Dienstag, 31. Juli 2018

Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.


Als ökonomische Einheit betrachtet bin ich sehr allein.
Meine „Firma“ besteht eigentlich nur aus einem Gewerbeschein und dem was ich so vor mich hinkritzele.
Das hat Vorteile, weil ich wenige Unkosten habe. Schließlich wohne ich allein mit 20 Jahre altem Mietvertrag; keine Haustiere, keine Kinder, keine Exfrauen, die ich finanzieren muß. Keine teuren Hobbys, keine Reisen und für’s „ausgehen“ bin ich glücklicherweise zu alt.

Blöd ist natürlich, wenn ich mir, wie Anfang des Jahres geschehen, einen Krankenhausaufenthalt mit aufwändiger OP gönne und anschließend zwei Monate nicht mehr laufen kann. Miete, die extrem teure private Krankenversicherung, aus der ich nicht rauskomme, die Zeitungsabos, sonstigen Versicherungen, KfZ-Steuer, Telefon, Internet werden selbstverständlich weiterhin jeden Monat abgebucht.

Das wird dann sehr schnell unlustig und bedrohlich, wenn kein Geld mehr reinkommt.
Hilfe kann man nicht erwarten. Wenn ich anfange zu jammern, daß ich diesen Monat leider nicht gearbeitet habe und daher kein Geld habe, wird meinen Vermieter das nicht interessieren.
Politische Appelle kann ich mir auch sparen. Ich habe schließlich keine Lobbyisten bezahlt, bin systemisch irrelevant.

Das ist ganz anders, wenn man Opel, Banker, Atomindustrie oder Bauer ist.
Dann muss man sich auch nicht mit Petitessen aufhalten und zum Beispiel erst mal klären, ob man wie die ein oder andere Landesbank ganz allein schuld an der Misere ist.
Dann reißt an einfach die Klappe auf.
Der Goldstandard ist der Status als „global systemrelevant" (Global Systemically Important Bank, G-SIB), vulgo „too big, to fail“.
Das ist praktisch. Da kann man rücksichtslos rumspekulieren, Milliarden an sich raffen und wird zum Geburtstag zum Privatdinner ins Kanzleramt eingeladen.
Und wenn alles schief geht, man zehnstellige Summen verdaddelt hat, bekommt man weiterhin seine Millionengehälter, wird weiterhin ins Kanzleramt eingeladen und hält dort die Hand auf, um den Steuerzahler die Verluste übernehmen zu lassen.

Man erinnere sich an die international gesehen kleine HSH-Nordbank, die eigentlich Kleinunternehmer in Hamburg und Schleswig-Holstein unterstützen sollte, dann aber auf die Idee kam lieber das ganz große Geld mit internationalen Finanzprodukten und Schiffsfinanzierungen zu machen.
Im Aufsichtsrat hockten völlig überforderte Landespolitiker wie Werner Marnette, von Juli 2008 bis März 2009 CDU-Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein und Wolfgang Peiner, von 2001 bis 2006 CDU-Finanzsenator der Freien und Hansestadt Hamburg, die tumb zu allem Ja sagten.
Und dann waren plötzlich 30 Milliarden verzockt und die Bürger der beiden nördlichen Bundesländer hatten den Schaden.
Peiner und Marnette schämten sich noch nicht einmal.
Nur Bundesfinanzsenator Steinbrück war sauer und verfügte, Manager der vom Steuerzahler „geretteten“ Banken dürften nicht mehr als EUR 500.000,- jährlich verdienen.
CDU-Bürgermeister Ole von Beust hatte es aber bekanntlich nicht so mit Regeln und Anstand. Er ließ dem Mann, der 30 Milliarden verloren hatte, Dirk Jens F. Nonnenmacher, von 2008 bis 2011 Vorstandsvorsitzender der HSH Nordbank, dennoch 1,5 Millionen Euro Gehalt zahlen.
Als die Sache aufflog, zuckte Beust mit den Achseln und verkündete lapidar für bloß 500.000,- bekomme man eben keinen qualifizierten Manager.

Spätestens da bedauerte ich es kein Bankmanager geworden zu sein.
Wenn man noch einem 30-Mrd-Verlust, für den die Hamburger und Schleswig-Holsteiner gerade stehen müssen, immer noch als so qualifiziert gilt, daß man 1,5 Millionen Jahresgehalt verdient, kann der Job ja nicht sehr anspruchsvoll sein.

