Montag, 5. Mai 2025

Auf und Ab mit den Sozen

Gestern war ich wirklich extrem wütend über die hochgefährliche und verantwortungslose Abwiegelei Klingbeils gegenüber des AfD-Verbotsverfahrens.

Da möchte man eigentlich sein SPD-Parteibuch in die Tonne treten.

Heute, nach der Vorstellung des SPD-Personal-Tableaus für die Kleiko, tobt beispielsweise der linke Ökonom Maurice Höfgen: Was sei das nur für eine Unverschämtheit; die drei Personen an der Parteispitze, also die Vorsitzenden Klingbeil und Esken, sowie Generalsekretär Miersch, hätten gemeinsam die Bundestagswahl vergeigt, aber nur die einzige Frau würde bestraft, indem sie keinen Posten mehr bekäme, während beide Männer auch noch mit Beförderungen belohnt würden – Klingbeil zum Finanzminister und Vizekanzler, Miersch zum mächtigen Fraktionsvorsitzenden.

[…..] Klingbeil wird Vizekanzler, Miersch Fraktionschef und Esken Bauernopfer? Verstehe ich das richtig? Die zwei Männer, die für die Wahlkampagne und damit für das desolate SPD-Ergebnis verantwortlich waren, bekommen jetzt die mächtigsten Posten; und die Frau wird abgesägt?  [….]

(Maurice Höfgen, 05.05.2025)

Ich bin großer Höfgen-Fan und großer Fan von Frauenförderung in der Politik. Aber in diesem Fall ist das völliger Unsinn, was Höfgen andeutet. Esken geht nicht etwa leer aus, weil sie eine Frau ist, sondern weil sie eine schlechte Politikerin mit katastrophalen persönlichen Beliebtheitswerten ist. Sie hat keinerlei strategische Erfolge vorzuweisen, ist in der Partei und, viel schlimmer: im Volk, katastrophal unbeliebt.

Das mag ungerecht wirken, aber es gilt nicht nur, die Merz-Kleiko zum Erfolg zu verhelfen. Es ist aus sozialdemokratischer Sicht auch extrem wichtig, die Partei gegenüber der schwarzbraunen absoluten Mehrheit im Parlament (und den Umfragen), aus ihrem demoskopischen 16%-Loch zu führen und das geht nun mal nicht mit einer notorisch unbeliebten Person, vor der die Wähler schreiend Reißaus nehmen. Ob Mann oder Frau ist dabei irrelevant. Zudem unterschlägt Höfgen einen sehr machtvollen Posten in der Schwarzroten Koalition: Esken ist immer noch SPD-Bundesparteichefin! Das kann man kaum als Abstellgleis in einer neuen Koalition bezeichnen. Es liegt an ihr, sich im Juni 2025 auf dem Bundesparteitag zur Wiederwahl zu stellen.

Wie wir schmerzlich an der Ampel studieren konnten, steht und fällt der Erfolg einer Bundesregierung mit dem Finanzminister. Er ist, nach dem Kanzler, der mit Abstand wichtigste Mann, da er die Handlungsfähigkeit aller anderen Ministerien absteckt.

Es ist daher weise, auf diesen Posten das gegenwärtige Schwergewicht der SPD zu setzen; den bisherigen Partei- UND Fraktionschef, der nun zum Vizekanzler aufsteigt. Mit dem Personal kann ich sehr gut leben; was für eine Wohltat im Vergleich zu den CDUCSU-Luftpumpen!

[….] Das ist unser Regierungsteam:

Lars Klingbeil, Bundesminister der Finanzen, Vizekanzler

Bärbel Bas, Bundesministerin für Arbeit und Soziales

Boris Pistorius, Bundesminister der Verteidigung

Verena Hubertz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

Carsten Schneider, Bundesminister für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit

Dr. Stefanie Hubig, Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz

Reem Alabali-Radovan, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Elisabeth Kaiser, Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland

Natalie Pawlik, Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration  [….]

(SPD, 05.05.2025)

Noch einmal, wer persönliche Gerechtigkeit anstrebt, ist in der Spitzenpolitik ganz falsch. Das ist einen Ellenbogengesellschaft, die ungeeignet für Kontemplative, Eigenbrödler, Sensibelchen oder Schüchterne ist.

Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, Spitzenpolitik ist ungeeignet für wirklich sympathische Menschen. Es braucht nämlich unsympathische rabiate Eigenschaften, um sich nach oben zu drängeln, man muss eitel sein und sein Gesicht gern im TV sehen.

Von der Prämisse ausgehend, erscheint mir das rote Tableau geradezu erstaunlich sympathisch.

Ich freue mich auf die bodenständige Bärbel Bas, die eine der selten gewordenen Aufsteiger-Biographie vorweisen kann und nicht in einem akademischen bürgerlichen Haushalt mit goldenen Löffeln aufwuchs.

[….] Bärbel Bas (57) hat sich als langjährige Parlamentarierin und Bundestagspräsidentin ein hohes Ansehen in der Bevölkerung erarbeitet. Sie hat den Koalitionsvertrag als Mitglied des SPD-Verhandlungsteams maßgeblich geprägt. Bas kommt aus dem Ruhrgebiet und hat nach ihrem Hauptschulabschluss eine Ausbildung gemacht. Sie steht mit ihrer Vita wie kaum eine andere Spitzenpolitikerin für eine Aufstiegsgeschichte durch harte Arbeit.

