In der
prä-vereinigten Bundesrepublik Deutschland waren Wahlen immer so einfach. Es
gewann entweder das linke oder das rechte Lager. Wer nicht ganz links oder
nicht ganz rechts war, konnte immer noch
taktisch die FDP wählen, die fast immer als Mehrheitsbeschaffer mitregierte.
Die
Hepatitisgelben hatten es sich behaglich eingerichtet.
Sie
wurde von liberaleren CDUlern oder Seeheimer-Sozis mitgewählt, um der jeweiligen
großen Partei die Macht zu sichern.
Das war
das typische Leihstimmenkonzept.
„Wer Kohl/Merkel
als Kanzler behalten will, muß FDP wählen“.
Das ist
aber nur die halbe Wahrheit.
Wenn überzeugte SPD- oder CDU-Anhänger absehen
konnten, daß ihre Partei in der Opposition landen würde, wählten sie ebenfalls
die FDP – in dem Fall, um das Schlimmste zu verhindern.
Mit 10%
FDP-Typen am Hals, konnte die Dregger/Kohl/Strauß-Union nicht ganz so stramm nach
rechts marschieren, wie sie es allein getan hätten.
Koalitionsverhandlungen
waren planbar und vorhersehbar.
Und wenn
alle Stricke rissen, weil sich die FDP mit dem Wahlsieger verkracht hatte oder
eine vierte Partei die klassischen Koalitionsmehrheiten eines
Dreiparteiensystems verhinderte, blieb als Ultima Ratio immer noch die „GroKo“.
Fiese Gebilde konnten das sein.
Fiese Gebilde konnten das sein.
1966 heiratete
das stramm konservative ehemalige NSDAP-Mitglied Kiesinger den ehemaligen
Widerstandskämpfer Brandt, den die CDU jahrelang als unschuldige und
traumatisierte Vaterlandsverräter und unehelich geborenen Bastard diffamiert
hatte.
Gut für
die SPD, daß sie 1966 die Koalition einging, denn im konservativen Deutschland
der 50er und 60er Jahre galt es noch als undenkbar, daß Sozis das Land regieren
könnten. Nachdem sie sich aber drei Jahre als Minister profiliert hatten, sah
es 1969 endlich anders aus.
Die
späteren beiden Bundes-Grokos unter Kanzlerin Merkel lassen sich nicht mit der Ersten vergleichen,
da es viel weniger Differenzen gab, die SPD schon drei Kanzler gestellt hatte
und eine extrem unterambitionierte Regierungschefin alle Aktivitäten im Keim
erstickte.
Für
Merkel ist die GroKo eine bequeme Methode genügend Stimmen bei der Kanzlerwahl
zu bekommen. Ich bin immer noch davon überzeugt, daß ihr die gewaltigen
Mehrheiten lieber sind, als der vermeidlich inhaltlich näher stehenden Partner
FDP.
Das
bringt nur Ärger, wenn sich ein Kleiner profilieren will und mit einer
schlagkräftigen Opposition hat man es auch noch zu tun.
Ginge es
nach Merkel, würde sie die Grünen, wenn nicht sogar die Linke
auch in die Regierungskoalition aufnehmen.
Jeder bekäme
irgendein Ministerium mit der entsprechenden Narrenfreiheit, dürfte ich ein
paar Pöstchen und Projektchen leisten.
Eine
Opposition gäbe es dann gar nicht mehr und alle inhaltlichen Streitigkeiten würden
im Vorfeld von ihren Scherpas mit etwas Verbalsoße verschleiert.
So eine
Allparteienkoalition wäre vermutlich sogar beliebt im bräsigen Deutschland,
dessen Bürger sich ohnehin kaum für Politik interessieren und zum allergrößten
Teil auch nicht auf die Idee kommen das Heft des Handelns in die Hand zu
nehmen, wenn über 1000 rechtsradikale Anschläge auf traumatisierte Flüchtlinge
stattfinden.
