In der
Geschichte der Europäischen Union wurde erst dreimal eine Europäische
Ehrenbürgerwürde verliehen.
1976 an Jean
Monnet, 1998 Helmut Kohl und 2015 Jacques Delors.
Die
beiden Franzosen wurden zweifellos zu Recht geehrt. Weswegen Kohl derartig
ausgezeichnet wurde, erschließt sich mir nicht.
[….]
Verboten war die Annahme nie - aber sehr
verpönt. Senator Godeffroy trug 1878 einen Orden des Zaren - und verlor alle
Titel.
Hamburg. Der eine
heftet ihn sich freudig ans Revers, um's auf stolz geschwellter Brust glitzern
zu lassen. Der andere nimmt dankend an, lagert das gute Stück jedoch daheim -
zur persönlichen Erbauung. Wieder andere bezeichnen Orden als
"Hundemarken" oder "flitterhaften Prunk" und lehnen den
ganzen "Kokolores" rigoros ab. Gerade in Hamburg ist mit ausgezeichneten
Ehrungen nur schwer Staat zu machen. Weil Hanseaten, so heißt es von jeher,
keine Orden annehmen - oder annehmen dürfen.
Klingt irgendwie gut.
Stolz und erhaben, frei und unabhängig. Und ganz im Sinne des bürgerlichen
Geistes unserer Verfassung: "Es gibt über dir keinen Herrn und unter dir
keinen Knecht." Es entspricht traditionell geübter Praxis, dass die
Annahme von Adelsprädikaten und Orden bei Bürgermeistern, Senatoren,
Bürgerschaftsabgeordneten und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes zumindest
verpönt ist. [….]
Die
ehemaligen SPD-Bundeskanzler baten in Interviews immer darum nicht mehr mit (der
formal korrekten) Anrede „Herr Bundeskanzler“ bedacht zu werden. Auf die
Gegenfrage wie man sie denn anzusprechen habe, hieß es stets lapidar „ich bin
Herr Schmidt“ oder „ich bin Herr Schröder“.
Konservative
Südländer sehen das natürlich anders und behängen sich nur zu gern mit Auszeichnungen
und Ehrenbekundungen.
Nachdem
Kohl nicht mehr Bundeskanzler war und sich im Spendensumpf allerlei Fragen
stellen mußte, reagierte er trotzig nicht auf Reporter, die „Herr Kohl….“ anstimmten
und stellte fest „hier gibt es keinen Herrn Kohl, nur einen Bundeskanzler Kohl
oder einen Herr DOKTOR Kohl!“.
Im
Bundeskabinett führte Kohl das einseitige Duzen ein. Er duzte alle und wurde
umgekehrt konsequent gesiezt.
Sein treuer Fahrer und Freund Ecki Seeber, der ihm 50
Jahre lang rund um die Uhr diente, nennt ihn noch posthum ehrfürchtig „Doktor
Kohl“.
Ich
erinnere mich noch an verwirrte Blicke aus meiner Uni-Zeit, wenn Professoren
oder Dozenten von ortsfremden Studenten als „Doktor Schulze“ oder „Professor
Meier“ angeredet wurden, weil das so unüblich war.
Es ist
100 Jahre nach der Abschaffung des Adels absurd Respekt durch Titelnennung zu
bekunden, statt Menschen grundsätzlich respektvoll zu behandeln. So wurde es
mir als Kind beigebracht; behandele die Putzfrau genauso höflich und
respektvoll wie den Chefarzt.
Nun ja,
offensichtlich ist es auf großpolitischer Ebene noch Usus sich gestelzter
auszudrücken. Die altertümlichen Ehrenverleihungen wie Orden am Bande, mit
Schleife, Ehrendoktorwürde oder Ehrenbürger-Stellungen dienen allerdings nicht
nur dazu eine bestimmte Person über andere zu erheben, sondern man kann dadurch
auch politische Beziehungen zu anderen Nationen oder bestimmte Konzepte stärkten.
