Es fällt auch CDU-affineren Menschen als mir inzwischen schwer, überhaupt noch irgendeinen Politbereich zu finden, in dem die Union keinen schweren Schaden anrichtete und ansatzweise richtig lag.
16 Jahren CDU führten Deutschland auf’s Abstellgleis. Ideologische Verbohrtheit, bornierter Umgang mit Fakten, Lobbyhörigkeit, sowie Faulheit und generelle Unfähigkeit verschonten kein CDUCSUFDP-geführtes Ministerium. Scheuer, Spahn, Karliczek, AKK, Altmaier, Seehofer – was konnte man da anderes erwarten?
Europapolitik, Bundeswehr, Bildung, Bildung, Gesundheitspolitik, Corona, Energie, Steuern, Klima – die Konservativen führten stets in die ganz falsche Richtung und so ergibt sich für das Jahr 2022 eine verlässliche politische Richtschnur: Tue immer das Gegenteil dessen, was Söder, Merz und Lindner wollen.
Unglücklicherweise sitzt die FDP in der Ampel und zwingt dadurch auch die Scholz-Regierung immer wieder in hepatistisgelbe Sackgassen, die sich schnell als teure Fehler herausstellen – Tankrabatt, Blockade Tempolimit, Verhinderung präventiver Corona-Politik, Verbrennungsmotorwahn.
Dieses Jahr fällt uns besonders der über Jahrzehnte populärste CDUCSU-Markenkern vor die Füße. Ihre xenophobe Einwanderungspolitik, die stets von völkischen Wahngedanken, „deutscher Leitkultur“, Asylbekämpfung, Abwehr, Obergrenzen, Mauern, Grenzschließungen, Frontex, Hürden und Verboten gekennzeichnet war. Das mochten die Wähler. Man wollte deutschblondblauäugig bleiben, keine Dunkelhäutigen in der U-Bahn sehen, nicht von einem syrischen Kardiologen untersucht werden und jeder Handwerker sollte akzentfrei deutsch sprechen.
Diese Haltung war immer kleinkariert, unsympathisch und vor allem zutiefst unmoralisch. Exportmeister Deutschland verdiente prächtig an einer Politik, die weltweit Millionen Menschen zwang ihre Heimat zu verlassen. Aber wehe, sie wollten zu uns kommen! Merkel und OBERGRENZE-Seehofer gaben Milliarden aus, um Pushbacks zu finanzieren, Kinder im Mittelmeer zu ersäufen und Potentaten in der Türkei und Libyen Migranten festhalten und misshandeln zu lassen.
Es war eine zutiefst abstoßende Politik, die vielfach noch in Kraft ist. LGBTIQ-Flüchtlinge werden abgeschoben, seit Jahren integrierte Bürger Deutschlands aus ihren Familien gerissen und in Nacht- und Nebelaktion wie Vieh in für sie fremde Länder geflogen.
Konservative Politiker – und AfDioten sowieso – empfinden kein Mitleid, agieren aus Fernstenhass. Unvergessen, wie sehr sich der fromme Katholik Horst Seehofer als Integrationsminister kehlig lachend freute, an seinem 69. Geburtstag 69 Afghanen abzuschieben. Es war der pure Sadismus. Mindestens einer der Abgeschobenen wurde, wie erwartet dort von den Taliban umgebracht, mehrere andere kehrten unter aberwitzigen Strapazen nach Deutschland zurück.
Ich bezweifele sehr, daß die Linder/Buschmann/Wissing-FDP zu mehr Mitgefühl in der Lage ist. Aber immerhin sind die Eitergelben in gesellschaftspolitischen Fragen etwas weniger verbohrt als Merz und Söder.
Sie begreifen, welch katastrophalen ökonomischen Schaden der Fachkräftemangel anrichtet. Kaum ein Bereich ist nicht betroffen. Öffentliche Schwimmbäder müssen schließen, Bäcker finden keine Verkäufer, Airlines können ihre Passagiere nicht abfertigen, Krankenhäuser müssen Stationen schließen und Operationen verschieben. Lieferdienste finden keine Fahrer, Container können nicht transportiert werden, weil die Logistikunternehmen ihre LKWs nicht mehr besetzen können, Gastronomen sind verzweifelt, Friseure müssen Kunden vertrösten und auf Handwerkertermine müssen wir monatelang warten.
