Trump,
die CSU, Wilders, Spahn, Höcke und viele andere sehen sich selbst als Maßstab
für die Gesellschaft.
Alle
sollen so sein wie sie, oder zumindest danach streben.
Das Land
soll von einer homogenen und loyalen Gesellschaft getragen
werden.
In so
einer Welt sind kritische Medien Feinde oder Fake-News. Wer sich nicht anpassen
will, anderen Idealen, Moden, Religionen anhängt, ist potentiell kriminell.
In
deutlicher Unkenntnis oder bewußter Verfälschung der Realität poltert Staatssekretär
Spahn, der aufstrebende Rechtsaußen der CDU gegen eine Großstadt, die nicht so
aussieht wie sein konservatives Heimatkaff im Münsterland.
[…..]
Jens Spahn von der CDU und AfDler Björn
Höcke haben Angst vor Berlin-Neukölln. Ihr Problem? Die hohe Anzahl an
Migranten. Dabei kommt die Gewalt von rechts.
[…..]
Einfach nur "Neukölln" als
abschreckendes Beispiel in den Ring zu werfen, wo es um schlecht laufendes
Zusammenleben verschiedener Kulturen geht, so als sei damit schon alles gesagt,
zeugt bisweilen von auffällig schlechtem Fingerspitzengefühl.
Der
CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn und der Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzende
Björn Höcke haben beide bezeichnenderweise kurz nacheinander ins selbe
Fettnäpfchen gegriffen, denn das Näpfchen ist groß und an seinem rechten Rand
kann man gut sitzen und angeln.
Jens Spahn hat im
Interview mit der "Zeit" gesagt: "Wenn ich durch Neukölln laufe,
sehe ich in manchen Straßen kaum noch Frauen - und wenn, dann mit Kopftüchern.
In einem freien Land muss ich das akzeptieren. Aber ich lasse mir nicht
einreden, dass das eine kulturelle Bereicherung ist. Positive Vielfalt sieht
für mich jedenfalls anders aus." Eine Gesellschaft brauche kulturelle
Vielfalt, findet Spahn, und das wisse man inzwischen auch in seinem Heimatdorf
im Münsterland, aber in Neukölln sehe das alles irgendwie nicht so aus, wie er
es gern hätte. Man könnte, wie das in Berlin üblich ist, einfach noch einmal
machen, was schon mal nicht geklappt hat: eine Umbenennung.
"Neuspahnstein" böte sich an.
Dieser Spahn ist aber
auch ein vom Schicksal gebeutelter Flaneur. Bei Ikea kamen ihm mal "Frauen
in Vollverschleierung entgegen", in seinem Fitnessstudio dürfen
"arabische Muskelmachos" seit einer Weile mit Badehose duschen, und
jetzt sieht er "kaum noch Frauen". Keine Ahnung, wo er sich
rumtreibt. Ich bin in Neukölln aufgewachsen und immer noch alle paar Tage dort,
und ich sehe ständig Frauen dort, viele sogar. Es war schon immer so, dass da
einige dabei sind, die Kleidung tragen, die ich nicht anziehen würde, aber da
sind Leopardenleggings und Kopftücher nur zwei Beispiele aus einem sehr breiten
Spektrum. […..]
Hilfe,
Parallelgesellschaft!
Konservative
wie Spahn stört es gewaltig mit Menschen in einem Land zu leben, denen sie
nicht ihren Stil aufoktroyieren können.
Auch
wenn man gar nicht zusammentrifft, regt Religioten der reine Gedanke an
Menschen, die anders sein könnten, fürchterlich auf.
Das
klassische Beispiel dafür ist die Homoehe, die von Hetero-Religioten offenbar
als Angriff empfunden wird. Das führt zu der grotesken Argumentation, ihre
eigene, alte, herkömmliche Heteroehe würde in irgendeiner Form abgewertet.
Konservative
können nicht ertragen, daß andere irgendwo anders, anders sind, auch wenn sie
es gar nicht merken.
Daher
forderte die CSU im Dezember 2014 jeder in Deutschland müsse zu Hause auch
deutsch sprechen.
[…..]
Die CSU hat eine Idee: „Wer dauerhaft
hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der
Familie deutsch zu sprechen“, heißt es im Entwurf des Leitantrags für den
Parteitag Ende kommender Woche. Dies berichtete die Nachrichtenagentur dpa am
Freitag, am Montag will der Parteivorstand darüber entscheiden.
Man könnte sagen: Es
entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass dieser Vorschlag ausgerechnet aus
Bayern kommt. Aber ihr würdet es nicht verstehen. Deshalb in aller
Deutlichkeit: Hallo CSU, ihr seid so blöd, wie ihr auf dem Oktoberfest breit
seid.
