-Laschet.   Bei den folgenden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt ging es drastisch bergab. Nur 5,9%.   Nach den Landtagswahlpleiten ließen die Umfrageergebnisse der Grünen im Bund wieder nach



Mehrere Institute melden einen drastischen Rückgang der Grünen Werte.

[…..] Baerbock mit deutlichen Einbußen.   Nach 43 Prozent im Mai meinen jetzt nur noch 28 Prozent, dass Annalena Baerbock als Kanzlerin geeignet ist, 64 Prozent (Mai I: 50 Prozent) bezweifeln das […..] Etwas mehr Zuspruch in dieser Frage bekommen dagegen jetzt die Kandidaten von CDU/CSU und SPD: Armin Laschet halten 43 Prozent (Mai I: 37 Prozent) und Olaf Scholz 48 Prozent (Mai I: 42 Prozent) für kanzlertauglich. […..]

(ZDF Politbarometer, 10.06.21)


Dabei sind die inhaltlichen Neuerungen, die Baerbock vorschlägt, minimal.

Sie will den Benzinpreis bis 2023 um 16 Cent erhöhen. CDU-Wirtschaftsminister Altmaier plant eine Erhöhung um 15 Cent bis 2025.

Die Grünen stellen es nur sehr dumm an und beherzigen nicht die ehernen deutschen Wahlkampfregeln: Reinheitsgebot, Tempolimit und Benzinpreis sind heilig. Wer es wagt darüber zu sprechen, wird abgestraft.

Anders als die SPD betreibt Baerbock auch noch ein klar unsoziales Programm, das eindeutig zu Lasten „ der kleinen Leute“ geht. Die Grünen als „herzlose Preistreiber“.

Parteien, die so etwas wollen (FDP, CDU, CSU, AfD), bekommen zwar gute Wahlergebnisse, aber man darf nicht drüber sprechen.  Diese Eigenschaften des Urnenpöbels sind zwar hochgradig dämlich, aber noch dämlicher ist es von den Grünen, das nicht zu wissen.

Noch viel dämlicher als dämlich sind aber Annalena Baerbocks Schummeleien in ihrem Lebenslauf.

Damit gab es nämlich nie etwas zu gewinnen. Ob sie nun in Brüssel oder in Berlin arbeitete, ob sie nun für den UNHCR spendete oder Mitglied war und wie nun ganz genau ihr Uni-Abschluss lautet, ist für die Wahlchancen irrelevant.   Sie hätte mit den „schickeren“ Varianten auch keine zusätzlichen Wähler gewonnen.

Nun aber verliert sie Wähler, weil man sich entweder über die Schummelei ärgert oder wie ich, entsetzt ist über die mangelnde Professionalität in Baerbocks Umkreis. Was für Deppen beschäftigt sie bloß, daß niemand auf die Idee kam, ihr Lebenslauf könnte auch überprüft werden, wenn sich die gesamte Presse eines 83-Millionen-Volks auf ihre Kandidatur stürzt? Wie will sie denn das Kanzleramt besetzten, wenn sie jetzt schon auf keine fähigen Mitarbeiter findet?

Armin Laschet hingegen tut das, was CDUCSU-Leute meistens mit Erfolg tun: Er holt sich gleich einen Lügen-Vollprofi, nämlich jemanden aus der BILD-Chefetage als Wahlkampfmanager.

[…..] Intellektuell beweglich, international interessiert, empathisch konservativ: Mit der Berufung der früheren "Bild"-Chefredakteurin Tanit Koch als Wahlkampfberaterin ist Kanzlerkandidat Armin Laschet ein Coup gelungen. [….]

(Nils Minkmar, 10.06.2021)

Die Grünen sehen wie Trottel, wie überforderte Amateure aus, die noch nicht mal eine Kampagne managen können.

Das war doch bisher die Spezialität des Willy-Brandt-Hauses!

Zum Glück für die Grünen, ist die SPD-Spitze immer noch hoffnungslos mit dem Wahlkampf überfordert und macht alles das nicht, das man tun müsste.

Aber wenigstens ist der Kanzlerkandidat Olaf Scholz selbst sehr schlau, sehr erfahren und hat ein hochprofessionelles Team um sich geschart.   Sollte Olaf Scholz Bundeskanzler werden, wird er zumindest den Job können.

Das alte von Bullion-Bonmot stimmt: Olaf Scholz ist ein schlechter Bundeskanzlerkandidat, wäre aber ein guter Kanzler.

Bei Annalena Baerbock weiß man das noch nicht. Im Moment ist sie damit beschäftigt ihre Kandidatur zu zertrümmern.

[……] Die nächste deutsche Bundeskanzlerin wird nicht Annalena Baerbock heißen. Daran besteht nach den letzten Tagen kaum ein vernünftiger Zweifel. [……] Es war vorhersehbar, dass manche Medien Kampagnenjournalismus betreiben würden. Dass sie kleine Fehler der grünen Kandidatin zu einem riesigen Ballon aufblasen und sachliche Aussagen radikalisieren würden. Derlei ist nicht schön, aber erwartbar. Und wer ganz vorn auf der politischen Bühne, sogar auf der weltpolitischen Bühne mitspielen möchte, muss damit umgehen können.   [……] Wie kann man so blöd oder so eitel oder beides sein, einen aufgehübschten Lebenslauf im Netz stehen zu lassen, bei dem sich alle Gegnerinnen und Gegner einfach bedienen können? Nehmt, was ihr wollt. Ist ja genug da. Wir korrigieren gern auch mehrfach.   Es gibt sicher viele Leute, die das Thema gar nicht interessiert oder die Kritik an Baerbock für übertrieben halten. [……] Annalena Baerbock hat sich sehr viel weniger zuschulden kommen lassen als andere politische Führungskräfte. Aber ihre Popularität war noch nicht gefestigt genug, um diese Affäre aussitzen zu können. [……] Tagelang musste jetzt Robert Habeck im Fernsehen und überall sonst das schlechte Wahlergebnis in Sachsen-Anhalt und die Ungereimtheiten im Lebenslauf der Spitzenkandidatin erklären. Machte er auch brav, mal mehr, mal weniger schmallippig. Annalena Baerbock war weitgehend abgetaucht. Souverän wirkte das nicht. [……]

(Bettina Gaus, SPON, 10.06.2021)

Montag, 3. Mai 2021

Narrative

Was nützt ein kompetenter Kanzlerkandidat, wenn ihn niemand wählt, weil seine persönlichen Umfragewerte einfach zu schlecht sind?

So dachte Ende 2016/Anfang 2017 Sigmar Gabriel, der damals unumstrittene Herrscher der SPD. Als Parteivorsitzender hätte er selbstverständlich das sogenannte „Zugriffsrecht“ gehabt.

Seit 2009 war er SPD-Chef, seit 2013 Vizekanzler und seit Januar 2017 Außenminister.

Zickzack-Sigi, wie er wegen seiner notorischen Meinungsänderungen genannt wurde, ist sicherlich der begabteste Politiker seiner Generation, kann durchaus brillieren und in ausführlicheren Gesprächen so ein aufmerksamer und intelligenter Zuhörer sein, daß man restlos begeistert von ihm ist.

