Montag, 15. April 2013

Deswegen SPD – Teil II

 Zu Beginn dieser lockeren Reihe versuchte ich die Ausgangslage zu schildern. Das publizistische Jaucheloch, in dem die Sozis stecken.

Der gestrige Parteitag ist, bedenkt man die Umstände, optimal gelaufen. Immerhin begeisterten sich die Genossen selbst.
Empfehlenswert ist es die 80-Minuten-Rede des Spitzenkandidaten anzusehen/anzuhören, bzw zu lesen. Ein Regierungsprogramm 2013-2017 mit viel vernünftigem Inhalt gibt es auch.
Praktischerweise findet man im Jahr 2013 all die Informationen online.
Die SPD wird für ein neues soziales Gleichgewicht kämpfen – gegen Turbokapitalismus und die Ego-Gesellschaft der FDP. Denn nur wenn die Gesellschaft gerecht ist, kann das Land auch wirtschaftlich erfolgreich sein. Mehr dazu steht im aktuellen Info der Woche.

Mit dem erfolgreichen Parteitag in Augsburg startet jetzt die SPD kraftvoll mit den eigenen Themen in den Wahlkampf. Das beschlossene SPD-Regierungsprogramm gibt es seit heute auf spd.de. Deutschland besser und gerechter regieren – das Signal von Augsburg.

Dazu haben wir dir Impressionen, Stimmen der Delegierten und die wichtigsten Reden hier zusammengefasst.
Während die CDU-Strategen bange auf den Gründungsparteitag der „AfD“ blicken und darüber rätseln wie viele Stimmen ihnen die rechten Europafeinde abnehmen könnten, entdeckt mancher Journalist schon wieder kleine Hoffnungsschimmer über dem Sozi-Horizont.
Wie kann Steinbrück in dieser Lage doch noch Kanzler werden?   Eine Antwortmöglichkeit leitet sich aus der Koalitionsarithmetik ab. Denn danach sieht es gar nicht so deprimierend aus für die Sozialdemokraten, jedenfalls dann, wenn man sich die Umfragen genauer betrachtet.

    Mehr als 15 Prozentpunkte Abstand zwischen den beiden großen Parteien wirken auf den ersten Blick immens, vielleicht sogar uneinholbar. Wichtig zu wissen ist allerdings, dass Steinbrück und die SPD ja gar nicht stärker werden müssen als die Union. Sie müssen nur eine Mehrheit zustande bringen - und dafür sind die Chancen durchaus gegeben.

    Im für die Sozialdemokraten günstigsten Fall scheitert die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde und die Linken kommen mit fünf oder sechs Prozent nur knapp in den Bundestag. Genau das prognostiziert zum Beispiel jetzt schon die ZDF-Umfrage. Wenn die "sonstigen Parteien" dann gemeinsam auf etwa sieben Prozent kommen, würden SPD und Grünen zusammen etwa 45 Prozent der Stimmen reichen, um die nächste Regierung zu bilden. (Beispielrechnung: 100 Prozent minus 4,5 Prozent für die FDP minus 7 Prozent für die Sonstigen = 88,5 Prozent geteilt durch 2 sind gleich 44,25 Prozent). Derzeit liegt Rot-Grün, wenn man die Anteile beider Parteien addiert, bei 41 Prozent. Demnach trennen Steinbrück von einer Kanzlerschaft also nur knapp vier Prozentpunkte. Vier Prozentpunkte, die Steinbrück mit seiner SPD nicht einmal allein gutmachen muss: Er darf auch noch darauf hoffen, dass die Grünen möglicherweise noch etwas zulegen.

[… ]   160 Tage sind noch eine lange Zeit. Auch 2005 sah es für die Sozialdemokraten alles andere als gut aus, doch damals schaffte es Gerhard Schröder, die SPD innerhalb weniger Wochen dank seines Charismas und seiner Raufbold-Attitüde noch von 24 Prozent in den Umfragen auf das spätere Wahlergebnis von 34,23 Prozent zu hieven. Gelänge Steinbrück eine nur halb so fulminante Aufholjagd, er würde wohl Kanzler werden. […]

Viel dürfte schließlich zum Beispiel vom Kanzlerduell abhängen, das einige Wochen vor dem Wahltermin live im Fernsehen übertragen wird. Hier müsste der SPD-Kandidat versuchen, die Kanzlerin inhaltlich zu stellen und zu einer klaren Aussage zu zwingen.
Peer Steinbrück mag mit einem wenig professionellen PR-Team zusammenarbeiten.
Aber wenn er die Möglichkeit bekommt sich endlich auch mal inhaltlich mit Merkel zu duellieren, dürfte sich der Himmel aufhellen, da der Kanzlerin dann nur die Option Flucht bliebe.
Herdprämie, Frauenquote, Mindestlohn, Staatsbürgerschaftsrecht, Homoehe, Steuerchaos – in all diesen Themenfeldern steht Merkel so nackt da, daß noch nicht einmal ihre Armee aus wohlgesonnenen Journalisten es schönschreiben können.
Auch die Merkel-Experten und Merkel-Fans wissen nach acht Jahren Kanzlerschaft nicht wofür die CDU-Chefin steht.
Um seine Anhänger zu begeistern braucht man keine Inhalte.
 Das hat niemand besser als Karl-Theodor von und zu Guttenberg bewiesen, der 80%-Sympathiewerte erreichte. Aber selbst seinen größten Fans, die zu seinen Auftritten strömten, konnten auf Nachfrage beim besten Willen nicht eine einzige politische Position nennen, für die der gegelte Baron stand.
Der Zustimmungspopanz, den Merkel mühsam aufgeblasen hat, könnte aber schnell in sich zusammensacken, wenn sie nicht wie anno 2009 von Steinmeier freundlich unverbindlich angesprochen wird, sondern wenn jemand wie Steinbrück sie auf konkrete Punkte festnagelt.

Die SPD sollte die nächsten 160 Tage nicht damit verbringen jammernd vor jedem hämischen Pressekommentar einzuknicken, sondern offensiv ihre Programmpunkte hinausschreien, bis jeder Wähler weiß, welche klaren Unterschiede es zur Noch-Koalition gibt.