Denn wenn es nicht so
wäre, würdet ihr selber darauf kommen, dass sich diese Forderung bei anderen
Leuten nach obrigkeitsstaatlicher Bevormundung anhören würde, aus eurem Munde
aber grotesk ist. Ihr würdet ahnen, dass die Leute euch auslachen werden. Dass
sie euch zurufen: „Lernt erstmal selber Deutsch!“ Dass sie schnippisch fragen:
„In welcher, der Erst- oder der Zweitfamilie?“ Dass sie feststellen: „Und so
was will eine konservative Familienpartei sein.“ Dass sie genüsslich die Reden
eures Ministers Alexander Dobrindt hervorkramen oder sich der Gestammelten
Werke eures früheren Vorsitzenden Edmund Stoiber erinnern.
Kurz: Wenn ihr nicht
so blöd wie breit wärt, hätte euch gedämmert, dass ihr euch mit so einer Idee
noch mehr zum Horst machen würdet als man es von euch ohnehin gewohnt ist. […..][…..]
Der
grundsätzliche Mangel an Toleranz, Mitgefühl und Großzügigkeit ist
Religions-immanent.
Studien
zeigen, daß schon Kleinkinder aus religiösen Elternhäusern grausamer und
geiziger gegenüber anderen sind, als Kinder aus atheistischen Haushalten.
Religion macht Kinder
unsozial und intolerant.
An über 1.000 Kindern
aus verschiedenen Kulturkreisen haben Forscher nun nachgewiesen, dass religiös
erzogene Kinder unsozialer sind als atheistisch erzogene Kinder. So teilen christlich
und muslimisch erzogene Kinder seltener mit Altersgenossen, wollen im Gegenzug
aber unsoziales Verhalten härter bestrafen. Je religiöser die Familien waren,
desto ausgeprägter war dieses Verhalten zu beobachten. [……]
Die Menschen
müssen sich also den Einfluss der Religionen überwinden, um tolerant zu werden.
In einer
Welt, die auch andere Lebensmodelle wirklich akzeptiert werden, sind Parallelgesellschaften
kein Problem. Dort wird Multikulti zu einer echten Bereicherung.
(……)
Der Hamburger Steindamm IST zwar eine Parallelgesellschaft, allerdings verstehe
ich nicht, wieso Parallelgesellschaften jemand stören.
In
den meisten anderen großen Städten in Westeuropa und Amerika ist es ganz
normal. In New York gibt es das berühmte „Little Italy“ oder „Chinatown“ und
sogar ein deutsches Viertel.
Also
für mich geht das völlig OK.
Es
gibt ja vielfach in Deutschland reine Schwulenviertel, hier ist es St. Georg,
das Uni-Viertel (Rotherbaum, wo nur Studenten sind), das Alternativ-Viertel, wo
die Autonomen und Ökos abhängen (Schanze
und Karolinenviertel), das Ibero-Viertel vor der Speicherstadt, wo es all die
spanischen und portugiesischen Restaurants gibt, Villenviertel in Harvesterhude und dann natürlich reine Rotlichtviertel
(Reeperbahn!) etc.
Warum
soll es kein Türken- oder Italiener-Viertel geben?
Das
Eigenartige ist in Hamburg, daß St Gayorg – dazu gehört auch der Steindamm –
ausgerechnet ein Kombi-Viertel für Schwule und Muslims ist.
Die
haben alle Toleranz gelernt. Kurioserweise ist MITTEN in der schwulsten Gegend
von St Georg überhaupt der katholische Mariendom, in dem unserer neuer
Erzbischof Stefan Heße hockt.
Katholiken
gibt es da so gut wie keine – nur Moslems und Homos.
Aber
irgendwie haben die sich offensichtlich arrangiert. So gut sogar, daß die
Gegend jetzt so gut funktioniert, daß die Mieten auch so explodieren, weil
jeder dahin ziehen will. (…..)
Jens
Spahn, der sich offenbar mehr in mehr in der Reinkarnation als Pim Fortuyn
gefällt – stramm konservativ, Glatze, eitel, schwul, Rampensau – kommt zunehmend
völkisch daher; sieht sich selbst als Rollenmodel für alle anderen.
Multikulti
lehnt er ab.
Jetzt müssen wir die inhaltlichen Unterschiede, die CDU und CSU gemeinsam
gegenüber der SPD haben, klar herausarbeiten, etwa beim Thema Leitkultur.
[…..]
Ich erwarte von jemandem, der nach Deutschland kommt,
um hier zu leben, mehr, als dass er sich nur an Recht und Gesetz hält. Denn das
muss auch jeder Tourist. Er muss mit uns leben und unsere gemeinsame Zukunft im
Sinne unserer Werte gestalten wollen. […..]
Und sicher auch die Bereitschaft, durch Leistung Anerkennung
zu bekommen und nicht durch möglichst lautes Schreien. Uns als Union geht es
aber auch um Sicherheit im klassischen Sinn, von der steigenden Zahl der
Einbrüche bis zu den Bedrohungen des islamistischen Terrors.
[…..]