Blöderweise neigt er dazu, einen Tag später irgendetwas Schauderhaftes zu sagen, daß man sofort wieder vergisst ihn gerade noch so sehr gemocht zu haben.

Er wäre genauso gern Kanzler geworden wie es jetzt Söder will, aber da Gabriel wesentlich intelligenter und selbstreflektierter als der bayerische Ministerpräsident ist, zögerte er und überließ 2013 in einer abstrusen Sturzgeburt Peer Steinbrück die Kanzlerkandidatur.

Unglücklicherweise verschenkten die Deutschen die Gelegenheit endlich wieder einen fähigen Kanzler zu bekommen. Vier Jahre später wollte Immernoch-SPD-Chef Gabriel geplanter vorgehen, ließ für den Parteivorstand Umfragen erstellen, welche Chancen er gegen Angela Merkel hätte. Es sah nicht gut aus; der Außenminister war zu unbeliebt. Viel eher könne der EU-Mann Martin Schulz die Partei ins Kanzleramt führen, erklärten die Demoskopen.

Ihm fehle zwar Regierungserfahrung und die Sicherheit im Umgang mit der Berliner Presse, aber immerhin war er eine ernsthafte Machtoption. Er wäre also vielleicht erst mal kein guter Bundeskanzler, aber ein guter Kanzlerkandidat!

Martin Schulz war das Gegenteil von Olaf Scholz. Der heutige Bundesfinanzminister und Vizekanzler wäre ein guter Kanzler; er hat alle Fähigkeiten dazu. Aber er ist leider ein mieser Kanzlerkandidat, weil er die Wähler nicht mitreißt, nicht dazu geeignet ist viele Leute zu mobilisieren, um Wahlkampf für ihn zu machen.

Gabriel setzte also 2017 erneut nicht auf sich selbst, sondern den Chancenreicheren.

Zunächst einmal lief es wie am Schnürchen. Nach 12 Jahren hatte sich Merkelmüdigkeit ausgebreitet. Jemand aus Brüssel, der nicht zu dem inzestuösen Berliner Betrieb gehörte, wirkte frisch.

Zudem verkörperte der aus der tiefsten Provinz stammende Schulz glaubhaft eine Aufsteigerbiographie. Seine Familie war weder reich noch gebildet. Er hatte noch nicht einmal Abitur, sich aber in Brüssel als intelligenter Autodidakt zum Parlamentspräsidenten hochgearbeitet, sprach inzwischen vier Sprachen fließend und war durch seine Position automatisch für die Außenpolitik qualifiziert.

Ganz anders als beispielsweise Saskia Esken, kannten ihn alle europäischen Regierungschefs. Der Mann würde sich durchsetzen können.

Es bildete sich schnell ein einheitliches Narrativ in der deutschen Presselandschaft.

Martin Schulz wurde zu Martin, dem netten Mann aus dem Volk. Alle sprachen amüsiert und gleichzeitig bewundert von Würselen: Diesem schon phonetisch maximal provinziellen Nest, aus dem sich der Martin mit Fleiß und Bodenständigkeit ganz nach oben gearbeitet hatte. Die Metapher für den kleinen Mann, der es bis ins Kanzleramt schaffen sollte, war schnell gefunden: Der „Schulz-Zug“, der bald in jedem Artikel über die Bundestagswahl schnurgerade, wie auf Schienen, von Brüssel nach Berlin führte und so viel Platz bot, um die gesamte Partei mitzunehmen.

Die SPD schwoll in Umfragen auf 33% an, lag seit 11 Jahren erstmals wieder vor der Union. Die Linken und Grünen, die SPD-Parteilinken vergaßen sofort kollektiv, daß Martin Schulz ein Seeheimer war, weil sie alle vom Pro-Schulz-Narrativ gefesselt waren.

Diese komische Typ mit dem leicht unappetitlichen Fusselbart, der altmodischen Brille wurde gerade wegen seiner Fremdelei mit den bundesrepublikanischen Politprofis Klut.

Schließlich wird den alteingesessenen Ministern immer auch ein bisschen misstraut, ihnen alles Schlechte zugetraut. Da könnte frischer Wind nur hilfreich sein.

Wähler lieben dieses Außenseiter-Narrativ; so hatte sich kurz zuvor der hochadelige Multimillionär Karl-Theodor von und zu Guttenberg auf seinen 90%-Beliebtheitsolymp gehoben.
Er, der es eigentlich gar nicht nötig hätte, in die schnöde Politik herabzusteigen, der in der Wirtschaft erfolgreich gewesen war und mit seinen akademischen Graden beeindruckte.

Es war ganz offensichtlich Beschiss. Schon bevor er Minister wurde, hatten Magazine aufgedeckt, daß die mittelständige Firma, die er geleitet haben wollte, nur rein zufällig namensgleich war mit der Familienstiftung, in der er qua Geburt gesessen hatte. Seine Erfahrungen in der mittelständigen Wirtschaft waren ein Hirngespinst, seine Politik reine Show, es gab nicht die geringsten Spuren, die er als Wirtschaftsminister hinterlassen hätte, sein Doktortitel war Betrug. Der ganze Mensch ist Schall und Rauch, bestätigt sich bis heute als Lobbyisten-Windei, der für Wirecard und Augustus bei der Kanzlerin Propaganda machte. 90% der Deutschen liebten ihn aber dennoch, wollten ihn am liebsten per Akklamation zum Kanzler oder noch besser König machen.

Das Narrativ vom coolen Adeligen, der privat ACDC hört, nun aber die Politik aufmischt, war zu mitreißend.  Von SPIEGEL (Titelgeschichte „Die fabelhaften Guttenbergs“) bis BILD (wo praktischerweise sein Onkel Redakteur war) beteiligte man sich daran, nun im Yellow-press-Stil die Freiherrenfamilie zu feiern.

Blöderweise kam aber doch die schnöde Realität dazwischen, bevor Guttenberg im Kanzleramt eingezogen war. Das Narrativ vom Edelmann, dem alles gelingt und dem die Herzen nur so zufliegen, musste nach einigen brutalen Crashs mit der Wirklichkeit umgeschrieben werden zum Betrüger und Hallodri, der besser niemals in die Bundesregierung berufen worden wäre.

Martin Schulz erging es ähnlich. Er war als gefühlter nächster Kanzler ein idealer Schönwetterkandidat. Den wollte man nun auch als Parteichef und kürte ihn am 19.03.2017 mit historischen 100% zum Parteivorsitzenden. So viel Geschlossenheit gab es in der notorisch zerstrittenen SPD noch nicht mal bei Schumacher oder Willy Brandt. Wer sollte den Schulz-Zug nun noch aufhalten?

Als die schnöde Realität über ihn hereinbrach und die routinierte Kanzlerin ihn abtropfen ließ, wurde schnell deutlich, daß die Deutschen auch dem stimmigen Narrativ erlegen waren.

