Freitag, 24. April 2015

Made in Germany Teil II


Wer in einem Haus lebt, bei dem eine Schwammsanierung durchgeführt wird, der hat wirklich was davon.
Das ist ein Spaß.
Naja, wenigstens lerne ich nun gründlich alle Gewerke kennen, die es so gibt.
Das Handwerken der Handwerker ist dabei gar nicht das größte Problem. Richtig schwierig ist es sie dazu zu bringen. BTW: Ich mag Handwerker irgendwie nicht.
Aber noch doofer sind Architekten. Das sind teure und unnütze Schmarotzer, die man dafür bezahlt, daß man das wofür man eigentlich sie bezahlt doch selbst kontrollieren muß. Aber noch doofer sind Anwälte, die man dafür bezahlt, daß sie einem sagen, daß man sich doch mal lieber selbst drum kümmern sollte. Aber noch doofer sind Gutachter, die man dafür bezahlt, daß sie noch mal extra teuer, das aufschreiben, was einem der Anwalt schon zuvor gesagt hatte. Und die Allerdoofsten sind die Hausverwalter, die man einfach nur so bezahlt. Einfach dafür, daß sie da sind. Sie tun nichts und lassen sich grundsätzlich verleugnen, wenn man sie anruft. Auf Emails reagieren sie nicht und wenn man sie per Zufall doch einmal erwischt, sagen sie einem, daß das nun wirklich nicht ihre Aufgabe wäre.

Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen: daher nur ein paar Daten. Es handelt sich um ein sechsstöckiges Haus, dessen Wohnungen alle bewohnt sind. Hausschwamm wurde nach endlosen Monaten des Rätselns gutachterlich nachgewiesen im August 2013. Die Sanierungsarbeiten begannen im März 2014 und dauern derzeit noch an. Der Architekt hatte mit drei Monaten Bauzeit gerechnet. Im Spätsommer 2014 würde alles fertig sein.
Es handelt sich auch nicht gerade um technisches Neuland. Es ist nur aufwändig. Die Zimmer müssen ausgebaut werden, der Putz wird von den Wänden gekloppt, das Mauerwerk getrocknet und „geimpft“ und dann wird wieder rückgebaut: Maurer, Trockenbauer, Klempner, Elektriker, Tischler, Fliesenleger, Maler.
Theoretisch.
In der Praxis heißt es jeden Morgen aber erst einmal „nein, das geht nicht!“ oder „das lassen die Bauvorschriften gar nicht mehr zu“, oder auch „ich weiß ja nicht wer das hier mal eingebaut hat, aber fachgerecht ist das nicht; so kann man das nicht wieder einsetzen“.
Nach diesen Standardsätzen sind plötzlich alle wieder weg, weil sich keiner zuständig fühlt und natürlich wichtigere Baustellen rufen.
Es beginnt dann die immer gleiche Telefonkette aus Architekt (nicht zuständig), Anwalt (nicht zuständig) und Hausverwaltung (nicht zuständig – „wieso fragen sie nicht den Architekten?“).
Es tauchen so überraschende Fragen auf wie „Fenster? Ach sie wollen auch wieder Fenster eingesetzt haben? Da muß ich aber erst mal ein Leistungsverzeichnis erstellen.“
Wenn nach Wochen des Telefonierens, Mailens, Drohens, Schreiens, Schreibens und Diskutierens tatsächlich ein Handwerker arbeitet, lernt man den immer gleichen Habitus kennen: Kettenrauchen, Kippen werden grundsätzlich einfach auf dem Boden ausgetreten – auch wenn Teppich liegt, Radio auf 120 Dezibel und den peinlichsten Sender eingestellt, BILD-Zeitung, Cola und sehr eigenartige Klo-Gewohnheiten.
Handwerker kacken und pissen viel und gern.
Aus unerfindlichen Gründen nutzen sie dazu aber nicht gern diese größere Öffnung am Klo, sondern bevorzugen es daneben, auf den Rand oder den Fußboden zu koten und urinieren.
Sehr gefährlich wird der An- und Abtransport der Materialien. In unserem Fall wurde dazu ein Gerüst mit Lastenfahrstuhl gebaut und auf dem Flachdach zwischengelagert.
Natürlich wurde immer daran gedacht, möglichst viel der Teerpappe zu ruinieren. Lustig war auch die Idee ausgerechnet während des Orkans Niklas die sperrigen Teile hochzufahren, so daß einige Gerüststangen abgeschraubt werden mußte. Diese Stangen wurden dann feinsäuberlich am Rand des Daches in Position gelegt, so daß sie über Nacht wie Speere auf das drei Stockwerke tiefere Nachbardach schossen und dort die Decken in der Art durchbohrten, daß sie einen halben Meter ins Schlafzimmer der dortigen Bewohner schossen.
Gut, man hätte die losen Stangen auch gleich wieder anschrauben können, aber das wäre ja langweilig.
Handwerker lieben es Dinge kaputt zu machen.
Mobiliar sowieso, aber auch ganz gerne so etwas wie geflieste Böden, die eigentlich unkaputtbar sind.
Unnötig zu erwähnen, daß dann die Dinge, die sie eigentlich machen sollten so schlampig ausgeführt sind, daß wieder die Kette Architekt- Anwalt-Hausverwaltung-Gutachter losgeht. Das Ergebnis ist stets das gleiche: Schuld ist immer jemand anders.