Deutsche Bauern sind ähnlich gut vernetzt.
Ihre Lobby-Präsidenten sitzen üblicherweise direkt in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und sorgen wie schon Seehofer und Aigner dafür, daß unter allen Umständen geheim gehalten wird, wer eigentlich die gewaltigen Agrarsubventionen bekommt.

Subventionen, die vom Steuerzahler aufgebracht werden, im großen Maßstab, ja sogar global die Landwirtschaft ruinieren, weil sie mit EU-Billigexporten afrikanische Bauern in die Pleite treiben und zur Flucht zwingen. Subventionen, die inzwischen 50% der bäuerlichen Einkünfte ausmachen und nach Fläche verteilt werden. Den Größten und Umweltschädlichsten das Meiste.
Fast alles für Monokulturen, nichts für kleine Ökobauern.

[…..] Die 15 Top-Subventionsempfänger erhielten 2017 zusammen 86 Millionen Euro - von insgesamt 6,5 Milliarden Euro. […..] Auch die dänisch-schwedische Molkereigenossenschaft Arla gehört mit 3,09 Millionen Euro zu den Top-Subventionsempfängern in Deutschland. […..] Die Agrarausgaben machen mit etwa 58 Milliarden Euro jährlich aktuell fast 40 Prozent des EU-Budgets aus. Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) hat auch deshalb einen so großen Stellenwert, weil sie seit mehr als 50 Jahren der einzig voll gemeinschaftlich finanzierte Politikbereich der EU ist. […..] Unter den Top 20 sind auch fünf landwirtschaftliche Großbetriebe - sie bewirtschaften alle riesige Flächen in Ostdeutschland. […..]
Die Molkerei Arla steht mit gut drei Millionen Euro im Ranking der Direktzahlungen auf Platz fünf[…..]
Mit Südzucker landet einer der größten Nahrungsmittelkonzerne Deutschlands auf Platz elf der Empfänger von Direktzahlungen. Das börsennotierte Unternehmen bezog 2017 rund 1,6 Millionen Euro aus dem EGFL-Topf. Hinzu kamen noch fast 300.000 Euro aus dem ELER-Fördertopf für die Entwicklung des ländlichen Raums. 2016 bekam Südzucker Subventionen in Höhe von 1,82 Millionen Euro. Der Konzern machte in den vergangenen beiden Geschäftsjahren unterm Strich jeweils einen Gewinn von mehr als 300 Millionen Euro. […..] Laut Zahlen des Bundeslandwirtschaftsministeriums erhielten die landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in Deutschland im Wirtschaftsjahr 2016/2017 im Durchschnitt 33.817 Euro an Direktzahlungen und Zuschüssen. Dies entsprach 408 Euro pro Hektar. [….]

Fairerweise sei erwähnt, daß die kleinere Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft diesen Wahnsinn auch kritisch sieht.

[….] Es sei zu einfach, jetzt nur Geld vom Bund zu fordern, sagt ihr Geschäftsführer, Georg Janßen. Er appelliert an die Solidarität der Bauern untereinander und die der Abnehmer ihrer Erzeugnisse. "Faire Preise würden uns viel mehr helfen als die Unterstützung vom Staat", sagt er. [….]

Derzeit erleben wir eine Rekordhitze in Deutschland.
Jeder kann mit eigenen Augen sehen, wie die Natur leidet.
In Hamburg schöpft die Umweltbehörde täglich tonnenweise tote Fische aus der Alster ab, die Straßenbäume werfen die Blätter ab und die Grünflächen sind braun.
Wie so oft, klagen natürlich auch die Bauern.
Nicht so gerne erwähnt wird dabei, wie heterogen das Bild ist. Einigen nützt die Hitze. Und alle können sich über höhere Preise freuen.