Profipolitikern war Schulz aber nicht gewachsen, machte Fehler, wußte nicht auf wen er hören sollte, wurde von der Parteizentrale getrieben, vermochte nicht sich durchzusetzen und beklagte sich öffentlich, er werde ungerecht behandelt. Im Kanzlerduell habe man ihm gemeine Fragen gestellt und er hätte nicht das sagen können was er wollte.

Und der Mann sollte sich von Würselen durch die gesamte EU-Bürokratie an die Parlamentsspitze gewühlt haben?
Nun musste ein neues Narrativ her. Geboren war der Jammer-Martin, der mit allem überfordert war.

Statt 34% wurden es am Ende nur 20% und als er nun noch alle seine Versprechen brach und ganz offensichtlich vor allem scharf auf einen schönen Posten für sich selbst war, wurde Mr. 100% von der SPD ganz schnell entsorgt.

Der schlaue Gabriel, der alles so intensiv geplant und demoskopisch durchforschen lassen hatte, mußte nicht nur zusehen, wie sein Idealkandidat des schlechteste SPD-Ergebnis seit 1949 geholt hatte, sondern war als Außenminister kurioserweise nun der beliebteste Politiker Deutschlands.

Hätte er mal ein Jahr zuvor nicht dem Umfragen über seine persönlichen demoskopischen Werte vertraut, sondern lieber auf einen Kandidaten gesetzt, der den Job kann.   Die Zahlen können sich ändern.

Wenn die Journalisten eine positives Narrativ verwenden, kann man fast nichts falsch machen. Dann geht es immer bergauf in den Umfragen.

So wie einst Guttenberg und Schulz, geht es im Moment Annalena Baerbock.

Wieder so ein Fall einer Außenseiterin ohne Erfahrung, in die alle Hoffnungen projiziert werden, so daß die demoskopischen Werte nur eine Richtung kennen: Nach oben!

Klebt aber einmal das Narrativ des unbeliebten Verlierers an einem, wird diese Haltung soweit dem Urnenpöbel eingeimpft, daß selbst winzige Fehlerchen und Versprecher höhnisch lachend in das „Da sieht man es wieder, der kann es nicht!“-Narrativ eingepflegt werden.

Peer Steinbrück wurde 2013 mit so einem toxischen Presse-Narrativ belegt.

Er war darin der auf großem Fuß lebende Schurke, der als Westerwelles Undercover-Agent die SPD neoliberalisieren wollte.

Lächerliche Petitessen, wie seine Bemerkungen keine Weine für fünf Euro die Flasche zu mögen, als Kanzler nicht im VM Golf fahren zu wollen oder sein Foto mit dem Stinkefinger für das SZ-Magazin wurden zu Megaskandalen, weil sie so breit besprochen wurden.

Markus Söder produziert jeden einzelnen Tag so viele Mini-Skandälchen, wie Steinbrück in seinem ganzen Leben. Söder ist aber wegen seines günstigeren Narrativs dennoch der Wunsch-Kanzlerkandidat der meisten.

Das Narrativ des ungeliebten Apparatschicks und Verlierers, der nie zum Kanzler gewählt wird, ist auch Bestandteil aller Artikel über Laschet – und zwar zu Recht.

Genauso ergeht es auch Olaf Scholz; allerdings in diesem Fall zu Unrecht.

Ein positives Narrativ ins Negative zu ändern, ist, wie wir gesehen haben, durchaus möglich. Zuletzt schaffte es Jens Spahn vom unheimlich fleißigen Corona-Minister und beliebtesten Mitglied der Bundesregierung in zehn Monaten zum hoffnungslos überforderten Raffke, der nun in allen Artikel das deutsche Missmanagement personifiziert.

Ein mieses Narrativ in ein Gutes zu kippen ist hingegen fast unmöglich.

Kaum vorstellbar, daß vor der Bundestagswahl ein einziger Journalisten so wohlwollend über Olaf Scholz schreibt, wie es jeden Tag 100 mal Baerbock widerfährt.

Sonntag, 31. Januar 2021

Im Wahljahr

Baden Württemberg und Rheinland-Pfalz wählen am 14.03.21 einen neuen Landtag. Sachsen-Anhalt wählt im Juni 2021, es folgen Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Berlin, sowie der Bund im September 2021.

Es ist ein echtes Superwahljahr, das nach 16 Jahren Dauer-Merkelherrschaft mutmaßlich auch mit einem neuen Kanzler endet.

Die SPD weiß immerhin genau wie man es schafft gegen diese CDU Wahlen zu verlieren.

1)   Nach dem spektakulären schwarzgelben Chaos 2009-2013, als sich Union und FDP auf der Regierungsbank gegenseitig als „Gurkentruppe“ und „Wildsäue“ anpöbelten, der SPIEGEL verzweifelt „AUFHÖREN!“ titelte, kein einziges Wahlversprechen umgesetzt und dafür die konservativen Essentials Wehrpflicht und Atomkraft geschliffen wurde, setzte die SPD von 2013 bis 2017 mit geräuschloser Effektivität dagegen. Vorbildlich effektiv wurde nicht nur ein sozialdemokratisch dominierender Koalitionsvertrag geschlossen, sondern die SPD-Minister setzen in der Merkel-GroKo-II auch alle Punkte mustergültig um. Immer wieder konnte man die beeindruckenden „Versprochen-Gehalten“-Listen nachsehen, während die Unionsminister gar nichts vorweisen konnten. Am Ende verlor die SPD die Wahl haushoch.

2)   Nachdem mit Schröder 2005, Steinmeier 2009 und Steinbrück 2013 jeweils die beliebtesten, bekanntesten und erfahrensten Bundespolitiker gegen Merkel verloren, setzte man 2017 auf den Außenseiter Schulz aus Brüssel. Jeder mochte „den Martin“, der noch nicht einmal Abitur hatte, konnte sich mit ihm identifizieren. Die perfekte Wahl für einen Kanzlerkandidaten, wenn die Groko historisch unbeliebt ist, der rechte Rand immer stärker wird und ein Groll auf alle Bundespolitiker herrscht. Schulz kam aus kleinen Verhältnissen und hatte meine Regierungsaltlasten. Die Basis war Feuer und Flamme; er wurde mit noch nie dagewesenen 100% zum Kanzlerkandidaten geweiht. Ein Ergebnis, das auch Honecker oder Breschnew nie erreichten. Am Ende verlor die SPD die Wahl haushoch.

3)   2017/2018 war aus voller Überzeugung klar: Raus aus der Groko. Tabula Rasa beim SPD-Personal. Erst als sich Habeck, Seehofer und Lindner spektakulär verkrachten, einen großen Gridlock produzierten, Deutschland unregierbar erschien, ließ sich die SPD bei ihrer staatspolitischen Verantwortung packen. Es gab keine andere Möglichkeit der Regierungsbildung mehr. Dennoch ließ sich die SPD, um bloß nicht den Eindruck zu erwecken auf Posten zu schielen, jeden Schritt von der Basis bestätigen. Die SPD-Mitglieder sagten mehrheitlich Ja zur Merkel-GroKo-III und suchten ebenfalls per Mitgliederentscheid ihr Außenseiter-Vorsitzenden-Paar aus, welches über jeden Verdacht erhaben ist, zum Parteiestablishment zu gehören oder auf Seeheimer-Kurs zu liegen. Wieder sind es die SPD-Minister, die nahezu allein die Bundesregierung stützen. Olaf Scholz ist derjenige, der in der Pandemie-Megakrise die Dinge am Laufen hält, während auf Unionsseite radikale Arbeitsverweigerung (Seehofer, Karliczek), totale Überforderung (Klöckner, AKK, Altmaier) oder absolutes Chaos (Scheuer, Spahn) herrschen. (Ja, es gibt noch die Staatsministerin Bär, sowie die Minister Müller und Braun, aber die finden ohnehin nicht statt.) Im Wahljahr liegen CDU und CSU wie zementiert haushoch vor der SPD.

