Freitag, 27. Juli 2012

Sarah Palin 2.0





Geahnt hatte ich es ja schon, aber noch bevor die Eröffnungsfeierlichkeiten zur Olympiade in London begannen, absolvierte Mitt Romney schon einige beeindruckende Sprünge direkt in die Fettnäpfchen. 

Sowohl der konservative Bürgermeister Londons auch als der konservative Premier sind so verärgert über den US- Republikaner, daß sie ihm heftig widersprachen.

Es sei "schwer zu sagen, wie gut es werden wird", hatte Romney im US-Fernsehsender NBC erklärt.
Es gebe "beunruhigende Zeichen", ob Großbritannien in der Lage sei, ein Ereignis dieser Größenordnung auszurichten. Romney hatte als Chef des Organisationskomitees die Olympischen Winterspiele von Salt Lake City 2002 mitorganisiert.
Londons Bürgermeister Boris Johnson widersprach dem Amerikaner sofort. "London ist so gut auf die Olympischen Spiele vorbereitet wie jede andere Gastgeberstadt zuvor", sagte er. […]
Einen Seitenhieb auf Romney konnte er sich [auch Premierminister David Cameron] nicht verkneifen: "Wir organisieren die Olympischen Spiele in einer der belebtesten, aktivsten Städte der Welt", sagte er, um dann, mit Blick auf Romney und Salt Lake City, zu lästern: "Es ist natürlich einfacher, wenn man die Spiele mitten im Nirgendwo abhält."

Nach zwölf Stunden in England vollbrachte es der US-Präsidentschaftskandidat schon sich auf der gesamten Insel unbeliebt zu machen.
Wenig verwunderlich; schließlich gehört Großbritannien zum ungeliebten Europa. 
Das reicht eigentlich schon aus, um Romneys Hass auf sich zu ziehen. 
Dem traditionell engsten europäischen Alliierten der Staaten attestierte der morbide Mormone schon in seinem aktuellen Buch „No Apology: Believe in America“ (2011) Lächerlichkeit.



"England is just a small island. Its roads and houses are small. With few exceptions, it doesn't make things that people in the rest of the world want to buy. And if it hadn't been separated from the continent by water, it almost certainly would have been lost to Hitler's ambitions."

The Queen was not amused.


Der globale Horizont des Kandidaten ist so deprimierend unterkomplex, altbacken und plump, daß der republikanische Außenpolitik-Haudegen Henry Kissinger in Depressionen verfällt.

Romneys Weltbild, so wie er es jüngst in einer Rede vor Kriegsveteranen dargelegt hat, ist eine seltsame Mischung. Da ist Amerika: stolz, stark, großartig, eine Macht, deren 'Schicksal' es ist, die freie Welt zu führen und Gutes zu tun. Und da sind die 'Gegner'. Russland gehört irgendwie immer noch in diese Gruppe, Iran sowieso, islamische Terroristen und China, das aber nicht so richtig, denn das Riesenreich ist ja zugleich einer der wichtigsten Handelspartner und der größte Gläubiger der USA. In Romneys Vorstellung ist Amerika immer noch das Amerika der späten vierziger Jahre, das Adolf Hitler besiegt hat und Josef Stalin die Stirn bietet. Und die Welt ist eine, in der die Schurken nicht mehr nur in Moskau sitzen, sondern auch in Teheran. Sonst hat sich eigentlich nichts verändert. […] Romney hat bislang viel Kritik an Obamas Außenpolitik geäußert, aber wenig dazu gesagt, was er eigentlich anders machen würde. Doch das seltsame Weltbild des Kandidaten zeigt, wie erschütternd niedrig das Niveau inzwischen ist, auf dem man als durchaus wichtiger Mensch in den USA über Außenpolitik nachdenken und reden kann.   All die Dinge, die den Umgang von Staaten miteinander beeinflussen - Interessen, geostrategische Gegebenheiten, gegenseitige Abhängigkeiten, Allianzen, Diplomatie -, kommen bei Romney einfach nicht vor. Als einzigen wahren US-Verbündeten erwähnt der Kandidat Israel. Ähnlich unoriginell sind die Stationen seiner derzeitigen Auslandstour: Großbritannien, Polen und wieder Israel.

Die Frage ist jetzt, ob es Romneys (potentielle) Wähler stört, daß der GOPer wie einen Hirn-ektomierter Elefant im Europäischen Porzellan umherstolpert.

Auch George W. reihte Patzer an Patzer, stürzte die ganze Welt in Kriege und in eine Weltfinanzkrise. Amerikas Ansehen in der Welt rutschte unter GWB auf einen historischen Tiefstand. Zumindest die Republikaner mochten das und wählten ihn 2004 gleich noch mal zum Präsidenten. 

On his first visit to Brazil as president, George W. Bush baffled Brazilian President Fernando Henrique Cardoso with the question "Do you have blacks, too?"
Then Secretary of State Condoleezza Rice came to her boss's rescue, telling the new president, "Mr. President, Brazil probably has more blacks than the USA. Some say it's the country with the most blacks outside Africa," Der Spiegel reported.
Cardoso wrote off Bush's remark, saying he was "still in his learning phase."

