Nein, nein, nein, George Pell AC, 77, Kurienkardinal der
römisch-katholischen Kirche, ehemaliger Erzbischof von Melbourne, ehemaliger
Erzbischof von Sydney, ehemaliges Mitglied des Päpstlichen Kardinalsrats, Kardinalpriester
der Titelkirche Santa Maria Domenica Mazzarello, langjähriger Großprior der
Ordensprovinz Australien-New South Wales des Ritterordens vom Heiligen Grab zu
Jerusalem, Generalkaplan im Großpriorat Australiens, Träger des Lazarusordens
und des kirchlichen Großkreuzes des Verdienstordens des Heiligen Lazarus, der hochrangigste
australische Katholik aller Zeiten, ist unschuldig, hat keine Kinder
vergewaltigt und ist nur Opfer einer linken Hetzjagd!
So tönen heute seine Fans – darunter der allmächtige Rupert
Murdoch, Executive Chairman der News Corp (Fox News) und gleich mehrere
australische ehemalige Premierminister.
Gottes Top-Mann beharrt vehement auf seiner völligen
Unschuld und von „sexuellem Missbrauch“ oder „Vergewaltigung“ kann gar nicht
die Rede sein, weil es nämlich nur „plain and vanilla penetration sex“ mit
einem 12-Jährigen und einem 13-Jährigen war. Nur sechs Minuten lang erzwang
Pell den Analverkehr, wie sein Verteidiger Robert Richter beschwichtigend erklärte.
Das wäre nun wirklich nur Blümchensex.
Wo ist also das Problem?
Und dafür sechs Jahre Haft? Für sechs Minuten? Ist ja
unverschämt, tobt die gesamte austro-amerikanische konservative Medien- und
Politlandschaft.
[….] Der frühere Finanzchef des
Vatikans, Kardinal George Pell, ist wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger
zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Richter Peter Kidd
verkündete in Melbourne das Strafmaß gegen den 77-jährigen Australier. Der
Kardinal muss mindestens drei Jahre und acht Monate der Strafe absitzen, bevor
er einen Antrag auf Bewährung stellen darf.
Der Fall Pell bewegt die Australier sehr: Missbrauch in kirchlichen
Einrichtungen hatte es hier zehntausendfach gegeben. Eine königliche Kommission
hatte sich in den vergangenen Jahren an eine Aufarbeitung gemacht, aber niemand
hatte so polarisiert wie Pell. [….]
An diesem Fall erstaunt mich sehr wenig.
Weder die Taten an sich, noch das eher milde Strafmaß und
schon gar nicht die empörten Reaktionen der weltweiten Dunkelkatholikenszene,
sowie rechter Politiker.
Extreme Heuchelei ist schließlich das Alleinstellungsmerkmal
der Konservativen.
Sie sehen immer nur den Splitter im Auge der Linken und nie
die Balken im Eigenen. Kübelweise moralische Empörung der Teebeutel ergoss sich
über die Obama-Familie, wenn Michelle es wagte im ärmelfreien Kleid aufzutreten.
Der 9.000-fache Lügner, vielfache Ehebrecher,
Pornosternchen-Ficker, notorische Frauenbegrabscher und mit einem
Nacktmodell liierte Trump hingegen ist der fromme Held der evangelikalen konservativen
Christen.
Wer die härtesten Strafen fordert, als erstes nach
Gesetzesverschärfungen schreit, am wenigsten Mitleid für andere aufbringt,
kennt für Täter aus den eigenen Reihen nur Verzeihen und Milde.
Trump, Pell und die anderen Kinderficker werden nämlich
nicht etwa als zu verurteilende Amoralisten gesehen und schon gar nicht als die
hart zu verurteilenden Täter der gleichen Verbrechen, sondern in aller erster
Linie als Alliierte.
Sie gehören zu ihnen und Ihresgleichen wird immer gegen die
anderen verteidigt.
Pell ist eindeutig einer der ihren. Anders
als diese linkssozialistischen Homo-Atheisten können fromme Konservative eben
(sich selbst) verzeihen und auch mal alle Augen, inklusive Hühneraugen,
zudrücken.