Wie
bizarr es doch ist, daß diese einst so übermächtig erscheinenden Volksparteien
so abgewirtschaftet haben, daß erstmals seit 1949 bei den kommenden
Landtagswahlen in zwei von drei Bundesländern noch nicht einmal CDU und SPD
zusammen eine Mehrheit erreichen dürften.
Nach den aktuellsten Umfragedaten kommen CDU (je
~30%) und SPD (je ~15%) zusammen, sowohl in Sachsen-Anhalt, als auch in Baden-Württemberg auf keine Mehrheit der
Sitze.
Während
die SPD aus der ersten Bundes-Groko 1966-1969 sehr gestärkt hervorging,
schrumpft sie seit zehn Jahren nur noch in dieser Konstellation.
Bei
solchen Landtagswahlergebnissen wäre es für die Sozis an der Zeit Guido W.s
altes „Projekt 18“ auszugraben.
In
Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wären 18% ein
bombiges Ergebnis.
Wieso
klappt jetzt nicht, was 1966 gelang?
Dafür
gibt es eine einfache Erklärung: Andrea
Nahles, Thomas Oppermann, und Sigmar Gabriel sind eben nicht Willy Brandt,
Horst Ehmke, Karl Schiller, Georg Leber, Hans Jürgen „Ben Wisch“ Wischnewski,
Herbert Wehner und Helmut Schmidt.
Gabriel
mit seinem von ihm selbst gepriesenen Gefühl für die Stimmung an der Basis
macht bei dem Versuch Merkel zu imitieren und „Volksmeinungen“ nachzuplappern
eben keine gute Figur.
Selbst
wenn es stimmen sollte, daß die allermeisten Deutschen sich wünschen mehr
Flüchtlinge rauszuschmeißen, wird daraus noch keine stringente Politik, die
alle Menschen überzeugt oder doch zumindest beeindruckt.
Nachdem
sich in letzter Zeit wieder die Berichte über die rapide reicher werdenden Superreichen,
das heftige Aufklaffen der sozialen Schere, mehren und eine Unzufriedenheit
damit messbar ist, springt Gabriel auf den Zug auf.
Der
Vizekanzler sorgt sich nun um die sozial Schwachen mit deutschem Pass.
Angesichts
der 18 Milliarden Euro Plus, die die öffentlichen Kassen letztes Jahr gemacht
haben, müsse nun auch an soziale Wohltaten gedacht werden.
In der ZDF-Talkshow
von Maybritt Illner hat es der Vizekanzler am Donnerstagabend nun mit einem
frischen Bild versucht: Ein "neues Solidaritätsprojekt für unsere eigene
Bevölkerung" sei notwendig, sagte Gabriel. Die deutschen Bürger müssten
merken, "dass ihre Bedürfnisse nicht weiter unter die Räder geraten".
Auch die Aufstockung geringer Renten brachte er ins Gespräch.
An sich
eine begrüßenswerte Einsicht – die SPD will mehr für die Schwächsten in unserer
Gesellschaft tun.
Es wäre
aber noch schöner, wenn der SPD-Chef dies
als „richtig“ und „notwendig“ erachtete, aktiv würde, weil es das
Selbstverständnis der SPD ist.
Stattdessen
gelten wieder nur die beiden alten Zitate:
Die Andrea Nahles
gehört dahin wo sie herkommt - in die Eifel wo’s am Dunkelsten ist.
(„Drucker
August“ alias Georg Schramm)
Die SPD scheißt in
jede Hose, die man ihr hinhält.
(Dieter
Hildebrandt)
Gabriel hat die Hosen voll wegen der AfD und der Stimmung bei den Peginesen. Deswegen will er auf einmal großzügig werden.
Zudem
würde der begabte Politiker Gabriel weit weniger berechnend wirken, wenn es
nicht seine eigene Partei gewesen wäre, die in den letzten Jahre stoisch zusah,
wie das Vermögen der 1% Reichsten gewaltig anschwoll.
Die SPD
senkte das Rentenniveau, führte die geringere Besteuerung von Kapitalgewinnen
ein und Nahles setzte bei der ihrer Rentenpolitik wieder auf die armen
Beitragszahler, während sie Beamte, Unternehmer und Bundestagsabgeordnete
schont.