Mittwoch, 2. März 2016

Erste Erkenntnisse aus dem Super-Tuesday.



Was für eine Nacht!

Zehn Stunden US-Wahlkampfberichterstattung und ich lebe immer noch.
Dabei habe ich deutlich mehr republikanische Gesichter ertragen, als es der Gesundheit zuträglich ist.

Trump gewinnt in Alabama, Arkansas, Georgia, Massachusetts, Tennessee, Virginia und Vermont. Die Parteiführung mag ihn immer noch nicht, ist aber andererseits auch nicht in der Lage eine Alternative zu präsentieren.
Sieben Jahre Teabagging und Fundamentalopposition haben die einst so stolze GOP in einen Witz verwandelt. Ein Haufen erratischer Extremisten, die keiner Vernunft mehr zugänglich sind.

Die Republikaner seien nun "die Partei Trumps", schreibt die "New York Times". Keine Revolution - ein Putsch: Trump profitierte von einem zersplitterten Feld aus Kandidaten, die kaum mehr gegen die Delegierten-Mathematik ankommen können, auch wenn sie ein paar Achtungssiege erzielten. Die Partei stellt das vor eine extrem schwierige Wahl: Entweder sagt sie sich von Trump los und riskiert ihre Spaltung. Oder sie solidarisiert sich mit dem Geiselnehmer - und riskiert ihre Unwählbarkeit im November.

Es waren mal 17 GOP-Kandidaten im Rennen.
Das erinnert mich übrigens an den größten Witz des Jahres; Ted Cruz sagte gestern über das Feld der republikanischen Kandidaten:

 We are blessed with a deep, talented, honorable field

Damit komme ich zu meiner persönlichen Haupterkenntnis des Abends.
Ja, Trump ist eine nahezu unerträgliche und verabscheuungswürdige Person, aber vor die Alternative gestellt, ob Trump oder Cruz US-Präsident sein sollte, würde ich mich für Trump entscheiden.
Cruz ist noch fanatischer und hasszerfressener und somit gefährlicher.


Sein unerträglich selbstzufriedenes Gesicht und dieses abartige Pathos während er seinen Hass auskübelt, ist schlimmer als Palin und Bachmann zusammen.

Marco Rubio, der gestern seinen ersten mickrigen Sieg (Minnesota) holte, erschien mir bei seinen Erklärungsversuchen wieso er der erfolgversprechendste Kandidat wäre ebenfalls nicht unbedingt als jemand, den man Trump vorziehen würde – und ich würde im Oval Office lieber einen Schimpansen als Donald Trump sehen.
Bei diesen megaerfolgreichen Youtubern gibt es immer wieder das alte „Fuck-Marry-Kill“-Spiel. Wendet man es auf die GOPer-Trio Trump, Cruz und Rubio an, wird es schwierig. OK, killen würde ich Cruz. Aber dann?

Gestern immerhin warben alle drei unter maximalen Schleimausstoß um Unterstützung. Nur sie könnten die Partei einen und daher sollten die anderen Kandidaten bitte sofort aufgeben und sich hinter ihn stellen.

Auch in dieser Disziplin war Cruz der unerträglichste Heuchler.

"For the candidates who have not yet won a state, who have not racked up significant delegates, I ask you to prayerfully consider uniting," Cruz said, after congratulating Trump on his victories. "For those who have supported other candidates, we welcome you on our team standing as one."

Cruz ging Donald Trump hart an. Angriffsfläche gibt der Lügen-Milliardär schließlich genug.
Auch andere Republikaner hatten Trump zuvor kritisiert und hinterließen ein „graveyard of elephants“; wieso also hatten Cruz und Rubio sechs Monate lang Trump nur freundlich zugegrinst und nie einen Ton über den Mann gesagt, den sie jetzt auf einmal als „absolutes Desaster für Amerika“ ansehen?
Die Frage stellte CNN-Frau Dana Bash dem Texanischen Senator nach dessen Siegesrede.
Cruz hatte natürlich keine Antwort, mäanderte aber kaum herum, sondern ignorierte die Frage und spulte stattdessen wortwörtlich noch einmal die Sätze ab, die er gerade zuvor auf dem Siegerpodium aufgesagt hatte.

Nicht nur Rubio ist ein Sprechautomat, der stoisch das aufsagt, was man ihm aufschreibt. Cruz ist nicht besser.

Eine neue Bestmarke der Erbärmlichkeit setzte übrigens Chris Christie, der demnächst seinen gemütlichen Gouverneursposten in NJ loswird, auf Bundesebenen nicht überzeugen konnte und nun schleimspurziehend auf den Knien hinter Trump her rutscht, um sich den Posten des Running mates zu ergattern.

Chris Christie, [Trumps] Ex-Rivale, der seit seinem Ausstieg aus dem Rennen auf wundersame Weise zu Trumps größtem Fan mutiert ist. Christie, der Gouverneur von New Jersey, liest ein paar Sätze vom Blatt ab. "Donald Trump vereint die Partei", sagt er nüchtern. "Dies ist ein großer Abend für Amerika." Er wirkt dabei wie eine Geisel, die vor der Kamera sagen muss, dass die Entführer gar nicht so schlimm sind, wie alle glauben.
Man muss dazu wissen, dass Christie sich bis vor Kurzem für den größten Politiker seit Abraham Lincoln gehalten hat. Eigentlich sogar für einen noch größeren. Gut, besser, Christie. So sah er die Welt. Jetzt macht er die Vorgruppe für jemanden, der seinen Beruf gerade erst lernt. Es ist ein bemerkenswertes Beispiel politischer Selbstverzwergung und ein Beleg dafür, wie dramatisch Donald Trump die Verhältnisse bei den Republikanern verändert hat.

Die eigentliche Frage ist natürlich was das bloß für Menschen sind, die sich jubelnd und grölend für Trump engagieren und dabei die GOP aufbauen, stärken und vergrößern?

Die enorme Wahlbeteiligung bei den Republikanern rührt aus verschiedenen Quellen.
Einerseits sind da die halbwegs zurechnungsfähig gebliebenen Parteisympathisanten, die nur wegen Trump zu den Vorwahlen gehen, um ihn zu verhindern.
Des Weiteren gibt es völlig Politikferne, die sich an dem Gedanken ergötzen, daß ein Nicht-Politiker, ein Prolet wie jeder gemeine Redneck den Etablierten mal so richtig einheizen könne.
Die dritte große Gruppe der Trump-Wähler besteht aus nicht registrierten Demokraten, die annehmen ein Clinton-Wahlsieg gelänge am einfachsten gegen Trump, so daß man der GOP am meisten schade, indem man die Apfelsine mit der irren Föhnfrisur zur Kandidatur verhelfe.

Nur eins kann man wohl ausschließen:

Rationale Menschen, die aus rein inhaltlichen Gründen Trump für einen geeigneten US-Präsidenten halten, gibt es vermutlich nicht.