Echter investigativer Journalismus stirbt langsam aus, weil
die seriösen Zeitungen alle sparen. Die klickenden Konsumenten haben eine zu
kurze Aufmerksamkeitsspanne und wollen auch kein Geld ausgeben.
Gab es früher in großen Redaktionen auch Dokumentare,
die alle verbreiteten Fakten überprüfen, findet man die inzwischen kaum noch,
außer beim SPIEGEL und der SZ.
Vor einigen Jahren löste der Springer-Verlag seine gesamte
Dokumentation auf, entließ weit über 100 Rechercheure in Hamburg.
Googeln tut es doch auch und kostet nichts.
Investigativer Journalismus ist das natürlich nicht mehr.
Ein investigativer Journalist übernimmt nie irgendwelche
Daten aus Dritt-Quellen, sondern spricht mit allen Betroffenen persönlich.
Das ist aufwändig, dauert lange und kostet eine Menge
Reisespesen.
Aber nur so können gute Medien ihre Gatekeeper-Funktion
erfüllen.
Blogger sind keine Journalisten. Blogs sind im besten Fall
eine feuilletonistische Betrachtung des Geschehens oder schlicht eine Plattform,
um seine eigene Meinung zu verbreiten.
Blogger bedienen sich dabei allen erdenklichen Quellen, die
sie hoffentlich immer kenntlich machen und deren Relevanz sie einschätzen
können.
Der Schreiber dieser Zeilen berichtet nicht objektiv, sondern
versucht seine persönliche Meinung zu begründen. Dabei verwendet er die
Informationen „richtiger Journalisten“, die er für seriös hält.
BILD, Focus oder RTL gehören selbstverständlich nicht dazu
und tauchen daher auch nie in Verlinkungen auf.
Es fließen persönliche Erlebnisse und Erfahrungen ein, aber
völlig neue Erkenntnisse sind auf nicht-investigative Art nicht zugänglich.
Blogger, die zu Hause am Schreibtisch sitzen, können große
Mengen Informationen zusammentragen, aber nicht eigenständig große Skandale
aufdecken.
Rätselhaft bleibt, wie genau sich öffentlich zugängliche
Informationen verbreiten.
Weshalb werden offen zu Tage liegende Fakten über Jahrzehnte
zwar regelmäßig von Journalisten beschrieben finden aber keinerlei Wiederhall
bei den Lesern/Zusehern?
Obschon ich keinen religiösen familiären Hintergrund habe,
wußte ich schon als Teenager genau, daß es ein Karfreitags-Tanzverbot gibt, daß
Bischöfe vom Staat und nicht etwa aus der Kirchensteuer bezahlt werden.
Wann immer ich das in den nächsten Dekaden erzählte, stieß
ich aber auf großes Staunen.
Viralität bezeichnet die schnelle Informationsweitergabe von Mensch zu
Mensch. Eine kommunikative Botschaft wird in einem Sozialen Netzwerk von User
zu User weitergetragen. Besonders soziale Netzwerke wie Facebook verfügt über
ein hohes Maß an Vernetzung und Viralität, da hier eine Botschaft in kurzer
Zeit eine große Reichweite entwickeln kann. Durch den Share Button wird diese
Weitergabe zusätzlich vereinfacht. [….]
Es gibt auch klassische wiederkehrende Informationen, die
jährlich, oder alle paar Jahre für Empörung und Verblüffung sorgen.
Der Bundespräsident wird von der
Bundesversammlung gewählt.
Pfingsten wird gefeiert, weil an
dem Tag der Heilige Geist ausgegossen wurde.
Bei Bundestagswahlen wählt man
eine Partei und damit die Zusammensetzung des Bundestags, aber natürlich nicht
den Bundeskanzler.
Der Bundeskanzler ist
hierarchisch nur die fünft-mächtigste Person in Deutschland.
Außerdem gibt es durchaus wichtige Informationen, die nach
meinem Eindruck sogar fast vollständig außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung
passieren, obwohl sie selbstverständlich mit drei Klicks für jeden zugänglich
sind.
