Dienstag, 22. Juli 2025

Was ist los in den Nachrichtenredaktionen?

Der Niedergang der US-Medien zeichnete sich mit Trumps Wahlkampf 2016 überdeutlich ab.

Gierig nach Einschaltquoten und Werbeeinnahmen, ließen sie alle journalistischen Standards fallen und sendeten die USA letztlich in die faschistoide Diktatur, die 2025 errichtet wird. Endlos O-Ton der ungeheuerlichsten Lügenmärchen, bis sich die abstrusesten Verschwörungstheorien in den Köpfen von 77 Millionen Wählern eingenistet hatten.

Im zehnten Jahr des „Flood-the-zone-with-shit“-Zeitalters, covern die Nachrichtenredaktionen immer noch atemlos hinterherhechelnd, jeden hanebüchenen Unsinn, der Trump und seinen hirntoten MAGAs durch die leeren Hirne kugelt.


CNN hat sich aller kritischer Journalisten entledigt und besetzt seine Panels nun streng paritätisch mit MAGAs, die ausführlich die Verschwörungstheorien aus dem White House nachplappern. Sie nehmen es alle einfach hin, so wie auch Fritze Merz stoisch lächelnd und vor allem schweigend, in Oval Office saß, als Trump seine größten Lügenmärchen ausbreitete. Dafür erfuhr er sogar noch breites Lob der deutschen Presselandschaft, weil er es vermocht habe, Fascho-Jabba ohne einen seiner berüchtigten Wutanfälle zu treffen.

Diese an Merz angelegten Minimal-Kriterien sind nur allzu passend für deutsche TV-Nachrichtenredaktionen, die alle Fehler der US-Medien im Umgang mit Trump stoisch wiederholen, indem sie tumb den deutschen gesichert rechtsextremen Verfassungsfeinden, die roten Teppiche ihrer Talkshows auslegen.

  [….] Immer wieder wird Kritik an der Gästeauswahl von Talkshows im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen laut – besonders die Frage, ob man rechtsextremen Ideen Vorschub leistet, wenn man ihre Vertreter in Talkrunden einlädt, teilt die Meinungen.

Wie groß ist diese Gefahr? Immerhin werden etwa größere Teile der AfD vom Verfassungsschutz beobachtet und als klar rechtsextremistisch eingestuft. Sollte man also überhaupt noch mit ihren Vertretern sprechen? Darüber diskutiert heute Abend bei Maybrit Illner eine Runde aus Politikern und Experten. Das sind die Gäste:

Beatrix von Storch (AfD)

Die Vollblutpolitikerin und ausgewiesene Expertin für rechtsextremes Gedankengut ist der Meinung, dass solche Ängste völlig überzogen sind. Im Gegenteil: Linksgrün-versiffte GEZ-Medien wie ARD und ZDF hätten die Pflicht, auch unliebsame Meinungen anzuhören.

Tino Chrupalla (AfD) [….]

Alice Weidel (AfD)

Die leidenschaftliche Müllermilch-Trinkerin und Talkshow-Veteranin empfindet die AfD überhaupt nicht als faschistisch, sondern vielmehr ihre Gegner. [….] Björn Höcke (AfD)

Weil Adolf Hitler auf die Einladung der Redaktion von Maybrit Illner nicht reagierte, sitzt er heute als Ersatz im Studio: Björn Höcke, aufstrebender AfD-Politiker und in eigenen Worten womöglich bald "interessante politische Person in diesem Lande". [….] Zugeschaltet wird außerdem der österreichische Agenda-Setting-Experte Martin Sellner, der die Aussagen der Gästerunde wissenschaftlich einordnen soll.

Das ZDF verspricht sich angesichts dieser attraktiven Gästeauswahl eine spannende Debatte, hervorragende Einschaltquoten sowie einen schonenden Umgang nach der Machtergreifung.  […]

(Postillon, 15.02.2024)

Die elenden seichten Politiker-Sommerinterviews, die ob ihrer lächerlichen Softball-Fragen ohnehin abgeschafft gehören, zeigten es wieder einmal.

Völlig hilflos und ohne Widerspruch, ließ der Leiter des ARD-Hauptstadtbüros, Markus Preiß, Alice Weidel plappern. Aber es herrscht große Empörung über eine satirische Protestaktion des Zentrums für politische Schönheit.

Rechtsextreme Verfassungsfeinde gehören überhaupt nicht eingeladen und wenn man es schon tun, darf man es nicht ohne LIVE-Faktencheck ausstrahlen. Möglich wären auch aufgezeichnete Interviews, die anschließend eine faktische Einordnung erhalten.