Als
öffentlich bekannt geworden war, wie korrupt und kriminell Kohl gehandelt
hatte, bat der damalige CDU-Vorstand ihn devot darum doch seinen
CDU-Ehrenvorsitz „ruhen zu lassen“.
Der
Ex-Kanzler war darüber so empört, daß er den Ehrenvorsitz sofort ganz in die
Tonne trat und hegte bis zu seinem Tod knapp 20 Jahre später einen derartigen
Groll auf Schäuble und Merkel, daß er offensichtlich alles dafür tat, um zu
verhindern, daß die Bundeskanzlerin bei seiner Beerdigung sprechen darf.
Die
politische Ehrerei ist ohnehin etwas albern, aber absurd wird sie durch die
Endgültigkeit der Auszeichnungen.
Man
müßte Ehrenbürgertum und Orden wesentlich besser evaluieren und bei
Zuwiderhandlung entziehen.
Ein Kohl
hätte längst nicht mehr EU-Ehrenbürger sein können, nachdem offiziell bekannt
war wie korrupt er war und wie er mit rechtsradikalen Antisemiten wie Viktor Orbán paktiert,
die Europa kaputt machen.
Während
Maike Kohl-Richter noch versuchte Orbán als Trauerredner bei dem EU-Staatsakt
zu gewinnen, legte dieser nach und zeigte seinen Rassismus und Antisemitismus
von der widerlichsten Seite.
[…..] Viktor Orbán fischt am extrem rechten Rand:
Der Premier würdigte Miklós Horthy als "Ausnahmestaatsmann". Dabei
war Hitlers Verbündeter für schwere Verbrechen mitverantwortlich.
Er war ein erklärter
Antisemit und lange Zeit treuer Verbündeter Adolf Hitlers. Er unterzeichnete
zahlreiche spezifisch antijüdische Gesetze. Und er war mitverantwortlich für
die Deportation von rund 600.000 ungarischen Juden in deutsche
Vernichtungslager: der Reichsverweser Miklós Horthy, Ungarns autoritäres
Staatsoberhaupt der Zwischenkriegszeit. Ihn offen zu verherrlichen, wagte der
ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán bisher nicht. Doch dieser Tage nannte
er Horthy einen "Ausnahmestaatsmann". Es war kein Ausrutscher: Trotz
heftiger Kritik in Ungarn und im Ausland bekräftigte Orbán nun ausdrücklich,
dass er an seiner positiven Einschätzung Horthys festhalte.
[…..] Der Verband der jüdischen Gemeinden Ungarns
(Mazsihisz) und der Jüdische Weltkongress (WJC) kritisierten Orbáns Bemerkung
über Horthy scharf als "Verherrlichung eines Hitler-Verbündeten".
"Horthys Verantwortung am Tod von 600.000 ungarischen Juden steht für uns
außer Frage", heißt es in einer Stellungnahme von Mazsihisz.
Außerdem sei Horthy
für den Tod Zehntausender ungarischer Soldaten verantwortlich, da Ungarn auf
seinen Befehl hin am Krieg gegen die Sowjetunion teilgenommen habe. Auf diese
Kritik angesprochen sagte Orbán am vergangenen Freitag am Rande des EU-Gipfels:
"Ich habe meine Rede auf das Genaueste formuliert und stehe zu jedem ihrer
Worte." Auch Orbáns Kanzleiminister János Lázár würdigte Horthy als
"großen Patrioten" und als "ehrbaren, durch und durch
rechtschaffenen Militär".
[…..]
Nicht
nur gehören Kohl die Ehrentitel posthum entzogen, sondern die EU muß endlich
auch gegen Polen und Ungarn vorgehen.
Während
Präsident Macron schon nach wenigen Tagen im Amt klare Rügen erteilte und
genauso klar zu den liberalen Werten Europas stand, brachte Merkel so eine
Positionierung in 12 Jahren nicht fertig.
Orbáns
rechtsradikale Fidesz-Partei ist auch nach wie vor Mitglied in Merkels EVP,
deren Fraktionsvorsitzender Manfred Weber (CSU) allerdings selbst einen
erklärten Orbán-Fan als Parteivorsitzenden hat.