Wie kommt man in den Rundfunkrat
und wer sitzt da eigentlich? Wer bestimmt das TV-Programm und die politische
Ausrichtung eines öffentlichen Senders?
Wer wählt die Bundesrichter aus?
Wie entscheidet sich wer Vorsitzender einer der Kammern des
Bundesverfassungsgerichts wird?
Darüber hinaus gibt es bekannte Irrglauben, die sich
erstaunlich hartnäckig halten, obwohl die Realität gar nicht verheimlicht wird.
Nicht der Bundesgesundheitsminister
oder das Parlament bestimmen wesentliche Teile der Gesundheitspolitik, sondern
der allmächtige Gemeinsame Bundesausschuss GBA.
Solange ich zurückdenken kann, weiß ich, daß katholische
Priester massenhaft Kinder quälen und vergewaltigen.
Schon Ende der 1960er Jahre wurde publik in welch
massenhaften Ausmaß Kinder und Jugendliche in christlichen Heimen brutal
ausgenutzt, gefoltert und entrechtet wurden.
Das gehörte bekanntlich zur journalistischen Arbeit der
Konkret-Redakteurin Ulrike Meinhof.
Seit es diesen Blog gibt (ab Juni 2007) schreibe ich
regelmäßig über solche Vorgänge. Nicht, weil ich das exklusiv selbst
recherchiert hätte, sondern weil das durchaus auch in den „normalen Medien“
(Panorama, Monitor, Spiegel) berichtet wurde.
Aber 2010 kam das Canisius-Outing und urplötzlich sprach man
darüber. Bischof Laun erklärte damals in einer Talkshow, man habe innerhalb der
RKK nichts dagegen unternehmen können, da diese Ungeheuerlichkeiten ja erst
jetzt (2010) bekannt wurden.
Da staunte ich nicht schlecht.
Ich als atheistischer Laie, der keinen Fuß in die Kirche
setzt und nie Messdiener war, lese seit Jahrzehnten diese Pädo-Stories in der
Süddeutschen und im Spiegel, aber ein Bischof, der mitten drin sitzt und
exklusiven Zugang zu allen geheimen Informationen bekommt, hat davon nie etwas
bemerkt?
[…..]Wir erinnern uns alle mir
Schrecken daran wie in den Jahren 2010/2011 über 90% der Nation, bis weit in
den linken Bereich dem Charme des Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob
Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg verfielen, ihn
für einen Messias hielten, obwohl er von Anfang an ein Blender und Betrüger
war. Interessanterweise wurden KTGs dreiste Lügen schon 2009 aufgedeckt und
beispielsweise von PANORAMA (und auch in diesem bescheidenen Blog)
veröffentlicht.
Aber Fakten sind irrelevant in
einem verführbaren Volk wie dem Deutschen. […..]
Neuestes Beispiel für eine völlig verzögerte Wahrnehmung der
Masse ist die Homöopathie.
Seit 200 Jahren gibt es nicht den geringsten Nachweis einer
Wirkung.
Das ist von vorn bis hinten Humbug.
Homöopathie ist weder pflanzlich noch ein Naturheilverfahren.
Und als Chemiker freut es mich immer mal wieder drauf
hinzuweisen, daß sowohl pflanzliche, wie Homöopathika, Naturheilmittel als auch
natürlich klassische schulmedizinische Medikamente allesamt CHEMIE sind.
Es gibt nichts Nicht-Chemisches.
Die Besonderheit an Globuli und HÖ-Tropfen ist bloß, daß das
verkaufte Wasser oder die gestampfte Lactose keinerlei therapeutisch wirksamen
Inhaltsstoff enthalten. Es ist reine Fake-Medizin, kompletter Unsinn, Abzocke.
Seit Jahrzehnten regt es alle Eingeweihten auf, wieso dieser
Schwachsinn von den Krankenkassen und somit der Allgemeinheit finanziert wird –
nur damit sich ein paar Scharlatane die Taschen füllen können.
