Samstag, 15. Juli 2017

Washingtoner Theorien.



Nach wie vor sind viele US-Ministerien so katastrophal unterbesetzt, daß normales Arbeiten gar nicht möglich ist.
Geradezu lahmgelegt ist ausgerechnet Tillersons Außenministerium. Ganze Etagen sind leer, so daß Topdiplomaten in aller Welt gar keinen Ansprechpartner mehr in Washington haben.

Nach einer Kündigungsflut im Januar 2017, konnte (oder wollte) bisher niemand das state departement wieder in einen arbeitsfähigen Zustand versetzen.
Nach einem halben Jahr Trump fragt man sich, ob die Stellen überhaupt wieder besetzt werden sollen. Trump interessiert sich nicht für Außenpolitik und Rex Tillerson ist ohnehin faktisch entmachtet.

[…..] Tillerson [leitet] jetzt das dezimierte US-Aussenministerium und muss mitansehen, wie ihm Trumps Schwiegersohn Jared Kushner in die Diplomatie pfuscht.
Tillersons Etat ist brutal zusammengestrichen worden, das diplomatische Corps demoralisiert, wichtige Posten im Aussenamt bleiben unbesetzt, weil die Kandidaten vom Weissen Haus blockiert werden. Zusammen mit Verteidigungsminister Jim Mattis fällt dem Texaner überdies die undankbare Aufgabe zu, hinter Trump und Kushner aufputzen zu müssen – in Sydney wie in Brüssel, in Ottawa wie im Nahen Osten.
Vergangene Woche entlud sich Tillersons Frust im Beisein Kushners in einer Explosion: Bei einer Besprechung im Weissen Haus mit Trumps Personalchef Johnny DiStefano, Stabschef Reince Priebus sowie Tillersons Stabschefin Margaret Peterlin beschwerte sich der Aussenminister bitter über die Widerstände des Weissen Hauses gegen seine Personalentscheidungen und über gezielte Indiskretionen über ihn. Tillerson wurde dabei so laut, dass sich Kushner anschliessend bei Peterlin beschwerte und dem Aussenminister vorwarf, er verhalte sich «unprofessionell». […..]

Trump verachtet die traditionelle Diplomatie, missachtet andere Staaten. Es heißt jetzt bekanntlich „America first“; die dafür notwendige Außenpolitik wird im kleinsten Kreis des Weißen Hauses ausgeheckt. Die Ideologen Steve Bannon und Jared Kushner ziehen die Fäden.
Dabei kommt Kushner die entscheidende Rolle zu, weil er als Ehemann von Trumps Daughter-Wife Ivanka zum intimsten Kreis der Familie gehört.

Kushner, 36, verfügt weder über Erfahrung noch Qualifikation, ist aber nach Trump de facto der mächtigste Mann der USA.

(……)  Keiner kennt Kushners Beweggründe, seine Absichten. Der Mann gibt keine Auskünfte. Er ist aber zweifellos inzwischen der zweitmächtigste Mann der USA, obwohl ihn niemand gewählt hat und er keinerlei demokratischen Kontrolle unterliegt. Ordinäre Minister haben verglichen mit ihm nur ein winziges Einsatzfeld und nicht annähernd den Zugang zum Präsidenten wie er.

 […..] Jared Kushner's role in the Donald Trump White House has provoked heated criticism from Democrats and skepticism from an array of pundits. It has also given late-night comics, satirists and the Twitterati plenty of free material. And at one level their responses are understandable: Not only does Kushner's role reek of good old-fashioned nepotism, but it is frankly absurd to think a young real estate developer can possibly perform all the miracles his loving father-in-law has asked him to produce.
At last count, Kushner's assignments include solving the Israeli-Palestinian conflict, leading a "SWAT team" of private consultants that will reorganize and streamline the federal government, and serving as an informal presidential envoy to China, Iraq and anywhere else Trump decides to send him. He also seems to have acquired the job of keeping Steve Bannon in check (or maybe getting rid of him entirely). Kushner hasn't made his situation any easier by coming across like a spoiled rich kid who'd rather go skiing than govern.  […..]

Kushner bekam all diese Jobs, weil er mit Trumps Daughter-Wife Ivanka schläft, die ebenfalls im Weißen Haus arbeitet und vermutlich die einzige ist, die noch mehr Einfluss auf den Präsidenten hat als ihr Mann.
Das ist Nepotismus pur und hat mit demokratischer Kontrolle nichts mehr zu tun. [….]