Bärbel Bas ist am 3. Mai 1968 in Walsum geboren (jetzt Duisburg).

·        2021 bis 2025 Präsidentin des Deutschen Bundestages

·        2019 bis 2021 Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion für Gesundheit, Bildung und Forschung sowie Petitionen, davor seit 2013 Parlamentarische Geschäftsführerin

·        seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages als direktgewählte Abgeordnete für den Wahlkreis Duisburg I

·        zur Politik kommt Bas über ihre Arbeit im Betriebsrat, mit 20 Jahren tritt sie 1988 in die SPD ein und engagiert sich zunächst im Rat der Stadt Duisburg

·        2007 Übernahme der Leitung der Abteilung Personalservice bei der Betriebskrankenkasse BKK futur

·        2000 bis 2002 Weiterbildung zur Krankenkassenbetriebswirtin und Studium zur Personalmanagement-Ökonomin an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in Essen

·        1994 bis 1997 Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten

·        1985 bis 1987 Ausbildung zur Bürogehilfin bei der Duisburger Verkehrsgesellschaft

·        1984 Hauptschulabschluss mit Fachoberschulreife […..]

(SPD, 05.05.2025)


Das Klingbeil-Team traf einige mutige Entscheidungen, bemühte sich um frischen Wind.

[….] Mut hat er ja, der neue Vizekanzler und alte SPD-Chef, Lars Klingbeil. Mut zu radikalen Entscheidungen, die auch Enttäuschungen produzieren. Mit dem Personaltableau für die künftige Bundesregierung hat der mächtigste Mann der SPD gleich mehrere bisherige Minister:innen in den vorläufigen Ruhestand geschickt: Hubertus Heil, Svenja Schulze, Karl Lauterbach, Nancy Faeser, Klara Geywitz – sie alle hätten gern weitergemacht und wurden nun abserviert.

So hat Klingbeil eines seiner Versprechen vom Wahlabend, die personelle Neuaufstellung der Partei, im exekutiven Teil schon mal abgehakt. Dass auch die Karriere der SPD-Co-Vorsitzenden Saskia Esken, die ebenfalls auf ein Amt in der Bundesregierung gehofft hatte, dem Ende zustrebt, fällt in diesem kollektiven Austauschprogramm kaum noch auf. Damit ist Esken, deren Person heiß und zuweilen sehr unfair diskutiert wurde, ein gesichtswahrender Abgang ermöglicht worden.  […]

(Anna Lehmann, 05.05.2025)

Ich freue mich über den Aufstieg von Reem Alabali-Radovan in den Ministerrang.

[….] Reem Alabali-Radovan (35) war 2021 eine der jüngsten Abgeordneten in der SPD-Bundestagsfraktion und wurde in ihrer ersten Legislatur Staatsministerin im Kanzleramt und Integrationsbeauftragte der Bundesregierung. Alabali-Radovan kam mit 6 Jahren mit ihrer Familie, die vor den politischen Verhältnissen im Irak geflohen ist, nach Mecklenburg-Vorpommern. Diese Erfahrung ist für sie politischer Antrieb, sich für eine Gesellschaft einzusetzen, in der jeder Mensch unabhängig von Herkunft die Chance hat, sich eine sichere und erfüllte Zukunft aufzubauen.

Reem Alabali-Radovan ist am 1. Mai 1990 in Moskau, Russland geboren.

·        von 2022 bis 2025 Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus

·        von 2021 bis 2025 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration

·        seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestags für den Wahlkreis Schwerin – Ludwigslust-Parchim I – Nordwestmecklenburg I

·        2020 bis 2021 Integrationsbeauftragte der Landesregierung, Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung in Mecklenburg-Vorpommern

·        2018 bis 2020 Leitungsstab - Büro der Integrationsbeauftragten der Landesregierung, Ministerium für Soziales, Integration und Gelichstellung in Mecklenburg-Vorpommern, davor Sachbearbeiterin im Landesamt für innere Verwaltung Mecklenburg-Vorpommern

·        2008 Abitur und im Anschluss Studium der Politikwissenschaften an der Freien Universität Berlin

·        verheiratet, ein Kind [….]

(SPD, 05.05.2025)

Heute bin ich ein zufriedener Sozi.

Natürlich hasse, verabscheue und verachte ich Merz, so wie seine gesamte rechte, xenophobe und AfD-affine C-Mannschaft.

Ihn durch meine Stimme letztendlich zum Kanzler zu machen, schmerzt.

Aber die neun heute präsentierten Gesichter (plus Miersch) zeigen auch sehr klar den moralischen und fachlichen Unterschied, zu dem, was uns beim Scheitern der Kleiko, bzw der morgigen Merz-Kanzlerwahl droht, wenn der 44-jährige AfD-Mann Spahn eine schwarzbraune Haselnuss-Koalition mit den gesichert rechtsextremen Menschenfeinden schmiedet, die General Linnemann auf gar keinen Fall verboten sehen will.