Zwecklos. Landesministerinnen in NRW und ostdeutsche Ministerpräsidentinnen
treten öffentlich für diese ganz große Verarschung ein.
Aber ich habe den Eindruck, das Thema promoviert gerade von
der öffentlich bekannten auf die tatsächlich öffentlich wahrgenommene Ebene.
Der Ausstieg Frankreichs aus der HÖ-Bezahlung
ist die Initialzündung, aber diesmal ergreift es auch weite Teile der Presse.
Viele Parteien (außer der Linken!) schließen sich den Forderungen an, endlich die HÖ-Verrückten ihr sinnloses Hobby selbst bezahlen
zu lassen.
[….] Es geht nicht darum, Homöopathie zu verbieten oder den Verkauf von
homöopathischen Arzneimitteln zu stoppen. Jeder, dem diese Therapieformen
wichtig sind und bei dem sie helfen, soll sie weiterhin anwenden können. Keine
Frage.
[….] Es geht um die Frage, was gesetzliche Krankenkassen ihren Mitgliedern
bezahlen sollen und müssen. Homöopathie gehört nicht dazu.
[….] Wer kurzsichtig ist, muss seine Brille zu großen Teilen selbst
bezahlen. Wer kranke Zähne hat, muss oft viel eigenes Geld auf den Tisch legen,
damit er wieder kauen kann. Mit anderen Worten: Für einige wirklich wichtige
Funktionen des menschlichen Körpers – Sehen und Essen – geben die Krankenkassen
viel weniger Geld aus, als sie sollten.
Für jede Pillenpackung ist eine Zuzahlung fällig. Ärzten wird das
Honorar gekürzt, wenn sie zu viele Patienten behandeln oder zu viel Arznei
verschreiben. Pflegekräften wird kein höheres Gehalt gezahlt. Aber für Zuckerkügelchen
– die berühmten Globuli – und für maximal verdünnte Flüssigkeiten ist genügend
Geld da? Ernsthaft? [….] Der TV-Satiriker Jan Böhmermann hat die
Homöopathie neulich aufs Korn genommen. Er hat den Inhalt von zwei Flaschen
Globuli in einer Schale zusammengeschüttet und dann gesagt, niemand könne jetzt
mehr nachweisen, welches Zuckerkügelchen aus welcher Flasche kam. Plastischer
kann man die Homöopathie nicht entlarven. [….]
[….] Zwei von drei gesetzlichen Kassen in Deutschland zahlen ihren
Versicherten nicht nur moderne Medizin, sondern auch Zuckerkügelchen ohne
Wirkungsnachweis und Behandlungsmethoden aus vorwissenschaftlicher Zeit. Dass
die geheimnisvollen, unbedingt mit Plastik- oder Porzellanlöffelchen zu
verrührenden Globuli und Tröpfchen tatsächlich über den Placebo-Effekt hinaus
wirken, hat noch keiner der für diesen Ausgabeposten Verantwortlichen
behauptet. [….]
[….] In Frankreich erstatten die Krankenkassen ab 2021 die Kosten für
Homöopathie nicht mehr. In Großbritannien ist es schon heute so. Ein solcher
Schritt ist auch im deutschen Gesundheitssystem überfällig. Sogar die
Kassenärztliche Bundesvereinigung will es inzwischen nicht mehr verstehen,
warum eine teure, gen Erdmittelpunkt geschüttelte Zuckerlösung weiter von der
Solidargemeinschaft gezahlt werden soll.
[….] Es kann nicht sein, dass Kassenpatienten über ihre Beiträge gezwungen
sind, für Arzneimittel zu zahlen, deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist. [….]
Das Geld der Versicherten, das in die
Homöopathie fließt wäre anderswo sinnvoller angelegt: beispielsweise im Kampf
gegen Krankenhaus-Keime oder in der Antibiotika-Forschung. [….]