 Es ist grotesk; während im linken, liberalen und seriösen Lager allgemein befürchtet wird, die SPD habe ihre staatspolitische Verantwortung derartig übertrieben, wäre so staatstragend und seriös, daß man dahinter gar keine Arbeiterpartei mehr erkennen könne, wagen es freche Unions-Wadenbeißer ausgerechnet dem dreifachen Merkel-Juniorpartner SPD, der 2/3 seiner Mitglieder und Wähler für funktionierende Regierungen geopfert hat, vorzuwerfen nicht verantwortungsvoll genug zu sein. SPD-Politiker hatten es nämlich gewagt die Corona-Politik zu kritisieren.

[…..] Zuletzt setzte Paul Ziemiak zum Konter an. Wer »billige Wahlkampfmanöver und Stimmungsmache betreibt«, ließ der CDU-Generalsekretär den Koalitionspartner wissen, »zeigt ja selbst zuallererst, dass ihm das ­Verantwortungsbewusstsein und die Haltung fehlen, um dieses Land gut regieren zu können«. […..]

(Kevin Hagen und Christian Teevs, 31.01.2021)

Bekanntlich scheißt die SPD in jede Hose, die man ihr hinhält (Hildebrandt) und läßt sich genau wie die US-Demokraten immer wieder von der Rechten ins Bockshorn jagen, wenn man andeutet, sie wäre nicht ausreichend nationalistisch oder Militär-freundlich. Sie wäre zu unseriös für die „harten Themen“ wie Finanzen oder Wirtschaft.

Keiner versteht wieso Linksliberale hüben wie drüben immer noch brav über dieses Stöckchen springen, obwohl es zweifellos immer wieder die konservativen Regierungen sind, die Schulden anhäufen und ökonomische Krisen auslösen.

Dabei ist auch der Pandemie-Befund klar: Deutschland ist zum Schlußlicht der Corona-Politik geworden, weist Rekordtodesraten wie in den USA auf.

Deutschland impft viel weniger als die anderen europäischen Nationen.

Deutschland bekommt weniger Impfstoff.

Deutschlands Gesundheitsminister hat bei der FFP-Maskenbeschaffung vollkommen versagt.

Deutschlands Wirtschaftsminister hat es im Februar 21 noch nicht geschafft die von Scholz bereitgestellten Novemberhilfen auszuzahlen.

Die deutsche EU-Kommissionschefin hat katastrophal schlecht bei der Impfstoffbestellung verhandelt.

[…..] Die Langsamkeit mit der in der EU, aber eben auch in Deutschland geimpft wird, der augenblickliche Mangel an Impfstoff, das alles wächst sich für EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, aber auch für Gesundheitsminister Jens Spahn zur veritablen politischen Pleite aus. Sie werden vor allem angeguckt und gelten schon jetzt als die Hauptverantwortlichen für das Durcheinander. Frei nach Schiller: »Da rast der See und will sein Opfer.« […..]

(Roland Nelles, 29.01.2021)

Deutschlands Regierungschefin ist das Corona-Management völlig entglitten.

Deutschlands Gesundheitsminister hat es geschafft den ohnehin knappen Biontech-Impfstoff noch weiter zu verknappen, indem jetzt weniger Einheiten geliefert werden, weil theoretisch sechs statt fünf Impfdosen aus einer Einheit gewonnen werden könnten, aber er vergaß dafür die entsprechenden Spritzen zu bestellen, so daß nun 20% des Impfstoffs verloren gehen.

Das Lowy Institute Sydney verfasste eine internationale Studie zur „Covid-Performance“ von 98 Regierungen und verglich verschiedenste Aspekte.

 

Weit abgeschlagen hinter Kenia, Madagaskar, dem Kongo, Griechenland, Tunesien, Schweden, Dänemark, ...., Togo, Lettland und Uruguay, findet man Deutschland auf Platz 55.

 


Es ist mehr als offensichtlich; die von den SPD-Ministern verantworteten sozialen und finanziellen Maßnahmen funktionieren. Die Hauptverantwortlichen des deutschen Corona-Desasters haben allesamt ein C-Parteibuch:
Von der Leyen, Merkel, Altmaier, Seehofer, Spahn.

Wir erleben nicht nur ein deutsches Corona-Versagen, sondern insbesondere ein CDUCSU-Versagen. Die C-Minister debakulieren im Bund, in der EU, aber auch in den C-regierten Bundesländern gibt es die schlimmsten Corona-Todeszahlen: Sachsen, Bayern, NRW.

Die SPD wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie angesichts dieser Trennung zwischen guter und schlechter Corona-Performance so klar entlang der Parteilinien, im Superwahljahr nicht die CDUCSU angriffe.

Insbesondere nach dem Erfahrungen wie kontraproduktiv sich Zahmheit und Seriosität bei den letzten Bundestagswahlen für die Sozialdemokraten auswirkten.

Also, immer feste druff.

Berlins SPD-Bürgermeister schrieb einen geharnischten Brief wegen des offensichtlichen Spahnschen Impfchaos‘ in Deutschland; andere SPD-Größen legen nach.

[…..]   Frontalattacke der SPD

Nun stehen Müller und seine Sozialdemokraten mit dem Ruf nach einem besseren Überblick im Impfchaos gar nicht allein da. Auch beim Koalitionspartner im Bund, der Union, sieht man durchaus die Notwendigkeit.    Doch in Müllers Brief geht es natürlich zuvorderst um etwas anderes. Das Schreiben an die Kanzlerin ist eine Kampfansage.  Der Mangel an Impfstoff überlagert seit Wochen schon die Debatten in Berlin. Am Montag will Merkel mit mehreren Fachministern, den Regierungschefs der Länder, Vertretern der Impfstoffhersteller und der EU-Kommission beraten, wie es weitergehen soll. […..]

(Kevin Hagen und Christian Teevs, 31.01.2021)

Montag, 30. November 2020

Mein RRG-Frust

Martin Schulz würde es nicht hinbekommen; das war mir schon früh im Jahr 2017 klar.

Er hatte nicht das intellektuelle Rüstzeug, den Willen und die Durchsetzungsfähigkeit um das von Gabriel und Nahles vollkommen zu Grunde gerichtete Willy-Brandt-Haus auf Vordermann zu bringen.

Zu allem Übel legte er auch noch eine kontinuierliche Jammerigkeit an den Tag. Fühlte sich von der Presse schlecht behandelt und beklagte sich über Talkshow-Moderatoren. Im Kanzlerduell mit Merkel sei er gar nicht richtig zu Wort gekommen.

