Samstag, 12. November 2016

Und es gibt doch noch Fortschritt.



Einerseits erzähle ich meinen Ami-Verwandten immer voller Stolz, daß in Hamburg nur 0,5% der Bevölkerung zur Kirche gehen (was sie mir natürlich nie glauben), aber andererseits sind die Kirchen hier doch akustisch noch sehr unangenehm präsent.

Kirchengeher muß man in Hamburg mit der Lupe suchen.
Etwas häufiger kommen sie in Bezirken mit kleinen Häuschen und Vorgärten vor, also da wo sich die Menschen mit Kindern ballen.
Da sind die Kirchenkontakte etwas über der üblichen homöopathischen Dosis, weil es kirchliche KITAs gibt und Kinder es wegen der üppigen Geldgeschenke immer noch schätzen konfirmiert zu werden.
Ich hingegen lebe in einem sogar noch kirchenferneren Teil Hamburgs. Hier, zentral gelegen, gibt es viele kleine Wohnungen, so daß beinahe alle meiner Nachbarn Singlehaushalte führen.
Hier sind wir eher selbstständig denkend. Da huldigt niemand „the dead jew on a stick“.
Dennoch bimmeln die Kirchen jeden Sonntag wie die wilde Wurst.
Extrem lästig. An dem einzigen Tag, an dem die meisten auch mal die Chance haben auszuschlafen, klötern diese Sektentypen als wären sie allein auf der Welt.
Wie allen Religioten fehlt es ihnen nicht nur an Unrechtsbewußtsein, sondern sie sind auch völlig schambefreit.
Mir wäre es so ungeheuer peinlich am Sonntagmorgen diese Art Krach zu veranstalten, daß in einem Umkreis von einem Kilometer alle Leute aus dem Bett fallen.
Jeder, der über etwas Anstand verfügt, würde automatisch Rücksicht nehmen und schon deswegen nicht mit dieser sadistischen Freude alle Nachbarn aufwecken.
Aber so ist das bei Religioten; die finden sich selbst so fabelhaft, daß sie ganz selbstverständlich meinen jeder fühle sich geehrt, wenn sie irgendwo hineinplatzen.
Das erinnert mich gleich wieder an das grauenhafte Bet-Huhn, das sensibel wie eine Abrissbirne auf der Intensivstation unerbeten in eine Situation platze, als ich gerade die Chance hatte mich von jemand zu verabschieden. Das setzte sich gleich neben mich und meinte sich einmischen zu müssen, während man gerade seine letzten Worte spricht. Unfassbar; denen geht sämtliches Schamgefühl ab und sie sind scheinbar wirklich psychisch so derart verwirrt, daß sie wirklich glauben, sie wären erwünscht.
Gestern war ich in der Hamburger Innenstadt, Jungfernstieg, also der edelsten Flaniermeile Hamburgs, direkt an der Binnenalster.
Mehrere Gruppen der Zeugen Jehovas grinsten einen zähneklappernd und blaugefroren an. Seit wann stecken die eigentlich wieder die Köpfe aus ihren Löchern? Und haben die nicht früher hauptsächlich Kinder und Jugendliche losgejagt? Gestern waren es aber Gruppen von erwachsenen Frauen. Eine von ihnen war mindestens 80, sehr dürr und so offensichtlich körperlich erschöpft, daß ich ihr liebend gern zehn Euro gegeben hätte, damit sie im nächsten Lokal erst mal einen heißen Tee trinkt, um sich aufzuwärmen.
Aber diese Zeugen sind ja so irre, daß sie nicht mal Geld wollen; die wollen meine Seele retten. Die anderen Damen waren eher von der Wuchtbrummen-Fraktion der Zeugen. Und wieder stellte ich mir vor wie unfassbar peinlich es mir wäre mit diesen albernen Broschüren und Aufstellern die Passanten zu belästigen und dazu auch noch meine klapprige Oma tiefgefroren mitzuzerren.
Dafür muß man offensichtlich die gleiche debile Penetranz besitzen, wie der Pfaff, der hier nebenan jeden Sonntag am Glockenseil herumreißt, bis ihn auch wirklich jeder hasst.