[….] "Beim Obst überwiegen die positiven Effekte der Witterung", sagt Michael Koch vom Agrarmarktinformationsdienst (AMI). Die Apfelbäume hängen in diesem Sommer recht voll. Auch melden Obstbauern in diesem Jahr eine deutlich größere Kirschen- und Pflaumenernte. Bereits im Frühsommer hat die Branche sechs Prozent mehr Erdbeeren geerntet als im Vorjahr. [….] Die Winzer profitieren bislang vom langen und warmen Sommer 2018. Die Trauben sind etwa drei Wochen schneller gereift als im langjährigen Durchschnitt, die Rebstöcke reichlich behängt. "Die Ertragsaussichten der Winzer sind gut in diesem Jahr", sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. Bereits in einer Woche wollen erste Betriebe mit der Weinlese für Federweißer beginnen. Einen so frühen Erntetermin habe es noch nie gegeben. [….]

Die politischen Bauern sind allerdings nicht mehr gewöhnt Risiken zu tragen und vorausschauend zu planen.
Sie kennen es nicht mehr anders, als immer vom Steuerzahler üppige Zulagen zu erhalten.
Fällt die Ernte also mal schlechter aus, ist es ein natürlicher Reflex sofort nach dem Bund zu quaken. Der soll für die Verluste aufkommen.
Eine Milliarde Euro Soforthilfe darf es schon sein. CDU-Rechtsauslegerin Klöckner, ehemalige Weinkönigin und Landwirtschaftsministerin, prüft es wohlwollend. Ist ja nicht ihr Geld und außerdem waren die Bauern schon immer die treuesten CDU/CSU-Wähler.

 [….] Wann immer die Natur nicht will, wie die Landwirtschaft hofft, kommt bald der Staat ins Spiel. Kein Wunder, schließlich sitzen an den Kabinettstischen in Bund und Land genügend Agrarminister, um auf das Wohlergehen der Bauern zu achten. Einen so direkten Draht hat keine andere Branche. Wenn Bauernpräsident Rukwied daher jetzt schon eine Milliarde Euro für „wünschenswert“ hält, um besonders hart getroffene Bauern für die Ernteausfälle zu entschädigen, lässt das politische Echo nicht auf sich warten.
[….]  Auch ist es Kernaufgabe jeden Landwirts, seinen Betrieb gegen Wetterschwankungen zu wappnen.
Es ist seine Sache, das Risiko auf verschiedene Standbeine (etwa Ökostrom oder Tourismus) zu verteilen, Pflanzen entsprechend auszuwählen und zu mischen, Kapitalreserven zu bilden oder sich zu versichern. Doch gerade am Aufbau von Versicherungsschutz scheint der Bauernverband wenig interessiert. Offenbar ist es einfacher, für die Wetterlaunen öffentliche Hilfen zu mobilisieren.[….]

Leider wurde in der Landwirtschaftspolitik längst wieder der Bock zum Gärtner gemacht, nachdem es unter Gerd Schröder mit Renate Künast eine Bundesministerin gab, die Strukturen aufbrach, auf Ökologie setzte und die bäuerlichen Großbetriebe und Monokulturen kritisierte.
Allein, der Wähler wollte das nicht und wählte lieber wieder C-Politiker auf den Posten, die tun, was die Agrar-Großlobby will.

Die Bauern haben zwar zum Teil selbst Schuld an ihrer Misere, aber ihre politischen Vertreter in der Union befördern eine Vollkasko-Mentalität, die ein ökologisches Umdenken unmöglich macht.

[…] Landwirte bekommen staatliche Beihilfen, die knapp die Hälfte ihres Einkommens ausmachen. Und sie können sich auf eine starke Interessenvertretung verlassen. Wie sehr, das zeigt sich in diesen Tagen wieder. Eine Milliarde Euro vom Staat verlangt der Deutsche Bauernverband, um dürregeplagten Erzeugern zu helfen - eine Forderung, die einerseits verständlich, andererseits aber auch dreist ist. Verständlich ist sie, weil tatsächlich Existenzen auf dem Spiel stehen. Dreist, weil ein Teil des Problems hausgemacht ist. Es kann nicht angehen, dass die Agrarlobby einerseits offene Märkte fordert, andererseits aber sofort nach staatlicher Hilfe ruft, wenn sich Markt und Wetter einmal von ihrer schlechten Seite zeigen. [….]
Was auf Äckern und in Ställen geschieht, hat auch Einfluss aufs Klima. In der Tierhaltung entstehen schädliche Treibhausgase; Böden können dagegen CO₂ speichern.
An diesen Stellschrauben muss die Agrarpolitik drehen. Weniger Tiere in Ställen, das bedeutet unter dem Strich weniger Emissionen. Ein Ackerbau, der auf Vielfalt statt auf Monokulturen setzt, wenig Pestizide und Kunstdünger verbraucht, entlastet die Klimabilanz. Wie empfindlich riesige Felder reagieren, zeigt sich in diesem Sommer in Nord- und Ostdeutschland. Wo vor Jahrzehnten noch Bäume und Hecken kleinere Äcker säumten und so ein stabiles Mikroklima schufen, wächst heute Mais, Getreide oder Raps, so weit das Auge reicht. Böden trocken so schneller aus, erodieren leichter. Insekten und andere Tiere können in solche Agrarwüsten nicht überleben. [….]