[….] Es wäre ein weiteres Sommerinterview auf dem Weg zur Normalisierung einer extrem rechten Partei geworden, aber es kam anders. Wie sonst auch kniff Alice Weidel die Augen zusammen und haute ihren üblichen Bull­shit raus, um die Paranoia ihrer Anhänger zu befeuern und bei jedem Problem nach zwei Sätzen wieder bei den vermeintlich bösen Ausländern zu landen.

Diesmal aber konnte man ihr nicht folgen: Denn im Hintergrund sang ausdauernd ein weihnachtlich klingender Chor „Scheiß AfD“ – laut, feierlich und in Dauerschleife. Weidels rechtsextreme Hetze wurde konterkariert durch den vom Band abgespielten Stör-Chor mit Ohrwurmpotenzial – statt Normalisierung gab es antifaschistische Kommunikationsguerilla. Der Zwischenruf kam vom Zentrum für Politische Schönheit und ihrem Protestmobil, das von der gegenüberliegenden Spreeseite das Interview im Regierungsviertel beschallte.

Natürlich handelt es sich dabei um eine legitime Protestaktion – gegen eine extrem rechte Partei, aber auch öffentlich-rechtliche Sendeanstalten, die seit Jahren trotz der fortschreitenden Radikalisierung der AfD ihr weiter eine Plattform bieten, als wäre das normal. Selbst der Verfassungsschutz hat mittlerweile erkannt, dass die AfD rechtsextrem ist – eine gesellschaftliche Entnormalisierung der Partei findet trotzdem nicht statt.

Zugleich gibt es nach der Aktion empörte Stimmen, die kommentieren, die Protestaktion helfe der AfD, weil sie sich so mal wieder in ihrer Opferrolle suhlen kann. Das ist Quatsch – zum einen suhlt sich die AfD ohnehin in ihrer Opferrolle, weil das zur DNA rechtsextremer Parteien und Bewegungen weltweit gehört. Zum anderen wählt doch kein Mensch nun die AfD, weil ein paar Aktivist*innen mit einer „Scheiß AfD“-Kakofonie ein ARD-Interview gecrasht haben – ebenso wenig, wie Weidel entzaubert worden wäre, wenn das Gespräch störungsfrei geblieben wäre.

Denn nicht Gegenproteste helfen der AfD, sondern Konservative, die das Verfassungsgericht beschädigen. Es sind christsoziale Innenminister, die in vorauseilendem Autoritarismus mit islamistischen Taliban verhandeln, um AfD-Positionen und ihren Abschottungswahn umzusetzen. Die Union hat noch immer nicht begriffen, dass rechter Kulturkampf auf dem Rücken von Minderheiten willfährig genau die Polarisierung vorantreibt, von der die AfD träumt. Und dass die Union mit ihrem Rechtsschwenk der rechtsextremen Hetze ihr Gütesiegel verleiht. [….] Bleibt am Ende die Frage: Warum ist es eigentlich Teil des Programmauftrags, einer gesichert rechtsextremen Partei in Herrschaftskulisse ein Podium zu bieten, als wäre das normal? Nichts daran ist normal. Und daran hat das Zentrum für Politische Schönheit mal wieder erinnert. Zu Recht. [….]

(Gareth Joswig, 21.07.2025)

Bei CNN, ARD und ZDF (von den rechten Medien ganz zu schweigen) wird kapituliert. Es gäbe leider keinen besseren Weg mit ihnen umzugehen. Da sie aber Millionen Wähler repräsentierten, könne man sie auch nicht verschweigen.

Das ist so falsch!

Gute Journalisten, die sich nicht erschlafft niederreden lassen und stoisch ihre vorformulierten Fragen durchrattern, können Rechtspopulisten durchaus entlarven. Lea Rosh, Roger Willemsen, Volker Panzer, Friedrich Küppersbusch, Michel Friedmann können, bzw konnten das. Lanz und Miosga nicht.

Besonders bizarr ist, daß es teilweise unter dem Dach der gleichen Medienhäuser durchaus Kompetenz gibt, Rechtsextreme zu stellen.

Oft ausgerechnet in den Satire-Formaten, die immer mehr die Rolle seriöser politischer Aufklärung übernehmen, während die Nachrichtenredaktionen schlummern und euphemistisch abwiegeln. 

Extra3, Heute Show, Reschke Fernsehen in Deutschland, die Latenight-Shows und Bill Maher in den USA.

Kein Wunder, daß sich Trump und sein MAGA-Kult auf die Late Night Talker einschießen. Sie leisten nicht nur glaubwürdigen und seriösen Widerstand gegen die Extremisten in Washington, sondern genießen auch das Vertrauen ihrer Zuseherschaft. Die politische GOP-Realität ist längst verrückter als jede Satire.

