Dienstag, 24. November 2015

Angst vorm Mob



Der fromme Christ Ministerpräsident Haseloff von Sachsen-Anhalt erklärte eine Flüchtlingsobergrenze von 12.000 für sein gesamtes Bundesland (allein die Stadt Hamburg hat dieses Jahr schon über 50.000 Menschen aufgenommen); mehr ginge nicht.

Genauso sehen es CSU und beispielsweise der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, der ebenfalls Obergrenzen für Flüchtlinge einführen will.

Ein guter Witz, daß ausgerechnet der Verfassungsminister de Maizière auch ein Feind der Verfassung ist.

Sehr geehrter Thomas de Maizière,
es ist schon mehr als befremdlich, wie Sie als Verfassungsminister das Grundgesetz auslegen. Dabei müssten doch gerade Sie es wissen: Das Grundrecht auf Asyl (Artikel 16a) gilt für ALLE politisch Verfolgten und die Menschenwürde (Artikel 1) für ALLE Menschen im Geltungsbereich des Grundgesetzes. Wenn Sie also Obergrenzen für Asylbewerber schaffen wollen und Flüchtlinge quasi aushungern lassen, wäre dies nichts anderes als ein doppelter Bruch unserer Verfassung. Sie sind als Innenminister von Amts wegen dazu berufen, diese Verfassung zu schützen. Wenn Sie sich dazu offensichtlich nicht in der Lage sehen, dann sollten Sie die Konsequenzen ziehen - und zurücktreten.
(Georg Restle, MONITOR, 20.09.15)

Auffällig in dieser Debatte ist, daß es gerade die besonders Religionsaffinen sind, die sich gegen Menschenrechte und Verfassung entscheiden.

Man kann rechtlich keine Obergrenze von beispielsweise einer Million Menschen pro Jahr setzen und dann dem Einemillionundeinsten sagen, er hätte leider Pech gehabt und ihn dann zum Geköpft-werden nach Syrien zurückschicken.

Frau Merkel hat es schon vor über einem Monat klar gesagt: Das Asylrecht ist ein Grundrecht in unserer Verfassung  - Artikel 16a - und somit kann es gar keine „Obergrenze“ geben. Was auch immer man von Frau Merkel halten mag, aber hier ist sie im Recht!

Grundrechte werden in Deutschland in der Bundesverfassung und in einigen Landesverfassungen gewährleistet. Im Grundgesetz sind die Grundrechte im gleichnamigen I. Abschnitt (Artikel 1 bis 19) verbürgt. Sie sind subjektive öffentliche Rechte mit Verfassungsrang, die alle Staatsgewalten binden.
(Wikipedia)

Es kommen aber weitere Argumente hinzu.

1.   hat Deutschland eine bekannte Geschichte als Haupt-Fluchtverursacher und Genozid-Staat.
2.   sind wir auch heute für viele Fluchtursachen direkt verantwortlich und
3.   sind die Flüchtlinge eben kein „Verlustgeschäft“, sondern ein Segen für Deutschland.

Natürlich ist es unter rein ökonomischen Aspekten unbedingt erforderlich den hier Ankommenden so schnell wie möglich Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren und Sprachkurse anzubieten.

Es sind gerade Christen und Konservative die nun versuchen auch den Grundgesetzartikel 6 zu schleifen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(GG Art 6)

Also ausgerechnet jene Gruppen, die beim Thema Homorechte immer auf den unverbrüchlichen Schutz der Familie des Grundgesetzes pochen, sind beim Thema Familiennachzug der Flüchtlinge die ersten, die auf Artikel 6 pfeifen.

Wenn es nach dem Willen von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) geht, sollen Syrer nicht mehr darauf hoffen dürfen, pauschal wie bisher als Flüchtlinge anerkannt zu werden und also ihre Familienangehörigen nachholen zu können.
Vorerst ist de Maizière von Kanzleramt und Koalitionspartner SPD gestoppt worden - doch in CDU und CSU wächst der Rückhalt für seine Forderung.

