Freitag, 13. Dezember 2013

Einmal werden wir noch wach.


Das wird lustig, das wird lustig.
In der letzten Woche habe ich mir einige Artikel rausgelegt, die genau beschreiben welche riesigen Mehrheiten der Genossen dem GroKo-Vertrag zustimmen und wie die Ministerien besetzt werden.
Steinmeier, Gabriel, Oppermann, Nahles, Schwesig und noch eine Frau aus NRW – das war ja schon Konsens.

Aber manchmal kommt es eben doch anders als man denkt.
Prognosen sind immer schwierig; insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen.
Politiker werden gern daran gemessen, was sie einst versprachen. Wenn sie sehr grob danebenliegen, wie Kohls legendäre „blühende Landschaften“, „Keine Steuererhöhungen für die deutsche Einheit“ und „niemand wird es schlechter gehen als heute“, oder Westerwelles „IchwerdekeinenKoalitionsvertragunterschreibenohneeineinfacheresniedrigeresundgerechteresSteuersystem“, hat das eine negative journalistische Bewertung zu Folge.
Kohl und Westerwelle hatten zumindest phasenweise extrem schlechte Presse.
Während der eine aber stoisch immer wiedergewählt wurde, flog der andere gleich ganz aus dem Bundestag.
Extrem unverlässliche Politiker sind auch Merkel und Seehofer. Wenn sie etwas versprechen, ist es so gut wie sicher, daß das Gegenteil gemacht wird.
Der Bayer wird dafür durchaus in den Leitartikel heftig kritisiert, während Merkel meistens voller Wohlwollen beschrieben wird. Vermutlich ist aber der journalistische Ton gar nicht so wichtig, denn beide werden mit riesigen Mehrheiten gewählt.
Gerd Schröder und Joschka Fischer sind die anderen Extreme. Sie wurden insbesondere von den Hamburger Magazin systematisch runtergeschrieben und anders als bei Merkel und Seehofer wirkte diese Negativ-PR.
Ihnen wird noch eine Dekade später nach Herzenslust übel genommen.

Journalisten hingegen wird nie übel genommen, wenn ihre Prognosen nicht eintreffen und sich alles völlig anders entwickelt.
Was hatte die Journaille nicht alles über Koalitionen vor der letzten Bundestagswahl spekuliert. Daß die CDU um ein Haar die absolute Mehrheit bekam, hatte niemand auch nur erwähnt.

Trotz der ausführlichen Durchdeklination jedes Wahlscenarios, war aber niemand auf die Idee gekommen. Presseversagen absolut.
Nur im taz-Blog finde ich einen entsprechenden Artikel von Sebastian Heiser. Alle anderen Medien schweigen.

Wir beleuchteten sogar die Option einer Minderheitenregierung, die sich auf keine feste parlamentarische Mehrheit stützen kann (FAZ vom 7. März 2013, Seite 8, nicht online). Eine absolute Mehrheit hatte niemand auf dem Schirm. Viele von uns haben sie sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Das klang dann so: “Wunder wie eine absolute Mehrheit von CDU/CSU oder SPD wird es nicht geben.” Oder so: “Denn keine Partei wird die absolute Mehrheit erringen.” Wir Journalisten waren uns wirklich ganz sicher: “Die Frage ist eigentlich nur noch, ob Kanzlerin Angela Merkel mit der FDP weiterregieren kann – oder die SPD in eine große Koalition einsteigen muss.” Sogar noch in der Woche vor der Wahl schrieben wir, die SPD müsse “nicht fürchten, dass die [schwarz-gelbe] Koalition wegen einer absoluten Mehrheit der Union ein Ende findet”. Noch ein Beispiel gefällig? “Zwar steht eine absolute Mehrheit der Union nicht ins Haus.”
 Es ist gar nicht wichtig, welcher Kollege das jeweils in welchem Medium geschrieben hat. Wir alle haben es gleichermaßen vergeigt, übrigens in der taz kein bisschen weniger als überall sonst. Wir hauptberufliche Politikbeobachter und -erklärer haben unserem Publikum vorgemacht, dass wir etwas davon verstehen würden. Und jetzt stehen wir da, und jeder kann es sehen: Der Kaiser ist nackt!
 Deshalb sollten wir alle zurücktreten. Und wenn schon nicht von unserem Job, dann zumindest von unserem Anspruch, die Wahrheit zu kennen.  [….]
Ich bin davon überzeugt: Wir würden die Wahlberichterstattung auch mit Inhalten vollbekommen können. Und damit würden wir auf jeden Fall mehr über die reale Realität berichten als mit diesem Prognosenhokuspokus.

DANKE taz.

Morgen also werden wir wissen, ob es wirklich eine GroKo gibt, oder ob die sicheren 80% Zustimmung, welche die Demoskopen gemessen haben wollen, doch nur ein Hirngespinst waren.
Die großen Zeitungen drücken schon mal ein RESET ihrer bisherigen Informationen.

