Hurra,
die SPD wird inhaltlich.
Das ist
zwar ein strategischer Nachteil für die Sozen, weil man an Inhalten immer
rummeckern kann und die CDU daher sehr erfolgreich auf konkrete Wahlkampfaussagen
verzichtet, aber wer Merkel gut findet, ist meistens auch denkerisch etwas
einfacher gestrickt und möchte nicht mit Fakten überfordert werden.
Martin
Schulz holte sich für die Renten-bezogenen Wahlversprechen das Urnengift Andrea
Nahles an die Seite.
Nahles,
die es aus mir unerfindlichen Gründen geschafft hat neuerdings mit lobenden
Artikeln in den großen Zeitungen bedacht zu werden. In der aktuellen Ausgabe
des SPIEGELs, wird sie nach einer mutmaßlichen Wahlniederlage von Martin Schulz
schon zusammen mit Olaf Scholz zum SPD-Führungs-Duo ausgerufen und auch im
aktuellen SZ-Magazin liegt ihr der Auto Thomas Bärnthaler
zu Füßen.
OK, eins
spricht wirklich für Nahles; im Gegensatz zu Deutschlands Talkshow-Ministern
wie von der Leyen oder Altmaier, drängt es die Arbeitsministerin nicht mehr ins
Fernsehen.
Weniger
ideal ist allerdings ihre Bilanz als Arbeitsministerin nach beinahe vier
Jahren. Ein Fall für die Satiriker.
……Diese
Punkt halte ich für geradezu fahrlässig falsch. Grundsätzlich am Prozentsatz des
Rentenniveaus zu drehen, bedeutet, daß die Reichsten am stärksten profitieren,
während die ganz Armen kaum eine Verbesserung spüren.
(…..)
Heute
sind beispielsweise ausnahmslos alle Zeitungen voll des Lobes über Nahles‘ Rekord-Rentenerhöhung von fast 5% im
Westen.
Daß
aber Nahles grundsätzlich nur die Angestellten einzahlen lässt, während Reiche,
Selbstständige, Beamte und Bundestagsabgeordnete gar nichts in die Rentenkasse
zahlen, wird gar nicht mehr erwähnt, obwohl das eine so eklatante
Ungerechtigkeit ist, daß Nahles selbst immer forderte die Renten aus dem
Bundeshaushalt zu zahlen – aber da war sie noch nicht Ministerin.
Und
was bedeutet überhaupt „5% Erhöhung“? Prozentual heißt, daß diejenigen mit der
höchsten Rente auch die größten Aufschlag bekommen.
Eine
arme Rentnerin mit 500 Euro im Monat bekommt dann 25 Euro mehr, ist also immer
noch richtig arm, während der Luxusrentner mit 10.000 Euro Rente, der also
keineswegs eine Erhöhung nötig hätte, gleich 500 Euro dazu bekommt.
Das
sind 475 mehr.
Faire
Sozialpolitik würde wenn sie etwas zu verteilen hat lieber Pauschalbeträge
aufschlagen. 250 Euro mehr für jeden, beispielsweise. (….)
Die
Linke ist hier auf demselben Holzweg wie GroKo-Nahles (vor 2013 hatte die fromme
Katholikin etwas radikal anderes gefordert, als das was sie selbst als
Ministerin umsetzte.)
Nun,
nachdem die SPD den Schulzzug entgleisen ließ, soll doch noch mal ein Rentenkonzept
nachgeschoben werden, das natürlich nichts Neues wagt und nur an ein paar
Stellschrauben dreht.
[….]
Ein garantiertes Rentenniveau von 48
Prozent und eine Deckelung der Beiträge zur Rentenversicherung: Am Mittwoch
haben SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Arbeitsministerin Andrea Nahles ihr
Rentenkonzept vorgestellt. Sie setzen darin auf einen „neuen
Generationenvertrag“.
Es ist ein
Drahtseilakt. Weil immer weniger Beitragszahler die Bezüge von immer mehr
Rentnern finanzieren müssen, gibt es zwei Möglichkeiten: steigende Beiträge zur
Rentenversicherung für die Jungen oder sinkende Renten für die Alten. Bis 2030
würden die Beiträge nach dem derzeitigen Gesetz auf 21,8 Prozent (heute 18,7)
steigen, das Rentenniveau auf 44,7 Prozent (heute 48,2) sinken.
„Die Menschen sollen
sich auf die Rente verlassen können“
„Wir müssen die Beiträge
der Jungen und die Ansprüche der Älteren in Balance bringen“, fordert deshalb
Martin Schulz. Der Kanzlerkandidat und Vorsitzende der SPD stellt am Mittwoch
gemeinsam mit Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles das Rentenkonzept seiner
Partei vor. „Neues Vertrauen“ in die gesetzliche Rente zu schaffen ist das
Ziel.
„Die SPD will, dass
sich die Menschen auf die Rente verlassen können“, sagt Schulz. Eine
verlässliche Rente sei „das Kernversprechen einer solidarischen Gesellschaft“.
