Samstag, 8. Juni 2024

Ganz düstere Zukunft

Was mich am allermeisten an all den Katastrophen, die derzeit über uns hereinbrechen stört, ist deren Vorhersagbarkeit.

Klimawandel, Endlichkeit der fossilen Ressourcen, Überbevölkerung, Verteilungskämpfe – all das wird seit Jahrzehnten prognostiziert. Auch Hungersnöte, Massenfluchtbewegungen und Pandemien, oder das Problem der sagenhaften Konzentration von Reichtum und entsprechender Macht bei wenigen Individuen, sind so überraschend, wie das Amen in der Kirche.

Dennoch wird das alles weitgehend tumb ausgesessen.

Den Politikern mangelt es an Willen und Mut, so zu handeln wie es notwendig wäre, um die menschlichen Lebensgrundlagen zu erhalten. Es fällt aber schwer, ihnen dieses tödliche Megaversäumnis vorzuwerfen, denn schließlich gibt es Parteien und Politiker, die den Wählern die entsprechenden Angebote machen.

Das nützt nur nichts, weil der socialmediotische Urnenpöbel das nicht honorieren will.

‚Klimapolitik, Hochwasserschutz? Wozu denn der teure Unsinn‘, dachten sich die bayerischen Wähler am 08.10.2023 und wählten mit Zweidrittel-Mehrheit rechtspopulistische Petromaskulinäts-Parteien. Die Quittung folgte auf dem nassen Fuße. Dennoch stapft Markus Söder ungeniert in Gummistiefeln durch seine gefluteten Lande und man hasst gemeinsam die Grünen.

[….] Wissenschaftsgläubige Meteorologen warnen bereits seit Jahrzehnten vor solchen Pfingstereignissen als Folge zunehmender Erderwärmung. Bevor ich wieder Zuschriften erhalte, dass es den Klimawandel so wenig gibt wie Bielefeld und dass der eh nicht menschengemacht sei: Das Frühjahr 2024 war mit 3,1 Grad Plus warm wie nie, und wärmere Luft speichert mehr Wasser! Hat also doch nicht Bill Gates dieses Hochwasser gemacht, sondern die Physik? Und stehen am Rande des Hochwassers gar dafür Mitverantwortliche? Ganz vorn Markus Söder, der Meister des Hüah und Hott bei Windkraft, Monstertrassen oder zweimaligem Atom-Aus- und Einstieg. Sehet, er verspricht Flutopfern Soforthilfen und regt die Elementarversicherung an, die ihm zu Grokozeiten nie einfiel.   [……]

(Hans Well, 07.06.2024)

Der Klimawandel kommt nicht irgendwann mal später, sondern ist mit dramatischen, tödlichen Folgen längst da und beißt auch den Deutschen in den Arsch.

[….] Den zwölften Monat in Folge ist es auf der Erde im Monatsmittel so heiß wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen. Das meldet der EU-Erdbeobachtungsdienst Copernicus auf Grundlage neuer Daten für den Mai. Demnach lag die globale Durchschnittstemperatur im vergangenen Monat 0,65 Grad Celsius über den bereits relativ hohen Mittelwerten von 1991 bis 2020. Seit Juni 2023 waren alle Monate die jeweils wärmsten seit Beginn der Messungen. „Es ist schockierend, aber nicht überraschend, dass wir diese zwölfmonatige Serie erreicht haben“, wird Carlo Buontempo, Chef des Klimadienstes von Copernicus, in einer Mitteilung zitiert. Irgendwann werde die Abfolge von Rekorden unterbrochen, „aber die allgemeinen Anzeichen des Klimawandels bleiben bestehen, und es ist keine Änderung dieses Trends in Sicht. Zeiten und Rekorde, wie wir sie jetzt erleben, sind beispiellos“.

Laut den Copernicus-Daten war es im Mai auf der Erde 1,52 Grad Celsius wärmer als zu vorindustriellen Zeiten im 19. Jahrhundert. Bezogen auf die vergangenen zwölf Monate beträgt die Abweichung sogar 1,63 Grad.

Im Pariser Klimavertrag hatte die Staatengemeinschaft 2015 vereinbart, die Erderwärmung bis zum Ende des 21. Jahrhunderts möglichst auf unter 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Dass diese Grenze bislang nicht als gerissen gilt, liegt daran, dass der zehnjährige Durchschnitt der globalen Temperaturen als maßgeblich gilt. Diesem zufolge hat sich die Erde bislang global um etwa 1,19 Grad erwärmt, verglichen mit dem vorindustriellen Zustand.

Dennoch ist die Hoffnung, das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, kaum noch realistisch. Laut einer aktuellen Studie zum Stand des Klimawandels dürften nur noch etwa 200 Milliarden Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO₂) in die Atmosphäre gelangen, um das 1,5-Grad-Ziel mit einer zumindest 50-prozentigen Chance zu erreichen. Werden weiter so viele fossile Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas verbrannt wie bislang, sei dieses Budget jedoch schon in etwa fünf Jahren aufgebraucht, so der „Indicators of Global Climate Change“-Bericht weiter. [….]

(SZ, 05.06.2024)

Die Wähler verschließen aber fest ihre Augen vor der Realität, halten sich von Rot und Grün fern, wählen stattdessen lieber diejenigen, die mitten in den Fluten stehend, erklären: „weil jetzt ein solcher Tag ist, ändert man nicht seine Politik“ (Laschet), „Damit konnte niemand rechnen“ (Söder), „so ein Flutpolder wird ja nur höchsten alle 100 Jahre geflutet“ (Aiwanger), und „die Welt geht nun in der Tat morgen nicht unter“ (Merz). No hope fort he human race.

[….] Jetzt kommen wir zu Bayern. Ich möchte hier ein Zitat aus Bayern bringen.