Montag, 30. Juli 2018

Ich möchte ein Eisbär sein


Wer würde bei den gegenwärtigen Höllentemperaturen nicht gern an den Polarkreis ziehen.
Als Eisbär im Schnee rumstapfen. Das wäre was.

 Ich möchte ein Eisbär sein im kalten Polar
dann müßte ich nicht mehr schrei'n
alles wär' so klar.
Ich möchte ein Eisbär sein im kalten Polar
dann müßte ich nicht mehr schrei'n
alles wär' so klar. […..]

Es ist viel zu heiß in Deutschland und so drehen wir entsetzt die Klimaanlagen auf. Natürlich geht dadurch der Stromverbrauch so richtig durch die Decke und die Klimaziele, die von der Groko ohne viel Widerstand aufgegeben wurden, weil die KfZ- und Kohlelobby mit schönen Schecks wedelte, werden noch deftiger verfehlt, wodurch sich der Planet noch mehr aufheizt.
„Nach uns die Sintflut“ ist eine erschreckend angemessene Redewendung. Denn so schnell wie die Polkappen und Gletscher ob der Erderwärmung abschmelzen ist es nicht mehr weit bis zur großen Flut.

Was soll ich Strom sparen, schalt es mir von Hitzeleidensgenossen fatalistisch entgegen, wenn der größte Umweltsünder, die USA, ohnehin jeglichen Umweltschutz bekämpft?
Broken Window Theorie im großen Stil:
Wenn der Nachbar sein Hausaufgaben nicht macht, kann ich es ja auch lassen.

Eisbären sind unterdessen massiv vom Aussterben bedroht, weil ihr Lebensraum wegschmilzt.
Sie sammeln sich verhungert an den Küsten und warten vergeblich darauf, daß endlich das Meer zufriert, um zu ihren Jagdgründen zu kommen.

Was für ein Drama; das größte und stärkste Landraubtier der Erde – an der Beringstraße erreichen männliche Polarbären eine Kopf-Rumpf-Länge von über drei Metern und bis zu 500 kg Gewicht – muß elendig eingehen, weil es an Lebensraummangel leidet.

Obwohl sie exzellente Sinne besitzen, brauchen sie in ihrer kargen Umgebung Reviere von etwa 150 Quadratkilometer, um sich zu ernähren.
Das ist pro Bär eine Fläche in der Größenordnung von Bochum, Aachen oder Saarbrücken.
Die weißen Giganten kommen wirklich viel rum.

[…..] Between an initial capture in late August and a recapture in late October 2008, a radio-collared adult female polar bear in the Beaufort Sea made a continuous swim of 687 km over 9 days and then intermittently swam and walked on the sea ice surface an additional 1,800 km. Measures of movement rate, hourly activity, and subcutaneous and external temperature revealed distinct profiles of swimming and walking. Between captures, this polar bear lost 22% of her body mass and her yearling cub. The extraordinary long distance swimming ability of polar bears, which we confirm here, may help them cope with reduced Arctic sea ice. [….]

Die Polarbären frönen einer Lebensweise, die ihnen fast eine Million Jahre seit ihrer Trennung  von der Schwesterart der Grizzlys gut bekam.
Seit sie aber mit dem Mensch in Kontakt kommen und dieser ihnen auch noch die Umgebung aufheizt, gehen sie ihrem Ende entgegen.
Einige, die aufgrund der schmelzenden Eisdecke zurück aufs kanadische Festland gezwungen werden, kommen erstmals seit vielen Hunderttausend Jahren wieder mit Braunbären in Kontakt. Gelegentlich wurden sogar schon Hybride beobachtet. Faszinierend, wenn ein netter Eisbärenherr eine willige Braunbärendame trifft, gibt es bei ihnen also keinen Rassismus, sondern Familiengründung.

