Das fällt wirklich schwer, Chapeau Gareth Joswig! Der taz-Autor vermochte es, einen sachlichen und informativen Artikel über eine ostdeutsche Nazi-Familie zu schreiben, deren Vater und zwei Söhne in allerlei beschissenen braunen Nazi-Vereinen aktiv sind, ohne einmal einen platten Witz über deren nomen-est-omen-Familiennamen NOTHDURFT zu reißen.
Was für eine Vorlage. Man könnte zum Beispiel anmerken, wie froh andere Parteipolitiker dieses Namens über das „h“ wären und was es für ein Pech wäre, ausgerechnet für eine Faschistenbande anzutreten, deren Wähler keinerlei Rechtschreibkenntnisse haben.
Oder mussten die drei Nothdurft-Nazis bei der NPD landen, weil nur deren Mitglieder so unterbelichtet sind, so gehobene Begriffe für das Ausscheiden von Exkrementen nicht zu kennen?
Weil Faschisten Grundgesetz und Europäische Menschenrechtskonvention ohnehin ablehnen?
Jedermann hat das Recht, nicht, insbesondere nicht durch staatliche Gewalt, am Besuch einer Toilette zur Verrichtung der Notdurft gehindert zu werden. Dieses Recht steht jedermann uneingeschränkt zu und ist durch Art. 3 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) und Art. 1 und 2 GG (Grundgesetz) abgesichert.
Aber der Reihe nach.
Die Familie Joachim, Laurens und Felix Nothdurft ist seit Jahrzehnten fest in der Neonazi-Szene verankert, mischt(e) im Umkreis der NPD, jetzt „Heimat“, der AfD, der Identitären Bewegung (IB), Coronaleugnern, Holocaust-Leugnern und der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ), einer inzwischen verbotenen von der Hitlerjugend inspirierten Jugendorganisation, mit.
[….] Aus einer Abspaltung des ursprünglich in den 1950er und 60er Jahren formierten Freibund, entstand ab 1990 die sog. Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ), die sich an der historischen Hitlerjugend orientierte und Zeltlager und gemeinsame Reisen für Kinder und Jugendliche aus der Neonazi-Szene organisierte. Sie sollte zur Ausbildung einer künftigen „neonazistischen Elite“ dienen. Nach dem Verbot der Wiking-Jugend im Jahr 1994 sollte sich die HDJ zu deren inoffizieller Nachfolgeorganisation entwickeln. In Sachsen-Anhalt war hierbei vor allem die Familie Nothdurft aus Dessau aktiv. Nachdem der HDJ-Bundesführer Alexander Scholz im Jahr 2002 bei einem Verkehrsunfall verstarb, fungierte Laurens Nothdurft, zuvor schon dessen Stellvertreter, eine Zeit lang selbst als Bundesführer. Laurens Partnerin Hildegard Nothdurft (geb. Handke), war lange Zeit „Bundesmädelführerin“23. Der angehende Jurist Nothdurft hatte zuvor bereits 1999 für die rechte Kleinstpartei Deutsche Soziale Union (DSU) zum Dessauer Stadtrat kandidiert. Wiederholt tauchten Laurens und sein Vater Joachim Nothdurft, auf dessen Namen eine Zeit lang die Webseite der HDJ lief, auch im Umfeld der NPD auf. Noch heute wird Joachim Nothdurft als Bundes-Schriftführer der DSU geführt. Auch Laurens Bruder Felix Nothdurft (heute Felix Willer) war zeitweise im Vorstand aktiv, ab 2003 als Leiter einer neuen Abteilung zur „Koordinierung des Technischen Dienstes auf Lagern“. Während seiner Offiziersausbildung beim Fallschirmjägerbataillion 261 in Lebach ab 2004 reduzierte Willer seine sichtbaren Aktivitäten bei der HDJ. Als Leiter der „Abteilung Beschaffung“ fungierte ab 2002 mit Patrick Harr ein Mitglied aus Roßlau, seit 2007 Teil der neuen Stadt Dessau-Roßlau.