Auch wenn er Recht hatte; natürlich wurde Merkel deutlich mehr von Verlagen und TV-Redaktionen hofiert; aber einer, der ein 82-Millionen-Volk anführen will muss man eben Wege finde mit vermeidlichen Benachteiligungen umzugehen. Schwäche und Weinerlichkeit mögen privat sympathisch sein, sind aber in dem Job als Kanzler großer Mist.

Es kam wie es kommen musste, mit Andrea Nahles wurde es erwartungsgemäß noch schlimmer; das historische 20,5%-Tief vom 24. September 2017 galt als niedrigstes mögliches Ergebnis überhaupt und wurde durch Nahles‘ Tölpeleien mühelos im folgenden Jahr noch unterschritten.

Die SPD blieb sich auch nach dem Nahles-Rückzug treu und fand durch den strategischen Amok-Kurs des Juso-Führers Kühnert das einzig mögliche Führungspaar, das sogar noch schlimmer als Nahles ist: Esken und Walter-Borjans setzten den Kurs in den Keller weiter fort.

Die einzige Überraschung, die Saskia Esken gelang ist, daß sie als größte Groko-Hasserin und Verkünderin des Ausstiegs der SPD aus der Merkel-Regierung heute das eifrigste Merkel-Fan-Girl ist. Merkel und Esken sind ein Herz und eine Seele; nie verlöre Esken ein schlechtes Wort über die Kanzlerin und die Groko liebt sie jetzt.

Nowabo war mir von beiden der deutlich klügere und sympathischere Kandidat. Aber offensichtlich hat er sich irgendwann zurückgezogen. Oder hat ihn irgendjemand im letzten halben Jahr gesehen?
Der Parteichef einer Regierungspartei in der größten ökonomischen und gesundheitlichen Krise der BRD ist vom Erdboden verschluckt.

Aber immerhin, in dieser trostlosesten Lage kürte man mit Olaf Scholz den einzig möglichen SPD-Kanzlerkandidaten. Scholz ist sicher kein Jammerlappen, zweifellos kompetent, in den Medien präsent und seine persönlichen demoskopischen Werte sind exzellent.

Dadurch sinkt die SPD wenigstens nicht noch weiter in den Umfragen ab. Zu verdanken ist das indirekt auch den beiden Bundesparteivorsitzenden, die öffentlich kaum sichtbar sind: Er ist völlig verschwunden und sie wird alle paar Wochen mal in Hintergrundberichten erwähnt.

Die versprochene Arbeit für den Parteiapparat und die Programmatik findet nicht statt, politische wahrnehmbare Initiativen sind ebenfalls völlige Fehlanzeige.

Den beiden fällt einfach nichts ein und genau das habe ich schon vor ihrer Wahl von ihnen erwartet.

Die Linken leisteten sich noch einige Jahre eine AfD-freundliche braun-populistische Fraktionsvorsitzende, die mit ihrem zündelnden deutschnationalen Mann Oskar beständig völkisch-widerliche Thesen verbreitete. Keine Überraschung, daß Wagenknecht auch Donald Trump lobt.

Seiher herrscht Vakuum bei den Linken.

Inmitten der größten ökonomischen und sozialen Krise fällt der linken Partei nichts mehr ein. Weiß irgendjemand wer da aktuell Parteichefin ist oder es irgendwann werden wird?
Sie ergibt sich willig dem Regierungshandeln und vollbringt damit das Kunststück trotz bei den SPD-Mitgliedern derartig unbeliebter Groko und des weiteren demoskopischen Sozia-Aderlasses selbst noch unter das miserable 2017ner Bundestagswahlergebnis von 9,2% zu rutschen. Mehr als 7% dürften gegenwärtig für die Linke nicht drin sein.

Die Dritten im Bunde sind die Grünen, die es als einzige aus dem RRG-Lager vermochten deutlich über das demütigenden 2017ner Bundestagsergebnis von nur 8,9% zu wachsen.

Sie haben sich verdoppelt und so würde es wohl eher ein GRR statt RRG, wenn es so ein Dreiparteienbündnis im Reichstag geben sollte.

Nun ja, Bundeskanzler Habeck.

Vor 2017 war ich ein großer Fand des Kieler Ministers und habe immer wieder die Grünen hart für ihre anderslautenden Personalentscheidungen kritisiert.

(…..) Die einzig sichere Information aus der grünen Parteiführung ist die menschliche Zerrüttung der Führungskasper.

Peter, Özdemir, Hofreiter und Göring-Eckardt hassen sich alle gegenseitig.

 Es gibt nur die eine Gemeinsamkeit; nämlich den Wunsch, den einzig guten Spitzenkandidaten, Minister Habeck zu verhindern.  Das gelang bei der Urwahl – wenn auch denkbar knapp.

[……] Parteichef Cem Özdemir schnitt bei den Männern mit 35,96 Prozent extrem knapp am besten ab. Robert Habeck, Umweltminister in Schleswig-Holstein, holte nur 75 Stimmen weniger und kam auf 35,74 Prozent. Fraktionschef Anton Hofreiter vom linken Flügel der Partei bekam 26,19 Prozent. [….]

(dpa, 18.01.2017)

Urwahl ohne zweiten Durchgang. Das erinnert natürlich an die fatale Scharping-Urwahl von 1993, die direkt in die Opposition führte. (…..)
(Jeder kommt mal dran, 19.01.2017)

Was hätte ein Fraktionschef Joschka Fischeraus der Oppositionsrolle gemacht! Zumal die FDP in der APO hockt und die Bundestagsfraktion der Grünen die Aufmerksamkeit nur noch mit den Linken teilen mußte.

Die Sache dann so zu versauen, daß man nach vier Jahren noch mal deutlich Stimmen verliert und in Umfragen hinter AfD, FDP und Linken zurückliegt, obwohl die ersten beiden gar nicht im Bundestag sind, zeigt schon ein außergewöhnliches Maß des Politversagens. (….)

(Als RG2-Fan hat man es schwer, 18.06.2017)

Ich bin Kassandra. Wie weise ich war; denn genauso kam es am 24.09.2017: Mit der unerträglich frömmelnden Kathrin Göring-Kirchentag wurden die Grünen schwächer als AfD, FDP und Linke; sind deutlich kleinste Oppositionspartei.

Sie mussten erst mehrfache Keulenschläge auf den Kopf bekommen, um auf mich zu hören.

Mit dem TV-Kompatiblen Führungsduo Baerbock-Habeck ging es in Umfragen steil hinauf.

Unglücklicherweise verliebte sich Robert Habeck als Mediendarling immer mehr in sich selbst, gab sämtliches ökologisches und soziales Profil auf.

Beide Grünen-Chefs haben kein Interesse an RGG, sondern wollen unbedingt als Industrielobby-freundlicher Mehrheitsbeschaffer an der Seite eines CDU/CSU-Kanzlers regieren. Mit Söder oder Merz fühlen sie sich wohl, weil die Grünen-Wähler inzwischen die reichsten Parteianhänger sind und entsprechend stark um ihre Privilegien und ihr Vermögen besorgt sind.