Sicher, einiges ist hausgemacht. Bäcker in Not, die ihre eigenen Filialen nicht weiter betreiben können, weil sie kein Personal finden, können im Jahr 2022 nicht mehr erwarten, für einen Knochenjob, bei dem man sieben Tage die Woche um 3.00 Uhr morgens aufstehen muss, begeisterte Lehrlinge zu finden, wenn sie unter 10 Euro Lohn zahlen. Gastronomen dürfen sich nicht wundern, wenn 2022 auf ein Fingerschnippen nicht alle Kellner begeistert zurückkommen, die sie bis 2020 als Hilfskräfte beschäftigten und ohne mit der Wimper zu zucken feuerten, als die Geschäfte schwierig wurden.
Man liest durchaus auch von alteingesessenen Inhaber-geführten Hamburger Unternehmen (Budnikowski, Wempe, Niemerszein, um ein paar zu nennen), die besser durch die Not kommen, weil sie lange erkannt haben, daß ihre Mitarbeiter ihr eigentliches Kapital und keine Verschiebemasse sind. Juwelier Wempe musste seine 34 Filialen allesamt wegen Corona schließen, erhöhte aber im April 2020 und April 2021 wie jedes Jahr die Löhne, behielt alle Verkäufer und Uhrmacher, schickte niemand in Kurzarbeit. Dafür musste die Inhaberfamilie tief in die Tasche greifen, weiterhin die horrenden Ladenmieten zahlen, ohne Umsatz zu machen. Aber es war letztendlich natürlich ein Vorteil, weil die Mitarbeiter froh waren, wertgeschätzt zu werden, einen sicheren Arbeitsplatz zu haben und voll motiviert starten konnten, sobald es die Coronamaßnahmen wieder zuließen. Merz/Lindner-affine Börsen-notierte Firmen, die als erstes die Personalkosten senkten und ihre Angestellten an die Luft setzten, haben genau wie unfreundliche Gastronomen und lausige Handwerksmeister, nun ein Problem weiter zu arbeiten, weil das Personal fehlt.
So lange es eine enorme Arbeitslosigkeit gab, um die Arbeitsplätze gekämpft wurde, konnten sich ausbeuterische Unternehmer leisten, die Mitarbeiter zu drangsalieren und mies zu bezahlen. Die Zeiten sind aber vorbei und die geburtenstarken Jahrgänge beginnen gerade erst, sich in die Rente zu verabschieden. Dann wird es düster und selbst die mitarbeiterfreundlichen, weitsichtigen Familienunternehmen werden den Personalmangel nicht mehr kompensieren können.
[…] FDP-Fraktionschef Dürr fordert breite Einwanderung von Arbeitskräften
In Deutschland gibt es einen Mangel an Arbeitskräften. Als Antwort darauf will FDP-Fraktionschef Christian Dürr mehr Einwanderung ermöglichen. Der früheren Regierung macht er Vorwürfe. Es seien sogar Hunderttausende von Menschen aus dem Arbeitsmarkt ferngehalten worden, die seit Jahren in Deutschland leben. „Das Gegenteil muss der Fall sein. Heute muss die Devise lauten: Jeder, der von seiner eigenen Hände Arbeit leben kann, muss sofort arbeiten dürfen“, forderte Dürr. Da habe die von der Union geführte Regierung einen historischen Fehler gemacht. […]
Niemand kann mir vorwerfen FDPphile Ansichten zu vertreten, aber in diesem Punkt hat Christian Dürr selbstverständlich vollkommen Recht und wird sollten alle froh sein die Ampel zu haben, die diese Erkenntnisse auch umsetzen kann, weil keine fanatisch ausländerfeindlichen CSUCDU-Minister am Tisch sitzen.
Ja, alle in Deutschland lebenden „Ausländer“ müssen sofort unbürokratisch eine Arbeitserlaubnis bekommen. Sinnvollerweise streicht man generell die Notwendigkeit, eine Arbeitserlaubnis vorzulegen, ermöglicht damit all den mies bezahlten Menschen in der Gastronomie, dem Reinigungsgewerbe oder der Pflege, zu guten Bedingungen zu arbeiten, weil die Chefs sie nicht mehr aufgrund eines illegalen Status erpressen können.