Daß sicher nur die drei Männer Gabriel, Steinmeier und Oppermann gesetzt wären und wegen der von Gabriel ausgegebenen 50% Frauenquote bei den SPD-Ministern kein weiter Mann eine Chance hätte (LEIDER also auch nicht Lauterbach), klingt auf einmal ganz anders:

Eine Überraschung gibt es offenbar auf dem Posten des Justizministers. Das Ressort soll der saarländische SPD-Landeschef Heiko Maas übernehmen. Dazu müsste er als Vizeministerpräsident aus der schwarz-roten Landesregierung ausscheiden.

Die Personalie Maas ist für mich insofern eine Überraschung, weil ich in den letzten Tagen innerlich so sehr auf Abstand zu Gabriel gegangen bin, daß ich ihm gar keine sinnigen Entscheidungen mehr zutraute.
Heiko Maas ist aber seit Jahren einer meiner erklärten Lieblinge in der SPD, den ich daher in meinem Blog auch immer wieder über den grünen Klee lobte.

Dem Mann traue ich viel Gutes zu.
Schade nur, daß die Vollpfeife Nahles offenbar auf den ungleich wichtigeren Posten der Arbeitsministerin gesetzt wird.

Ich werde nie verstehen, wie so eine Person Karriere macht, die so offensichtlich ihre Unfähigkeit bewiesen hat, indem sie als Wahlkampfmanagerin trotz der 10.000 Steilvorlagen der Losertruppe Merkel/Rösler die SPD auf 25% führte.

Die Frau, die schon durch unglaubliche Fehlleistungen aufgefallen ist (wirre Stammel-Sätze im Fernsehen, Rauskicken des Parteichefs Münteferings während der Koalitionsverhandlungen 2005), stets nur die miesesten Wahlergebnisse holt und die städtische Bevölkerung durch penetrantes Frömmeln und Papst-Bewundern abstößt!?
Dann klaut sie den hochbekloppten Spruch "Das Wir entscheidet" ausgerechnet von einer Zeitarbeitsfirma, die Dumpinglöhne zahlt als Wahlkampfslogan und schafft es nicht bei den permanenten Vorlagen von Schwarzgelb mal EIN Thema zu setzen.

Der Parteivorsitzende geht unterdessen in Vaterschaftsurlaub und verbreitet in der Presse, daß er ja so froh ist nicht mehr so viel in Berlin sein zu müssen und sich lieber um seine Tochter kümmert.

Der Fraktionsvorsitzende, der seinen Job als Belohnung für das Kuschelwahlkämpfchen von 2009 und das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten bekommen hat, taucht inzwischen auch ab und läßt mitteilen, daß er ohnehin keinen Bock auf eine erneute Kanzlerkandidatur hätte, so daß Peer schon mangels Alternative genommen werden mußte.

Natürlich ohne Nahles Bescheid zu sagen, die ebenso überrascht war und den Kandidaten in lauter offene Messer (Vortragshonorare, etc) laufen ließ. Spätestens da hätte man sie als Wahlkampfmanagerin wegen erwiesener totaler Unfähigkeit feuern müssen.

Von Nahles kamen dann aber so inhaltlich fundierte Vorschläge wie "Stricken für den Wechsel", als sie empfahl rote Mützchen zu stricken, um mit der Aktion auf mysteriöse Weise der SPD demoskopisch zu helfen...

Mit so einer Deppentruppe ist es natürlich nicht einfach eine Merkel zu schlagen, die einfach nur jovial sagen muß "sie kennen mich ja" und von den Medien mit Hofberichterstattung beglückt wird.

Daß eine mutmaßlich nächste Bundesregierung vermutlich mal wieder nichts zustande bringt, geht angesichts des Blabla-Vertrages auch immer mehr Journalisten auf.

Es gab zwar schon sehr harte Urteile gegen das Unternehmen SchwarzRot, aber nun, nachdem es zu spät ist und der SPD-Mitgliederentscheid beendet ist, wird noch mal richtig losgepoltert.