Bei einer Großrazzia gegen die HDJ im Jahr 2008 waren auch Laurens und Hildegard Nothdurft mit ihrer Wohnung in Berlin betroffen, am 31. März 2009 sollte dann schließlich das Verbot der Organisation folgen.
Laurens Nothdurft, Felix Willer und Patrick Harr haben eine weitere Gemeinsamkeit: Alle arbeiten bis heute für verschiedene Landtagsfraktionen der AfD, Willer zeitweise sogar für die Bundestagsfraktion. Der Jurist Laurens Nothdurft ist aktuell bei der AfD-Fraktion in Sachsen-Anhalt beschäftigt. Zuvor hatten schon seine Tätigkeiten in Bayern und Baden-Württemberg für mediale Aufmerksamkeit gesorgt26. Felix Willer war zunächst für die Fraktion in Brandenburg tätig, unter dem Fraktionsvorsitzenden Andreas Kalbitz, der selbst an einem HDJ-Lager im Jahr 2007 teilnahm und laut einer dem Verfassungsschutz vorliegenden Mitgliederliste auch Mitglied war. Willer wechselte dann als Mitarbeiter von Alexander Gauland in den Bundestag und kehrte nach einem kurzen Zwischenstopp beim Ministerium für Verbraucherschutz in Magdeburg zurück zur Fraktion im Potsdamer Landtag. Patrick Harr ist seit 2016 als persönlicher Referent des AfD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag von Sachsen-Anhalt beschäftigt – zunächst unter André Poggenburg, inzwischen für dessen Nachfolger Oliver Kirchner. […..]
Heinrich-Himmler-Double Andreas Kalbitz wurde im Jahr 2020 noch wegen seiner HDJ-Vergangenheit aus seiner Position als Sachsen-Anhalts AfD-Chef gedrängt.
Auch Laurens Nothdurft steht so weit in der völkischen
Nazi-Schwurbel-Szene, daß er sogar aus der äußerst rechten Bayerischen
AfD-Fraktion flog.
[….] Die AfD-Fraktion im Landtag setzt weiter auf Personal vom rechten Rand. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung beschäftigt sie seit dem 1. April den Rechtsanwalt Laurens Nothdurft als Justiziar. Nothdurft leitete zeitweise den 2009 verbotenen Neonazi-Verband "Heimattreue Deutsche Jugend" (HDJ). Zudem hatte er als NPD-Aktivist in der Vergangenheit Kontakt zu der rechtsextremen Partei. Dies geht aus dem Gutachten des Bundesverfassungsschutzes hervor, das die AfD als Prüffall einstufte. Zuvor arbeitete Nothdurft als Berater für die AfD-Fraktion in Baden-Württemberg. Seine frühere Mitgliedschaft bei der HDJ ist besonders heikel, da diese auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD steht, die der SZ vorliegt. Auch Fraktionsmitarbeiter müssten versichern, dass sie keinem der aufgeführten extremistischen Verbände angehören, heißt es aus Fraktionskreisen. "Völlig ausgeschlossen, dass wir so jemanden einstellen", sagt ein Abgeordneter aus dem eher gemäßigten Lager. Ein anderer erinnert an die Rede des zum Rechts-außen-Lager gehörenden Abgeordneten Christoph Maier am Dienstag im Plenum. Maier forderte verpflichtende Führungszeugnisse für Fraktionsmitarbeiter, um die Integrität im Landtag zu wahren. Zugleich distanzierte sich die Fraktion von den Aussagen des kürzlich ausgetretenen Raimund Swoboda, der einen Rechtsruck beklagte. "Wie passt das zusammen, wenn man jetzt Nothdurft einstellt?", fragt der AfD-Abgeordnete und spricht von "Heuchelei". […..]
Tatsächlich trennte sich die AfD-Bayern anschließend von Nothdurft. Das war 2019.
Fast Forward zum Jahr 2024: Gemäßigte Lager gibt es nicht mehr in der AfD.