Die hier lebende Migranten müssen einen unkomplizierten dauerhaften Aufenthaltsstatus bekommen, ihre außerhalb Deutschlands erworbenen Abschlüsse müssen anerkannt werden. Ich kenne einen 49-Jährigen iranischen Internisten, der über 20 Jahre im Krankenhaus tätig war; davon zwei Jahre in Kanada, so daß er fließend englisch spricht und ich mich mit ihm unterhalten kann. Er lebt seit drei Jahren in Hamburg und bewohnt nach einer sehr unerfreulichen zweijährigen Phase des Papierkriegs in einer Sammelunterkunft, nun endlich seine eigene Wohnung. Sein deutsch ist inzwischen recht gut. Natürlich ist es in dem Beruf unumgänglich deutsch zu sprechen. Aber er sitzt immer noch 24 Stunden pro Tag in seiner Bude unweit der Uniklinik und muss für medizinische Abschlüsse büffeln, die er erst mal nachholen muss, bevor er im Krankenhaus angestellt werden kann. Warum? Sollte es nicht für das riesige UKE mit über 10.000 angestellten Medizinern und Pflegern, das aber dennoch unter drastischer Personalnot leidet, möglich sein, so einen erfahrenen Arzt, der nur eins möchte, nämlich wieder arbeiten, in irgendeiner Weise zu beschäftigen?
Nicht nur die Gesellschaft muss umdenken, nicht nur die Arbeitgeber müssen umdenken, nicht nur einzelne Regierungspolitiker müssen das begreifen. Es ist auch wichtig, ganz undeutsch, großzügig und pauschal Rechtssicherheit zu schaffen.
Und nebenbei bemerkt, liegt mein Einbürgerungsantrag seit Jahren in der Hamburger Innenbehörde und verstaubt. Personalmangel. Die zuständige Mitarbeiterin ist nicht mehr erreichbar, aber die einzelnen Fälle dürfen auch nicht an andere Mitarbeiter weitergegeben werden. Ich sage es noch mal: Ich wurde vor über einem halben Jahrhundert in Hamburg geboren, habe eine deutsche Mutter, Abitur und Uniabschluss in Deutschland, ich bin kein Sozialhilfeempfänger, habe nie Transferleistungen bezogen, habe eine saubere Weste bei Polizei und Schufa. Aber einen deutschen Pass habe ich nicht.
Ich konnte alle Unterlagen, um die die Einbürgerungsbehörde bat, problemlos vorlegen, habe nachweisen können, wo am 01.01.1950 meine deutsche Großmutter lebte – auch das begehrte man zu wissen – und da deutsch meine Muttersprache ist, verstehe ich sogar alle Formulare. Kann präzise antworten.
Aber Deutschland funktioniert einfach nicht mehr. So wie man in Berlin keinen Termin beim Ortsamt bekommt, so wie kein Zug pünktlich fährt, so wie die Airports die Passagiere nicht abfertigen können, so wie die Digitalisierung vor 20 Jahren stehen blieb, schläft auch meine Sachbearbeiterin für mein Einbürgerungsbegehren seit Jahren.
[…] Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will nach eigenen Worten das Verbot der Mehrstaatlichkeit überwinden. Bei einer Jubiläumsveranstaltung zum zehnjährigen Bestehen des Stipendien- und Mentoringprogramms „Geh deinen Weg“ der Deutschlandstiftung Integration in Berlin sagte er, 50 Prozent der Einbürgerungen fänden mit Hinnahme der Mehrstaatlichkeit statt und es sei schwer zu erklären, warum es bei den anderen nicht so sei. Es sei oft schwierig, die letzte Verbindung zum Herkunftsland zu kappen, sagte Scholz. „Und die Wahrheit ist: Wo man sich zu Hause fühlt, das entscheidet das Leben.“ Das sei eine Loyalität, die aus einem selbst erwachsen müsse. Deshalb sei es richtig, das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht mit dieser Perspektive zu modernisieren. Er wolle das Staatsangehörigkeitsrecht auf den modernsten Stand weltweit bringen. […]
Der Bundeskanzler bohrt dicke Bretter, vertrat diese Ansicht schon offensiv, als er 2011 Hamburger Bürgermeister wurde, lud alle in Hamburg lebenden Ausländer – auch mich – mit einem persönlich Brief ein, sich einbürgern zu lassen.
In Berlin scheiterte er freilich bisher am Widerstand der CDU- und CSU-Minister, die nach wie vor eine generelle Doppelstaatlichkeit ablehnen.
Inzwischen dürfte es dafür endlich eine Mehrheit im Bundestag und im Bundeskabinett geben.
Aber der Bundesrat wird sich sperren. Dort fehlen die Mehrheiten. Das liegt insbesondere an den Grünen, die in mehreren Bundesländern trotz liberalerer Mehrheiten, die CDU ins Boot holten. Allein 17 Stimmen fehlen für dieses Vorhaben durch die schwarzgrünen Regierungen in Hessen (5), Baden Württemberg (6) und NRW (6).
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