Für so einen extrem wichtigen Job benötigt Jared Kushner die geradezu legendäre „White House security clearance“, also die höchste Geheimdienstliche Freigabe, die vom FBI erteilt werden kann.
Dafür mußten Ivanka und Jared das Formular SF86 Questionnaire for National Security Positions ausfüllen.

Mindestens drei Mal, so viel ist bereits sicher, log Kusher beim SF86.
In Washington wird daher gefordert ihm die höchste Geheimhaltungsstufe wieder zu entziehen.

[…..]  The House Appropriations Committee on Thursday rejected two amendments to a key spending bill intended to revoke the security clearance of President Trump’s son-in-law and senior adviser Jared Kushner.
One of the amendments to the Commerce, Justice and Science Appropriations Bill, introduced by Rep. Debbie Wasserman Schultz (D-Fla.), would bar funds from being used "to issue, renew, or maintain a security clearance for any individual in a position in the Executive Office of the President who is under a criminal investigation by a Federal law enforcement agency for aiding a foreign government." The amendment failed in a 22-30 vote.
The second amendment was aimed at revoking the security clearance of White House staffers who deliberately fail to disclose meetings with foreign nationals or governments on their questionnaire for national security positions. The committee also rejected the amendment 22-30.
[…..]  The president's son-in-law has also come under renewed scrutiny in recent days for attending a meeting last summer with Russian lawyer Natalia Veselnitskaya, after his brother-in-law and President Trump's eldest son Donald Trump Jr. was promised compromising information about Hillary Clinton. […..]  Kushner came under fire earlier this year after it was reported that he met with Russian Ambassador Sergey Kislyak and the CEO of a Russian state-run bank during the presidential transition. [….]

Es gibt nun eine interessante Theorie über Donald Trump Junior, der im Moment schwer unter Feuer steht, weil auch er über ein ganzes Jahr immer wieder zu seinen Russland-Kontakten log und nun womöglich als Landesverräter überführt wurde.

[…..]  Auf der Suche nach Schmutz über die Gegenseite hat das Wahlkampfteam von Donald Trump offenbar auch einen russischen Ex-Agenten getroffen. […..]  So erzählte es jetzt Rinat Akhmetshin der Nachrichtenagentur AP. Der gebürtige Russe arbeitet als Lobbyist in den USA, soll früher aber in den Diensten des sowjetischen Militärgeheimdienstes GRU gestanden haben. Gegenüber AP bestritt er dies. Was Akhmetshin aber bestätigte: Auch er nahm an dem vor einer Woche enthüllten Treffen im Trump-Tower teil, das kompromittierende Informationen über Hillary Clinton bringen sollte.
Damit wird immer deutlicher, dass das Trump-Lager auch zweifelhafte Kontakte in Richtung Russland gepflegt hat. […..]  
So erweckte der vermeintliche Ex-Spion Akhmetshin bereits im April die Aufmerksamkeit von Charles Grassley, dem republikanischen Vorsitzenden des Justizausschusses im US-Senat. In einem Brief an das Heimatschutzministerium erbat er Auskünfte zu Akhmetshin, der beschuldigt werde, "ein nicht-registrierter Vertreter russischer Interessen zu sein und offenbar Verbindungen zu russischen Geheimdiensten" habe.
So wie Anwältin Wesselnizkaja trat auch Akhmetshin den Angaben zufolge als Lobbyist gegen das sogenannte Magnitskij-Gesetz in Erscheinung. Mit diesem verhängte der US-Kongress 2012 Sanktionen gegen russische Beamte und Geschäftsleute, die in die Ermordung des Steueranwalts Sergej Magnitskij verwickelt sein sollen. Magnitskij starb in russischer Untersuchungshaft, nachdem er einen gigantischen Steuerbetrug aufgedeckt hatte. […..]  
[Trumps] Sohn Donald junior könnte es noch als Zeichen politischer Unerfahrenheit und falsch verstandener Vaterliebe ausgelegt werden, dass er sich mit Anwältin Wesselnizkaja traf und sein Interesse an belastendem Material dabei sogar schriftlich bekundete.
Doch bei dem Treffen waren auch Ex-Wahlkampfmanager Paul Manafort und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner dabei, das bestätigte nun auch Lobbyist Akhmetshin. Nach Informationen des TV-Sender CNN gab es insgesamt sogar acht Teilnehmer. Kushner galt bislang als der kühle, strategische Kopf in Trumps engstem Zirkel. Müsste auch er sich aufgrund von Ermittlungen zurückziehen, so wäre das für Trump ein schwerer Schlag.  [….]

Wieso exponiert sich Don Trump so; zieht den gesamten Shitstorm auf sich, läßt sich mit dem Argument verteidigen, er sei halt etwas blöd und unerfahren?