Heute sind die AfD-Kader so offen völkisch und rechtsextrem, daß ihnen die Nothdurfts gerade rechts sind.
[…..] Der AfD-Politiker Laurens Nothdurft ist neuer Ortsbürgermeister von Roßlau. Wie die "Mitteldeutsche Zeitung" zuerst berichtete, wurde er am Dienstagabend im Ortschaftsrat Roßlau mit sechs zu drei Stimmen gewählt. [….]
Noch vor wenigen Jahren war ich geschockt über die Verwendung des Wortes „Faschist“ für heutige deutsche Politiker, konnte kaum fassen, daß ein Gericht es erlaubte, den Thüringer AfD-Führer Bernd Höcke so zu nennen.
Heute räume ich ein; es sind echte Nazis, die in der AfD aktiv sind.
Heute räume ich ein; Ossis wählen das rechte Pack nicht, obwohl Nazis die AfD dominieren, sondern gerade deswegen.
[….] Die Normalisierung der extremen Rechten in Dessau-Roßlau ist abgeschlossen.
Wie die Mitteldeutsche Zeitung heute berichtete wurde Laurens Nothdurft [….] zum Ortsbürgermeister in Roßlau gewählt [….] Damit sind in unserem Zuständigkeitsbereich nun zwei Ortsbürgermeister mit Verbindungen zum neonazistischen Milieu zu verzeichen – im Ortsteil Gohrau der Stadt Oranienbaum-Wörlitz wurde Benjamin Focke für die Partei „Die Heimat“ (ehemals NPD) zum Ortsvorsteher gewählt.
Daran lässt sich eine Normalisierung ablesen, die unterstreicht wie sehr sich die extreme Rechte normalisiert hat. Sicherlich wirkt Nothdurft mit seiner biederen Art nicht wie sich viele einen Neonazi vorstellen, doch seine langjährige Vergangenheit in der extremen Rechten, die eng mit seinem familiären Hintergrund verbunden ist. Sein Vater Joachim, der ebenfalls für die AfD in den Stadtrat in Dessau-Roßlau gewählt wurde, war Landesvorsitzender der rechten Kleinstpartei „DSU“ und in dieser Funktion auch zu Gast bei der NPD-Fraktion in Sachsen. 2002 besuchten Vater und Sohn auch gemeinsam eine NPD-Demonstration. All diese Fakten sind hinlänglich bekannt und kosteten Laurens Nothdurft 2019 noch seine Stelle in der bayrischen Landtagsfraktion der AfD. Heute scheint dies nicht einmal mehr zu verhindern, das ein Kandidat mit einer solchen Vergangenheit in eine herausragende Position gewählt wir
Die Normalisierung lässt sich weiterhin auch daran ablesen, dass mit René Diedering ein Stadtrat Fraktionsvorsitzender der AfD in Dessau-Roßlau wurde, der noch 2019 einen Redebeitrag neben dem langjährigen Führungskader der extremen Rechten Dieter Riefling hielt und 2017 noch umrandet von Schwarz-Weiß-Roten Fahnen ein Transparent hielt, das Freiheit für den verurteilten Holocaustleugner Horst Mahler forderte. Diedering wurde am Mittwoch auch zum stellvertretenden Ortsbürgermeister des Ortsteils Kochstedt gewählt.
Jedwede Behauptung der AfD, sich von der Rechten distanzieren zu wollen wird mit diesen Personalien lügen gestraft. Der Ortsverband der AfD in Dessau-Roßlau muss deshalb als neonazistisch infiltriert bezeichnet werden. [….]
Verständlicherweise sind insbesondere Juden in Deutschland, die seit dem schwarzen Schabbat unter rapide ansteigenden antisemitischen Angriffen leiden, im höchsten Maße alarmiert. Es scheint wieder loszugehen. Die AfD knüpft nun offen und stolz, wie Bernd Höcke an Hitler und die SS an.
