Dienstag, 1. Oktober 2024

Impudenz des Monats September 2024

Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Die vom Lindner-Fan Oliver Blume geleitete Volkswagen Aktiengesellschaft setzte im vergangenen Jahr mit insgesamt 684.000 Mitarbeitern 322 Milliarden Euro um.

40% der VWs wurden in China verkauft (und damit ist nun Schluss). Dabei wurden 18 Milliarden Euro Gewinn an die Aktionäre ausgeschüttet.

Die Familien Porsche und Piëch halten 53% der Stimmrechte (31% Kapitalanteil); die anderen beiden großen Player sind das Land Niedersachen mit 20% der Stimmrechte (11,8% Kapital) und das Land Katar mit 17% der Stimmrechte (14,6% Kapitalaktien).

Gerade heute meldet das Manager Magazin, die Familie Porsche sei mit 19,3 Milliarden Euro Privatbesitz die achtreichste Familie Deutschlands.

Da lediglich 5.000 Millionen Euro an die chillenden Shareholder ausgeschüttet werden konnten; Reiche durch pures Nichtstun und Reich-sein nur um 5.000.000.000 Euro reicher wurden, schrillen nun die Alarmglocken. Krise bei VW und den Zulieferern.

Nun müssen Einsparungen her! Insbesondere die Personalkosten sollen runter. 12 Milliarden Euro von den im Jahr 2023 eingenommenen 322 Milliarden Euro gingen als Lohnkosten an die raffgierigen Arbeiter. Die Personalkosten sollen runter! Entlassungen. Schluß mit der VW-Jobgarantie. Zehn bis 20 Milliarden müssten eingespart werden; vermutlich zwei Werke in Deutschland geschlossen werden, bis zu 30.000 Mitarbeiter entlassen werden, weil in Europa mittlerweile zwei Millionen Autos weniger als in früheren Jahren verkauft werden.

Die Volkswagen AG ist die Impudenz des Monats September 2024.

Korruption, Abgasmanipulationen, Schmusekurs mit Diktaturen, der frühere Volkswagen-Konzernchef Martin Winterkorn steht vor Gericht, Greenwashing, allein acht Konzern-eigene Jets, die den Vorstandsmitgliedern auch für ihre Urlaubsflüge zur Verfügung stehen – die Liste der Verfehlungen ist lang. Aber VW war auch immer ein nationales Symbol und eine Cash-Maschine. Also liebten die Deutschen VW; kauften eifrig Käfer, Golfs, Skodas und Audis.

Am meisten verdiente man in China. Also verkniffen sich die VW-Chefs jeden Anstand, arrangierten sich mit massivsten millionenfachen Menschenrechtsverletzungen und produzierten im Reich der Mitte. Am meisten verdiente man mit besonders teuren großen, schweren CO2-Schleudern.

Klimaschutz störte da nur. Die Klimakillerkanzlerin Merkel setzte sich schließlich in Brüssel intensiv dafür ein, CO2-Grenzwerte und Flottenverbrauchsvorgaben der EU für die Winterkorns und Blumes abzuschwächen. Nach uns die Sintflut.

Ich empfehle an dieser Stelle zu den Hintergründen den Presseclub vom 29.09.2024. Die vier Gäste von der FAS, NDR, SZ und dem Spiegel hatten keinen Dissens: Das VW-Management versagte auf ganzer Linie. Die Politik versagte bei der Vorgabe strikter Rahmenbedingungen. Das CDUCSU/AFDP/FW-Gerede von EFuels und „Technologieoffenheit“, Söders Geschrei nach der Rücknahme des EU-Verbrennerverbots sind pures Gift für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Dürr, Wissing und Lindner verbreiten puren Unsinn, wenn sie suggerieren, man brauche eigentlich keine E-Autos; der technische Fortschritt mache den Umstieg überflüssig. Natürlich werden dadurch die Verbraucher verunsichert, zögern mit der Anschaffung von E-Autos, wenn Umstiegsprämien, von eben auf jetzt, nicht mehr gezahlt werden (weil ein gewisser CDU-Kanzlerkandidat mit seinen Schuldenbremsenklagen zum enormen Schaden Deutschlands, die Investitionen der Bundesregierung kappte).

Natürlich zögert man, einen E-VW zu kaufen, wenn der Konzern nur Modelle zu astronomischen Preisen anbietet.

Natürlich verwirrt es, wenn Merz, Söder und die gelbe Pest immer wieder von Wasserstoff- und EFuel-Modellen schwafeln, die niemals kommen werden.

Nun geht der Absatz von E-Autos in Deutschland; wenig überraschend, zurück.

Chinas Präsident Xi kennt so eine populistische Hü/Hot-Politik nicht.

