Donnerstag, 30. November 2017

Vieles spricht für Forsa



Die 1984 in Berlin von Manfred Güllner gegründete „Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH“ ist eins der fünf großen Demoskopie-Institute in Deutschland.
Mit seinen gut 60 Festangestellten beliefert Güllner insbesondere den Bertelsmann-Konzern, der frische Forsa-Zahlen wöchentlich bei seinen Ablegern STERN und RTL verbreitet.

Forsa-Zahlen erscheinen also sehr oft – insbesondere im Vergleich zum konservativen Dino der Branche, Allensbach.
STERN und RTL sind jedem bekannt und bei Wahlen stellt sich immer wieder heraus, daß Güllners Daten tatsächlich innerhalb der ausgewiesenen Fehlergrenzen korrekt sind.



 
Forsa liefert eine Menge Zahlen; sie erscheinen u.a. auch wöchentlich in der „Berliner Zeitung“, so daß man oft Passende findet, um seine eigene parteipolitische Interpretation zu untermauern.

CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke, Piraten. AfD

Zweifelt jemand die Zahlen an, lässt abfällig den „Umfragen sind keine Wahlergebnisse!“-Spruch fallen, kann man auf die Treffsicherheit Güllners verweisen.
Passen einem seine Zahlen nicht, weil die eigenen konservativen Parteien zu schlecht sind, betont man abschätzig die SPD-Mitgliedschaft des Forsa-Chefs. So einer müsse ja CDU und FDP schlecht aussehen lassen.
Sehen die SPD-Zahlen zu niedrig aus, argumentiert man hingegen, Güllner sei ein alter Schröder-Freund und mit der heutigen SPD-Führung bekanntermaßen zerstritten.

In Bayern misst Forsa nur alle ein, zwei Monate die politische Landtagsstimmung. Die CSU stören die Zahlen aus Berlin ganz erheblich.
Nach dem Motto „Traue keiner Umfrage, die du nicht selbst gefälscht hast“ werfen Scheuer, Söder und Co in dem Fall selbstverständlich die SPD-Mitgliedschaft Güllners auf den Markt.
So geht es ja nicht, daß Sozen sich zu bayerischen Belangen äußern. Das sei „stümperhaft und unprofessionell“.
Horst Seehofer hält sich ein eigenes Demoskopie-Institut, welches oft direkt für seine Staatskanzlei arbeitet und die CSU in rosigerem Licht darstellt.

(….)  Dieser Manfred Güllner, immerhin SPD-Mitglied, wird an der SPD-Basis gehasst, weil seine FORSA-Prognosen immer besonders schlechte Sozi-Werte zeigen.
OK, bei den letzten drei Bundestagswahlen lag er zwar näher an den realen Ergebnissen, aber was schert uns die schnöde Realität, wenn sie sich nicht der eigenen Sicht anpasst.

Jetzt geht Forsa allerdings zu weit und wagt sich an Landtagswahlumfragen in Bayern, die nicht die CSU-Lesart stützen, nach der Seehofer dort wegen seines scharfen Antiflüchtlingskurses die absolute Mehrheit halte und die AfD diminuiere.
Stattdessen melden Güllners Leute 40% für die CSU! (SPD 16%, Grüne 14%, AfD 10%)

Herrgottsakrakruzitürken, es kann doch nicht sein, was nicht sein darf.

Die CSU-Spitze reagierte verärgert und attackierte anschließend den Meinungsforscher: "Bei allen seriösen Umfrageinstituten liegt die CSU seit vielen Monaten und auch zeitgleich stabil um 48 Prozent", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer auf Anfrage. Güllner mache mit Forsa keine Umfragen, sondern Stimmung. "Sowas überhaupt zu veröffentlichen, ist stümperhaft und unprofessionell."
CSU-Chef Horst Seehofer sagte, er nehme die Umfrage nicht ernst. "Politische Kundgebungen von Herrn Güllner sehe ich immer sehr gelassen."

Verdammter Güllner.
Eigentlich macht fast nur die GMS Umfragen in Bayern und die ergeben in den letzten Monaten stets 48% für die CSU.
Die GMS - Gesellschaft für Markt- und Sozialforschung – ist in den Augen Seehofers viel seriöser.

