Montag, 6. September 2021

Streisand – Teil II

Raphael Brinkert ist einer dieser urbanen neuen CDU Fans, der die unprätentiöse Merkel-Art mochte, sogar in die CDU eintrat, um seine Kanzlerin zu unterstützen.

Die konservativen Werteunion-Haudraufs, die Ploß‘, Merze, Bosbachs und ostdeutschen AfD-affinen CDU-Landespolitiker, die ständig den Ausverkauf der rechten Themen beklagten, schreckten ihn allerdings ab.

Als Anfang 2020 die CDU in Thüringen gemeinsam mit der AfD einen Ministerpräsidenten wählte, die sachsen-anhaltinische Landtagsfraktion ein Papier lancierte, in dem die „Versöhnung des Nationalen mit dem Sozialen“ gefordert wurde und die CDU in Magdeburg mit der AfD zusammen populisierte, um den Rundfunkstaatsvertrag zu kippen, hatte „Rapha“ Brinkert endgültig genug. Er trat aus der Partei aus. Mit der Otte-Maaßen-CDU wollte er nichts zu tun haben.

Der Austritt eines CDU-Mitglieds ist für das Konrad-Adenauer-Haus normalerweise zu verkraften.

In diesem Fall sollte sich der Schritt aber als fatal herausstellen, denn Brinkert hatte mit seiner Agentur 2017 und 2019 Werbung für die CDU gemacht, orientierte sich nun um; wirbt mit BRINKERTlück seit 2020 für Olaf Scholz.

Er hatte sich selbst aktiv um den Auftrag der SPD-Bundestagswahlkampagne beworben, als Olaf Scholz und er selbst die einzigen beiden Menschen der Erde waren, die glaubten, erst im August 2021 werde den Wählern schlagartig bewußt, daß Merkel gar nicht mehr antrete und dann käme der große Aufschwung der SPD.

Zum großen Unglück der CDU ist Brinkert ein sehr intelligenter Werber. Der eigentlich auf Sportler spezialisierte Scholzmacher erfindet eingängige Slogans und verpasste den Sozis eine sehr auffällige und wiederkennbare Optik, die um Welten professioneller als die CDU- oder Grünen-Kampagne daher kommt.

Ohrenkrebserregende Peinlichkeiten wie das Kein-Schöner-Land-Debakel des Baerbock-Teams unterlaufen ihm nicht.

Simpel und effektiv sind die Brinkertschen SPD-Kürzel „Scholz Packt Das an“ oder #SozialePolitikfürDich!

Die SPD hat die mit Abstand beste Kampagne, loben Werbe-Profis.

Als echter PR-Profi weiß der SPD-Werber um die Unterschiede zwischen einer Wahlkampagne für eine Volksbank oder den DFB und einer politischen Partei.   Letztere schafft es, wenn sie gut gemacht ist, zuverlässig in die Top-Nachrichten und wird bei HEUTE, TAGESSCHAU oder FAZ kostenlos multipliziert.

Eine effektive Brinkert-Methode ist es, auf die zuverlässig von der Union gelieferten Dümmlichkeiten zu setzen.

So empört sich Armin Laschet voller Emphase, daß die SPD ihre Linken – Kühnert und Esken – vor dem Wähler verstecke. Die SPD-Kampagne schneidet dies flugs mit den vielen Talkshow-Auftritten der Gescholtenen zusammen und verkündet ironisch „wir brauchen bessere Verstecke!

Scholz und Esken, die seit zwei Jahren eng und vertrauensvoll mit Angela Merkel zusammenarbeitet als kommunistische Wählerschrecks darzustellen, wird von SPD-Politikern effektiv gekontert.

Eiskalt setzte Brinkert auf den Streisand-Effekt beim inzwischen berühmten Matrioschka-Werbeclip der SPD.

(….) Als Barbra Streisand unbeabsichtigt 2003 den nach ihr benannten Effekt inventete, war möglicherweise wirklich noch nicht jedem digital immigrant klar wie der Schwarm des Internets funktioniert.

Mrs. Streisand hatte damals die die Website Pictopia.com verklagt, weil diese zwischen 12.000 anderen Bildern auch ihr Haus veröffentlicht hatte.

Nicht jeder Mensch klickt täglich auf Pictopia und selbst von denen, die es tun, macht sich kaum einer die Mühe nachzuvollziehen, wer die Besitzer der einzelnen Häuser sind.   Nachdem Streisand aber eine 50-Millionen-Dollar-Klage darüber angestrengt hatte, machte der Fall Schlagzeilen, so daß das inkriminierte Bild rasend schnell im Netz verbreitete und nun wirklich jeder wußte in welchem Haus die Kult-Sängerin und demokratische Aktivistin wohnte.  Sie erreichte also das diametrale Gegenteil dessen, was sie wollte.

Die Diva lernte daraus und tat es nie wieder. (….)

(Streisand extrem, 28.03.2019)

Es ist schwer und vor allem teuer einen politischen Werbespot einer breiten, potentiell desinteressierten Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Es sei denn, man setzt auf die überwältigende Doofheit mächtiger Gegenspieler, wie Bischöfin Käßmann oder Papst Ratzinger.

