Daran haben wir uns inzwischen gewöhnt.
Der bayerische Hetzer Seehofer poltert derartig gegen
die eigene Bundesregierung, daß er offenbar nicht ernst genommen
wird.
Glaubte ihm Merkel auch nur eine der Attacken, müßte
sie die CSU-Minister entlassen und die Fraktionsgemeinschaft mit den Bayern
auflösen.
Seehofer ist aber im Berliner Politbetrieb sowas wie
die einst wohlgelittene Tante, die bei Familienfesten gelegentlich bei Tisch in
ihre Handtasche kackt oder Tourette-artig „FICKEN!“ ausruft. Schön ist es
nicht, aber man ignoriert es, weil man weiß, daß sie leider so umnachtet ist,
daß sie nichts dafür kann.
Immerhin, so viel Realitätsrestsinn gibt es doch noch
bei Crazy Horst; er weiß offenbar, daß ihn in Deutschland niemand ernst nimmt.
Daher talibanisiert er nun die Außenpolitik der
Bundesregierung, indem er beispielsweise zum Kuscheln zu Putin fährt, während
dieser Aleppo platt macht.
Letzte Woche ging die Fummelei mit den Antidemokraten
in Budapest weiter.
Horst Seehofer reist mit schwerem Gepäck, wieder einmal, doch er lässt sich
nicht das Geringste anmerken. Lediglich eine Provokation von Angela Merkel sei
dieser Besuch in Ungarn, dieser Vorwurf aus der Heimat begleitet den
bayerischen Ministerpräsidenten am Freitag bei jedem Schritt. SPD-Chef Sigmar
Gabriel wirft ihm sogar vor, er falle der Kanzlerin in den Rücken. Statt sie
vor dem EU-Gipfel zu unterstützen, verbünde der CSU-Chef sich mit ihrem größten
Gegner: mit Viktor Orbán, dem Enfant terrible der europäischen
Flüchtlingspolitik. Und tatsächlich: Bei der Ankunft könnte man den Eindruck
gewinnen, Seehofer fühle sich in Budapest wohler als in Berlin.
Orbán begrüßt Seehofer wie einen alten Freund. Sie schütteln sich lange die
Hände, Seehofer klopft dem ungarischen Regierungschef zweimal anerkennend auf
die Schulter. Dann entschwinden beide zum Vieraugen-Gespräch in den prächtigen
ungarischen Regierungspalast. […]
Sicher, das Verbünden mit Faschisten, rechtsradikalen
Diktatoren und Apartheid-Präsidenten hat eine lange Tradition in der CSU.
Besser macht es das aber nicht, denn Seehofer bereitet
nicht nur der AfD den Boden, sondern er gehört damit auch zu den Verursachern
von rechtsradikaler Gewalt in Deutschland.
Sein Kurs fällt natürlich auch in seiner eigenen
Partei auf fruchtbaren Boden.
Auf kleinkommunaler Ebene pöbeln CSU-Funktionäre
mindestens genauso extrem.
Beispiel Zorneding. Die oberbayerische
8921-Einwohner-Gemeinde (Landkreis Ebersberg) in der Nähe von München wird,
natürlich, von einem CSU-Bürgermeister regiert, aber immerhin wählte dort jeder
Fünfte grün; die CSU erreicht dort gerade mal die 40%-Marke.
Umso lauter agiert die Vorsitzende der Zornedinger
CSU, Sylvia Boher.
[….] In der aktuellen Ausgabe des von ihrem
Ortsverband herausgegebenen Zorneding-Reports hetzt sie gegen Flüchtlinge,
schimpft über die Hilfsbereitschaft vieler Deutscher und Politiker und sieht
die Gefahr eines Gottesstaats. [….] Bohers
Text ist voll von Pauschalisierungen zwischen "unseren Armen" und den
fremden Asylbewerbern, denen alles in den Rachen geworfen werde. "Heute
wird uns von den linksdominierten Medien weisgemacht, ein
Militärdienstflüchtling aus Eritrea ist mit einem heimatvertriebenen Deutschen
des Zweiten Weltkriegs gleichzusetzen???", schreibt sie. Als nach 1945
Heimatvertriebene nach Deutschland kamen, seien sie von der Bevölkerung -
anders als heute - nicht mit Begeisterung empfangen worden, "kostenlose
Verpflegung, Unterkunft und Taschengeld: Fehlanzeige! Integrationsbeauftragte:
Fehlanzeige! Psychologen für die traumatisierten Vertriebenen:
Fehlanzeige!"