Während das Vertrauen „in die Presse“ schwindet, halten Satiriker wie Stephen Colbert, Jimmy Kimmel, Seth Meyers, John  Oliver Trevor Noah und Jon Stewart die Fahne des besten Journalismus hoch. Sie zeigen es den eigentlichen Polit-Plapperern der News-Sender.

[….] Also … Amerika, hm? Du weißt Bescheid über die Abschiebelager und die Todesfälle, die dort bereits geschehen, über den wirtschaftlichen Flächenbrand, die rasende Inflation, den zunehmend verschmierten, verrottenden Kobold, der auf einer Pyramide aus Hass hockt und seine Halluzinationen live streamt, während er gegen den Pädophilie-Skandal kämpft, den er einst nutzte, um seine Sekte zu vereinen? Es ist der Skandal, den sein ehemaliger Unterstützer Rupert Murdoch jetzt benutzt, um ihn fallen zu lassen, bevor er die gesamte rechtsradikal-pseudochristlich-misogyn-psychopathische Maschinerie gefährdet, die darauf aus ist, Demokratien weltweit zu verschlingen. Und Rupert sammelt Dreck über jeden – er wird diesen Kampf gewinnen.

Mitten in dem Chaos, das unvermeidlich entsteht, wenn man Faschisten, die zugleich Idioten sind, in den Himmel hebt, gibt es jetzt eine echte Graswurzelbewegung, die hofft, dass der Komiker Stephen Colbert – der wiederholt gesagt hat, dass er nicht für ein öffentliches Amt kandidieren will – für das Präsidentenamt antritt. Warum? Nun, das ist eine lange Geschichte.

Am vergangenen Donnerstag wurde bekannt gegeben, dass die „Late Show with Stephen Colbert“ im Mai nächsten Jahres eingestellt wird. Es ist die beliebteste Late-Night-TV-Show der USA, verehrt, preisgekrönt und, seit sie die englischsprachige Welt online durch die Covid-Pandemie gerettet hat, ein ehrenwertes Mitglied vieler Familien auf der ganzen Welt. Es ist auch eine satirische Comedy-Show, die jahrelang über Donald Trump gelacht hat. Sie gehört CBS, das wiederum zu Paramount gehört, diesem Produktionsgiganten, der gerade eine riesige Summe an Trump bezahlt hat, um eine Klage zu beenden, die er – selbst jetzt – höchstwahrscheinlich gewonnen hätte. Paramount will einen endlos verzögerten Fusionsdeal mit Skydance abschließen, da die Einnahmen aus dem traditionellen Fernsehen einbrechen, und benötigt dafür die Genehmigung der Regierung. Die anschließende Empörung war vorhersehbar. [….] Im Gegensatz zu Fox’ irrer Mischung aus Orwell’scher kognitiver Dissonanz und Werbung für Blasenkatheter war „The Daily Show“ eine kleine, satirisch-absurde Nachrichtensendung – auf „Comedy Central“. [….] Während Amerikas Nachrichtenmedien Personal und Expertise abbauten und nach und nach durch immer politisiertere Eigentümer übernommen wurden, mauserte sich „The Daily Show“ zu einem Kult-Hit und einer echten Informationsquelle. Jon Stewart – jener manische Typ am Schulpult – wurde zu einer Ikone der Vernunft, die nach oben boxte und dabei aber immer zu ausgewogener politischer Kritik in der Lage war. [….] John Oliver, einst Teil des Teams, das aus „The Daily Show“ hervorging, moderiert jetzt HBOs „Last Week Tonight“, eine mehrfach preisgekrönte satirische Investigativshow. Zu diesen Preisen gehören auch drei Peabody Awards, mit denen Exzellenz und Aufklärung in den Medien ausgezeichnet werden – normalerweise sind das nachrichtliche journalistische Arbeiten. Den „John-Oliver-Effekt“ nennt man das längst, wenn einzelne Folgen einen Einfluss auf das echte Leben haben. Oliver arbeitet sich in detaillierte, wissenschaftliche Einzelheiten zu komplexen Themen ein – wie ein Journalist. In Wahrheit besteht seine Show aus 40 Minuten investigativer Berichterstattung, die so düster ist, dass man sie gar nicht anschauen könnte, wenn sie nicht auch immens befreiend und lustig wäre.

Jimmy Kimmel, Late-Night-Moderator bei ABC, wird hingegen der sogenannte „Kimmel-Test“ zugeschrieben: Politiker haben Angst, dass Gesetzesentwürfe, die in Kimmels Comedy-Monologen zerrissen werden, nicht mehr umsetzbar sind. Ist all das nicht eigentlich die Aufgabe der vierten Gewalt?

Mit seinen detaillierten Analysen und satirischem Geschick kritisiert Colbert alles, was in Amerika falsch läuft. [….]

(A.L. Kennedy, 22.07.2025)