Mittwoch, 13. November 2024

Konfessionelle Klischees

Mit katholischen Kirchen-Vertretern assoziiere ich den süddeutschen jovialen wohlgenährten konservativen Mann im bunten Kleid, der allerlei Schmuck und Hüte trägt, in einem großzügigen Palais residiert, privat mit CSU-Ministerpräsidenten verkehrt, die Messdienerchen stets etwas zu lang herzt, Akten der Päderastenpriester schreddert und eins absolut nicht leiden kann: Frauen.

Der moderne Protestantismus wirkt in jeder Hinsicht, wie ein Gegenentwurf. Die EKD-Spitze wird von Frauen dominiert, die gern aus Norddeutschland kommen, neckische Kurzhaarfrisuren tragen, sich demonstrativ bescheiden geben, in der Friedensbewegung aktiv sind, jede Menge eigener Kinder haben und öffentlich auch mal was Nettes über Schwule sagen. Ihre Gottesdienste sind bewußt karg gehalten und schmücken sich gern mit einem Hilfsprojekt in für Arme, Blinde, oder Kinder in einer Kirche, die maximal weit entfernt ist und aus Dankbarkeit Bilder schickt, wie sie die milden Gaben empfangen.

Auf der einen Seite die erzkonservativen prassenden Sadisten Müller, Meisner, Mixa, Woelki und auf der Anderen die Normalo-Frauen Käßmann, Jepsen, Kurschus, Fehrs.

Als Norddeutscher, oder als Atheist, liegen die Sympathien selbstverständlich auf der protestantischen Waagschale.

Man sagt den Katholiken nach, die viel bessere Show zu machen. Die Prachtentfaltung und das Brimborium der katholischen Messen, der Gigantismus des Vatikans, all das Gold, die Edelsteine, die kostbarsten Materialien, die schiere Größe sind atemberaubend. Aber nicht nur die optischen, sondern auch die olfaktorischen und akustischen Sinne werden durch Knabenchöre und Weihrauchschwaden angeregt.  Da kann ein Probst in einer mecklenburgisch-strengen Kleinkirche natürlich nicht mithalten. Auf den ersten Blick.

In Wahrheit veranstalten die Evangeliban sogar noch mehr Show. Ihr bescheidenes Image verdeckt die garstige Realität.

Sie frönen in erster Linie dem zweit-widerlichsten Antisemiten und Menschenhasser nach Adolf Hitler, nämlich dem Hassprediger Martin Luther mit seinen blutig-sadistischen Vernichtungsphantasien. Folgerichtig waren auch die protestantischen  „Deutschen Christen“ wichtigste Stütze Adolf Hitlers, während die katholischen Kirchenfürsten zwar auch mit dem Holocaust sympathisierten, aber sich selbst nicht gern staatlichen Stellen unterordneten.

Die Evangelischen Bischöfe bekommen von den atheistischen Steuerzahlern dieselben absurd hohen Gehälter, wie ihre katholischen Kollegen.

Eisern verteidigen sie ihre finanziellen Privilegien, weigern sich über eine Ablösung der Staatsdotationen in Höhe von 600 Millionen Euro jedes Jahr zu sprechen, bestehen auf das kirchliche Arbeitsrecht, welches sie dazu ermächtig, Angestellte zu diskriminieren und geringer zu bezahlen. Beim Kindesmissbrauch durch ihre Geistlichen stehen sie den Katholiken in nichts nach, sind aber noch wesentlich effektiver bei der Vertuschung ihrer Verbrechen.

(….) Als bei den Katholiban ihr massives Kinderfi*ken in den Fokus der Öffentlichkeit geriet – ab 2002 in den USA und ab 2010 (Canisius) in Deutschland – wußten die Evangeliban, die wichtigsten Unterstützer Hitlers und Betreiber sadistischster Kinderfolterheime, in denen noch Jahrzehnte nach 1945 Hunderttausende Jungs und Mädchen bestialisch gequält wurden, was auf sie zukommt.

Die Tatsachen an sich, also Kinder brutal zu verprügeln, zu quälen, sexuell zu misshandeln und auch gelegentlich zu töten, war selbstverständlich kein Dealbreaker für die protestantische Kirche. Schließlich ist es einer der Signature Moves ihres Gottes, Erstgeborene abzumurxen.  Kinder zu schlagen, wird ebenfalls als ausdrückliche Pflicht in ihrer heiligen Bibel gefordert.

„Entziehe dem Knaben nicht die Züchtigung; wenn du ihn mit der Rute schlägst, wird er nicht sterben. Du schlägst ihn mit der Rute, und du errettest seine Seele von dem Scheol.“

(Sprüche 23,13-14, siehe auch 13,24;22:15;20,30).

„Rute und Zucht geben Weisheit; aber ein sich selbst überlassener Knabe macht seiner Mutter Schande“

(Sprüche 29,15).

Zudem berufen sich Protestanten dezidiert und stolz auf die maximal-antisemitische Horrorgestalt Martin Luther.