Nach vielen Jahren habe ich allerdings erstmals Anlass zur Hoffnung; möglicherweise hört das sonntägliche Klerikal-Molesting in absehbarer Zeit auf.
„Meine“ Kirche steht nämlich auf der geheimen, aber doch schon veröffentlichten Liste der 39 „Gotteshäuser“, welche der Kirchenkreis Hamburg-Ost schließen/entwidmen/verkaufen will.
Hurra!
Vielleicht hätten die Christen noch mehr Mitglieder, wenn sie nicht so penetrant laut alle Nachbarn genervt hätten.

[…..] Geheime Liste: 39 Hamburger Kirchen vor der Schließung
[…..] Der evangelische Kirchenkreis Ost will 35 Prozent seiner Kirchenstandorte aufgeben. Die Gründe sind der Mitgliederschwund, strukturelle Haushaltsdefizite in den Gemeinden und eine zu optimistische Neubaupolitik vor allem in den 1970er-Jahren. Unter der Hand kursiert eine Gebäudeliste, die dem Abendblatt vorliegt. Sie enthält die Gebäudebewertungen für 148 der insgesamt 158 Standorte des Kreises. Die 53 "C"-Standorte (35,6 Prozent) – darunter 39 Kirchen auf Hamburger Stadtgebiet – sollen perspektivisch aufgegeben werden.
[…..] Die katholische Kirche erklärte, auch sie müsse in Hamburg perspektivisch Gebäude aufgeben. Sie will am Sonnabend im Mariendom mit gut 550 Verantwortlichen einen "Prozess der inhaltlichen und wirtschaftlichen Neuorientierung" einleiten, sagte Erzbistumssprecher Manfred Nielen. […..]

[…..] "Die Kirche bleibt im Dorf" ist zwar ein gern zitiertes, geflügeltes Wort. Künftig aber müssen sich Christen wie Konfessionslose in Hamburgs Osten darauf einstellen, dass längst nicht mehr Kirche drin ist, wo früher einmal Kirche draufstand. Vielleicht wird aus den Gebäuden ein Kulturzen­trum oder eine Wohnanlage für Jung und Alt. Aber evangelische Gottesdienste, Taufen und Trauungen dürfte es in den bisherigen Sakralräumen nicht mehr geben. Auch wird der erneute Verkauf einer Kirche an eine muslimische Gemeinde nach dem umstrittenen Immobiliendeal mit der Horner Kapernaumkirche – auf dem früheren Kirchturm steht jetzt ein Halbmond – gänzlich ausgeschlossen.
[…..] Wenn in einer religiösen Institution, deren Proprium das Evangelium Jesu Christi ist, das Gesetz des Geldes die Oberhand gewinnt, werden die Kirchengemeinden vor Ort gespalten: In jene, die Filetgrundstücke, beste Lagen und Leuchtturmprojekte haben – wie zum Beispiel die Hauptkirchen –, und in jene, die wegen baufälliger, nicht denkmalgeschützter Gebäude und nur drei Gottesdienstbesuchern die großen Verlierer auf der Streichliste sind.
Wenn eine solche Nachkriegskirche auf dem Altar des Gebäudeprozesses geopfert wird, geht den Menschen im Stadtteil ein Stück Heimat verloren. Ein Kirchengebäude, das geschlossen wird, strahlt nicht mehr. Es rufen auch keine Glocken mehr zum Gebet, die jeder morgens beim Frühstück hören kann. [STRIKE! – T.] Und es müssen immer weitere Wege zum nächsten Gottesdienst im Stadtviertel zurückgelegt werden. […..] 


[…..] Eine bisher den Gemeinderäten und dem Kirchenkreis vorbehaltene Gebäudeliste, die dem Abendblatt vorliegt, unterscheidet "A"-, "B"- und "C"-Standorte. 53 der 148 bewerteten Standorte (gut 35 Prozent) wurden als "nicht förderfähig" (C) eingestuft, 62 als "auf jeden Fall förderfähig" (A) und 33 als "förderfähig im Vergleich" (B). Verschiebungen zwischen den Kategorien C und B könne es noch geben, heißt es in den Erläuterungen zur Liste, aber "alle Änderungen müssen im Rahmen des Rückbauziels von 35 Prozent liegen". Als Gründe für den rigiden Sparkurs nennt der Kirchenkreis jahrelangen Mitgliederschwund und strukturelle Haushaltsdefizite in den Gemeinden. […..]

Kein Mitleid von mir. Für mich sind alle Kirchen Kategorie Z!

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