Ach ja….
Manchmal
ist das Internet schon lustig.
Während
man sich vor zwanzig Jahren noch ganz allein über Skandalpolitiker ärgerte und
tagelang viele Zeitungen kaufen mußte, um zu bestimmten Ereignissen
Meinungen und Deutungen einzuholen, strömt nun automatische eine Häme-Flut aus
dem Bildschirm.
Das ist
schon ein ordentlicher Shitstorm, den der Ex-Entwicklungsminister mit dem
Militärkäppi gestern auslöste.
Die
Satiriker haben ordentlich Material.
Daß
Niebel, der ohnehin schon die Entwicklungshilfe militarisiert hatte und Gelder
nur noch an Organisationen, die mit der Bundeswehr zusammenarbeiteten vergab,
nun Rüstungslobbyist wird, passt perfekt in jedes böse Klischee, das man von
der raffgierigen und moralfreien FDP hat.
Die
treffendste Stellungnahme zum neuen post-ministeriellen Job kam vom Postillon.
Umfrage: 0 Prozent
sind überrascht, dass Dirk Niebel Rüstungslobbyist wird!
Niemand, wirklich
niemand zeigte sich heute von der Nachricht überrascht, dass der frühere
Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) künftig als Lobbyist für den
Rüstungskonzern Rheinmetall arbeiten wird. […]
Niebel kann seine
Kontakte als Minister jetzt endlich nutzen, um Ländern in Not dieses tolle
Produkt schmackhaft zu machen: Leopard 2 A6
[...]
Auch
die Frage, ob sie von Dirk Niebels Wechsel in die Rüstungsindustrie enttäuscht
seien, verneinten 100 Prozent der Befragten. Die Begründung: Es sei völlig
unmöglich, noch in irgendeiner Form von Niebel enttäuscht zu werden.
Überrascht zeigten
sich einige der Befragten angesichts der Tatsache, dass Rüstungslobbyist noch
ein vergleichsweise sympathischer Job für Dirk Niebel ist. Gefragt, welcher
Beruf noch zum ehemaligen FDP-Politiker gepasst hätte, wurden besonders häufig
"Al-Qaida-Sprecher", "Robbenschlächter" und
"FIFA-Präsident" genannt.
Endlich
ist Niebel nicht mehr der einzige Ex-FDP-Minister, der nicht ordentlich Kohle
macht.
Die
soziale Kälte, die so vehement von den fünf FDP-Ministern bekämpft wurde,
trifft allerdings nur noch einen von ihnen; Dirk Niebel.
Er
verkündet, er befinde sich noch in seiner 'Abkühlphase.'
Die
anderen vier Sozialarbeiter müssen glücklicherweise nicht mehr allzu schlimm
darben.
Der
Ex-Vizekanzler und Wirtschaftsminister Rösler ist Geschäftsführer und
Vorstandsmitglied des Weltwirtschaftsforums in Cologny in der Schweiz.
Guido Westerwelle ist
guter Dinge. […] Der
Ex-Außenminister hat schnell Tritt gefasst. Jüngst war er über zwei Wochen in
den USA, sprach an den Universitäten in Harvard und Princeton, hatte einen
Auftritt bei der FDP-nahen Naumann-Stiftung in Washington.
Westerwelles
Terminkalender ist voll. Und das wird auch in Zukunft so bleiben. Bereits vor
seinem Ausscheiden aus dem Amt im Dezember hatte er vorgesorgt - und zusammen
mit dem Internet-Unternehmer Ralph Dommermuth seine "Westerwelle
Foundation" gegründet, die in einem schicken Altbau am Kurfürstendamm in Berlin
residiert. […] Daniel Bahr ist seit Februar in der
US-Denkfabrik "Center for American Progress", die die
Gesundheitsreform von US-Präsident Barack Obama beratend begleitet. Auch ist er
an der Universität von Michigan als Gastdozent für Gesundheitsökonomie tätig. […]
Gut getroffen hat es Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, früher Justizministerin. Sie will
Generalsekretärin des Europarats werden, ein Posten, der im Juni von der
dortigen Parlamentarischen Versammlung neu zu wählen ist. Für den Job in Straßburg
hat die Ex-Ministerin die Unterstützung der Bundesregierung. "Mit
Gesprächen im Rahmen meiner Kandidatur für den Europarat war ich die letzten
Wochen in 20 europäischen Hauptstädten und viel in Straßburg unterwegs",
sagt sie.
Offensichtlich
hatten selbst die Mitglieder der ehemaligen FDP-Bundestagsfraktion keinen blassen
Schimmer davon für was für eine Partei und Politik sie standen.
Richtig
natürlich auch, was MONITOR-Chef Restle kommentiert.
Niebels Waffen
Vom
Entwicklungshilfeminister zum Waffenlobbyisten: Dirk Niebel macht Karriere. Und
zwar eine durchaus stringente. Schließlich war es Niebel, der Entwicklungshilfe
immer auch als Mittel zur Durchsetzung deutscher Wirtschaftsinteressen
verstand. Und dass diese Interessen längst auch mit militärischer Gewalt
durchgesetzt werden, lehrt uns nicht nur der Bundeswehreinsatz am Horn von
Afrika. Niebels neue Waffen sind seine alten: Ein ehemaliges Mitglied des
Bundessicherheitsrats, der früher über Waffenexporte in Krisengebiete mit
entschieden hat, macht jetzt also Reibach mit solchen Geschäften. Ein Skandal?