Wenn ich von diesen drei simplen Hamburger Wohnungen nach anderthalb Jahren Planung und Bauzeit mal auf Projekte wie BER, Stuttgart21 oder Elbphilharmonie extrapoliere, verstehe ich vollkommen, daß so etwas nie fertig wird und mindestens das Zehnfache der ursprünglich geplanten Summe kostet.

Offenbar sind Deutsche einfach unfähig zu bauen. Es klappt nie.


Ich glaube noch nicht einmal, daß es an den handwerklichen Fähigkeiten liegt, sondern es ist eher die Koordinierung, die aus zu einem Teufelskreis aus Nichtzuständigkeit führt.
Kombiniert mit einer echten Nullbock-Haltung (70% der deutschen Arbeitnehmer befinden sich in innerer Immigration, haben seelisch schon gekündigt) ist das an allen Schnittstellen tödlich.
Keiner will es gewesen sein, keiner fühlt sich verantwortlich, keiner übernimmt die Initiative und dann ist eben erst man STOP.

Tja, liebes Deutschland – da sind andere Nationen längst vorbei gezogen.
In Asien klappen solchen Großbauten in Rekordzeit und kostengünstig.

Aber auch andere Europäische Länder sind Deutschland hoffnungslos überlegen. Die Olympiade in London 2012 erforderte den Neubau vieler Stadien inmitten einer dicht besiedelten Megacity. Aber die Bürger wurden so rechtzeitig informiert, daß es kaum Proteste gab, alles wurde pünktlich fertig und war sogar billiger als geplant.

Ein anderes Beispiel sind die Windparks in der Nordsee, die Deutschland dringend braucht. Aber auch da herrscht eine Kombination aus Arroganz, Unwissen und Unfähigkeit. Vor wenigen Monaten wurde das letzte unter deutscher Flagge fahrende Spezialschiff, das Windräder in den Nordseeboden rammte an China verkauft. Ein unerfahrener Energieriese (RWE) ließ zwei Schiffe von einer noch unerfahreneren Reederei mit Personal beschicken, welche auch nur aus unerfahrenen Leuten bestand. Man hätte natürlich mal nebenan in Holland, Dänemark oder England fragen können, wie man sowas macht, aber das tun Deutsche ja nicht, weil sie generell meinen alles besser zu wissen.
Theoretisch hätte auch eine Bundesregierung, die das Wort „Energiewende“ schon mal gehört hat, eingreifen können und in irgendeiner Form koordinieren können welche Windparks und welche Trassen wo gebaut werden müssen. Aber in Berlin tun auch alle so als ob sie nicht dazu gehören. Es gibt keinerlei Planungssicherheit, weil Öko-Taliban Seehofer sowieso alles blockiert.
Inzwischen gehören ALLE Schiffe, die Offshore-Windparks bauen können wieder Dänen und Briten. Die können das. Deutschland muß dann eben dort anklopfen, wenn sich rausstellen sollte, daß wir auch Windenergie nutzen wollen und nicht bloß irgendwelche Windrad-Attrappen ins Meer rammen, die eh nicht an Stromtrassen angeschlossen sind.