Vor 50 Jahren hatten die Menschen die Polarbärenpopulation schon auf etwa 5.000 Tiere zurückgemordet. Die Felle waren so eine schöne Trophäe.
Nach intensiven Schutzmaßnahmen der Arktis-Anrainer konnten sich die Bestände auf bis zu 20.000 Tiere erholen.
Das ist so wenig, daß die Gemeinden, die ich zur Veranschaulichung der Anzahl heranziehen könnte, den meisten völlig unbekannt sein werden: Kleinmachnow, Puchheim oder Obertshausen haben so viele Einwohner wie es weltweit Eisbären gibt.

Natürlich nützen aber die Schutzmaßnahmen gar nichts mehr, wenn Merkel die Klimaziele aufgibt, Trump sie sogar aktiv bekämpft und den weißen Wilden das Eis unter den Tatzen wegschmilzt.

Zudem gibt es auch noch „Eisbärenfreunde“, die so geistesgestört sind, daß sie den armen Viechern so auf die Pelle rücken, daß diese dabei erschossen werden.

 [….] Auf Spitzbergen ist während einer Kreuzfahrtreise ein Eisbär erschossen worden.
[….] Hapag-Lloyd Cruises sagte in einer Stellungnahme, man bedauere den Vorfall sehr. [….] Am Samstag habe ein Team das Schiff verlassen, um eine Landung vorzubereiten. Dabei wurde ein 42-jähriger Mitarbeiter von einem Eisbären angegriffen, den dieser zuvor nicht bemerkt habe, hieß es weiter. Versuche der Kollegen, den Eisbären zu verjagen, seien fehlgeschlagen. Deswegen habe man "aus Gründen der Notwehr und um das Leben der angegriffenen Person zu schützen" den Eisbären erschießen müssen. [….]

Es erinnert an die enthirnten Liebhaber von Meeressäugern, die den Walkühen und Walkälbern beim Whalewatching so zusetzen, daß sie durch den Stress umkommen.
Ähnlich verhalten sich Manati-„Fans“ in Florida, die nur unter Androhung empfindlicher Strafen von den Seekühen ablassen.

Wie soll man bei dem Verhalten des Homo Sapiens nicht dem Antinatalismus anheimfallen und sich wünschen, daß die Anzahl der Menschen radikal schrumpft?

Hätte die norwegische Eisbärin doch lieber alle Passagiere der MS Bremen aufgefressen. Menschen haben wir mehr als genug auf dieser Erde; Eisbären nicht.

Die eigentliche Perversion ist aber, daß Polarbären noch Glück haben.
Sie gelten in den debilen menschlichen Augen als „niedlich“. Eisbärenbabys in Zoos verursachen regelmäßig enormen Medienrummel.
Alle lieben dann ihren „Knut“ in Berlin. Mit diesen süßen Knopfaugen und dem Kindchenschema.
Knut, der 2011 mit vier Jahren im Zoo an Enzephalitis krepierte und nun ausgestopft im Naturkundemuseum der Hauptstadt steht.

Eisbären erregen Aufmerksamkeit. Twitter und Facebook generieren Shitstorms wider die Reiseveranstalter, die den einen norwegischen Bär auf dem Gewissen haben.
Möglicherweise sensibilisiert das die sensationshungrigen Kreuzfahrt-Touristen, oder führt zu staatlichen Verboten solcher Reisen in sensible Naturgebiete.

Die Millionen namenlosen Tiere, die wir jeden Tag in deutschen Schlachtfabriken killen, haben keine Lobby.


Sonntag, 29. Juli 2018

Machtmissbrauch


Nicht alle militärisch sehr mächtigen Eroberer haben sich destruktiv benommen.
Die Inkas übernahmen interessiert kulturelle und wissenschaftliche Errungenschaften der Reiche, die sie besetzten.
Die Mauren brachten eine Hochkultur nach Spanien und praktizierten Toleranz, so daß Juden, Christen und Muslime sich gegenseitig künstlerisch und wissenschaftlich befruchteten.
Auch Alexander, der Große und chinesische Kaiser integrierten neue Länder in ihre Großreiche, indem sie das Beste beider Kulturen zusammenfügten, sich den örtlichen Sitten anpassten.

