Dienstag, 17. April 2018

Noch eine Umdrehung


Als ich das erste mal von Michael Cohen hörte, lernte ich, das sei Trumps persönlicher Anwalt, der seit Jahrzehnten alle seine Schmutzgeschichten wegräume.
Ursprünglich nicht aus einem rechten Milieu stammend habe sich Cohen aber inzwischen völlig Trump verschrieben. Er wäre dessen „Fixer“, stünde 24/7 für „the boss“ zur Verfügung und dieser riefe auch tatsächlich regelmäßig um 3.00 Uhr nachts an, wenn er wieder einmal in einem Schlamassel stecke.
Cohen wäre insbesondere der Experte dafür unliebsame Angelegenheiten verschwinden zu lassen. Dafür sei ihm jedes Mittel recht – Klagen, Schweigegeld, Drohungen aller Art. Er sei aber eigentlich kaum ein richtiger Anwalt, habe schließlich auch seit vielen Jahren keine anderen Klienten gehabt, da er exklusiv und ausschließlich für Trump arbeite.

Stimmte nicht ganz.
Cohen räumte auch für den GOP-Großspender und Schatzmeister Elliott Broidy frisch gevögelte Playboy-Bunnys aus dem Weg.
Während Trump für Stormy Daniels 130.000 Dollar Schweigegeld zahlte, ließ Broidy sogar 1,6 Millionen springen.
Und noch viel irrer; Cohen hatte einen dritten Mandanten, nämlich ausgerechnet Trumps vollkommen wahnsinnigen und der Realität komplett entkoppelten TV-Buddy Sean Hannity, der selbst bei FOX als Rechtsaußen gilt.


Niemand wirft sich mit mehr Leidenschaft für Trump in die Bresche als Hannity und seinen Lohn bekommt er, indem Trump immer wieder von seinem offiziellen Twitter-Account aus Loblieder aus Hannity anstimmt, die US-Bürger ausdrücklich dazu auffordert „Hannity“ einzuschalten.



 Kein auch nur halbwegs seriösen Medienmacher käme auf die Idee den lügenden Fanatiker Hannity als „Journalisten“ zu bezeichnen.

Der Journalismus hat ein echtes Problem in Amerika, wenn weite Teile davon, die von ultrakonservativen Milliardären wie den Mercers, Kochs und Murdochs gesteuert werden, ein Einheitsprogramm loslassen, welches radikal gegen die Wahrheit agitiert und reine Trump-PR macht.


Sinclair News ist vielen in Deutschland sicher kein Begriff, aber der Mutterkonzern Sinclair Media betreibt mit vergleichsweise bescheidenen drei Milliarden Dollar Jahresumsatz immerhin 179 lokale TV-Sender, die allesamt politisch gleichgeschaltet sind.

Sie dienen und nutzen Trump und dieser zeigt sich auch erkenntlich für die absolute Treue, indem er ihnen finanziell hilft.
Sei es, daß er generell gewaltige Steuernachlässe für Medienkonzerne beschließen lässt, sei es, daß er die liberaleren Sendern unablässig beschimpft, sei es, daß er direkt Hannitys Quoten anheizt oder sei es auch, daß er wie im Fall Sinclair die Konkurrenz klein hält.