Da sind sie bei einem endlos schwurbelnden Habeck, der sich selbst gerne reden hört und dabei STRIKT vermeidet politisch konkret zu werden genau richtig.

Es gibt nun also ein Parteiprogramm, das aber so vage und schwafelig daher kommt, daß Habeck wie bei den Jamaika-Verhandlungen problemlos als Morgengabe an die CDU den Klimaschutz aufgibt.

Ökologie, Klima, Tierrechte, Waldschutz – all das ist nun Verhandlungsmasse.

Die Grünen lassen nun als Minister der Landesregierungen höchst selbst die Wälder abholzen, für deren Erhalt sie vor 40 Jahren in die Schlacht zogen.

Von Windenergie wollen sie in der hessischen Regierung nichts mehr wissen, die Parteichefin tritt als Festrednerin der CDU auf und der Grüne Ministerpräsident  in Stuttgart ist oberster Autolobbyist, verkündet ex cathedra: „Der Ministerpräsident von Baden Württemberg fährt Daimler; BASTA“!

Da wundert es wenig, daß die ehemals so friedensbewegten Grünen heute die Aufrüstung der Bundeswehr fordern.

[……] Mit Blick auf eine mögliche schwarz-grüne Koalition in Berlin plädiert die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock für die Fortsetzung der Aufrüstung und zieht Kriege ohne UN-Mandat in Betracht. Sollte der UN-Sicherheitsrat "blockiert" sein, müsse man gegebenenfalls einer "internationalen Schutzverantwortung" entsprechen, legt Baerbock nahe; mit dem Begriff wurden in der Vergangenheit Kriege ohne oder unter Bruch eines UN-Mandats legitimiert - etwa der Krieg in Libyen. Während die Grünen-Vorsitzende fordert, man müsse "mehr investieren, damit Gewehre schießen", stockt der Bundestag den deutschen Militärhaushalt weiter auf - auch mit Mitteln aus dem Corona-Konjunkturpaket, aus dem Berlin 3,2 Milliarden Euro für die Aufrüstung abzweigt. Zu den 46,9 Milliarden Euro, die 2021 offiziell für die Bundeswehr vorgesehen sind, kommen inoffiziell mehrere Milliarden Euro hinzu, die in andere Budgetposten verschoben, aber intern gegenüber der NATO als Wehrausgaben klassifiziert werden. Lediglich auf EU-Ebene schreitet die Aufrüstung weniger rasch als von Berlin gewünscht voran. […..]

(GFP, 01.12.2020)

Herzlichen Glückwunsch an die Grünen für ihren sensationellen demoskopischen Aufstieg. Als Sozialdemokrat bin ich ernsthaft neidisch auf die Medienpräsenz des Führungsduos.

Ihr liegt stabil vor der SPD; wer hätte das vor 30, vor 20 oder vor zehn Jahren gedacht?

Aber damals hätte auch niemand erwartet, daß die Grünen eine Metamorphose zu einer CDU-light hinter sich bringen und sich nichts sehnlicher wünschen als die xenophobe CDU ins Kanzleramt zu bringen, die Bundeswehr aufzurüsten und Bäume abzuholzen.

Immerhin sorgt das für belebenden Streit innerhalb des GRR-Lagers.

[….]  „Das Werben der Grünen-Vorsitzenden für mehr Militäreinsätze und noch mehr Milliarden für die Aufrüstung gerade auch angesichts Corona-Pandemie und Klima-Krise ist regierungsversessen und verantwortungslos. Klimaschutz bedeutet Abrüstung, nicht Aufrüstung“, erklärt Sevim Dagdelen, abrüstungspolitische Sprecherin und Obfrau der Fraktion DIE LINKE im Auswärtigen Ausschuss. Dagdelen weiter:

„Für Schwarz-Grün ist Baerbock offenbar auch zur Aufrüstung der Bundeswehr bereit. DIE LINKE lehnt die geplante Erhöhung des Wehretats der Bundeswehr um 1,16 auf dann 46,81 Milliarden Euro ab. Eine deutliche Absenkung der Militärausgaben und die Stärkung des Völkerrechts muss das sicherheitspolitische Gebot der Stunde sein, nicht das Verpulvern weiterer Milliarden Euro für die Aufrüstung der Bundeswehr und das Eintreten für Kriegseinsätze auch ohne UN-Mandat. Notwendig ist gerade auch mit Blick auf die globalen Kosten der Corona-Pandemie eine klare Absage an die weitere Aufrüstung der NATO-Staaten, die zusammen schon heute über 830 Milliarden Euro pro Jahr für Rüstung und Militär ausgeben.    Statt emsig nach neuen Aufgabenfeldern für die NATO zu suchen, um die Aufrüstung wie gehabt vorantreiben zu können, fordert DIE LINKE die Auflösung des überlebten Militärpakts und den sofortigen Austritt aus den militärischen Strukturen. Der Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland darf nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben werden.   Es ist beschämend wie ernüchternd, wie sich die Grünen wegducken vor einer verantwortlichen Außen- und Sicherheitspolitik, die auf Kooperation setzt statt auf militärische Daueraufrüstung. Das Festhalten an der Konfrontation gegen Russland und China ist brandgefährlich, auch unter dem Deckmantel der EU.“ […..]

(PM, die Linke, 30.11.20)

Montag, 10. August 2020

Kalt erwischt.


Die Grünen haben de facto einen Kanzlerkandidaten. An Robert Habeck, der nordischen Sphinx ohne Eigenschaften führt kein Weg vorbei. Die AfD zerlegt sich selbst, wird in der nächsten Koalition nicht mitspielen – auch wenn viele CDU/CSUler das gern hätten.
Ebenso ergeht es der Lobby-Liste Lindner, die 2021 womöglich gar nicht über die 5%-Hürde kriechen wird nach der blamablen Corona-Performance des Posterboys im Porsche, der eigentlich nur damit auffiel Steffen Göpel, seinem Millionärs-Gönner und Honorarkonsuls des sympathischen Lukaschenko-Regimes in Belarus ohne Maske und Abstand herzend und küssend um den Hals gefallen zu sein. Ein passendes Statement zu den so fairen Wahlen in Belarus und den Corona-Regeln, das der Parteichef der Liberalen in größtmöglicher Öffentlichkeit im Medienhotspot der Berliner Promitreffs „Borchardt“ abgab.
Ebenfalls selbst erledigt haben sich die Linken, die nicht nur nicht vom angeblich so großen Frust über die erneute Groko profitieren konnten, sondern sich so dämlich dabei anstellten eine Alternative aufzuzeigen, daß sie demoskopisch noch unter dem dramatisch schlechten Bundestagswahlergebnis von 2017 liegen, während die Groko enorme Zustimmungswerte genießt.
So schwächliche Linke werden kaum gestalten können, sondern nur immer allerbesten denkbaren Fall ab Ende 2021 schmalbrüstiger Koalitionspartner einer Grün-rot-roten Bundesregierung sein.
Der Fall ist unwahrscheinlich, zumal fast alle maßgeblichen Grünen sehr stark zur CDU tendieren, die Außenpolitik der Linken strikt ablehnen und als „Bündnis90“ im Osten eine natürliche Feindschaft zum Personal der Ost-Linkspartei pflegen.
Habeck oder Barbock werden Schwarzgrün anstreben.