Wieder etwas bei dem Deutschland den Anschluss verpasst hat.
Hier können ja auch keine Mobiltelefone oder Fernseher gebaut werden. Das ist zu schwierig für den Teutonen.

Ein bißchen eigenartig wirkt es dann schon, wenn man angesichts des hierzulande üblichen Chaos‘ mal liest, wie solche Dinge anderswo wie am Schnürchen klappen.

Beispiel Bahn.
Hier ist das nur eine Lachnummer.
Züge kommen eben nur manchmal und dann auch meistens drastisch verspätet. Es gibt dafür vier Haupt-Problemursachen: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
Zu den Jahreszeiten klappt es leider nicht.
Vielleicht könnte ein fähiges Management da entgegen wirken, aber statt Fachleuten werden lieber ausgemusterte Ex-Politiker wie Pofalla oder Wiesheu für siebenstelliges Jahresgehalt in den Bahnvorstand geschickt.

Und nun bitte alle mal weinen:

[…..] Anderen Völkern fällt nicht immer Gutes zu Deutschland ein, aber wenn, dann dies: Präzision, Geschwindigkeit, Pünktlichkeit. Außenstehende Beobachter halten Deutschland in diesen Disziplinen für unschlagbar. Bleibt für Deutschland zu hoffen, dass diese Menschen nie nach Japan reisen und dort mit einem der Hochgeschwindigkeitszüge fahren. Die angeblichen deutschen Tugenden sind hier perfektioniert.
Die Züge werden umgangssprachlich als Shinkansen bezeichnet, ein Name, der eigentlich das für sie entwickelte Schienennetz beschrieb. Sie halten auf den Zentimeter und die Sekunde genau. Sie beschleunigen in der Regel aus dem Bahnhof heraus sofort auf ihre Höchstgeschwindigkeit, die je nach Baureihe zwischen 270 und 320 km/h liegt. Während der Zug losdonnert, betritt ein Steward das Abteil, begrüßt die Fahrgäste, verbeugt sich, kontrolliert die Tickets, und dann kehrt, wie in Japan selbst in überfüllten U-Bahn-Waggons üblich, Ruhe ein. Viele der Hightech-Züge sind auch noch leiser als ein deutscher ICE.
Und jetzt hat ein neues Magnetschwebe-Modell der Zugfamilie, das derzeit noch getestet wird, eine Geschwindigkeit von 603 km/h erreicht. Das ist ein weltweiter Rekord und 153 km/h schneller, als der schnellste deutsche Magnetschwebezug im Testbetrieb je fuhr. […..] Um eine Magnetschwebebahn auf über 600 km/h zu beschleunigen, müssen mehr als nur die Weichen an der Strecke korrekt gestellt sein. […..] Die schnellen Züge fahren auf baulich vom Rest des Netzes getrennten Gleisen. Gleise, die "durch einen vorherfahrenden Zug noch belegt" sind, gibt es schlicht nicht.   Innerhalb der Bahnhöfe trennen oft Zäune und Scheiben die Passagiere von den Zügen. Bleiben sie geschlossen, kann ein Zug mit Höchstgeschwindigkeit durch ein Provinznest donnern. Auf die Idee, jeden ICE in Montabaur anhalten zu lassen, würden Japaner eher nicht kommen. Nichts kostet mehr Zeit als das Abbremsen eines schnellen Zuges, selbst dann, wenn der Halt nur "a brief stop" ist, wie Passagiere im Shinkansen traditionell per Durchsage zur Eile ermahnt werden.
[…..] Tödliche Unfälle gab es noch nie, selbst bei Erdbeben hat die Sicherheitstechnik stets funktioniert. […..]