Auf der Kommentarseite der größten seriösen Tageszeitung Deutschlands klingt das heute so:

Selten gab es größeren Wahlbetrug: Entgegen allen Versprechen belastet der Koalitionsvertrag vor allem Familien und einfache Bürger, Spitzenverdiener bleiben verschont. Dieses verquere Verständnis von Gerechtigkeit ist skandalös.
[….]   Man reibt sich schon die Augen, mit wie wenig sich die einstige Reformpolitikerin Angela Merkel heutzutage zufriedengibt. Dennoch könnte einen die als Kontinuität getarnte Ambitionslosigkeit der CDU-Vorsitzenden kaltlassen - hätte sie nicht Folgen: Der Verzicht auf jede Steuer- und Abgabenreform führt nämlich dazu, dass in den kommenden vier Jahren viele Millionen Bürger viele Milliarden Euro mehr an Steuern und Sozialbeiträgen werden zahlen müssen, als es nötig und angemessen wäre.
Ja, schlimmer noch, am stärksten betroffen ist ausgerechnet diejenige Bevölkerungsgruppe, die in den Sonntagsreden der Politiker stets am meisten umschmeichelt wird - Familien mit geringen und durchschnittlichen Einkommen. Mehr Wahlbetrug war selten.
[….] Die SPD kündigte Steuererhöhungen für Spitzenverdiener an, um Mehreinnahmen für Sozialprogramme und Investitionen zu generieren.
Verqueres Verständnis von Gerechtigkeit
Nichts von all dem findet sich im Koalitionsvertrag, im Gegenteil: Der Beitrag zur Pflegeversicherung steigt, jener zur Rentenversicherung wird - obwohl gesetzlich eigentlich vorgeschrieben - nicht gesenkt. Gerade Veränderungen bei den Sozialabgaben belasten jedoch keine Gruppe so sehr wie die der Gering- und Durchschnittsverdiener, während sie Bezieher hoher Einkommen kaltlassen können. Addiert man zu den Belastungen noch die entgangenen Entlastungen hinzu, die sich durch den Bruch der Unions -Steuerversprechen ergeben, kommt man schon bei Geringverdienern auf "Kosten" von vielen Hundert Euro im Jahr. Bei Beziehern durchschnittlicher Gehälter sind es 1000 Euro und mehr.
[….] Aus dem Blickwinkel der Lastenverteilung [….]  ist er ein Manifest des Schwindels und der Ungerechtigkeit.
Im Wirtschaftsteil erklärt uns die SZ unterdessen, was für tolle „Entlastungen“ wir zu erwarten haben.

Fast alle Bürger müssen nun bezahlen - mehrere Hundert Euro jährlich. Besonders Eltern, die für Kanzlerin Merkel gestimmt haben, könnten sich nun hintergangen fühlen.
[….] Der Steuerrechtler Frank Hechtner von der Freien Universität Berlin hat für die Süddeutsche Zeitung errechnet, was die Entscheidung für Beitragserhöhungen und gegen Steuersenkungen in Euro und Cent bedeuten.
[….] Wer als Single beispielsweise 4000 Euro brutto im Monat verdient, muss pro Jahr genau 333 Euro mehr zahlen, als es CDU und CSU vor der Wahl versprochen hatten. Allein die vereinbarten Änderungen bei den Sozialabgaben fallen dabei mit 216 Euro ins Gewicht. [….] Zu den 216 Euro kommen noch 117 hinzu, die der Single mehr ans Finanzamt zahlen muss als zunächst versprochen. Einmal mehr nämlich lässt die Union die sogenannte kalte Progression unangetastet. [….] Verdient der Single statt 4000 nur 2000 Euro, muss er durch die Entscheidungen der angehenden Koalitionäre immer noch 108 Euro im Jahr zusätzlich für Rente und Pflege hinlegen. Die ungebremst wirkende kalte Progression kostet ihn weitere 28 Euro. Bei einem Monatsbrutto von 10.000 Euro entgehen dem Single künftig 511 Euro, davon 287 Euro für Beiträge. Aus dem Vergleich wird auch die soziale Schieflage der Entscheidung deutlich. Die höhere Beitragslast alleine betrachtet macht beim Geringverdiener 5,4 Prozent des Monatseinkommens aus, während sie beim Spitzenverdiener bei lediglich 2,9 Prozent liegt.
[….] Betrachtet man etwa eine Familie mit zwei Kindern, in der einer der Ehepartner 4000 Euro brutto im Monat verdient und der andere nichts, zeigt sich nach Hechtners Berechnungen, dass diese Familie allein durch die steigenden Sozialbeiträge mit 216 Euro im Jahr belastet wird. Würde die Union ihre Wahlversprechen erfüllen, könnte die Familie zusätzlich 898 Euro an Steuern sparen. Insgesamt "kostet" sie die große Koalition also im Jahr satte 1114 Euro. Zumindest Eltern, die am 22. September CDU und CSU gewählt haben, könnten sich angesichts solcher Zahlen durchaus hintergangen vorkommen.
[….] Haben beide Ehepartner Einkommen, werden die Kosten noch höher, weil auch beide die höheren Sozialabgaben zahlen müssen. Verdienen die Eltern jeweils 2000 Euro brutto im Monat, steigen für die Familie die Beiträge für Pflege und Rente um 216 Euro im Jahr. Hätte die Union ihre Wahlversprechen eingehalten, wäre die Familie bei Steuern und Kindergeld zudem um insgesamt 894 Euro entlastet worden. Macht insgesamt 1110 Euro. [….]

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