Freitag, 1. Juli 2022

Impudenz des Monats Juni 2022

Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren. 

Das January-6th-committee leistet erstaunliche gute Arbeit.  Es ist eine Sache, tausende Interviews zu führen, unendliche Massen von Akten zu sichten und daraus ein Bild der wahren Geschehnisse und der Hintergründe zu entwickeln. Auf einem ganz anderen Blatt steht die didaktische Aufgabe, die Ergebnisse so der Öffentlichkeit zu präsentieren, daß sie interessiert bleibt und die Zusammenhänge versteht. Die Darstellung muss so ausführlich und präzise sein, daß auch Deppen selbstständig zu den richtigen Schlüssen kommen, darf andererseits nicht so detailliert und ausufernd sein, um das Publikum zu verwirren oder zu überfordern. Es muss sich zudem auf einem Climax zubewegen. Die Schock-Nachrichten dürfen nicht nur am Anfang stehen, damit die TV-Zuschauer am Ball bleiben und sich kontinuierlich mit der Trumpschen Shitshow beschäftigen mögen. 

Dramaturgisch wird das hervorragend gelöst, man will am Ball bleiben und mutmaßt mit, welche Enthüllungen wohl als nächstes folgen. Was wissen die Komitee-Mitglieder noch und worauf wollen sie hinaus?

Werden wir in den nächsten Sitzungen Belege dafür präsentiert bekommen, daß Trump über seinen Stabschef Mark Maedows involviert war, als seine best buddies Rudy Giuliani, Mike Flynn  und Roger Stone die rechtsradikalen paramilitärischen Schläger (far-right militia groups) der „proud boys“ und „oath keepers“ mit einem bewaffneten Umsturz (seditious coup) beauftragten?

[….] So the phone calls that Hutchinson describes between Meadows, Stone and Flynn are important, if unresolved, for this reason. While we don't know what Meadows may have said to Stone and Flynn, what we do know is that Stone and Flynn both have extensive contacts to far-right militia groups that were intimately involved in the attack on the Capitol. And I want to stress that those contacts are what they are, and we don't know if those contacts are - have any anything incriminating about them, right? And we may find out more about them, and we may not. And that will come in the fullness of time.  But it is without dispute that in the run up to January 6, there were two pre-January 6 big pro-Trump rallies in Washington, and one was in November, and one was in December. And Stone and Flynn both played very active roles in speaking at those events and in pushing the big lie that there was fraud in the election and then, you know, taking part in, you know, kind of the support of Trump's overarching message that he should stay in power. And at those events, Stone and Flynn were often accompanied by members of the Proud Boys, the Oath Keepers and a third group which we will probably hear more about soon called the 1st Amendment Praetorian, who served as both kind of personal bodyguards for them and did event security for the larger rallies. On January 6 itself, Roger Stone was guarded by a contingent of Oath Keepers.  [….] 

(Alan Feuer, NYT, 30.06.2022)

Ich glaube nach wie vor nicht an große parteipolitische Auswirkungen dieser Enthüllungen.

Diejenigen, die entsetzt über die kriminelle Energie der QTrumpliKKKans sind, haben auch vorher nie GOP gewählt. Die indolenten Nichtwähler, werden sich nur in ihrer ablehnenden „die da oben sich alle korrupt“-Haltung bestätigt fühlen und die Trump-Fans hören gar nichts vom Committee oder werden von „Truth Social“ und „Fox“ effektiv dahingehend gehirngewaschen, daß sie die Vorwürfe gegen ihren orangen Messias nicht glauben.

 

Nun gibt es aber einen weiteren Twist. Im Schatten der ungeheuerlichen Ermittlungen im Kapitol, prügelt die erzkonservative 6:3-Mehrheit im US-Supreme Court (SCOTUS) eine hanebüchen mittelalterliche Entscheidungen nach der nächsten durch.


 Die durch Trumps drei ultrarechten und ultra-unseriösen Jura-Clowns verstärke Judikative, zeigt dabei klar ihre Zugehörigkeit zu einem Todeskult.

Sie votierten für mehr Waffen auf den Straßen, mehr tote Frauen bei Hinterhofabtreibungen, religiöse Indoktrinierung von Schülern und gestern auch noch für die Kastrierung der Umweltbehörde, damit sie nicht mehr gegen die Erderwärmung agieren kann.

Diese sechs antihumanistischen Rechtsextremisten des SCOTUS, die nun auch noch die Ehe für alle, das Recht auf Verhütungsmittel und die Legalisierung von Cannabis kassieren wollen, sind die Blödmänner des Monats.


Natürlich sind sie bösartige Fanatiker, aber das ist für GOPer kein Nachteil. Die sechs mittelalterlichen MAGAs steigern sich aber gerade in so einen politischen Machtrausch hinein, daß sie die Mehrheitsverhältnisse im Land vergessen. 

Sie haben offensichtlich die 50:50-Spaltung der US-amerikanischen Gesellschaft vor Augen, glauben also, von einer Hälfte bejubelt zu werden und daß 50% Unterstützung aufgrund der drastisch die Republikaner bevorzugenden Wahlrechts allemal ausreicht, um ihrer Partei den totalen Durchmarsch in beiden Parlamentskammern zu ermöglichen, wenn es im November zu den Midterms kommt. Offenbar unterstützen sie auch weitergehende Versuche, Demokraten von den Wahlurnen fernzuhalten.

Bei den Wahlen gibt es aber in Wahrheit eher einen 33%:33%:33%-Situation. Ein Drittel QTrumpliKKKans, ein Drittel Trump-Gegner und ein Drittel Desinteressierte, die ohnehin nie wählen gehen.

Die letzten SCOTUS-Entscheidungen greifen aber derartig extrem in das Leben aller ein und sind so enorm unpopulär, daß sie viele Nichtwähler motivieren könnten, sich doch für die Wahl zu registrieren und trotz ihrer Wut auf die hohen Benzinpreise und die Rezession, den verschnarchten Joe Biden zu unterstützen.

Bisher setzte sich Trumpmerica bei Wahlen durch, weil 100 Millionen Idioten zu bequem waren, zu wählen. Sie dachten, Hillary Clinton oder Donald Trump mache für sie keinen Unterschied, es betreffe ihr Leben gar nicht, welche Partei in Washington regiere.

Das war selbstverständlich sagenhaft dumm und unverzeihlich. Aber vielleicht überzieht der Scotus gerade so extrem, daß sich doch ein paar mehr lethargische Breitärsche von ihrem Sofa erheben, um ihre Stimme gegen die GOP abzugeben.

Joe Biden war ganz offensichtlich der richtige Kandidat, um die Wahl gegen Trump zu gewinnen. Aber er ist mit seinen knapp 100 Jahren der falsche Präsident, kann den Bedeutungsverlust der USA nicht aufhalten, sich nicht im Kongress durchsetzen und schon gar nicht die jungen Amerikaner mitreißen.

Ales spricht bisher dafür, daß er vom verblödeten Urnenpöbel am 08.11.2022 eine herbe Klatsche bekommen wird und der lügende Kriminelle Kevin McCarthy wieder als Speaker, die Nr. Drei der USA wird. Sollte das passieren, verliere ich endgültig mein Mitleid mit „den Amerikanern“. Wer diesen Republikanern erneut eine Mehrheit gibt, hat alles Schlechte verdient. 

Aber der Supreme Court gießt gerade überraschend viel Wasser auf die demokratischen Wahlkampfmühlen.

Mögen sich die Impudenzen weiterhin so parteitaktisch dämlich verhalten.


 

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