Einer (Verschwörungs)-Theorie zu Folge wurde klein Donnie absichtlich als Sündenbock ausgewählt das feindliche Feuer auf sich zu ziehen, um seinen Schwager Jared, seine Schwester Ivanka und natürlich Papa Donald zu schützen. Auffällig oft betont der bedrängte Junior dieser Tage wie „close“ die Familie sei, wie sehr sie für einander einstünden.

Der Hintergrund ist, daß ein Abstrafen des Juniors viel besser zu verkraften wäre, weil Donald-Sohn nicht im Weißen Haus arbeitet und keine „security clearance“ besitzt.
Er ist eine Privatperson, die juristisch weniger gefährdet ist als Jared, der als einer der höchsten Regierungsmitglieder lügt und mit einer feindlichen Macht in Verbindung steht.
Es klappt auch ganz gut. Kushners Name taucht in der Berichterstattung über die Treffen mit Akhmetshin und Wesselnizkaja viel weniger auf, obwohl das politisch sehr viel heikler ist.

Die Nervosität der nepotistischen Oval-Office-Gruppe ist aber mit den Händen zu greifen. Trumps langjähriger Pitbull, RA Marc Kasowitz, der intensiv versucht Don Jr und Jared aus der Schusslinie zu bringen, rastete aus, als ihm ein ihm ein befreundeter PR-Berater empfahl sich von den Trumps loszusagen.

[….]  Unter dem Druck der Russland-Affäre hat der Anwalt von US-Präsident Donald Trump, Marc Kasowitz, einen Kritiker mit einem Schwall vulgärer Beschimpfungen und Drohungen überschüttet. Inzwischen hat er sich für seine Äußerungen entschuldigt.
[…..]  Der Druck auf Trump und damit auch seinen Anwalt war in den vergangenen Tagen durch die Enthüllungen über den ältesten Präsidentensohn nochmals gewachsen. [….]

Hier noch mal die englische Version.

 “I’m on you now.  You are fucking with me now Let’s see who you are Watch your back , bitch.”
 “Call me.  Don’t be afraid, you piece of shit.  Stand up.  If you don’t call, you’re just afraid.” “I already know where you live, I’m on you.  You might as well call me. You will see me. I promise.  Bro.” 









Man bedenke, es handelt sich hier um den persönlichen Anwalt des mächtigsten Mannes der Erde. Was für ein Vorbild für die Advokaten-Zunft.

2 Kommentare:

  1. "Das ist Nepotismus pur und hat mit demokratischer Kontrolle nichts mehr zu tun. [….]"

    Die gewohnte Antwort darauf heute morgen.
    "With all of its phony unnamed sources & highly slanted & even fraudulent reporting, #Fake News is DISTORTING DEMOCRACY in our country!"
    http://www.rawstory.com/2017/07/trump-launches-early-morning-twitter-attack-on-hillary-clinton-while-blaming-media-for-distorting-democracy/

    Zuvor wird, ebenso auf taeglicher Basis gewohnt, eine weitere seiner Luegen offenbar. http://www.cbsnews.com/news/trump-campaign-paid-trump-jr-lawyers-firm-11-days-before-russia-story-broke/

    Trumps anderer Anwalt sagt zutreffend "No time for ethical or moral considerations during a campaign" http://www.rawstory.com/2017/07/trump-lawyer-stuns-tapper-with-absurd-russia-defense-no-time-for-ethical-or-moral-considerations-during-a-campaign/

    Solange Trump zwischen 35-40% Zustimmung und 85% Basis hinter sich hat, wird er und GOP das Ganze weiterhin genauso durchziehen.
    Noch aggressiver gegen Medien, Presse, Recht&Justiz, Umwelt, Gesundheit, Wahrheit und Constitution.
    Bisher halfen da selbst nicht die uebelst destruktiven Fakten gegen ihn!!

    Gruss
    Jake


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    1. Das ist wohl der Knackpunkt:

      "Solange Trump zwischen 35-40% Zustimmung und 85% Basis hinter sich hat, wird er und GOP das Ganze weiterhin genauso durchziehen.
      Noch aggressiver gegen Medien, Presse, Recht&Justiz, Umwelt, Gesundheit, Wahrheit und Constitution. "

      Große Teile der US-Bevölkerung sind derart verblödet, daß sie für die Realität überhaupt nicht mehr empfänglich sind.
      Dafür müßte Trump erst die amerikanische Wirtschaft ganz ganz tief in die Scheiße reiten.
      Aber es ist ja durchaus möglich, daß er das hinbekommt.

      LGT

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