Die lästigen Blagen zu misshandeln ist kein Problem für die Evangeliban, aber sie mussten sich um den Imageverlust, Mitgliederverlust und damit Geldverlust sorgen, wenn die Öffentlichkeit zu viele Fragen stellt.

Zum Glück sind deutsche Öffentlichkeit, Presse, Politik und Justiz in dieser Causa extrem träge und extrem tolerant gegenüber der Täterorganisation. Massenhaftes Kinderfic*en ist kein Grund, um den Kirchen ihre Gemeinnützigkeit oder Privilegien zu entziehen. Man muss das auch nicht, wie in anderen Ländern, staatlich untersuchen. Lieber Schwamm drüber.

Und so entwickelten die Evangelischen für die nächsten 14 Jahre nach Canisius eine geniale Strategie des Umgangs mit dem sexuellen Missbrauch durch ihre Geistlichen: Wegducken, Schweigen, mit dem Finger auf die Katholiken zeigen, Fallakten dezent vernichten und darauf hoffen, der Kelch möge an ihnen vorüber gehen.

Das klappte recht gut bis 2024 die erste Studie über Kindesmissbrauch in der evangelischen Kirche Deutschlands veröffentlicht wurde und auf einmal schwarz auf weiß dastand, nicht besser als die Katholiken zu sein.

Dabei hatte die EKD in den 14 Jahren seit Canisius so erfolgreich die Akten verschwinden lassen, daß für die Studie kaum Material vorlag.

Tja, um Akten herauszugeben, habe man bedauerlicherweise kein Personal, erklärte die kommissarische Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland Bischöfin Kirsten Fehrs achselzuckend. Pech für die Opfer. Fehrs ist übrigens nur kommissarisch im Amt, weil ihre Vorgängerin, Präses Annette Kurschus zwei Monate zuvor wegen der Vertuschung eines Falles von sexuellen Kindesmissbrauchs zurücktreten musste. Just saying. (…)

(Protestantische Probleme, 19.04.2024)

Die evangelischen Führungsfrauen handeln bei sexuellen Missbrauch an Kindern durch ihre Pfaffen genau wie ihre dicken männlichen Amtsbrüder in Süddeutschland. Sie vertuschen es und belügen die Öffentlichkeit. Siehe Bischöfin Jepsen. Siehe Pröbstin Kurschus. Nachdem Letztere zurücktrat, wurde Fehrs diese Woche ganz offiziell Ratsvorsitzende der EKD. Und auch sie soll sexuellen Missbrauch vertuscht haben, so lauten die Vorwürfe, die aber ganz offensichtlich bei der Würzburger Synode niemand störten. Es ist schließlich der Signature Move aller Kirchenführer, Kindesmissbrauch zu ermöglichen. Mir fehlen die investigativen Mittel, um zu verifizieren, ob die Anschuldigungen gegen Fehrs zutreffen.

[…] Auch gegen Fehrs wurden kurz vor ihrer Wahl überraschend Vorwürfe laut. Bei der Tagung des Kirchenparlaments war am Montagnachmittag eine “Anwältin des Publikums” vor Ort, um Missbrauchsbetroffene zu Wort kommen zu lassen. Sie las die E-Mail eines Mannes vor, in der er Fehrs beschuldigt, sie habe als Hamburger Bischöfin den Aufarbeitungsprozess einer Betroffenen in der Nordkirche bewusst scheitern lassen.  Fehrs sagte vor Journalisten, der Mann erhebe die Vorwürfe schon seit Jahren. Sie seien gegenstandslos. Der Fall werde in der Nordkirche regelhaft aufgearbeitet. EKD-Ratsmitglied Andreas Barner sagte, für ein Fehlverhalten Fehrs’ sehe der Rat keine Anhaltspunkte. Sie habe sich in den vergangenen Jahren aktiv und überzeugend für Aufarbeitung von Missbrauch eingesetzt.  [….]

(KNA, 12.11.2024)

Sicher feststellen lassen sich aber immerhin drei Dinge.

1.) Die Synode stört sich nicht daran, wieder eine Vorsitzende zu wählen, die mit solchen Vorwürfen konfrontiert ist und wählte Fehrs mit 97 von 130 Stimmen. Kindesmissbrauch scheint weitgehend akzeptiert zu sein.

2.) Fehrs agiert, wie ihr Kollege Woelki und lässt statt christlicher Gnade, Nächstenliebe oder Verzeihen, die advokatische Keule schwingen. Sie unternimmt juristische Schritte.

3.) Die Opfer des evangelischen Missbrauchs werden auch unter Fehrs im Stich gelassen.

Die evangelische Missbrauchsstudie wurde unter der Verantwortung von Bischöfin Fehrs behindert, indem sie kaum Akten lieferte und mit Unschuldsmine erklärte, dafür fehle das Personal.