Insbesondere Christen mit ihrer bornierten „wir sind besser als die“-Haltung setzten hingegen negative Maßstäbe.
Als sie in Nord- und Südamerika einfielen, rotteten sie die vorhandenen Kulturen aus, zerschlugen alles Nichtchristliche.
Sie zwangen die Urvölker Afrikas und Australiens ihre Sprachen und Sitten aufzugeben.
Als Isabella die Katholische nach 800 Jahren maurischer Blüte Spanien erstmals wieder unter christliche Kontrolle brachte, wurden Muslime und Juden der Inquisition überantwortet.
Ähnlich dachte sich das auch der Katholik Adolf Hitler, der bei seinen Eroberungen alles Nichtdeutsche für „unwert“ hielt und Millionen Menschen einfach umbringen ließ.

Im 21. Jahrhundert kann man die Haltung anderen Kulturen gegenüber ganz grob am politischen Rechts-links-Schema festmachen.
Je rechter die Partei, desto nationaler, je linker, desto internationaler.

Nationalismus ist oft eine Methode, um kurzfristig zu Hause zu punkten.
Wir gegen die. Wir auf Kosten der anderen.
Sie passt zum Selbstverständnis präpotenter Bullys.

Donald Trump ist die Apotheose dieser Sichtweise.
Er glaubt, Amerika wäre so stark, daß es nicht nur alle anderen Nationen nach Belieben dominieren könnte, sondern auch unbedingt sollte.
Rücksichtnahme auf andere Interessen, wie sie alle seine Amtsvorgänger gelegentlich praktizierten und eben nicht immer mit Gewalt alles durchsetzen, was möglich gewesen wäre, diffamiert er als „failed“.

Da sich die ökonomischen Konkurrenten der USA notorisch uneinig sind, kommt Trump mit dieser rücksichtslosen Methode ziemlich weit.
Abgesehen vom ethisch-moralischem Desaster vergisst er dabei aber, daß Amerika langfristig durchaus vom Wohlwollen der anderen Nationen abhängig ist.
Wenn alle die USA hassen und die kulturellen und ökonomischen Verbindungen kappen, kann auch die stärkste Nation der Erde nicht überleben.

Eine Ebene darunter, also innerhalb Europas, praktizierte Merkels Regierung ebenfalls eine milde Trump-Politik gegenüber der EU-Partnern.
Unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer hatten das Ansehen Deutschlands und seine außenpolitischen Beziehungen eine regelrechte Blüte erlebt.
Die Deutschen waren beispielsweise als eine der ganz wenigen Nationen gleichermaßen in Israel, als auch in der arabischen Welt hochgeschätzt.
Die Beziehungen zu Russland und Frankreich waren exzellent. Mit dem konservativen Chirac arbeitete die rotgrüne Regierung so eng zusammen, daß sich Schröder sogar bei einem Gipfel von Chirac vertreten ließ.

[….] Premiere auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union: Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac hebt die Hand für Deutschland, da Bundeskanzler Gerhard Schröder ihm vertrauensvoll die Wahrnehmung der deutschen Interessen übertragen hat.   Hinter dem Schild "Deutschland" auf dem Konferenztisch des Brüsseler EU-Gipfels ist Schröders Stuhl leer geblieben.   Wo sonst der Bundeskanzler und Außenminister Joschka Fischer sitzen, hatte am Morgen lediglich der deutsche EU- Botschafter Wilhelm Schönfelder Platz genommen. Er beobachtet das Treffen aber nur.   Chirac hat die Vertretung übernommen, damit Schröder und Fischer an der Abstimmung des Bundestags über die Reformgesetze der Agenda 2010 teilnehmen konnten. Der Franzose nimmt seine neue Rolle ernst: Entgegen seiner Gewohnheit traf Chirac am Freitag als einer der ersten am Konferenzort ein und begrüßte die später ankommenden Staats- und Regierungschefs an der Tür des Saals mit Handschlag. [….]

Später wiederholte sich der Vorgang mit umgekehrten Vorzeichen, als Chirac einmal verhindert war und Gerd Schröder als französischer Präsident bei der EU verhandelte.

