Nur noch
sechs Tage bis Putin, Erdoğan und Trump in meiner Stadt einfallen. Ganz
schön was los hier, 11 Polizeihubschrauber kreisen die ganze Nacht über mir,
weil die ortsfremden Piloten üben müssen über einer dunklen fremden Stadt zu fliegen
(Hamburgs Polizei hat nur zwei eigene Libellen).
Der
Verkehr kommt jetzt schon zum Erliegen.
Einen
G20-Gipfel in einer Stadt wie Hamburg, die keine breiten Alleen hat, auf einem
Areal unmittelbar der extremsten linksautonomen Szene Deutschlands durchzuführen,
ist, nun ja, nicht schlau.
Bis auf
die 300 Berliner Polizisten, die öffentlich „gebumst
haben“ und daher zurück geschickt wurden, sind die Beamten,
die das Megatreffen schützen müssen, nicht erfreut.
Einer macht seinem Ärger in einem offenen Brief Luft.
Einer macht seinem Ärger in einem offenen Brief Luft.
[…..] Ich
bin Ende 30 und Polizeibeamter. Ich versehe meinen Dienst derzeit auf einem
Stadtrevier im Streifendienst, vorher habe ich einige Zeit in der
Bereitschaftspolizei meines Bundeslandes den Dienst versehen. Mittlerweile bin
ich seit über 15 Jahren bei der Polizei.
[…..]
Der von Ihnen geplante G20 setzt all diesen
Dingen jedoch die Krone auf. Allein die Kosten, die vermutlich erst nach dem
Gipfel abzusehen sein werden, sind eine einzige Frechheit. Soll allein die GeSa
(Gefangenensammelstelle) tatsächlich über vier Millionen Euro kosten? Ihr
Ernst?
Ich lade Sie gern ein, wenn Sie noch einen
Programmpunkt zwischen teurem Essen und Konzertbesuch frei haben, mal eine
Schicht im Streifendienst zu begleiten. Schauen sie sich gern Familien am Rande
der Gesellschaft an, die wir in polizeilichen Einsätzen oft erleben.
Die Menschen, die ohne Obdach auf der
Straße (er)frieren, oder die, die sich beim Discounter um die Ecke eine Packung
Toastbrot und Käse klauen, um den Kindern Brote für die Schule zu machen. Ist
es tatsächlich ihr Ernst, solche Schicksale tagtäglich zu dulden, um an zwei
Tagen Milliarden von Euro für Ihr belangloses Stelldichein zu verschwenden, die
in unseren sozialen Systemen besser angelegt wären?
[…..]
Wie gut könnte man das Geld in den
Pflegeeinrichtungen oder in der Flüchtlingsarbeit gebrauchen? Ich will jetzt
nicht die ganz große Keule schwingen, aber bedenken sie bei Ihren teuren
Gängemenüs, dass täglich durchschnittlich 40.000 Kinder in Entwicklungsländern
verhungern. […..] Eine komplette Stadt wird lahmgelegt, damit
Sie, liebe Staatschefs, Ihre Partner und Freunde, drei schöne Tage in der
Hansestadt Hamburg verbringen. In meiner Ausbildung habe ich mal etwas über
“Erforderlichkeit” und “Verhältnismäßigkeit” gelernt, nach deren Vorhandensein
polizeiliche Maßnahmen geprüft werden sollen.
[…..]
Wir wissen doch alle, dass Ihr
Milliardenschwerer Ausflug keinen Konflikt der Welt entschärfen, keine
Hungerkrise lösen und kein Heilmittel für eine tödliche Krankheit liefern wird.
Nach diesem katastrophalen G7, auf dem nicht ein Problem wirklich angegangen
wurde, von dem lediglich Nachrichten über verschärfte Töne und zu fest geschüttelte
Hände geblieben sind. [….]
Für mich
ist es schwer in das „Gipfel bitte nicht in Hamburg“-Lamento einzustimmen, da
ich ja nun einmal selbst Hamburger bin und es doch zu sehr nach dem St. Florians-Prinzip
aussähe.
Ich bin
nicht grundsätzlich gegen Gipfel. Sie müssen irgendwo stattfinden. Aber
natürlich kann in dieser superkurzen Zeit – 48 Stunden für 10.000
Gesprächspartner – nichts Sinnvolles daraus resultieren.
Da man
aber, wieder einmal, nicht auf mich hört, ist der Hamburger G20 so wie er ist.
Einer,
der brasilianische Präsident Temer, ist schon abgesprungen.
Es
bleiben also nur noch rund 9.999 Teilnehmer, 30.000 Polizisten und erwartete
200.000 Gegendemonstranten.
Mit dem
Beifall aller Bundestagsparteien erteilte die GroKo-Bundesregierung Erdoğan Redeverbot in Deutschland. Noch
einer eingenordet.
Der
Türkische Staatschef ist allerdings ein moderner Liberaler verglichen mit dem steinzeitlichen
Massenhinrichter König Salman, der mal eben den Rest der Welt dazu zwingen will
den Journalismus im Nahen Osten abzuschaffen
und der viel zu reich ist, als daß irgendein Westler ihm widerspräche.