Bei den ehemaligen Volksparteien, den „großen Parteien“ CDU und SPD gibt es enorme Schwankungen und Fragezeichen.
Die CDU ist nur temporär wieder groß, weil Frau Merkel in den Unsicherheiten der Pandemie und des Lockdowns all das sehnsüchtige Vertrauen auf die Regierung auf ihre Partei zieht.
Aber sie wird (zumindest höchstwahrscheinlich) nicht noch einmal als Kanzlerkandidatin antreten. Aus der Parteiführung hat sie sich lange zurückgezogen und ihre Nachfolgerin als CDU-Chefin ist bereits krachend gescheitert.
Die SPD hat diese große Verunsicherung bereits hinter sich und ist trotz vorbildlicher Regierungsarbeit und beliebter Minister bereits im Reich der Kleinparteien angekommen. Der Negativschock von 2017, als Basis-Liebling, Mr. 100% Schulz mit dem Tiefstergebnis von 20,5% einlief, erscheint nach den erbärmlichen Parteiführungsversuchen von Nahles, Esken und Walter-Borjans wie ein Traumziel. Über 20% sind noch weit weg.

(…..) Das Umfrageinstitut Kantar befragte vom 22.07.-24.07.2020 knapp 1.100 repräsentativ ausgewählte Bürger welche SPD-Politiker sich zum Kanzlerkandidaten eigneten.
Das Ergebnis ist für die Parteiführung ebenso vernichtend wie plausibel.

Scholz 42%
Heil 19%
Giffey 16%
Klingbeil: 12%
Walter-Borjans: 11%
Esken: 11%
Mützenich: 6%

[….] Bundesfinanzminister Olaf Scholz wird laut einer Umfrage von Wählerinnen und Wählern als Kanzlerkandidat der SPD favorisiert. [….] Die SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans wiederum konnte sich gerade einmal ein Zehntel der Befragten als Kanzlerkandidaten vorstellen. Weit mehr als die Hälfte bezeichnete sowohl Esken als auch Walter-Borjans als ungeeignet für das Amt an der Spitze der Bundesregierung. [….]
Unter den Anhängern der SPD sprachen sich in der Umfrage 72 Prozent für Scholz als Kanzlerkandidaten aus. Bei Giffey und Heil waren es jeweils 34 Prozent. Anhänger anderer Parteien sehen demnach ebenfalls in Scholz denjenigen Sozialdemokraten, der sich am ehesten für eine Kanzlerkandidatur eignet. [….]

Jede Parteiführung mit auch nur rudimentärem Restverstand würde nun schnellstmöglich Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten ausrufen, um damit den einmaligen Vorteil zu nutzen gegenüber der chaotisierten CDU-Kandidatensuche mit geklärter Führungsfrage dazustehen.

Viele in der SPD verstehend die Situation. Daher haben sich bereits Außenminister Heiko Maas, Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher, der Schleswig-Holsteinische SPD-Linksaußen Ralf Stegner, der ehemalige Vorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz, Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann, Fraktionsvize Achim Post, SPD-Haushaltsexperte Dennis Rohde, Seeheimer-Chefin Siemtje Möller, Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte und auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer für einen Kanzlerkandidaten Scholz ausgesprochen. Beileibe nicht alles Scholz-Freunde, aber doch soweit rational denkend, daß sie keine andere Möglichkeit sehen.

Nur die SPD-Chefs Esken und Walter-Borjans stehen auf dem Schlauch und fragen sich offenbar nur eins: Wie kann man die SPD weiter in den Abgrund treiben? Wie kann man sie von 14% in Richtung Einstelligkeit bewegen? (…..)

Heute aber verblüffte die SPD-Parteiführung mit dem einzig richtigen und dem einzig möglichen Schritt. Einen Schritt, der so vorzeitig kam, daß er sich sogar zum Vorteil entwickeln könnte.
Sie setzen voll auf Olaf Scholz und das ist auch gut so!

[….] Deutschland braucht einen Kanzler, der entschlossen ist und erfahren. Mutig auch in Krisen, sie kraftvoll überwinden kann. Mit Respekt vor jeder und jedem Einzelnen. Und mit einem klaren Bild von einer guten und gerechten Zukunft für alle.
Wir sind überzeugt: Olaf Scholz kann das! Deshalb haben wir heute dem Präsidium und dem Parteivorstand vorgeschlagen, dass er unser Kanzlerkandidat sein soll. Wir freuen uns, dass Präsidium und Parteivorstand unserem Vorschlag einstimmig zugestimmt haben!
In den vergangenen Monaten haben wir an der Spitze der SPD gemeinsam mit der Fraktionsführung und Olaf an der Spitze unserer Ministerinnen und Minister im Bund sehr eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet – mit gutem Erfolg, denn die Regierungsarbeit trägt eine deutliche sozialdemokratische Handschrift!
Die Entscheidung für den Kanzlerkandidaten haben wir in den vergangenen Wochen gründlich vorbereitet, viele Gespräche geführt, vertraulich beraten. Wir sind gemeinsam zu der Überzeugung gekommen, dass wir in einem einigen Führungsteam und mit einem Kanzlerkandidaten, dem die Menschen vertrauen, die SPD zu neuer Stärke führen können. Als führende politische Kraft streben wir ein progressives Bündnis an, das das Land nach vorne bringt – für alle Menschen. [….]
(Saskia Esken, Norbert Walter-Borjans , 10.08.20)

Hut ab für meine Parteiführung. Der Schritt mag ihr nicht leicht gefallen sein, aber er macht aus ihrer Not eine Tugend.
In einer für die SPD nahezu aussichtslosen Lage um das Kanzleramtsrennen setzten sie nun auf denjenigen, der immerhin die am wenigsten schlechten Chancen hat und im Gegensatz zu den linken JuSo-Träumern schon mehrfach bewies wie man erfolgreich Wahlen gewinnen kann.
Fast noch wichtiger ist aber die helle Aufregung, die der Schritt im CDUCSU-Lager auslöst. Ausgerechnet die notorisch zerstrittene SPD hat alle ihre Personalfragen gelöst, während die Union auf Hühnerhaufen-Modus gestellt hat, ein neuer CDU-Parteichef in den Sternen steht und man noch nicht mal ahnt von welcher Partei eigentlich der Unions-Kanzlerkandidat gestellt werden wird.
16 Jahre war das Merkel-Erfolgsgeheimnis „sie kennen mich/keine Experimente“ und nun ist es der SPD-Mann, der für Seriosität, Erfahrung und Vertrauen steht. Die Menschen kennen Scholz, niemand bezweifelt ernsthaft seine Eignung zum Kanzler und keiner muss unter seiner Führung Chaos befürchten.
Nichts mögen konservative Wähler weniger als Streit und Unsicherheit.
Markus Söder, der noch nicht mal wagt klar zu sagen, ob er überhaupt zur Verfügung stünde ist kalt erwischt.