Dort wird dem Volk nicht nur eindeutig gesagt, sie müssten E-Autos und zwar Chinesische, gekauft werden. Es wird auch der nötige Druck auf die Hersteller gemacht, die entsprechenden Modelle für das Volk zu entwickeln. Inzwischen bieten chinesische Hersteller nicht nur eine Fülle von kleinen Elektromobilen an, sondern dies auch noch zu enorm günstigen Preisen (ab 9.000 Euro für einen fabrikneuen BYD Seagull). VW ist technologisch abgehängt, kann insbesondere bei der Software nicht im entferntesten mit der asiatischen Konkurrenz mithalten.

Zudem setzt China klare Rahmenbedingungen, indem Zulassungen für neue Verbrennerautos entweder gar nicht, verlost, oder nur gegen enorme Strafzahlungen erteilt werden. Es gibt die Ladeinfrastruktur, hohe Steuern auf CO2-herauspustende deutsche Autos und auch eine klare politische Ächtung der umweltverpestenden Karren. Galt es vor 20 und 10 Jahren noch als bedeutendes Statussymbol für reiche Chinesen, sich ein schickes deutsches Auto leisten zu können, schämt man sich inzwischen eher für die Technik aus dem letzten Jahrtausend.

China macht Ernst beim Umweltschutz. So wie auch europäische Länder.

Die ultrakonservative britische Regierung zog 2020 das Verbrennerverbot von 2040 auf 2035 vor. Das EU-Verbrennerverbot für 2035 steht seit 2022.

Flottenverbrauchgrenzwerte gibt es in den USA seit 1978 (!), in der EU verbindlich seit 2012; selbstverpflichtend seit 2008.

[….]  Die im April 2019 verabschiedete Verordnung (EU) 2019/631 legt die sogenannten CO2-Flottengrenzwerte (in gCO2/km) für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge fest. Sie hat zum 1.1.2020 die Verordnungen 443/2009 (Vorgängerregelung für Pkw) und 510/2011 (Vorgängerregelung für leichte Nutzfahrzeuge) abgelöst und legt neue CO2-Flottengrenzwerte fest, die ab 2025 bzw. 2030 greifen. Flottengrenzwert bedeutet, der Durchschnitt aller in der EU in einem Jahr zugelassenen Fahrzeuge soll diesen Wert nicht überschreiten. Nicht jedes einzelne neue Auto muss also diesen Flottengrenzwert einhalten.

Diesen Regulierungsansatz gibt es in den USA seit 1978. In Europa gilt erstmals seit 2012 (vollumfänglich seit 2015) ein Flottengrenzwert für Pkw, nachdem eine Selbstverpflichtung der Autohersteller zur Minderung der CO2-Emissionen Mitte der Nullerjahre gescheitert war.

Die Hersteller hatten sich verpflichtet, bis 2008 ein Mittel von 140 g CO2/km zu erreichen. Bereits in den Vorjahren wurde deutlich, dass dieses Ziel deutlich verfehlt werden würde. Dementsprechend wurden Verfahren für eine gesetzliche Regelung eingeleitet.

Viel länger liefen noch die Vorbereitungen für schwere Nutzfahrzeuge. Erst im Jahr 2019 wurde mit Verordnung (EU) 2019/1242 erstmals eine europäische Regelung verabschiedet, die CO2-Flottengrenzwerte für Lkw festlegt, die ab 2025 bzw. 2030 in zwei Stufen gelten. Diese folgenden Betrachtungen beschränken sich allerdings auf die Verordnung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. […..]

(BMUV, 2019)

Der Klimawandel ist seit Jahrzehnten bekannt. Die deutschen Autohersteller hatten also alle Zeit der Welt, sich auf die neuen Realitäten einzustellen. BMW bekommt das einigermaßen hin. Andere europäische Hersteller wie Stellantis (Citroën, DS, Peugeot, Opel, Vauxhall, Abarth, Fiat, Lancia, Alfa Romeo, Maserati, Chrysler, Dodge) schafften es wesentlich besser. Die asiatischen und US-amerikanischen Hersteller sind ohnehin technologisch entrückt.

VW mit seinen zehn Marken Volkswagen, Volkswagen Nutzfahrzeuge, ŠKODA, SEAT, CUPRA, Audi, Lamborghini, Bentley, Porsche und Ducati, steht der Doofmann des Septembers hingegen dumm da, verschlief die letzten zehn Jahre.

Das Ausmaß der Realitätsnegierung bei VW und den konservativen Parteien CDUCSU/AFDP/FW kann man nur verwundert bestaunen. Der konservative Merkel-Biograph Ralph Bollmann erzählte im schon genannten Pressclub, von einer Chinareise mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Jahr 2014, als er jede Menge deutschen Auto-Manager mitnahm. Schon vor zehn Jahren wurde klar kommuniziert, daß China in Zukunft keine Zulassungen mehr für Verbrennungsmotoren erteilen werde. Die VW-Manager, die genau damit aber ihren Profit machten, „taten so als ginge sie das nichts an“ und beschäftigten sich seither mit Eierschaukeln und Däumchendrehen.

In zwei Jahren werden chinesische Hersteller auch in Europa produzieren und werden dann erst Recht den deutschen Herstellern den Rest geben.

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