Diese menschenrechtsantagonistischen Forderungen sind nicht nur grundgesetzwidrig und moralisch völlig verkommen.
Sie sind darüber hinaus auch noch reine Nebelkerzen, die praktisch gar nicht umsetzbar sind.

Bayerischer Irrsinn
Obergrenzen fürs Asylrecht, Grenzzäune rund um Deutschland, womöglich gleich mit Schießbefehl.
Die bayerische Variante der Flüchtlingspolitik kennt nur noch ein Ziel: Abschottung. Und selbst wenn es Bayerns Ministerpräsident so offen nicht formulieren würde, die Logik seiner Politik läuft genau darauf hinaus. Es wäre das Ende eines Europas der freien Grenzen, ein Ende der europäischen Idee, in dem Deutschland sich einreiht in die nationalstaatlichen Egoismen derer, die auch die CSU heute noch kritisiert.
Was die bayerischen Provinzpolitiker dabei verschweigen: Niemandem wäre damit geholfen; den Flüchtlingen sowieso nicht, aber auch nicht der deutschen Bevölkerung. Abgesehen vom immensen finanziellen Aufwand eines bewehrten Schutzwalls rund um die Republik, würde sich das Gros der Flüchtenden davon kaum aufhalten lassen. Wen das Meer nicht schreckt, den hält auch kein Stacheldraht ab. Die Mühseligen und Beladenen, sie werden immer wieder kommen, solange dieses Land bietet, was sie nicht haben. Wer dieser Wahrheit nicht ins Gesicht schaut, wird das Problem nur verschieben, immer wieder neue Kosten und neues Leid verursachen.
 (Georg Restle, MONITOR, via Facebook, 30.10.2015)

Warum aber fordern braunschwarze Politpappnasen diese unsinnigen Dinge?

Die Antwort ist einfach. Sie alle haben die Hosen voll vor dem braunen Mob auf der Straße und reagieren darauf mit größtmöglicher Erbärmlichkeit.

Aber wir müssen die Ängste und Sorgen der Bürger doch ernstnehmen.
So ein Blödsinn!
Wir müssen den Bürgern die Ängste nehmen und ihre Sorgen zerstreuen.“
(Wilfried Schmickler 12.11.2015)


Es gibt in dieser Situation riesige Angriffsflächen der C-Parteien. Die SPD könnte die Chance nutzen sich zu profilieren. Gabriel und Co könnten CDU und CSU stellen, deren Heuchelei aufzeigen, für Alternativen werben.
Unglücklicherweise hat auch Gabriel die Hosen voll und tut statt des Richtigen, das was die braune Basis gerne hätte.
Wenig verwunderlich, daß von so einer Performance nur die Originale profitieren: AfD, Pegida und NPD.
Thomas Oppermann will nun auch Kontingente.
Gabriel ist ein Stimmungs-Politiker, der den Muffigen und Motzenden voller Verständnis entgegen eilt.

Verständnis? Wofür?
Verständnis aufbringen für die Ängste und Sorgen der Bürger in Deutschland. Keine Talkshow mehr ohne diesen Satz, keine Diskussion am Stammtisch und keine Debatte im Bundestag. Verständnis VON oder Verständnis FÜR? Es ist der kleine semantische Unterschied, der den Analysten vom Aktivisten unterscheidet. Den, der Stimmungen deutet von dem, der Stimmung macht. Ja, auch ich verstehe, dass es Ängste vor Flüchtlingen gibt und woher diese Ängste kommen. Nur, mit Verlaub, ich habe kein Verständnis dafür.
Ich habe kein Verständnis dafür, dass Menschen Angst haben vor einer "Islamisierung des Abendlandes", wo der Anteil der Muslime im europäischen „Abendland“ gerade mal 4 % ausmacht, und auch dann nur auf 5 % anwachsen würde, wenn sämtliche syrischen Flüchtlinge auf einmal nach Europa kämen.
Ich habe kein Verständnis dafür, dass Menschen in diesem Land davor Angst haben, dass 2, 3 oder 5 Millionen Flüchtlinge uns unserer Lebensgrundlage berauben. In einem Land, das gerade Milliarden Überschüsse erwirtschaftet und dabei von der Armut der Länder profitiert, aus denen viele Flüchtlinge zu uns kommen.
Ich habe kein Verständnis dafür, dass besorgte Bürger Angst davor haben, dass unsere Verfassungswerte in Gefahr geraten, wo doch die Gleichen, die das befürchten, sofort dazu bereit sind, Artikel 1 des Grundgesetzes zu opfern, wenn es um eine menschenwürdige Behandlung von Flüchtlingen in diesem Land geht.
Nein, ich habe keinerlei Verständnis für diese Ängste – und schon gar nicht dafür, dass Politiker Verständnis für solche Ängste heucheln und dabei nichts anderes tun, als diese Ängste jeden Tag aufs Neue anzufachen.
(Georg Restle, Monitor, 06.10.2015)

