Eigentlich muß man die SPD für ihre herrliche Un-Professionalität und über 150 Jahre erhaltene Naivität lieben.
Das sind
echte Amateure geblieben, bei denen Emotionen bestimmen und persönliche
Animositäten ausgelebt werden.
Bei der
gestrigen Landtagswahl in Schleswig-Holstein verlor die SPD exakt 3.413 Stimmen
gegenüber 2012 und sogleich sind alle zu Tode betrübt, verfällt das gesamte
Willy-Brandt-Haus in Agonie.
Die
Stimmung ist die übliche "Ach, das
wird doch schon wieder nix"-Dauerdepression vor Bundestagswahlen, so Peter Dausend in der ZEIT.
Da ist
sie wieder, die herrlich naive SPD. Sie tauscht nach der Gabriel-Baisse den
Vorsitzenden gegen einen Opa aus der Provinz aus und ist so froh darüber den
eigenen Chef losgeworden zu sein, daß die pure Euphorie erst auf die Presse
abfärbt und dann die Demoskopen durchdrehen lässt. Nach gefühlten 100 Jahren
liegen die Sozis mal wieder in einer Umfrage vor der CDU und schon träumt man
von der Machtübernahme. An der Politik und Programmatik wird nicht ein Wort
verändert, aber gute Stimmung, Autosuggestion und die Glücksmetapher „Würselen“
werden Merkel schon wegfegen. So soll im Jahr 2017 Politik funktionieren?
Als Berufspessimist
und offensichtlich eins der wenigen SPD-Mitglieder, das kein Schulz-Fan ist, wundere
ich mich doch, daß die Genossen nun kollektiv in den Hühnerhaufenmodus verfallen
und hysterisch werden.
Ja, das war
natürlich so erfreulich wie eine Wurzelbehandlung was gestern passiert ist.
Aber
dramatische Veränderungen gab es gar nicht.
Wieso
nennt Reuters das „eine krachende Niederlage der SPD im Norden
der Bundesrepublik“?
Von den drei Parteien der „Küstenkoalition“
haben SSW und Grüne ihre Sitzanzahl genau gehalten und die SPD verlor einen Sitz.
Das waren
3,1 Prozentpunkte weniger als 2012.
Der Blick
auf die absoluten Stimmen zeigt, daß Albig fast keine Wähler verlor:
2012 bekam die SPD 404.048 Zweitstimmen und gestern waren es 400.635.
2012 bekam die SPD 404.048 Zweitstimmen und gestern waren es 400.635.
Ich kann
darin keinen „krachende Niederlage“ erkennen.
Ministerpräsident
Albig leistete sich ein paar selten blöde Fehler.
Einen
eigenen Kanzlerkandidaten brauche die SPD doch gar, Merkel wäre doch prima, befand der Glatzenträger im Juli 2015.
Und kurz
vor der Wahl, am 20.04.2017, noch das unfassbar peinliche Interview in der BUNTEN,
in dem er über seine Frauengeschichten plauderte.
Homestorys
in Klatschblätter passen zu Hollywood-Superpromis und Königsfamilien. Wenn mäßig
erfolgreiche Provinzpolitiker die Methode kopieren geht es immer schief; so hat
schon ein Hamburger Bürgermeister sein Amt verloren. Auch für Scharping und
Brüderle bedeuteten die Versuche sich via BUNTE zu inszenieren letztlich das
politische Aus. Anton Hofreiter malte für die "Bunte" Aquarelle und
ist immer noch Urnengift.
Das bessere Rezept ist es nicht durch Glamour
punkten zu wollen, auf alberne FILA-Inszenierungen in der Bunten
(Beust Kurzzeit-Nachfolger Ahlhaus) zu verzichten, (…..) sondern gute Arbeit abzuliefern. (….)
Ich
halte Albigs BUNTE-Blamage nicht für einen Skandal, aber so ostentativ seine Eitelkeit
zu zeigen, hilft natürlich auch nicht und dürfte schon ein paar Stimmen
gekostet haben in einem wenig glamourösen Flächenland, wenn der Herausforderer als
brave, fromme, katholisch-konservative Christian-Wulff-Kopie mit Spießigkeit
punktet.
Die SPD
verlor 24.000 Stimmen an die CDU und 15.000 an die FDP. Die SPD kompensierte
diese Abwanderungen zwar mit ehemaligen Piraten- und Nichtwählern (8.000 und
30.000 Stimmen), konnte aber von den anderen Landtagsparteien überhaupt nichts
gewinnen.
Die CDU
gewann gerade mal 1,2 Prozentpunkte hinzu.
2012 war
der Wahlausgang in Kiel extrem knapp und die minimale Verschiebung der Anzahl der
Sitze; SPD 22->21, CDU 22->25, ist in dem Fall entscheidend.
Sozis haben
gestern mit minimalen Veränderungen eine maximale Klatsche bekommen.
Welche
Tranquilizer im Willy-Brandt-Haus ins Wasser eingeleitet werden, weiß ich natürlich
auch nicht. Es ist schließlich keine große Überraschung, daß dieses Jahr auch drei Landtagswahlen
stattfinden.
Da
könnte man schon mal ein paar Pläne vorlegen.
Die
Berliner Parteispitze ist nicht in der Lage Debatten zu bestimmen. Schulz ist
seit Wochen quasi untergetaucht und wenn Lügenminister de Maizière seine unsäglichen
Leid-Kultur-Thesen verbreitet, schlägt einem Ratlosigkeit
von den Sozis entgegen, statt mutig wie Macron proeuropäisch zu agieren.
Das darf
man nicht lethargisch den
Satirikern überlassen, sondern muß als SPD vorangehen:
Schluß
mit Waffenexporten in den Nahen Osten.
Wir
reißen keine Familien auseinander und bringen damit unerträgliches zusätzliches Leid über Heimatvertriebene.
Gemeinsame
EU-Finanzpolitik; Schluß mit den Austeritätswahn.
Und wie
koordiniert die SPD-Zentrale eigentlich Termine?
Die Grundsatzrede
von Martin Schulz bei der Berliner Industrie- und Handelskammer läßt man einen
Tag nach der Schleswig-Holstein-Wahl
stattfinden und auch Sigmar Gabriels Buchvorstellung am Wochenende
läßt man ganz untergehen.
Das
stimmt mich dann doch wieder pessimistisch. Wenn wir schon gegen einen Nobody wie
Günther, der bisher nur mit einer Schweinefleischpflicht in Kantinen auffiel,
versagen und uns beginnen aufzulösen, macht das wenig Hoffnung auf die Bundestagswahl.
Zumal in
Kiel mit Habeck und Heinold zwei richtig gute Typen für ein enormes
Grünen-Ergebnis gesorgt haben.
Die
CDU-affinen Schlaftabletten Özdemir und Göring-Kirchentag werden kaum im Bund 13%
holen.
Und in
NRW ist der Frust über Löhrmanns Schulpolitik und Steffens Homöopathie-Unsinn
natürlich auch gewaltig.
Da muß
die SPD schon selbst für gute Zahlen sorgen. 27% wie in Kiel reichen nicht in
Düsseldorf oder Berlin.
Ich
wünsche mir aus dem Willy-Brandt-Haus mehr Stegner.
Da
sollte sofort CONTRA kommen, wenn de Maizière Leitkultur einfordert oder Merkel
Rüstungsgeschäfte in Nahen Osten anschiebt oder von der Leyen rechtsradikale
Umtriebe in ihrem Verein duldet.