Wenn die CSU eine Umfrage braucht, dann steht GMS bereit. […]
Wer wissen will, wie der Bayer so tickt, der findet in Helmut Jung vom Hamburger Meinungsforschungsinstitut GMS einen Kenner. […] In der Affäre um CSU-orientierte Meinungsumfragen der bayerischen Staatskanzlei, für die der Steuerzahler aufkommt, nimmt Jungs Meinungsforschungsinstitut eine Schlüsselrolle ein. Bei GMS sind jene umstrittenen 108.000 Euro teuren Studien in Auftrag gegeben worden, die Anleitungen enthalten, wie die CSU den politischen Gegner kleinhalten kann. Im Umgang mit dem Koalitionspartner FDP rät die Studie aus dem Jahr 2008 sogar dazu, den Konflikt zu suchen.
Regierungs- und Parteichef Horst Seehofer findet daran nichts Verwerfliches. […] Die Frage, ob es sein könne, dass ein Meinungsforscher ohne Auftrag politische Analysen liefert, führt tief ins Innenleben von Partei- und Regierungsarbeit - und schließlich zu der Erkenntnis, dass die CSU das lange Zeit sowieso als Einheit betrachtet hat. Und Jung hat davon in besonderer Weise profitiert.
Sowohl die CSU, die parteinahe Hanns-Seidel-Stiftung als auch die Staatskanzlei haben nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung über viele Jahre hinweg regelmäßig bei Jung Expertisen in Auftrag gegeben. In der Partei gilt er als "Haus- und Hof-Demoskop der CSU", berichtet einer aus der Führungsspitze, der ihn vor etwa 20 Jahren kennengelernt hat. Ein Sprecher der Staatskanzlei gibt an, dass die Regierungszentrale seit 1997 mit dem Meinungsforscher zusammenarbeitet. […]

Die Forsa-Zahlen können gar nicht stimmen, denn nur die absolute CSU-Mehrheit in Bayern gilt Seehofers Jungs als schlagkräftiges Argument gegen die CDU in der Flüchtlingsfrage.
Und wieso sollten die bayerischen Wähler auch nicht die grandiosen CSU-Politiker mit einer absoluten Mehrheit ausstatten? (….)

Nachdem sich Söder und Seehofer aber auch offener Bühne bekriegen, der CSU-Chef in eine zweijährige Pöbelorgie mit der CDU-Chefin verstrickt war, passierte allerdings bei der Bundestagswahl Ungeheuerliches.
Es brachen echte CSU-Zahlen über die Staatspartei herein, die man nicht auf „stümperhafte und unprofessionelle“ SPD-Institutsleiter schieben konnte.

(…..) In Westdeutschland erzielte die AfD ihren größten Zugewinn in Bayern.
Die AfD gewann in Bayern seit 2014 ungeheuerliche 632.594 Wählerstimmen hinzu und holte mit 12,4% ihr bestes Ergebnis aller westdeutschen Bundesländer. Den größten Absturz gab es im Wahlkreis Ingolstadt, der Heimat Seehofers, mit Einbußen von 13,9 Prozentpunkten.
Wenn das in dem Bundesland passiert, dessen Regierungschef sich so brutal und unversöhnlich wie niemand anders gegen Merkels Flüchtlingspolitik stellte, bestätigt das die simple Regel „man wählt lieber das Original“. (….)

Dobrindt und Scheuer backen nun kleinere Brötchen, trauen sich nicht mehr mit stolzgeschwellter Brust auf FORSA einzuprügeln.
Möglicherweise haben sie dazu auch keine Zeit, weil der Crazy-Horst-Nachfolgestreit voll entbrannt ist.

[….] Herrmann oder Söder? Die CSU erwartet auf jeden Fall eine Katastrophe
Denn egal wer den Zweikampf gewinnt, von der absoluten Mehrheit im Landtag kann sich die Partei so gut wie sicher verabschieden. Welche Szenarien jetzt denkbar sind. [….]

Forsa misst die CSU jetzt in der Landtagswahl-Sonntagsfrage mit 38%.
Eine Katastrophe.
Insbesondere, da die beiden knochenkonservativen CSU-freundlichen Institute INSA und GMS noch unfreundlicher sind.


Wie redet sich Scheuer diesmal raus?