Aber,
kein Problem, Salman ist unser Freund.
Worüber
Merkel mit ihm reden will?
Stabilität,
Klima, Wirtschaft, Nachhaltigkeit!
[…..]
Seit Beginn der G20-Treffen im Kreis der
Staats- und Regierungschefs setzt sich Deutschland dafür ein, dass der Dialog
über den Klimaschutz und über die Herausforderungen einer nachhaltigen und
umweltverträglichen Entwicklung fest auf der G20-Agenda etabliert ist.
Das Ziel ist, dass die
G20 positive Impulse für die im UN-Rahmen laufenden Verhandlungen gibt. Auf dem
G20-Gipfel in Antalya im November 2015 bekannte sich die G20 zu langfristigem
Klimaschutz und Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels als Signal für die unmittelbar
bevorstehende COP21 in Paris. Sie bekräftige den Willen der G20 zum Abschluss
eines ambitionierten, dauerhaften, dynamischen und rechtsverbindlichen
Weltklimaabkommens.
[….]
[….]
Die G20 setzt sich zudem dafür ein, die
wirtschaftliche Teilhabe von Frauen zu stärken. So einigte sich die G20 auf das
Ziel, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu verbessern und den noch bestehenden
Unterschied zwischen Männern und Frauen bei der Erwerbsbeteiligung bis 2025 um
25 Prozent zu verringern. [….]
(G20.org)
Klima,
Nachhaltigkeit, Teilhabe von Frauen.
Dafür
setzt König Salman, der ganz allein Hamburgs prächtigstes und edelstes Hotel,
das Vier Jahreszeiten, okkupiert, wirklich Zeichen.
Der Mann
ist bescheiden.
[…..] Die
haben in Hamburg 400 Zimmer gemietet, davon 160 bei uns. Der König und sein
innerer Zirkel werden bei uns wohnen. […..] Wir haben eine ganz normale Kalkulation durchgeführt und unsere
normalen Raten berechnet - angesichts des Gipfels sind das natürlich die
Höchstraten des gesetzten Preisgefüges. […..] Der König hat einen exzellent arbeitenden Reisestab. Die waren jetzt
schon mehrmals im Vorfeld des Gipfels hier, haben alle Suiten und Zimmer
fotografiert, Fluchtwege inspiziert und alle nötigen baulichen Veränderungen
mit uns geplant. […..] Etliche der
Gäste haben Sonderwünsche, etwa, was die Badezimmertechnik angeht. In der Suite
des Königs montieren wir temporär Panzerglas vor die Fenster. Ein paar Wände
mussten umgesetzt werden. Und für den König ist auch unsere Royal Suite im Grunde
viel zu klein - der braucht große Empfangsräume. Unsere Festsäle haben in etwa
das Format königlicher Wohnzimmer und werden mit Sofas und anderen Möbeln für
die Zeit seines Aufenthalts zu Lounges und Wohnbereichen umgebaut. Dort wird
auch der Thron stehen, den der König mitbringen wird.
[…..]
Der König bringt […..] seine eigenen Köche mit. […..]
Und da sind auch
Spezialisten dabei: Leute, die nur Tee kochen, andere, die nur für das Obst
zuständig sind. [….]
Salman
kommt auch nicht bloß mit popeligen zwei Boeing-Jumbojets wie Donald Trump,
sondern gleich mit sechs Jumbos – eben das nötigste Gepäck für zwei Tage.
Ja, Frau
Merkel, wenn man die Gäste so anreisen lässt, werden die Themen „Nachhaltigkeit,
Entwicklungshilfe und Klimaschutz“ umso glaubwürdiger.
Denn so
geht umweltschonendes Reisen!
[….] Seit er sie hat, verreist er nicht mehr
ohne: Eine goldfarbene transportable Rolltreppe ist das neueste
Reise-Accessoire des saudischen Königs Salman. Das klappbare Gerät made in
Germany wird auch in Hamburg zu sehen sein, wenn Seine greise Majestät (81) den
Flieger verlässt. Den letzten Meter schwebt er mit einem Lift zu Boden. […..]
Außerdem traditionell
im Reisegepäck: die eigenen Limousinen – zur Asienreise in diesem Februar etwa
zwei Mercedes S-Klassen. Und Kamele. Auch für den Besuch beim G20-Gipfel wird
der Monarch mehrere Kamele einfliegen. Platz genug ist ja, wenn man mit sechs
Boeings anreist. Die Wüstenschiffe spenden die für ein saudisches Frühstück
benötigte magere Milch. In der Ferne soll eben alles genauso schmecken wie
daheim, da unterscheidet ein Herrscher sich nicht vom Pauschal-Touri. Darum
auch 30 tiefgefrorene Lämmer, die die Hofköche in der Hotelküche des „Vier
Jahreszeiten“ grillen sollen. [….]
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