[…..] Derweil berichtet die »taz«, in Sachsen verbündeten sich AfD-Politiker zunehmend mit Neonazis, Hooligans mit einem ähnlichen Weltbild und völkischen Gruppen. Das Blatt war auch in der Oberlausitz mit aufwändigen Recherchen beschäftigt. Auf kommunaler Ebene gehöre »der Schulterschluss mit dem Neonazismus längst zum Alltag«, berichtet das Blatt.
Am 22. Juni kam es demnach zu einer Sonnenwendfeier in der Oberlausitz. In Strahwalde (Landkreis Görlitz) kamen Rechtsextremisten zu dem festlichen Event zusammen. Der Verlauf der Feier habe an den Nationalsozialismus »angeknüpft«, so die »taz«. Nicht nur Rituale mit Fackeln seien Teil der Veranstaltung gewesen, sondern auch das Singen von Liedern der Hitlerjugend. Was die Feier bei Görlitz noch interessanter macht, aber eben auch alarmierender, ist dass die Feier auch von den AfD-Lokalpolitikern Robert Thieme und Thomas Christgen vorbereitet worden sein soll. Die AfD ist auch in Sachsen »gesichert rechtsextremistisch«. Die Partei wehrt sich stets gegen diese Einstufung des Verfassungsschutzes. Die Nähe von Mitgliedern zu Neonazis spricht allerdings eine andere Sprache.
Bei einem Ritual bei dem Fest wurde auf die »Deutsche Jugend« geschworen. Der »Löbauer Standartenführer Max Wünsche und all
die Ritterkreuzträger« wurden von den Teilnehmern geehrt. »Heil Sonnenwende« riefen sie mehrfach aus.
Das Ritterkreuz war ein Orden für Wehrmachtssoldaten, die »Tapferkeit vor dem Feind« zeigten. Max Wünsche war Ordonnanzoffizier
bei Adolf Hitler. Er befehligte die 12. SS-Panzer-Division »Hitlerjugend ».
Neben Robert Thieme, der unlängst für den Stadtrat in Zittau kandidierte, und Thomas Christgen, ein Mitglied des Stadtrates von Niesky, nahm auch der AfD-Politiker Frederic Höfer teil. Diese AfD-Männer feierten mit Mitgliedern der paramilitärischen Reichsbürger-Organisation »Vaterländischer Hilfsdienst Meißen », der »Wanderjungend Oberlausitz », der Jugendgruppe »Sturmvogel« und anderer rechtsextremer Gruppen. [……]
(Jüdische Allgemeine, 13.07.2024)
Anständige demokratische Parteien stellen sich in so einer Situation zu 100% schützend vor die Juden in Deutschland.
Nicht so CDU und CSU.
Wie schon CDU-Chef Armin Laschet, toleriert auch Parteichef Friedrich Merz antisemitische Tendenzen in der Ost-CDU.
Natürlich ist Hans-Georg Maaßen ein Antisemit und Verschwörungstheoretiker. Armin Laschet toleriert diesen Antisemitismus in seiner Partei.
CSU-Chef Markus Söder stellte sich in der Causa Aiwanger klar gegen den Zentralrat der Juden und alle Vertreter der Holocaustgedenkstätten auf die Seite des Hitler-Fans Aiwanger.
Im Falle Laurens Nothdurft in Roßau, ist es seine CDU-Amtsvorgängerin Müller, die dem Nazi die Hand reicht.
[…..] In einer geheimen Abstimmung zog der ehemalige Oberbürgermeister der kreisfreien Stadt, Klemens Koschig (Neues Forum) den Kürzeren, obwohl dieser bei der Kommunalwahl die meisten Stimmen bekommen hatte. Die bisherige Ortsbürgermeisterin Christa Müller von der CDU stand nicht mehr zur Verfügung, wollte Nothdurft aber zur Seite stehen. „Ich möchte noch gerne begleiten, was vor uns liegt und was angeschoben worden ist“, sagte Müller der Mitteldeutschen Zeitung. Was in Roßlau wie eine normale Amtsübergabe klingt, ist es in Wirklichkeit nicht: Nothdurft ist fest im Neonazi-Milieu verankert. […..]