Boher fragt: "Was würde Strauß dazu sagen, dass die von deutschen
Staatsbürgern gewählten Volksvertreter auf allen Ebenen weit größere
Solidarität mit Flüchtlingen aus aller Welt zeigen als mit den eigenen
Bürgern?" [….] Es ist nicht
das erste Mal, dass Sylvia Boher mit fragwürdigen Äußerungen auffällt: Bereits
1997 schimpfte sie über Flüchtlinge, die "sich auf Kosten der deutschen
Beitragszahler die Zähne sanieren lassen oder Stammesfrisuren für viel Geld vom
Sozialamt" bezahlt bekommen. Im Dezember 2011 äußerte sie sich abwertend
gegenüber Zugezogenen "mit norddeutschem Akzent", die die
"Baulandpreise für Einheimische ins Utopische wachsen lassen". [….]
Das sind meines Erachtens so extreme Töne, daß die
anderen Parteien mit allen Mitteln dagegen vorgehen sollten.
Die
Pfarrgemeinde St. Martin Zorneding wird von einem katholischen Priester
geleitet, der das Wort „Nächstenliebe“ immerhin schon einmal gehört hat und daher
gegen den Menschenhass aus der CSU predigt.
Das ist
nicht gut für ihn. Denn erstens widerspricht man der CSU nicht und zweitens ist
der Mann dunkelhäutig. Und mit „Negern“ hat die CSU bekanntlich sowieso ein Problem.
Ende des vergangenen
Jahres war Zorneding in die Schlagzeilen geraten. Die ehemalige
CSU-Ortsvorsitzende Boher hatte damals im örtlichen Partei-Mitteilungsblatt
geschrieben, Bayern werde von Flüchtlingen regelrecht überrannt. Es handele
sich um eine Invasion. Migranten aus dem afrikanischen Eritrea nannte sie
Militärdienstflüchtlinge. Und CSU-Vize Johann Haindl bezeichnete
Ndjimbi-Tshiende als "Neger", nachdem der Pfarrgemeinderat die
Äußerungen Bohers missbilligt hatte.
Ndjimbi-Tshiende,
am 18.03.1949 in Sintu (Demokratischer Republik Kongo) geboren hat auch so ganz
andere Vorstellungen von der Gemeinde-Arbeit.
Das
gefällt der CSU gar nicht:
Meine Vision: eine Pfarrgemeinde auf der
Grundlage von Gerechtigkeit, gegenseitigem Respekt und Geschwisterlichkeit nach
dem „Wort Gottes“ in der Bibel; eine Kultur der Diskussion am Beispiel des
afrikanischen Palaversystems (über alles kann man reden, Gegenseitige
Positionen kann man zu einem Konsens bringen, wenn alle ehrlich sind; meine
Spiritualität ist auf Christus zentriert, schließt aber die anderen nicht aus;
meine Vorgehensweise nimmt immer zunächst das Wesentliche in Angriff nach der
Wertehierarchie und bevorzugt die Qualität vor der Quantität. Lieber weniger
reden, genau beobachten und immer klare Stellung nehmen. Alle, ob Klein, Jung,
Alt, Familie, Alleinstehend, Arm oder Reich haben Platz in einer Pfarrgemeinde.
Wo Menschen sind, entstehen auch Probleme, diese sind mit der Vernunft zu
lösen, Emotionen lassen eher die Lage explodieren. Darum lieber darüber
schlafen. Mein Leben ist ein Grund zum täglichen Feiern…
Ein „Neger“
in Bayern, der auch noch der CSU widerspricht?
So konnte das nicht weitergehen.
So konnte das nicht weitergehen.
Die
frommen Katholiken des Erzbistums München und Freising schickten dem Pfarrer
aus Zorneding so lange Morddrohungen, bis er das Handtuch warf und ankündigte
den Ort zu verlassen. Kardinal Marx akzeptierte den Rücktritt sofort und denkt
gar nicht daran sich mal in Zorneding blicken zu lassen, um der CSU zu sagen,
was er von Morddrohungen gegen einen seiner Pfarrer hält. Naja, ist halt „nur
ein Neger“.
Zornedings
katholischer Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende wird die Pfarrei Sankt Martin
verlassen. Der gebürtige Kongolese,
[…] hat in den vergangenen Monaten fünf
Morddrohungen erhalten, weil er sich klar gegen die rechtspopulistischen
Äußerungen der ehemaligen CSU-Ortsvorsitzenden Sylvia Boher positioniert hatte.
Auch Nachstellungen hatte er aus diesem Grund erfahren. […] Sein Rücktrittsgesuch wurde vom
Erzbischöflichen Ordinariat München und Freising Anfang der vergangenen Woche
angenommen, die Gremien der Pfarrei hat er am Freitag über seine Entscheidung
in Kenntnis gesetzt. […]