Ganz schön peinlich für die SPD, daß es das konservative FUNKE-Abendblatt ist, welches sich über die Mob-freundliche Passivität der Sozis wundert.

[….] Während die Kanzlerin angesichts der Verbalausfälle des Bajuwaren auf eine uckermärkische Sturheit schaltet, lehnt sich die SPD zurück. Lasst sie doch streiten, lautet das Motto der Partei. Und hält sich mit Lösungsansätzen eher vornehm zurück. Das mag taktisch klug sein, für die Demokratie ist es ein Desaster. Aktuellen Umfragen zufolge zweifeln 57 Prozent der Deutschen am Kurs der Kanzlerin, im Bundestag aber haben diese Menschen kaum eine Stimme. Der Normalfall der Demokratie – das Aufeinandertreffen verschiedener Positionen – ist in der Flüchtlingsfrage ausgesetzt. Warum aber reagiert die SPD nicht? [….]  Sigmar Gabriel, der noch Anfang September auf Distanz zur Kanzlerin ging, steht wieder fest an der Seite der CDU-Politikerin. Ihm fehlt die Kraft oder der Mut, der Kanzlerin zu widersprechen. Das ist verständlich. Und doch bleibt es strategisch unklug und demokratietheoretisch fatal. [….] Hier zeigt sich, wie sehr sich die stolze Sozialdemokratie von einer Volks- zu einer Funktionärspartei gewandelt hat. Viele in der SPD sind den Ängsten der Bevölkerung wie der Genossen vor Ort entrückt, sehen nicht die Sorgen der "kleinen Leute" oder die Probleme in den Kommunen, sondern vor allem ihr Parteiprogramm. [….]

Daß es CDU und CSU nicht schaffen dem Rechtspopulismus zu widerstehen ist schlimm. Noch schlimmer ist es, wenn sich Sozis  - bis auch wenige tapfere Ausnahmen wie Heiko Maas – gar nicht erst bemüßigt fühlen sich gegen die pegidistische Pest zu äußern.

Man beklagt sich über die „vielen jungen Männer“ in den Flüchtlingsheimen, tut aber alles dafür, daß sie dauerhaft von ihren Familien ferngehalten werden. Daß sie ihrer sozialen Strukturen beraubt bleiben.
Die Bundesregierung, die auch von der SPD getragen wird, sorgt durch die Einschränkungen beim Familiennachzug dafür, daß nun immer mehr Kinder und Frauen auch die lebensgefährlichen Todes-Kähne auf dem Mittelmeer gezwungen werden.
Statt Fluchtursachen und das Schlepperwesen zu bekämpfen, schaffen sie nun ein Konjunkturprogramm für skrupellose Schlepperbanden.

Wenn man den Familiennachzug stoppt, bedeutet das:

„Unsere barmherzigen Christen betreiben jetzt das, was sie neulich im Bundestag noch abgelehnt hatten: Geschäftsmäßige Sterbehilfe!“
(Urban Priol 12.11.2015)