Daß Romney schon am Anfangstag der Olympiade die Goldmedaille im Fettnapftreten gewann, muß also kein schlechtes Zeichen sein. 

"The only person who has seen Romney's taxes is John McCain and he took one look and picked Sarah Palin"
(James Carville)

Der vorherige Fettnapf-König Silvio Berlusconi stammt immerhin aus einem Land, in dem sehr viel Wert auf „bella figura“ gelegt wird - und dennoch wählten und wählten sie ihn zum Premier.

Nett sein zu den Briten? Warum denn? Daheim sitzen die Erzkonservativen, die Tea-Party-Bewegung, deren Name nicht zufällig an einen Akt des Widerstands gegen die britische Kolonialmacht im Jahr 1773 erinnert. Der Tea Party war Romney bislang viel zu liberal, bei ihr wird er mit seinen Aussagen Eindruck gemacht haben. Oder? Eine Auswahl:
  • [] Nach einem - geheimen - Treffen mit dem Chef des britischen Auslands-Geheimdienstes MI6 erklärte Mitt Romney der Presse, er wisse dessen Ansichten zu schätzen. Womit das Treffen nicht mehr geheim war. Dafür vergab die Londoner Tageszeitung The Guardian fünf von zehn Punkten auf der Schamesröte-Skala.
  • [] "Beunruhigende Anzeichen", sah Romney hinsichtlich der Frage, ob London in der Lage sei, die Olympischen Spiele auszurichten. Es sei "schwer zu sagen, wie gut es werden wird". Romney hatte selbst die Winterspiele 2002 mitorganisiert. Der britische Premier David Cameron konterte im Hinblick auf den damaligen Austragungsort Salt Lake City, Utah: "Es ist natürlich einfacher, wenn man die Spiele mitten im Nirgendwo abhält." Vom Guardian gab es dafür acht von zehn Peinlichkeits-Punkten.
  • [] Noch deutlicher wurde Londons Bürgermeister Boris Johnson, Spitzname "Die blonde Gefahr", der bei der Entzündung des Olympischen Feuers Zehntausenden im Hyde Park zurief: "Wie ich hörte, gibt es einen Typen namens Mitt Romney, der wissen möchte, ob wir bereit sind. Sind wir bereit?" Die Menge antwortete mit einem vielstimmigen "Yes". Vom Guardian erhält Romney für diese Demütigung die volle Peinlichkeits-Punktzahl und den Ratschlag: "Time to go home."
  • [] Nebenbei redete Romney den britischen Oppositionsführer Ed Miliband mit "Mister Leader" an, was amerikanischen Gepflogenheiten entspricht, für die Briten aber nach Nordkorea klang (drei Punkte). Außerdem sprach er von der "Nation of Great Britain", was Blödsinn ist, weil die Nationen England, Schottland und Wales das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland bilden (ohne Wertung).

Bisher schweigen sich die GOPer über Romneys Europäische Eskapaden aus. 
Dafür vernimmt man die Demokraten umso lauter.

He hasn't been in London for two full days and already he's been verbally upbraided by London's mayor and been the subject of a snide comment by the British prime minister. He referred publicly to the head of the British spy agency MI6, which apparently in England is just not done. And he's had an unnamed staffer criticized for comments about a shared "Anglo Saxon heritage."
On Thursday evening on BBC2's "Newsnight," Hugh Robertson, a Conservative member of Parliament and minister for sport and the Olympics, was asked whether Romney might participate in carrying the torch ahead of Friday night's ceremony.
He immediately broke out in laughter. "Certainly not after today," said Robertson.
Stateside, Sen. Harry Reid is not pleased with the presumptive GOP nominee's performance so far in London. "It's not good for us as a country -- it's not good for him -- but as a country to have somebody that's nominated by one of the principal parties to go over and insult everybody," the Nevada Democrat told the Huffington Post.

Für mehr Aufregung könnten die nächsten beiden Etappen sorgen. Man weiß schließlich nicht, was Romney in Polen anstellt.
Es gibt eine Menge polnischstämmiger Amerikaner, die sich persönlich auf den Fuß getreten fühlen könnten.
Und schließlich Israel, der heilige Gral der GOP-Außenpolitik. Auch dort könnte er sich durch allzu viel Dümmlichkeit unbeliebt machen.

Man kann nur froh sein, daß Mitt a) (noch?) nicht Präsident ist und b) nicht in so wichtige Länder wie Russland oder China reist, oder gar Krisenregionen wie Ägypten oder Afghanistan besucht.
Der Mormone könnte dort so nachhaltig palinisieren, daß ernsthafte Krisen ausgelöst werden können.

According to Mitt Romney, Russia is America's "No. 1 geopolitical foe."
Not Iran, whom the U.S. has heavily sanctioned in an attempt to prevent it from getting a nuclear weapon, nor North Korea, whom the U.S. has asked the United Nations to more harshly sanction, but Russia, a country that the U.S. has diplomatic relations with and which is considered an ally in the war in Afghanistan.
In a March interview shortly after Obama's open mic moment with Medvedev, Romney said Russia "always stands up for the world's worst actors."
"They fight every cause for the world's worst actors," Romney told CNN's Wolf Blitzer, noting that Russia often opposes the U.S. in the United Nations Security Council.
(AMY BINGHAM 26.07.12)