(…..)  (…..) Erinnert sich noch jemand an die Madonnas World-Tour „Confessions“ von 2006, als sie ein Lied wie Jesus ans Kreuz geschlagen sang und runde 200 Millionen Euro durch den Ticketverkauf einnahm?
Eine Eintrittskarte kostete durchschnittlich 200 Euro, so daß auch echte Fans gut umworben sein wollten, um so tief in die Tasche zu greifen.
   Madonna ist aber ein Marketing-Genie und konnte sich auf ihre treuen Helfer auf den Kirchenkanzeln verlassen.  Die dümmste Bischöfin der Welt, Margot Käßmann, sprang bereitwillig ein, um Madonnas Kartenverkauf anzuheizen.

Käßmann kann aber auch richtig dumm - wie sie in der causa „Madonna“ bewies, als sie sich wie Hein Doof in der Marketing-Maschine der Groß-Sängerin verhedderte:
Während der vorletzten Madonna-Europa-Tournee konnte die Bischöfin kein Mikrofon auslassen und musste permanent ihren Senf zur Show abgeben.
Das ist an sich schon lächerlich und offenbart nur ihren Neid auf die ungleich erfolgreichere Kollegin, aber vor allen geht sie damit dem ältesten Madonna-Trick überhaupt auf dem Leim: Madonna hat immer Grenzen überschritten und genau so viel provoziert, bis die religiösen Eiferer zum Boykott aufriefen und damit den CD-Verkauf anheizten.
Nur Frau Käßmann hat es nach einem Vierteljahrhundert immer noch nicht begriffen.

Ich zitiere:
„Mich empört ihre (Madonnas, Red) anmaßende Selbstinszenierung, sich an die Stelle Jesu zu setzen. Das Kreuz ist für alle Christen das zentrale Symbol für das Leiden und Sterben Jesu. ... Es ging ihr um eine spektakuläre Bühnenshow, mit der sie 200 Millionen Dollar verdient hat, wie es heißt. ... Die arme Madonna! Sie sagt doch, sie sei tief religiös! Ich denke, Madonna hat das alles wenig interessiert. ...“

 (Plappermäulchen 27.12.2009) (….)

(Doof und dreist, 03.08.2015)

Den gewaltigsten Streisand-Effekt löste vermutlich Papst Ratzinger aus, als er gegen die Titanic vorging, um ein satirisches Bild von ihm zu unterdrücken.   Er persönlich, das Staatsoberhaupt, der Stellvertreter Gottes auf Erden, Herr über 1,3 Milliarden Katholiken, Hüter unermesslicher Reichtümer und Chef einer ganzen Armada von Diplomaten und Juristen verklagte eine winzige Dreimann-Redaktion in Frankfurt. Die Nischen-Satiriker konnten ihr Glück nicht fassen, als sie erfuhren Papst Benedikt XVI mache Werbung für sie.

[…..] Des Papstes peinliche Posse um ein Blättchen mit gerade mal 70.000 pro Monat verkaufen Exemplaren verbieten zu lassen, erbrachte das, was jeder Menschen mit mehr als drei Gehirnzellen sich schon vorher vorstellen konnte: Einen gigantischen PR-Boost für die Kleinstredaktion und eine Verdoppelung der Auflage auf über 140.000 Hefte.  Gratulation Ratzi - Du hast es geschafft das Bild, das Du mit aller Macht aus der Öffentlichkeit verweisen wolltest, richtig populär zu machen.   Dank des dummerhaften Eingreifens des Vatikans kennt nun jeder das Pipi-Bild und lacht über Dich.

(Ich sage ja schon lange: Danke Darwin für diesen Papst! Möge Ratzi über 100 Jahre alt werden! Er ist der beste Helfer der atheistischen Sache.  Der Vatikan hat hier wieder einmal vorgeführt, wie man es NICHT macht. Sich als tumber Goliath über Schwächere hermachen! [….]

(Schick ist schick, 02.09.2012)

Selbstverständlich brachte die Titanic nach dem grandiosen Erfolg im folgenden Monat noch ein derberes Papst-Bild auf den Titel. (….)

(Streisand extrem, 28.03.2019)

Paul Ziemiak und Armin Laschet stolperten auch 2021, nachdem mindestens 18 Jahre lang die kontraproduktiven Interneteffekte des Verbieten-wollens bekannt sind, tumb und hilflos in die Brinkert-Falle, als er das Anti-Laschet-Video lancierte, das den CDU-Kandidaten als Hohlkörper verunglimpfte, in dem in Wahrheit Maaßen und der homophobe Hardcore-katholische Opus-Dei-Mann Liminiski steckten.

CDU-General Ziemiak machte sich nicht allein daran, das SPD-Video erst richtig populär zu machen. Auch die deutsche Bischofskonferenz, die konservative Springer-Presse und der sehr fromme Grüne Religiot Konstantin von Notz empörten sich öffentlich über die SPD.

Einen größeren Gefallen hätten die Konservativen und Grünen der SPD gar nicht tun können.

Olaf Scholz konnte generös erklären, das Video nicht mehr zu verwenden und wird anschließend herzlich mit seinem „Rapha“ über die kostenlose Wahlkampfhilfe der Schwarzgrünen gelacht haben.

Die SPD musste kein Geld mehr für die Platzierung des Videos ausgeben, weil die Angegriffenen selbst für die rasende Verbreitung sorgten.

Die SPD 2021 ist eindeutig smarter als Grün und Schwarz.