Ja! Aber nicht nur einer der Dirk Niebels Person betrifft. Sondern einer, der den
Paradigmenwechsel deutscher Außen(wirtschafts)politik auf ziemlich schändliche
Weise illustriert.
(Georg
Restle 02.07.14 #monitor #ardmonitor #Niebel #wdr)
Ich möchte angesichts dieses Vorgangs auf mein Posting vom 28.06.2014 zurückkommen:
Die FDP hat generell verschissen. Auch wenn
Christian Lindner es gerne vergessen machen will: ER war es, der als kommender Generalsekretär
die Koalition von 2009 mit aushandelte und Dirk Niebel, den Typen, der bis 2009
das Entwicklungshilfeministerium abschaffen wollte, zum Entwicklungshilfeminister
bestimmte.
Zwei Jahre lang lobte Lindner dann seinen Minister,
der das Ministerium zu einer Resterampe für FDP-Altkader umwandelte und auf
Steuerzahlerkosten Parteifreunde alimentierte.
Und jetzt als FDP-Chef hat Lindner offenbar
keinerlei Einfluß und Durchsetzungsvermögen.
Er läßt sich von Niebel auf der Nase rumtanzen und
sieht hilflos zu, wie der Ex-Minister der rudimentären Lobbypartei den
PR-Todesstoß gibt.
Da ist wirklich nichts mehr zu retten.
Nun muß Lindner wirklich die alte FDP löschen, wenn
er überhaupt noch darauf hoffen will die Wähler soweit täuschen zu können, daß
sie jemals wieder ein Kreuz bei seiner Industriekriechergruppe zu machen.
Er muß eine neue Konzeption vorlegen, Ethikregeln
vorstellen und einen neuen Namen finden.
Nur dann besteht überhaupt noch eine minimale
Chance für Leute wie ihn. Frau Strack-Zimmermann, die es als
Kommunalwahlkämpferin am besten weiß, wie angewidert normale Menschen auf der
Straße reagieren, wenn sie „FDP“ sehen, zeigt zwar keinen Ausweg aus der
Parteimisere an. Aber sie kann zumindest sagen, was nicht mehr geht. Und das
sind die drei Buchstaben FDP.
FDP, das Urnengift.
Wie wohlfeil von SPON sich über den üblen Effekt
des Niebel-Jobs zu beklagen.
Die FDP hat jahrelang genau für dieses völlig
verkommene Politikverständnis gestanden. Diese Partei ist wie Atommüll. Sie muß
kollektiv aus dem Gedächtnis getilgt werden. Endgelagert, für 10.000 Jahre
eingegraben.
Nicht die FDP blamiert sich, sondern es blamieren
sich Journalisten wie der Chef des Berliner SPIEGEL-Büros Blome, der ernsthaft
der FDP hinterher trauert.
Niebel blamiert die Politik. Vom
Entwicklungsminister zum Waffenlobbyisten: Der kaltschnäuzige Seitenwechsel von
FDP-Mann Niebel zerstört Vertrauen in die Politik. Die Regierung wird
vorgeführt - die groß angekündigte Karenzzeit-Regelung bleibt sie schuldig. […] FDP-Mann Niebel, bis Ende vergangenen
Jahres Entwicklungshilfeminister, arbeitet ab 1. Januar 2015 als Waffenlobbyist
für die Firma Rheinmetall.
Der Seitenwechsel von Niebel ist atemberaubend: Als oberster
Entwicklungshelfer Deutschlands sollte er die zivile Komponente der
internationalen Krisenpolitik voranbringen, nun wird der Ex-Minister für eine
der größten Waffenschmieden der Welt Kontakte knüpfen.
[…] Der Fall Niebel ist eine Blamage für die große
Koalition. Er legt offen, dass in Sachen Karenzzeit für Wechsel von ehemaligen
Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft nichts passiert ist. Ex-Kanzleramtschef
Ronald Pofalla (CDU) zur Deutschen Bahn? Ex-Kanzleramtsminister Eckart von
Klaeden (CDU) zu Daimler? […] Immerhin
sitzt der Entwicklungshilfeminister qua Amt im Bundessicherheitsrat, der über
deutsche Waffenexporte zu befinden hat. Hat Niebel zwischen 2009 und 2013 in
dem geheimen Gremium womöglich Rheinmetall-Geschäfte durchgewunken? Was hat er
in dieser Zeit über die Rüstungsbranche gelernt - und über Konkurrenten seines
neuen Arbeitgebers?
[…] Vom Fall
Niebel abgesehen: Eine Regelung, ein Ehrenkodex für Ex-Minister hätte längst
erarbeitet werden können. Zum Beispiel per Klarstellung im Bundesministergesetz.
Das wäre rasch gemacht gewesen. Passiert ist gar nichts.[…]