[….] In der Tat verlaufen die täglichen Angriffe Trumps nach dem klassischen Autokraten-Drehbuch. Trump nutzt offizielle Kanäle, um kritische Medien niederzumachen oder ihnen politisch die Arbeit schwer zu machen. Zugleich propagiert er regierungsnahe Organe wie Fox News und freundliche TV-Lokalsender. Am Ende verlieren die Konsumenten zusehends den Überblick darüber, was Wahrheit ist, was Fake News und was Staatspropaganda.
 Trump führt seinen Krieg gegen die Medien zurzeit an mehreren Fronten:
1. Amazon, Bezos und die "Washington Post" [….]
2. AT&T, Time Warner und CNN
[….] Ein Gerichtsprozess in Washington könnte dramatische Auswirkungen auf die US-Medienvielfalt haben. Die Regierung klagt gegen die Übernahme des Medienkonzerns Time Warner durch den Telekomriesen AT&T. Mit dem 86-Milliarden-Dollar-Deal will AT&T Streamingdiensten wie Netflix Konkurrenz machen. Das US-Justizministerium hat kartellrechtliche Bedenken erhoben.
Beobachter vermuten aber, dass die wahre Motivation auch hier anderswo liegt: Der Kabelsender CNN, den Trump gerne als "Fake News" und "anti-Trump" verteufelt, gehört Time Warner. Schon im vergangenen Jahr meldete die - von Trump gehasste - "New York Times", dass er erwäge, die geplante Fusion als "Druckmittel" gegen CNN einzusetzen. Kurz darauf kam die Klage dagegen.
Denkbar ist, dass das Gericht den Zusammenschluss am Ende nur genehmigt, wenn sich Time Warner von CNN trennt. Damit verlöre der Sender sein Mutterhaus. Als Kaufinteressent war sogar mal Rupert Murdoch im Gespräch, dem der Trump-Haussender Fox News gehört. Dann wären zwei der drei US-Nachrichtensender gewissermaßen gleichgeschaltet.
3. Der lokale Fernsehmarkt
[….] Wirbel machte zuletzt die Sinclair Broadcast Group, ein vergleichsweise wenig bekannter Konzern. Dabei ist Sinclair mit 193 Lokalsendern der größte TV-Betreiber der USA. Das Unternehmen plant nun, 40 weitere Lokalstationen zu übernehmen - und würde dann fast drei Viertel aller US-Haushalte bedienen.
Gegen dieses Quasi-Monopol hat die Regierung jedoch nichts einzuwenden: Die Kommunikationsbehörde FCC lockerte die Vorschriften sogar. Denn Sinclair ist Trump-freundlich. Seine Moderatoren müssen identische Manuskripte vorlesen und Videoclips ausstrahlen - oft mit konservativen Kommentaren von Boris Epshteyn, einem in Russland geborenen Ex-Berater Trumps, mit Terror-Panikmache oder Agitation gegen andere Medien.
Ein Zusammenschnitt dieser Clips sorgte unlängst für Empörung. Doch Sinclair bleibt verlässlich im Trump-Lager. Sein Chairman David Smith pflegt angeblich Kontakte zu Trumps Ex-Strategen Steve Bannon sowie zu Sean Hannity, dem lautesten Scharfmacher des Trump-Zentralsenders Fox News. [….]
4. Die PR-Front [….]

Den herkömmlichen und seriösen Journalismus gibt es auch noch.

So hatte Woody Allans oder Frank Sinatras Sohn Ronan Farrow nach der Weinstein-#MeeToo-Enthüllung auch noch ausgegraben, daß der Medienriese American Media (AMI), Jahresumsatz 344 Milliarden Dollar = 127 mal Sinclair Media, systematisch die Exklusivrechte über Sexgeschichten Prominenter wie Trump kauft und diese Stories dann im Giftschrank verschwinden lässt. Entweder um Betroffene wie Trump zu schützen, oder aber um sie erpressbar zu machen.

[…..] Another person peddling derogatory information about President Trump during the 2016 campaign; another potential payoff.
That's the impression left by new reports by the New Yorker and the Associated Press detailing a $30,000 payment made by the National Enquirer's parent company to a former doorman, Dino Sajudin, who said he had heard rumors of Trump fathering a child with an employee.
[National Enquirer paid second source with embarrassing Trump rumor]
As with American Media Inc.'s $150,000 payment to former Playboy Playmate Karen McDougal shortly before the election, the payment was made ostensibly for the rights to the man's story. But like McDougal's, the story also never ran, and the parallels with the McDougal and Stormy Daniels payments certainly raise questions about whether the payment was simply an effort to kill it to benefit Trump's campaign — and whether there was any coordination between AMI and Trump attorney Michael Cohen or the Trump campaign.
Those deals have become a focus of federal investigators, who raided Cohen's office, home and hotel room Monday. And if nothing else, the newest example builds the circumstantial case that something was afoot as Trump was trying to win the presidency. [….]


Farrow bekam diese Woche den Pulitzerpreis, auch sein Blatt, der New Yorker, sowie die New York Times wurden ausgezeichnet.

Gerüchten zu Folge soll Trump im Oval Office toben wie nie zuvor und von seinem Umfeld nicht mehr zu beruhigen sein. Er ist kurz davor Amok zu laufen.
Die Beschlagnahme der Unterlagen seines Anwalts Michael Cohen durch die New Yorker Staatsanwaltschaft beunruhigt ihn offensichtlich viel mehr als die gesamten Mueller-Untersuchungen zu seinen Russland-Verstrickungen.
Vermutlich hatte er sich nicht vorstellen können, daß es einen Weg gäbe das Anwaltsgeheimnis zwischen ihm und Cohen zu lüften.

Daß die verhassten liberalen New Yorker nun auch noch Ronan Farrow mit dem Journalistenpreis schlechthin auszeichnen, bestätigt allerdings die realitätsentrückte Weltsicht von rechten Hetzern wie Trump und Hannity.
Alle Liberalen haben sich offensichtlich gegen sie verschworen, niemand wurde je so ungerecht behandelt.