„Hier entstehen Ereignisse, die es vorher nicht gab. Damit konnte auch oder hat keiner … gerechnet.“

Hochwasserereignisse: 2011 Oberelbe in Sachsen, 2013 55 Landkreise in Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt überschwemmt, 2016 Simbach am Inn, 2017 Hochwasser im Harz, 2018 Hochwasser in Bayern und Baden-Württemberg, 2021 Flutkatastrophe im Ahrtal, Juni 2024: 30 Stationen in Bayern melden Niederschläge, wie sie sonst nur alle 50 oder 100 Jahre vorkommen. – Damit konnte niemand rechnen? Herr Söder, CSU, wollen Sie uns verarschen?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Na, na, na, na! – Peter Beyer [CDU/CSU]: Das ist Ihre Kinderstube offenbar! – Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU]: Ganz ruhig bleiben! – Karsten Hilse [AfD]: Wenn wir Windräder gebaut hätten, hätte es diese Flut nicht gegeben! Super!)

– Nein, ich stelle diese Frage. Ich glaube, auch hier soll die Dreistigkeit über den Schaden hinwegtäuschen. Aber die Wahrheit ist, dass in Bayern beim Hochwasserschutz gekürzt wurde.

Hier noch ein Zitat von Herrn Aiwanger. Er wollte diese Flutpolder nicht haben, und zwar in den Landkreisen, die jetzt betroffen sind. Er sagte, die Polder seien teilweise überflüssig und auch viel zu teuer, „weil so ein Polder ja nur alle hundert Jahre mal geflutet wird“. – Das ist die Wahrheit. Die Regierung von Bayern hat den Bevölkerungsschutz vernachlässigt.  [….]

(Rede von Lisa Badum Aktuelle Stunde „Klimaziele“, Bundestag, 06.06.2024)

Nein, der deutsche Michel will nicht hören und rennt lieber mit voll Karacho gegen die Wand.

Handlungsbedarf in der Klimapolitik? Nicht mit dem deutschen Urnenpöbel, der lieber auf die "Klimakleber“ schimpft; Sozialdemokratische und Grüne Wahlkämpfer verprügelt.

[….] So früh im Jahr haben die USA noch nie eine solche Hitzewelle mit Rekordtemperaturen erlebt: In Las Vegas wurden am Donnerstag 44 Grad Celsius gemessen. Bibliotheken wurden in Orte zum Abkühlen umgewandelt, einige Veranstaltungen mussten nach drinnen verlegt werden. Noch bis Samstag gilt in der Casino-Metropole im Bundesstaat Nevada eine Warnung vor übermäßiger Hitze. In Nevada und in den Bundesstaaten Kalifornien, Arizona, New Mexico und Texas wurden in dieser Woche Millionen Menschen angesichts der Hitze gewarnt. [….] Im Death Valley wurden den Angaben zufolge 50 Grad Celsius gemessen. Bei einer Kundgebung von Ex-Präsident Donald Trump in Arizona wurden fast ein Dutzend Menschen mit Hitzeerschöpfung in Krankenhäuser gebracht, wie Vertreter der Feuerwehr einem örtlichen Fernsehsender sagten. [….] Auch andere Weltregionen melden in diesem Frühjahr Temperaturrekorde. Auf den Philippinen wurden Ende April wegen extremer Hitze die Schulen geschlossen, in Thailand warnten die Behörden die Bürger davor, sich im Freien aufzuhalten. In Indien ist die höchste je im Land gemessene Temperatur festgestellt worden: Nach Angaben der nationalen indischen Wetterbehörde IMD wurden in Mungeshpur, einem Vorort in der von einer Hitzewelle heimgesuchten indischen Hauptstadtregion Delhi, Ende Mai 52,3 Grad Celsius registriert. [….]

(SPON, 08.06.2024)

Wir Menschen, insbesondere im reichen, freien Deutschland, zeigen eindrucksvoll, wie wir intellektuell und moralisch an der Welt scheitern.

[……] Es ist nicht so, dass die Leute in Deutschland nicht auf der Palme sind. Aber es ist fast immer die falsche Palme. Es wurde in den vergangenen Jahren so viel gewütet, getobt, sich empört und fassungslos gefühlt, dass es inzwischen ein neues Phänomen zu geben scheint, das man Erregungsverirrung nennen könnte. Die wirklichen Gefahren werden zugunsten von Scheingefahren vernachlässigt.

Anstatt die großen weltweiten Konfliktlinien mit analytischer Nüchternheit zu beschreiben, ziehen Politiker, Social-Media-Lautredner und Talkshow-Philosophen lokale Gefechtsgräben auf. Aus einer Gruppe von fast noch jugendlichen Studenten, die auf dem Campus der Berliner Humboldt-Universität ihre – oft fern der politischen Vollständigkeit liegenden – Palästina-Protestparolen absingen, wird gleich eine wirkmächtige Hassbewegung gegen Israel gemacht. Und die Präsidentin der TU, Geraldine Rauch, wurde aufgefordert, ihren Posten zu räumen, weil sie einen Tweet gelikt hatte, der antisemitische Ressentiments bedient. Vermutlich aus Dämlichkeit oder weil sie nicht genau gelesen hatte. Das ist keinesfalls eine Bagatelle für eine Universitätsrektorin, die wissen muss, was sie verbreitet – aber ein Riesenskandal?

Welchem demokratischen Geist ist mit dieser ewigen Hausmeisterei gedient? Welche pädagogische Wertschöpfung soll aus der gnadenlosen Dauerverurteilung gehoben werden? Und warum mischt sich eigentlich der Regierende Bürgermeister in Angelegenheiten des Universitätsbetriebes ein? [….]

(Hilmar Klute, 07.06.2024)