Letztes Wochenende war ich mit Freunden in Köln
unterwegs, da wirste auf der Straße schon auch frech angemacht. Der Türsteher
eines schwulen Clubs wurde niedergestochen. Der Täter stammte aus dem Irak. […..]
Nein, Herr
Spahn!
Leitkultur einzufordern ist keine Lösung, sondern gerade der Sprengstoff unserer Gesellschaft.
Leitkultur einzufordern ist keine Lösung, sondern gerade der Sprengstoff unserer Gesellschaft.
Wenn
einer meint den anderen leiten zu müssen; sei es auch nur kulturell, ist das
der Beginn von Unterdrückung. Darin steckt auch schon der Keim einer
Gegenreaktion.
Unterdrückte
Gruppen der Gesellschaft könnten eines Tages durchaus aggressiv ihre Rechte
einfordern.
Man
sollte sich noch einmal die tolerante Realität der Niederlande des 1970er, 1980er und
1990er Jahre ansehen.
Unter
Rechten ist es Konsens die sogenannte Verzuiling,
also das Nebeneinander-Leben, statt des Alle-Zusammenleben als Wurzel allen
Übels anzusehen.
Mit Verzuiling
(Versäulung) bezeichnet man vor allem in den Niederlanden einen konfessionell
begründeten besonderen Partikularismus. Im „versäulten“ sozio-politischen System
lebten religiös, sozial und kulturell definierte Gruppen nebeneinander her und
hatten parallele soziale Organisationen (Kirchengemeinden, Bildungsanstalten,
Volksbanken, Kammern und andere mehr). In den Niederlanden wird zwischen einer
christlich-protestantischen (calvinistischen), einer katholischen, einer
sozialistischen und der neutralen oder allgemeinen Säule unterschieden.
Seine Blüte hatte das
System in der Zeit von 1920 bis 1970, überstand also auch den Zweiten Weltkrieg
unbeschädigt trotz der entgegenstrebenden Bemühungen in der Nachkriegszeit. Die
Bevölkerungsgruppen haben in einer Art „freiwilligen Apartheid“ nebeneinander
gelebt, um soeverein in eigen kring, „souverän im eigenen Milieu“ (Abraham
Kuyper), sein zu können. Die notwendige Zusammenarbeit zwischen den Säulen fand
vor allem auf der Ebene der Eliten statt.
Fortuyn,
Spahn und Wilders wollen nicht, daß außerhalb der eigenen Säule noch
irgendetwas anderes existiert.
Damit
legen sie die Axt an die Wurzel des gesellschaftlichen Friedens.
Immerhin,
das läßt sich nach den gestrigen Wahlen in Holland bereits sagen, befindet sich
Wilders damit in einer Minderheit.
Mit insgesamt 13% der Stimmen steht seine PVV nicht unmittelbar
vor der Machtübernahme. (Wilders Idol Trump holte 46%) Der blondierte Geert
kann also aufhören von sich selbst als „der nächste Ministerpräsident der
Niederlande“ zu sprechen.
Der
große Gewinner der Wahl ist der gerade mal 30-Jährige Jesse Klaver; das
Alptraum-Balg der Rechten: Gutaussehend, links, liberal, Vater aus Marokko,
Mutter aus Indonesien.
[…..]
Klaver ist Vorsitzender der
niederländischen Grün-Links-Partei, und er hat die Zahl ihrer Parlamentssitze
fast vervierfacht. In Amsterdam, der größten Stadt der Niederlande, einst eine
uneinnehmbare Hochburg der Sozialdemokraten, ist Grün-Links nun sogar die
stärkste Partei. Eine Überraschung? Eine Sensation.
Klaver liegt insofern
im Trend, als er so wenig Polit-Establishment verkörpert wie kein anderer
seiner angetretenen Konkurrenten. Geert Wilders poltert immerhin schon seit
mehr als zehn Jahren gegen Europa und den Islam. Die niederländischen Medien
können sich nicht daran erinnern, dass jemals ein Parteichef derart jung war
wie Jesse Klaver. Und er versprüht eine neue Lust auf alte landestypische
Eigenschaften: Weltoffenheit, Toleranz, radikales Umweltbewusstsein. [….]
Frauke
Petry und Marine Le Pen haben Grund heute die Köpfe hängen zu lassen. Der
ultrarechte Durchmarsch in Europa ist zumindest erst einmal verschoben worden.
[….]
Die Nationalisten sind gebremst, aber
nicht gestoppt.
Das heißt nicht, dass
die EU beruhigt in alten Trott zurückfallen darf. Die Rechtsnationalisten sind
bei der Präsidentenwahl im Dezember in Österreich und jetzt bei der
Parlamentswahl in den Niederlanden gebremst worden. Doch gestoppt sind sie
nicht. Vielmehr lauern sie auf die nächste Gelegenheit, wieder loszustürmen.
Die Moderaten, die Pro-Europäer haben nur Zeit gewonnen, die Probleme
anzugehen, welche die Bürger drücken. […..]