Samstag, 24. Mai 2014

Nicht alles schlecht.



Da ich als SPD-Parteimitglied gegen die GroKo stimmte und schon zwei Mal eine verheerende Bilanz der bisherigen Regierungsarbeit zog, könnte ich es mir leicht machen, indem ich mich schmollend von der 2014er SPD abwende.

In den sozialen Netzwerken beobachte ich wie Sigmar Gabriels Beliebtheit irgendwo zwischen Fußpilz und Mundfäule oszilliert.
Er findet das sicher unfair. Liefert denn die SPD nicht genau das Versprochene? Gerade wurde das monströse Rentenpaket der frommen Katholikin Nahles verabschiedet. Die Sozis finden sie hätten tapfer gekämpft, weil sie das extrem teure Paket gegen den Widerstand der Arbeitgeberlobby (INSM-Kampagne!) und der Großjournalisten (direkte Aufforderung zum Kampf gegen das Rentenpaket im SPIEGEL-Leitartikel letzte Woche) durchgesetzt hätten.
Das sollte doch der Wähler belohnen.
So mutig war das Rentenpaket dann aber doch nicht. Denn einerseits gibt es ohnehin eine 80%-Mehrheit der Bundesbürger, die dafür ist (mehr Geld für alle!!!) und andererseits traute sich Nahles nicht Selbstständige, Beamte oder Bundestagsabgeordnete zur Kasse zu bitten. Diese Gruppen sind weiterhin der Solidarität entzogen.

Es gibt genügend Gründe sich über die SPD-Bundesminister zu ärgern.

Ich glaube, daß Steinmeier, zumindest am Anfang, sehr viel falsch gemacht hat, indem er auf eine klare Schwarz-weiß-Politik setzte, also die guten westukrainischen Übergangsregierenden (inklusive Faschisten und Nationalisten) gegen die bösen von Russland angestifteten Ostukrainer.
Immerhin positioniert sich der deutsche Außenminister heute aber nicht mehr so einseitig und widersetzt sich auch der Putin-Verdammung, die Washington fordert. Steinmeier militarisiert auch nicht wie von der Leyen.
Ich gehöre also nicht zu den Linken, die sich über seine „Wutrede“ aufregen.
Im Gegenteil, in diesem Fall bin ich auf seiner Seite.
Diese verschwörungstheoretisierten Montagsdemonstranten sind nicht ernst zu nehmen; das zeigen ihre skandierten Parolen „Kriegstreiber! Kriegstreiber!“ eindeutig.
Steinmeiner mag einiges falsch einschätzen und mit seinen runden Tischen und den Oligarchen-Gesprächen noch nicht den Weltfrieden ermöglicht haben, aber man muß fairerweise anerkennen, daß er sich bemüht einen Krieg zu verhindern.
Er ist kein Kriegstreiber. Das ist absurd.
Die Schreihälse, denen solche Vorwürfe so leicht von den Lippen gehen, sollten erst mal einen sinnvollen Vorschlag machen, wie man aus der total verfahrenen Lage in der Ukraine wieder rauskommt. Kiews Anteil an der Eskalation wird inzwischen durchaus akzeptiert und analysiert.
Indem man das benennt, hat man aber auch noch keine  gewaltfreie Lösung für das Land.

Ein Wort zu Gabriel:
Ja, ich ärgere mich maßlos über Exportgenehmigungen von Waffen und Bürgschaften für Kriegsschiffexporte in den Nahen Osten.
Aber deswegen ist die GroKo noch nicht so schlecht wie es SchwarzGelb war. Der fromme Katholik Fipsi Rösler hatte nämlich überhaupt keine moralischen Grenzen. Und wenn es nur nach der CDU ginge, würden alle Waffenexportgenehmigungsanfragen bewilligt werden. Das zeigt schon die alarmistische Reaktion auf Gabriels Stopp der Überwachungstechnikausfuhrgenehmigungen.

Im Bereich der Überwachungstechnik setzt der SPD-Politiker seine neue Doktrin offenbar schon um: Der Zoll wurde angewiesen, Technik deutscher Firmen, mit der Unrechtsregime ihre Bürger überwachen können, strenger zu kontrollieren.
Aus der Union kommt Kritik an Gabriels Ankündigung: "Herr Gabriel ist hier unehrlich", sagt der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl SPIEGEL ONLINE. Besonders ärgert sich Uhl über Gabriels zögerliche Haltung beim Export des Leopard-Panzers nach Saudi-Arabien. "Saudi-Arabien ist ein Stabilitätsanker in der Region. Wir sind gut beraten, das Land zu stärken und auch mit Rüstungsgütern zu beliefern."
[…]  Uhl warnt zudem, dass durch Abwanderung der Rüstungsindustrie Zehntausende Arbeitsplätze bei Rüstungsfirmen und ihren Zulieferern in Gefahr seien. "Wenn Gabriel ehrlich ist, muss er sagen: Wir wollen euch nicht mehr, ihr könnt gehen." Im Ausland werde der Industrie allerdings der rote Teppich ausgerollt.
Auch Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sieht "gar keine Notwendigkeit, Rüstungsexporte künftig noch sanfter anzufassen". Im Gegenteil: "Genehmigungen liegen bei uns schon jetzt ewig. Bei internationalen Rüstungsprojekten halten uns unsere Verbündeten nicht mehr für verlässlich", sagt er SPIEGEL ONLINE. Langfristig werde Deutschland bei Rüstungsvorhaben innerhalb der Nato außen vor gelassen, fürchtet der CDU-Politiker. "Das wäre politisch und wirtschaftlich fatal."  […]

Offenbar macht Gabriel bei den Waffenexporten doch einiges richtig, wenn sich die Waffenfreunde in der Christenpartei derart echauffieren.
Die GroKo ist meiner Ansicht nach ein Übel.
Aber durch die SPD-Beteiligung ist sie immerhin ein deutlich kleineres Übel als es Schwarzgelb oder CDU-pur wären. So viel Ehrlichkeit muß sein, auch wenn man Pirat oder Linker ist.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) stoppt weitere Rüstungsdeals: Nach SPIEGEL-Informationen wurden im Bundessicherheitsrat auch weit fortgeschrittene Projekte zurückgenommen.
Der Bundessicherheitsrat hat in seiner letzten Sitzung am Mittwoch vor drei Wochen fast zwei Drittel aller Rüstungsexportanträge abgelehnt. Nach SPIEGEL-Informationen hat sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in dem geheim tagenden Regierungsgremium dafür eingesetzt, dass auch einzelne Projekte in weit fortgeschrittenen Stadien gestoppt werden.
Dabei riskiert die Regierung Schadensersatzforderungen der betroffenen Unternehmen. Einen Rüstungsexportantrag soll Gabriels Ministerium bewusst nicht zur Beratung im Bundessicherheitsrat zugelassen haben. Dabei handelt es sich um Zieloptiken für die Kanonen von Schützenpanzern, die nach Saudi-Arabien geliefert werden sollen.   […]