2005, mit dem Einzug der CDU-Vorsitzenden ins Kanzleramt, wurde Deutschland wieder klar nationalistischer und egoistischer.
Die außenpolitischen Beziehungen zu den wichtigsten Nachbarn – Polen, Frankreich, Russland und der Türkei – verschlechterten sich rapide.
Merkel trug meiner Ansicht nach entscheidend dazu bei, daß sich Putin und Erdoğan so stark radikalisierten und sich schließlich von Deutschland abwandten.

Aber sogar zum Entsetzen ihrer eigenen Parteifreunde zeigte Merkel kaum Engagement in der EU, konnte keinerlei Gefühle für die Südeuropäer aufbringen.
Die Beziehungen zu Frankreich wurden insbesondere durch die rücksichtslos nationale und Austerität-fetischistische Politik Wolfgang Schäuble so schlecht wie seit Adenauers Zeiten nicht mehr.

In die EU schickte Merkel statt der Besten nur noch ausrangierte Provinzler wie Oettinger, der bis heute kein englisch spricht. Ihr vertrauter CDU-Fraktionschef verkünde rabiat „in Brüssel wird jetzt deutsch gesprochen“.
Klarer kann man kaum ausdrücken wie gering man Europa schätzt.

Nun, Merkel war ähnlich wie die USA in der Welt, in Europa eindeutig die Stärkste. Sie konnte es sich leisten. Kurzfristig.

[…..]  Im EU-Durchschnitt […..] leidet Deutschlands „Beliebtheit“ unter dem als herrisch empfundenen Auftreten deutscher Regierungsvertreter und Parlamentarier gegenüber den unter der Euro-Krise leidenden Staaten Südeuropas. In den mittelosteuropäischen Ländern von Polen über Tschechien, die Slowakei bis nach Ungarn, wird Deutschland durchgängig als schulmeisterlich und penetrant wahrgenommen. Man kann es auch als mangelnde Empathie bezeichnen. […..] So lange es keinen äußeren Gegner gab, der versuchte, das Vereinte Europa durch Druck auf einzelne Mitgliedsstaaten zu zerstören, konnte es Deutschland vielleicht gleichgültig sein, dass es wenig wirkliche Freunde hatte – obwohl das schon immer ein fataler Fehler gewesen ist. [….]

Im Gegensatz zu der Regierung in Washington hat Merkel aber bereits erfahren wie das ist, wenn man jahrelang keine Rücksicht nimmt und die kleinen, vermeidlich schwachen Nationen wie Griechenland oder Portugal respektlos behandelt. Gelder zurückzahlen, die Hitler Griechenland abgepresst hatte?
Pah, Merkel dachte gar nicht daran dieses Ansinnen des Zwerges aus Europas Südosten auch nur eines Gespräches zu würdigen.

Spätestens 2015 war es soweit, daß Deutschland auch mal auf die Solidarität der anderen angewiesen war.
Nun rächt sich die nationalistischere und außenpolitisch rücksichtslosere Politik der CDU-Kanzlerin.

[…..] Deutschland braucht mehr Demut vor dem Freund
Der Handelsstreit mit den USA zeigt: Ohne Verbündete steht Deutschland in Europa allein. […..] Mit dem Auftauchen eines Donald Trump hat sich das schlagartig geändert. Warum sollte es etwa Griechenland, Spanien, Ungarn und Polen in eine gemeinsame Anti-USA-Haltung zwingen, dass die Amerikaner plötzlich Zölle auf deutsche Importautos erheben wollten? Kaum eines dieser Länder hatte aus den deutschen Ausfuhren nennenswerte Vorteile gezogen. Zumindest tat die deutsche Industrie wenig zur Stärkung des Selbstbewusstseins ihrer Zulieferer aus anderen EU-Ländern. […..] 30 Prozent der deutschen Arbeitsplätze hängen vom Export ab. 58,6 Prozent der deutschen Exporte gingen 2016 in EU-Staaten. Von Deutschlands 15 wichtigsten Export-Ländern sind zwölf Staaten der EU. Die drei anderen sind die USA, China und die Türkei. Aber wann schon hätte Deutschland diesen Ländern jemals zu verstehen gegeben, dass unsere Politik und unsere Wirtschaft dankbar für diese engen Handelsbeziehungen sein müssen – und nicht etwa die EU-12 dafür, dass sie deutsche Waren kaufen dürfen? […..] Deutschland ist, was es ist, dank der Europäischen Union. […..]