Schließlich gehört Pell zum hochexklusiven
Zirkel des Institute of Public
Affairs (IPA). Zu der erzreaktionären Denkfabrik gehören führende
konservative Politiker Australiens, Rupert Murdoch, die reichste Australierin
und Kohlefrau Gina Rinehart, sowie Klimawandel-Leugner, Homohasser und illustre
Gegner jeglicher Umweltschutzmaßnahmen aus den Chefetagen der Großindustrie.
Der von Papst Franziskus so bewunderte und geförderte Pell
zieht auf mehreren Kontinenten die Fäden bei Menschen- und Umwelt-feindlichen
Ansinnen. So einen lässt man nicht fallen. Der frühere Premierminister Tony
Abbott nahm Einfluss auf die Richter, indem er Pell höchstes Vertrauen und
Respekt bescheinigte. Auch sein Vorgänger Ex-Premierminister John Howard wandte
sich direkt mit einem offenen Brief an das Gericht und attestierte dem
verurteilten Pädophilen in einem „hohe Intelligenz und einen exemplarischen
Charakter".
So einer wird doch mal ab und zu ein paar kleine Jungs
vergewaltigen dürfen! Die beiden frechen Chorknaben in Melbourne wollten
schließlich den Messwein wegtrinken und der andere Junge, den Pell im
Schwimmbad von Ballarat mutmaßlich missbrauchte, ist sowieso selbst schuld. Was
läuft er auch halbnackt in sexy Badehose rum?
[….] In den konservativen australischen Medien,
zur Mehrheit kontrolliert vom amerikanischen Medienunternehmer Rupert Murdoch,
riss die Kritik am Urteil nicht ab. Eine Lawine von Vorwürfen donnerte täglich
auf die Geschworenen ein, auf das Gericht, das Justizsystem als Ganzes. Der
prominente Murdoch-Kommentator Andrew Bolt wetterte, Pell sei unschuldig und
das Opfer eines historischen Versagens des Systems. Ohne dem Prozess beigewohnt
zu haben, behauptet er, Pell sei "aufgrund von Vorurteilen verurteilt
worden, nicht von Fakten".[….] Für
die politisch und gesellschaftlich starke Rechte war und bleibt der Kardinal
eine Art Feldmarschall, der im Namen Gottes und der Moral gegen progressive
Strömungen in der Gesellschaft das Schwert führt.
Im Gegensatz zu anderen Geistlichen in Australien hat Pell nie Zweifel
daran gelassen, wie er politisch steht: streng rechts, konservativ, sozial
regressiv. "Als Erzbischof pumpte er seine Energien in die Bekämpfung der
Empfängnisverhütung, Genmanipulation, Scheidung und Abtreibung. Er baute seine
Karriere damit auf, gegen Sex zu predigen", sagt David Marr. Der bekannte
australische Journalist verfolgt den Aufstieg von Pell seit Jahren und hat ein
Buch über den Gottesmann geschrieben. "Er war immer dogmatisch",
schreibt Marr. "Universale Unschuld? Laut Pell 'ein gefährlicher Mythos'.
Die Ursünde? 'Lebendig und florierend'. Künstliche Befruchtung? 'Wir schaffen
damit eine neue Generation von gestohlenen Kindern'", so Marr. "Er
bleibt in seinen Aussagen einfach und brutal", meint der Autor.
"Unnachgiebigkeit" habe Pell unter Konservativen "zu einer
Berühmtheit gemacht".
Pell habe den "Krieg gegen Sex und sexuelle Freiheit geführt,
während er selber Kinder missbrauchte", so Marr. Der Gottesmann sei
"besonders brutal gegen Homosexuelle gewesen". Homosexualität sei
eine "größere Gefahr für die Gesundheit als Rauchen", habe Pell
behauptet. Als an der Kathedrale in Melbourne ein Kranz niedergelegt wurde für
junge homosexuelle Studenten, die sich aus Scham und als Folge der Verurteilung
durch die Kirche das Leben genommen hatten, "war Pells Abscheu
absolut", meint Marr. Pell predigte mit donnernder Stimme gegen die
Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Gegen jahrelangen, massiven
Widerstand von konservativen Politikern - allen voran Tony Abbott - wurde sie
in Australien nach einer Volksbefragung 2017 eingeführt. [….]
Man lässt aber einen Pell („kalt, hartherzig und fast soziopathisch“
- Peter Saunders) nicht nur wegen seiner Vernetzung nicht fallen, sondern die
ihm zur Last gelegten Verbrechen sind zu charakteristisch für homophobe
Geistliche in bunten Frauenkleidern.