  […..] Die SPD schickt mit Olaf Scholz den Mann ins Rennen, der ausweislich seiner Bekanntheit und seiner Popularitätswerte allein in der Lage ist, eine Chance zu nutzen, die die SPD nicht hat: die Chance aufs Kanzleramt. […..] Die SPD wollte mit ihrer schnellen Entscheidung Klarheit demonstrieren. Gefährlicher als eine zu frühe Nominierung erschien ihr eine zu späte. Denn mit jedem weiteren Tag wäre der Eindruck gewachsen, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, die gegen Scholz an die Parteispitze gelangt waren, versuchten nun, das Unumgängliche doch noch zu umgehen: mit Scholz in den Wahlkampf zu ziehen.
Die SPD verspricht sich von dieser Klarheit einen Wettbewerbsvorteil, gerade in Corona-Zeiten: Zumindest die Kandidatenfrage soll die Sozialdemokraten nun nicht mehr von der Krisenbewältigung ablenken. Während die Grünen noch rätseln, wie sie ihre Doppelspitze zu einer Spitzenperson verschmelzen könnten, macht die Doppelspitze der SPD den Weg frei für einen Dritten; während in der Union der Ausgang der Kandidatensuche völlig offen ist, küren die Sozialdemokraten jenen Mann für das höchste Amt der Regierung, den sie an der Spitze ihrer Partei nicht wollten. Dass ausgerechnet CSU-Chef und Dauerwahlkämpfer Markus Söder gleich aufheulte, es sei jetzt keine Zeit für Wahlkampf, bestätigt, dass die SPD einen wunden Punkt der Union getroffen hat. […..]

Möglicherweise kann es auch der SPD zum Vorteil gereichen, daß anders als vor fünf Jahren die Vorsitzenden bezüglich der Kanzlerkandidatur keine eigenen Absichten haben.
Gabriel setzte erst auf Schulz, als ihm klar war, daß er selbst keine Chancen hat. Es war nie klar was der beständig schwankende Gabriel eigentlich inhaltlich von dem rechten Seeheimer Martin Schulz hielt, der über gar keine Regierungserfahrungen verfügte.
Bei Esken und Nowabo ist es genau umgekehrt. An ihrer Positionierung im SPD-Spektrum besteht kein Zweifel.
Sie setzen nicht auf Scholz, weil sie denken, sie könnten ihn inhaltlich schon irgendwie in ihre Richtung lenken, sondern weil sie wissen, daß er regieren kann, daß er genügend Erfahrung hat, daß er anders als Schulz (es 2016 war) bekannt ist und sie haben in dem Dreivierteljahr ihres Parteivorsitzes gelernt wie absolut verlässlich Scholz ist. SPD-Absprachen setzte er im Kabinett konsequent durch, auch wenn er persönlich die Angelegenheit anders sah. Man munkelt, er habe auf der Weil-Linie durchaus eine KfZ-Kaufprämie ins Corona-Paket nehmen wollen, aber in den Koalitionsverhandlungen parteitreu gegen die CDU und CSU die Linie Eskens durchgepaukt.

Das Aufschreien derjenigen Linken an der SPD-Basis, die lieber ihr Klientel total im Stich lassen in die einstellige Opposition rutschen und dann tatenlos zusehen, wie AFDP/CDUCSU asoziale Politik betreiben, aber dafür das wohlige Gefühl genießen im Recht zu sein, zeigt noch mehr wie richtig die Entscheidung für Olaf Scholz ist.
Niemand kann der Parteiführung ernsthaft vorwerfen in vorrauseilendem Gehorsam vor König Olaf auf die Füße gefallen zu sein.
Nein, Esken und Nowabo wurden überzeugt.
Bevor es der praxisferne Kühnert-Flügel bemerkte, ahnt die politische Konkurrenz durchaus, daß die SPD mit dem Vizekanzler ihr schwerstes Geschütz auffuhr und ein Friedrich Merz, der überhaupt gar keine Erfahrung in der Regierung hat, ideologisch seit 20 Jahren krachend auf dem Holzweg ist, genauso unglücklich über den Gegner ist wie der Rest der Unionskandidaten.

[…..] Zu früh, falscher Kandidat, rein taktisch: Führende Unionspolitiker reagieren mit Kritik auf die Nominierung von Olaf Scholz zum SPD-Kanzlerkandidaten - dabei könnte er CDU und CSU durchaus gefährlich werden. […..] Die ersten prominenten Stimmen aus der Union klingen skeptisch. Friedrich Merz, der Ende des Jahres erst CDU-Chef werden und anschließend für die Union das Kanzleramt erobern will, sagt: "Der Kandidat passt nicht zur Partei." Sein Parteifreund Norbert Röttgen, ebenfalls Bewerber für den CDU-Vorsitz, nennt die Nominierung von Vizekanzler Scholz eine "taktische Lösung, die nicht glaubwürdig ist". Und Bayerns Ministerpräsident, der CSU-Vorsitzende Markus Söder, kritisiert die Personalie, weil damit aus seiner Sicht der Wahlkampf zu früh beginne. […..] Wen die Unionsparteien ihrerseits als Kanzlerkandidaten ins Rennen schicken, ist völlig offen. […..] Für Unruhe wird das ungeklärte Personaltableau noch monatelang sorgen, möglicherweise bis weit ins Wahljahr hinein. Die SPD hat sich dagegen früh sortiert und kann derweil in aller Ruhe an der Scholz-Kampagne basteln. […..] Und dann ist da das strategische Problem, vor das ein Kanzlerkandidat Scholz die Union stellt: Scholz' einzige Machtoption, um Merkel in der Regierungszentrale nachzufolgen, ist zwar Rot-Rot-Grün, falls die SPD vor den Grünen landet – aber niemand könnte R2G, wie das Links-Bündnis genannt wird, auch derart den politischen Schrecken nehmen wie Scholz. […..]

Als Sozialdemokrat begrüße ich einen SPD-Kanzlerkandidaten, auf den die Union mit Knieschlottern reagiert sehr viel mehr als einen, der ohnehin nicht ernst genommen wird.

So wie nur der angebliche Wirtschaftsmann Schröder die Angst vor RotGrün nehmen konnte, so wie nur die SPD eine grundlegende Sozialreform durchführen konnte, so wie nur Kohl-CDU die bei konservativen so beliebte DMark, so wie nur die Merkel-CDU die konservativen heiligen Kühe Atomkraft und Wehrpflicht abräumen konnte, ohne daß es das Land zerreißt, ist es wohl nur Olaf Scholz, der den Deutschen die Angst für einer Beteiligung der Linkspartei nehmen kann.
Selbst wenn die Grünen stärkste Partei werden sollten, würden sie bei einer reinen Esken-SPD viel zu viel Vorbehalte gegenüber der Linken haben, um nicht lieber auf Schwarz-Grün zu setzen.
Mit Olaf Scholz als Vizekanzler und Bundesfinanzminister könnte hingegen auch ein Kanzler Habeck zusammenarbeiten.
Mit Olaf Scholz als Kanzlerkandidat ist endlich die Tür auf für eine Bundesregierung jenseits der Union.