Montag, 2. September 2019

Die Abgründe sind tiefer.


Nach der gestrigen Wahl scheint mir so eine Art Überbietungswettbewerb in der Disziplin „Verständnis für AfD-Wähler“ ausgebrochen zu sein.

[…] Kramp-Karrenbauer sagte, die Erneuerung müsse mit den Schritten Zuhören, Verstehen, Diskutieren und Entscheiden erfolgen. Mit Blick auf die Rechtspopulisten von der AfD betonte sie, die CDU kämpfe um jeden Wähler, egal, ob dieser der CDU seine Stimme gegeben habe oder nicht. […]
(FAZ, 02.09.19)

Auch der bayerische Ministerpräsident tut so, als gäbe es einen nachvollziehbaren Zusammenhang aus schlechter Groko-Performance und 27,5% AfD in Sachsen.

[….] Nach den Erfolgen der AfD bei den Wahlen in Brandenburg und Sachsen fordert CSU-Chef Markus Söder eine bessere Zusammenarbeit der großen Koalition im Bund. „Natürlich kann man jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen. Das Ergebnis der AfD ist viel zu hoch“, sagte der bayerische Ministerpräsident am Montag vor seinem Auftritt auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg der Deutschen Presse-Agentur. Es sei entscheidend, die Regierungsarbeit in Berlin zu verbessern und Ergebnisse zu liefern. „Daher ergeht der Appell an die SPD, trotz der innerparteilichen Klärungsprozesse konstruktiv in der Klima- und Konjunkturpolitik an Ergebnissen zu arbeiten.“ [….]
(Welt, 02.09.2019)

Das ist Dummdreistheit und Chuzpe, wie sie nur ein CSU-Chef aufbringt:
Die eindeutigen Aktivposten der Groko sind die SPD-Minister.
Alle Unionsminister sind Großversager und die größten Totalausfälle sind eindeutig Söders Leute; Scheuer und Seehofer; aber er deutet frech mit seinen schmutzigen Fingern auf die Sozis.


 
Nun gibt es viele Gründe mit der Groko unzufrieden zu sein. Das Image ist eine Katastrophe und die CDUCSU-Minister sind allesamt Fehlbesetzungen.
Aber es gibt keine bessere Alternative und insbesondere Dank der SPD-Minister arbeitet die aktuelle Groko ehrlicher und fleißiger als alle Bisherigen.
Dennoch bleibt es jedem unbenommen sich andere Regierungen zu wünschen.
Ich tue das auch; wenngleich ich der altmodischen Vorstellung anhänge, daß man auch die Realität und Wahlergebnisse akzeptieren muss.
Wahlergebnisse, die mich verstören, erschrecken und auch wie gestern in Brandenburg und Sachsen gewaltigen Brechreiz auslösen.
Es ist aber keine Option den Kopf in den Sand zu stecken, mit den Beinen aufzustampfen und trotzig zu jammern „ich will lieber Grün-Rot regiert werden“, wenn Grüne und Rote im Bundestag meilenweit von einer Mehrheit entfernt sind.

Unzufriedenheit, Trotz, Wut und alle andere Gefühle sind keine Rechtfertigung dafür Nazis der ostdeutschen Flügel-AfD zu wählen.


"Die Ergebnisse der Landtagswahlen sind erschreckend. Dass eine so offen rechtsradikal, antidemokratisch und oft genug auch antisemitisch auftretende Partei wie die AfD derart stark abschneiden konnte, ist schockierend."
 - Charlotte knobloch, Präsidentin Israelitische Kultusgemeinde München.



Ich will keine Entschuldigungen mehr hören, die inseminieren irgendwelche Bundesminister, Berliner Koalitionen, Befindlichkeiten, Partei-Personalentscheidungen oder persönliche Malaisen führten auf ominösen Gleisen zwangsweise dazu Neonazis in Rekordstärke in die Parlamente zu schicken.
Nichts rechtfertigt es die AfD zu wählen.


Es gibt keinen Automatismus, keinen nachvollziehbaren Groll, der zu so einer Wahlentscheidung führt.
Man wählt die AfD nur aus zwei Gründen; entweder man ist so unfassbar dumm, daß man nicht mitbekommt wie völkisch-rechtsradikal die End-deutschen Flügelfiguren Höcke und Kalbitz sind, oder aber man ist selbst ein Nazifreund.

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