[….] Das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs in Einrichtungen der beiden
großen christlichen Kirchen in Deutschland ist offenbar deutlich größer als
bislang angenommen.
Das zeigt eine Studie der Universität Ulm, die die wissenschaftliche
Fachzeitschrift „Journal of Sexual Child Abuse“ veröffentlichen wird.
Demnach ist von etwa 114.000 Betroffenen sexuellen Missbrauchs durch
katholische Priester und noch einmal so vielen durch Pfarrer und Mitarbeiter in
evangelischen Kirchen auszugehen.
Wissenschaftler um den Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie der
Universität Ulm, Jörg Fegert, hatten im vergangenen Jahr eine Umfrage auf die
Gesamtbevölkerung in Deutschland hochgerechnet und kamen dabei auf bis zu
30-mal so hohe Zahlen wie die sogenannte MGH-Studie, die die deutschen Bischöfe
in Auftrag gegeben und im vergangenen Herbst präsentiert hatten.
Die Publikationszusage in dem Fachjournal bestätigt nun nochmal die
Wissenschaftlichkeit der Untersuchung aus Ulm. Die MGH-Studie der Bischöfe
hatte 3.677 Minderjährige ermittelt, die über einen untersuchten Zeitraum von
bis zu 70 Jahren von katholischen Priestern missbraucht worden sein sollen.
Allerdings hatte das unabhängige Wissenschaftskonsortium, das die MGH-Studie
durchgeführt hatte, stets deutlich gemacht, dass die Ergebnisse nur die „Spitze
des Eisbergs“ seien, da sie vor allem jene Fälle untersucht hatten, die in
Kirchenakten registriert und entsprechend untersucht worden waren.
Die Studie aus Ulm liefert nun erstmals einen Einblick in das
Dunkelfeld, also auch der nicht angezeigten und registrierten Fälle. „Damit
lässt sich nun das wahre Ausmaß des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger in den
Kirchen besser einschätzen“, sagte Studienleiter Fegert [….] Auffällig ist zudem, dass sexueller
Missbrauch durch katholische Priester vor allem bei den massiven Formen, also
jenen mit Penetration, besonders hoch ist. Ihr Anteil liegt bei sechs Prozent
all dieser Fälle. [….]
Kinderficken ist einfach systemimmanent bei Katholiban.
Das auf einmal zu ächten lasse kaum noch Kardinäle übrig,
unkt sogar die fromme Katholikin Christiane Florin.
[….] So langsam werden die Kardinäle knapp. [….] Vor einigen Tagen wurde der französische Kardinal Philippe Barbarin,
der Primas Galliens, zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wegen
Vertuschung sexuellen Missbrauchs. Gestern wurde das Strafmaß für den
australischen Kardinal George Pell bekannt: sechs Jahre Haft. [….]
Kurz vor dem Missbrauchsgipfel im Vatikan hatte Papst Franziskus den
amerikanischen Kardinal Theodore McCarrick zum Normal-Katholiken degradiert –
laisiert, sagt der Fachmann. Das ist die Höchststrafe im Kirchenrecht,
angeblich schmerzlicher als sechs Jahre Kerker bei Wasser und Brot. Barbarin,
Pell, Mc Carrick: Drei Kardinäle, drei kriminell gewordene Kleriker.
Seit Mitte der Neunzigerjahre ist das Thema im Bewusstsein einer
größeren Öffentlichkeit.[….] Noch gilt:
Wer Bischof ist, hat Recht
Lang ist die Liste der hochrangigen Kleriker, die nach einschlägigen
Vorwürfen aus alters- oder gesundheitlichen Gründen ihr Amt aufgaben. Eher kurz
ist die Liste der strafrechtlich verurteilten. Manche offenbarten sich
gegenüber den Medien, der frühere Bischof von Brügge etwa gestand 2011 in einem
Fernsehinterview den Missbrauch seiner beiden Neffen.
Die katholische Kirche ist ein streng geordnetes System. Bischöfe sind
besonders berufen, Kardinäle besonders auserwählt. Es sind Exzellenzen und
Eminenzen, Hochwürdigste Herren. [….]
Wenn man jeden Priester, der einen kleinen Jungen
missbraucht gleich ins Gefängnis steckt, würde das dem Vatikan nachhaltig die
gute Laune verderben.