Das Rentenkonzept, das Schulz gemeinsam mit Andrea Nahles entwickelt hat,
umfasst vier Punkte:
Das weitere Absinken des Rentenniveaus soll
gestoppt und bis 2030 bei 48 Prozent stabilisiert werden.
Eine gesetzliche Solidarrente soll
Menschen, die mindestens 35 Jahre gearbeitet haben, eine Rente von zehn Prozent
„über dem durchschnittlichen Grundsicherungsanspruch am Wohnort“ garantieren.
Die Beiträge zur Rentenversicherung sollen
nicht über 22 Prozent steigen.
Das Renteneintrittsalter soll nicht über 67
Jahre steigen.[….]
Living
in a box. Nahles und Schulz sind nicht in der Lage ihre eigene enge
Gedankenwelt zu verlassen.
Reiche
Rentner bekommen mehr Rentensteigerung als arme Rentner.
Obwohl
die politischen Kommentatoren gar nicht mal negativ reagieren und der SPD
zugstehen, im Gegensatz zu den anderen Parteien überhaupt mal ein Konzept vorzulegen, prophezeie
ich jetzt schon, daß Nahles' Rentenmurx der SPD bei den Bundestagswahlen 2017
kein bißchen helfen wird.
Zu
kompliziert und zu unspektakulär.
18,7%,
21,8% oder 22% um nicht 44,7% oder 48,2% zu bekommen?
Vermutlich
werden 99% der Wähler diese Zahlen nicht im Kopf haben, sie also auch nicht mit
CDU-Zahlen vergleichen können – zumal es gar keine CDU-Zahlen gibt – und sie somit
auch nicht für die Wahlentscheidung heranziehen. Da ist schon ein diffuses
Vertrauen in die bekannte Merkel wichtiger.
Nein,
Schulz und Nahles, so begeistert man die Wähler nicht für die SPD!
Konzepte
sind grundsätzlich schon mal gut, aber sie müssen auch griffig und leicht
verständlich sein, um beim Urnenpöbel zu zünden.
Ein
Konzept für die Wähler wäre das, was Carl Christian von Weizsäcker vorschlägt:
Die Mehrwertsteuersätze von 7% und 19% auf 14% vereinheitlichen!
Das von
Schäuble gewollte Chaos mit den verschiedenen Sätzen wäre endlich behoben und
die allermeisten Waren würden für den Verbraucher klar billiger. So hülfe man
tatsächlich den Armen am meisten und könnte nebenher den Konsum ankurbeln.
Die
Spielräume sind schließlich da – die Kassen der Finanzminister prall gefüllt.
Die
Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte zu senken verstünde außerdem jeder Wähler.
Es bräuchte keine komplizierten Berechnungen und würde kein juristisches Chaos
auslösen.
[….]
Die Idee hinter einer möglichen
Mehrwertsteuersenkung: Wenn die Deutschen mehr Geld zur Verfügung haben, kaufen
sie auch mehr.
Und Deutschland
importiert mehr Waren. Das würde die international kritisierten Exportüberschüsse
etwas dämpfen. Damit der gewünschte Effekt eintritt, empfiehlt der Kölner
Wirtschaftsprofessor Carl Christian von Weizsäcker in der „WamS“ eine Senkung
auf 14 Prozent.
Im Schnitt zahlt jeder
Bundesbürger pro Jahr 2600 Euro Mehrwertsteuer – wenn er Lebensmittel kauft,
sein Auto in die Werkstatt bringt oder eine Flugreise bucht. 2016 spülte die
Mehrwertsteuer insgesamt 165,9 Milliarden Euro in die Kassen des Staates. Von
der Mehrwertsteuer profitiert der Bund mit mehr als 50 Prozent der Einnahmen, die
Bundesländer erhalten 46,3 Prozent und die Kommunen und Gemeinden immerhin noch
2,2 Prozent. [….]
Aber wie
immer scheißt die SPD zuverlässig in jede Hose, die man ihr hinhält.
Nein,
nein, jammert sie unisono mit der CDU, keine Mehrwertsteuersenkung.
[….]
„Die SPD hat in der Koalition viel dafür
getan, die Investitionen und die Binnennachfrage in Deutschland zu erhöhen.
Etwa durch milliardenschwere Investitionsprogramme, Entlastungen von Ländern
und Kommunen sowie den Mindestlohn“, so Haushälter Kahrs.
Die SPD wolle, dass
mehr in Bildung, Infrastruktur und Familien investiert werde. „Dafür brauchen
wir jedoch Geld. Geld, das uns fehlen würde, wenn wir durch isolierte und nicht
gegenfinanzierte Entscheidungen in der Steuerpolitik unsere Einnahmen deutlich
verringern“, so Kahrs. [….]
(DIE
WELT, 12.06.17)
Den
Armen helfen? Lieber nicht.
Senkt die
Mehrwertsteuer!
Ärmere Menschen in
Deutschland werden steuerlich ähnlich hoch belastet wie reichere. Wer
Geringverdiener entlasten will, darf nicht bei der Einkommensteuer ansetzen. [….]