Detlev Zander, 60, hat in einem Heim der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal in Baden-Württemberg bereits als Kleinkind schwerste sexuelle, physische und psychische Gewalt erfahren. Als Betroffenensprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) setzt er sich bundesweit für Missbrauchsopfer ein. Er ist Mitglied im EKD-Beteiligungsforum, in dem Betroffene und Kirchenvertreter paritätisch vertreten sind, erklärt im Spiegel:

[…] die hohen Fallzahlen […] muss man angesichts des immensen Dunkelfelds ja noch hochrechnen. Auch, dass die Opfer beim ersten Übergriff im Schnitt gerade mal elf Jahre alt waren, ist schrecklich. Da waren auch kleine Jungen dabei, das ist vor dem Hintergrund, dass die EKD jahrelang nach außen vermittelt hat, in ihren Reihen gebe es vor allem betroffene Frauen und ältere Mädchen, ein völlig anderes Bild. Auch das EKD-Mantra, es habe bundesweit nur 858 bekannte Fälle gegeben, kann man nun ad acta legen. […]

SPIEGEL: Kann man den Bericht überhaupt ernst nehmen? […]

Zander: Das fällt schwer, denn er weist etliche Mängel auf. So wurden zum Beispiel aus der Diakonie nur Fälle bis zum Jahr 1970 aufgenommen. Was danach geschah, bleibt unerwähnt. Man hat vor allem Disziplinarakten konsultiert, aber kaum Personalakten – obwohl doch gerade die viel aussagen über Verdachtsmomente und mögliche Vertuschung. Die Landeskirchen haben das mit Personalmangel begründet – das ist beschämend, das lasse ich als Ausrede nicht gelten. Wenn Bischof oder Bischöfin es mit der Aufklärung ernst meinen, sind sie verpflichtet, in so einem Fall mehr Leute einzustellen. […] Vielleicht hatte man Angst, dass in den Personalakten Dinge stehen, die Rückschlüsse darauf zulassen, wer wann was gewusst hat und wie lange es gedauert hat, bis Schritte unternommen wurden. Gut möglich, dass man Vertreter der Institution schützen wollte. Mich als Betroffenen hat diese Herangehensweise sehr geärgert. Ich frage mich auch, wer eigentlich kontrolliert hat, ob die Landeskirchen vollständige und korrekte Angaben gemacht haben. […] Vertuschung wird in der Studie gar nicht thematisiert. Kein Verantwortlicher wird mit Namen genannt. Wer waren denn die Bischöfe zum Tatzeitpunkt? Stellt irgendwer sein Amt zur Verfügung? Es sind die Betroffenen, die gerade die Verantwortung übernehmen und im Beteiligungsforum versuchen, Reformen anzuschieben. […] […]

(Zander Interview, 25.01.2024)

Die im Namen der evangelischen Kirchen vergewaltigten, gequälten, geschlagenen, gedemütigten und missbrauchten Kinder können auch unter der neuen EKD-Chefin versichert sein, daß Täterschutz immer vor Opferschutz kommt. Daß Opfer in ihren Reihen keinen Platz haben, daß man die Strukturen nicht ändern wird, ihnen nicht zuhören mag und ganz bestimmt keine Entschädigung zahlen will.

[….] Auf ihren Warnwesten mit der Aufschrift „Vertuschung beenden“ perlt der Nieselregen ab. Trotzdem bleiben die etwa zehn Männer und Frauen stehen. Wenig Raum zu bekommen, das sind sie gewohnt. Als Kinder und Jugendliche wurden sie einst von Pastoren oder in Heimen der Diakonie sexuell missbraucht, seither kämpfen sie für Anerkennung. Auf der anderen Seite der Straße im Kongresszentrum tagt das oberste evangelische Kirchenparlament, die EKD-Synode.

Das Kirchenparlament ist zum ersten Mal zusammengetreten, seit vor zehn Monaten ein großes Forscher-Konsortium die erste umfassende Untersuchung zu sexueller Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie vorgestellt hat. Schon kurz nach der Studie hatten einige in der Kirche eine Sondersynode gefordert, stattdessen gab es eine Online-Tagung, die auf mäßiges Interesse stieß. Aber vielleicht wäre eine Sondersynode eine gute Idee gewesen. [….]  „Der Aufschrei ist ausgeblieben“, sagt auch Detlev Zander, der Sprecher des Beteiligungsforums Sexualisierte Gewalt. [….] In ihrer Studie attestieren die Forum-Forscher der evangelischen Kirche im Umgang mit Betroffenen schwere Mängel: Sie wurden pathologisiert, emotionalisiert und gegeneinander ausgespielt. Jene Betroffenen, die sich der Logik der Kirche unterwarfen, wurden als hilfreich und konstruktiv aufgewertet. Jene, die sich distanzierten und die Kirche anklagten, wurden ausgegrenzt.

Für die Demonstranten draußen auf der Straße organisierte die EKD ein „Awareness-Team“, eine „Anwältin des Publikums“, öffnete einen „Dialog-Raum“ – schönster flauschiger Kirchensprech, am Ende war es nichts anderes als ein leerer Nebenraum. Im Foyer standen Sicherheitsleute. [….]

(Annette Zoch, 13.11.2024)

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