Montag, 16. März 2015

Self-fulfilling Prophecy



Während es mir heute viele Bloggisten gleichtun und genau wie ich gestern die TV-Doku am Montag, 16. März um 23.30 Uhr im Ersten die Dokumentation "Das Schweigen der Männer - Die katholische Kirche und der Kindesmissbrauch" empfehlen, zeigen sich auch die klassischen Printmedien wieder einmal von ihrer frommen Seite.
Es ist die bayerische SZ, die auf ihrer Medienseite in einem ausführlichen Interview diese Doku empfiehlt.
In den Hamburger Zeitungen sucht man vergeblich danach.
Stattdessen gibt es aber seitenlange Lobeshymnen über den ultrakonservativen Meisner-Schüler Heße, der als neuer Erzbischof nach Hamburg versetzt wurde.
Kardinal Meisner, den selbst der fromme Kirchenfreund Volker Beck ob seiner ständigen NS-Vergleiche einen „Hassprediger“ nannte, profilierte sich 40 Jahre als Rechtsaußen der ohnehin schon konservativen deutschen Bischöfe.
Kein Glaubensbruder ist mehr durch zutiefst bösartige und abfällige Äußerungen über Schwule, Linke, Frauen, Juden, Muslime und Atheisten aufgefallen.
Erzbischof Heße aber bewundert Meisner und verdankt ihm alles.
So einen Mann sollte man totschweigen.
Kann das so schwer fallen? Es gibt doch ohnehin so gut wie keine Katholiken in Hamburg und auch alle Christen zusammen sind eine Minderheit in dieser Stadt.
Nicht so die norddeutschen Medien.
Da fällt nicht ein einziges Wort der Kritik.

Sie schreiben:

Stefan Heße ist ein Hoffnungsträger der Kirche
[…]  Der Rheinländer brillierte bei seinem ersten Auftritt im Norden mit einem hohen Maß an persönlicher Emotionalität, Humor und Offenheit. Es bereitete ihm erkennbar keine Mühe, von dem zu sprechen, was sein Herz in diesen Tagen bewegt. Dass er bald seine lieb gewordene Heimat verlassen muss und die betagten Eltern zurücklässt.[…]  "Ich stehe für Transparenz, Ehrlichkeit, Authentizität. Ich bin ehrlich und offen mit Haut und Haaren. Ich komme nach Hamburg, wie ich bin. Und ich will ein weites Herz für die Menschen haben."
Wer so spricht, kommt nicht als weltferner Kleriker daher, sondern als lernbereiter Kirchenmann. Mit seinem freundlich-gewinnenden Ton hat der neue Erzbischof tatsächlich die sonst so hierarchische Amtskirche auf den Boden eines kollegialen Miteinanders gestellt, bei dem der künftige Chef selbst Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit von den anderen einfordert. […] (Edgar S. Hasse, 28.01.15)

Viel Prominenz bei Weihe des neuen Bischofs Heße.
[…] Unter den 24 katholischen Bischöfen sind neben Marx der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, sowie die Kardinäle Rainer Maria Woelki (Köln) und sein Vorgänger Joachim Meisner. Evangelischerseits nehmen außer Landesbischof Ulrich auch die Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck, Kirsten Fehrs, und der Hamburger Superintendent Uwe Onnen teil.
Der Gottesdienst, der um 10.00 Uhr beginnt, wird von NDR Fernsehen sowie als Livestream […]  übertragen.
(HH Abendblatt 05.03.15)

Erzbischof Heße befürwortet Gottesbezug in Verfassung
(Die ZEIT  7. März 2015)

Halleluja, Hamburg - ein Stadtrundgang mit Erzbischof Heße
[….] Der 48-jährige Heße hat gerade die erste Nacht in Hamburg verbracht. Und staunt. Über das windige Kirmeswetter, die gelungene Architektur in der City und die Freundlichkeit der Einheimischen. [….]  Nach einem Besuch in der Abendblatt-Redaktion und einem Gespräch mit Chefredakteur Lars Haider starten wir zu einer ebenso exklusiven wie kurzen Tour durch die Hansestadt. [….] Da tritt plötzlich Kirsten Fehrs auf. Die evangelische Bischöfin für den Sprengel Hamburg und Lübeck hat gerade im Gottesdienst zur Konstituierung der Hamburgischen Bürgerschaft gepredigt und ist nun auf dem Weg zur Parlamentssitzung. "Ich bin der Neue", stellt sich der langjährige enge Vertraute des Kölner Kardinals Joachim Meisner vor. "Und ich bin die Alte", schmunzelt mit hanseatischer Untertreibung die Bischöfin, die seit drei Jahren im Amt ist. [….] Jetzt machen wir erst mal im Michel Station, dem Hamburger Wahrzeichen. [….] Danach setzt sich der Erzbischof selbst auf die Orgelbank, greift in die Tasten und schließt die Augen. Sanfte Klänge erfüllen das barocke Gotteshaus. Alle lauschen dem Spiel, bis Hauptpastor Röder am Ende sagt: "Es ist das erste Mal, dass im Michel ein Erzbischof Orgel spielt." [….] Von der Speicherstadt führt ihn diese erste Stadtbesichtigung dann mitten rein in das neue moderne Herz der Stadt. Wir spazieren am Wasser, wo gerade ein kräftiger Wind die Elbe herauf weht und das Wasser des Flusses aufpeitscht. [….] Der Wind bläst auch hier jetzt heftig durch die Straße, Heße hat sich einen dunklen Parka übergezogen, zieht seine Schirmmütze tiefer über die Ohren. [….]  Ach, so vieles gebe es in der Stadt noch zu entdecken. Und immer wieder diese "wundervolle Architektur", die man an so vielen Stellen in Hamburg zu sehen bekomme. Das sei in Köln schon anders, nicht so schön. [….]

Die Bischofsweihe am Sonnabend versprach auf jeden Fall frischen Wind für die katholische Kirche im Norden. Denn es wurde viel gelacht und applaudiert in diesem feierlichen, aber niemals steifen Gottesdienst. Heße sprach frei und leidenschaftlich - zum Entsetzen des Zeremonienmeisters, der angesichts der Live-Übertragung des Gottesdienstes im NDR Fernsehen hilflos auf das vorbereitete Manuskript starrte. Aber Heße pfiff aufs Protokoll, berief sich auf Papst Franziskus und sagte, er wolle vor allem den Glauben weitergeben, denn was nicht weitergegeben werde, werde ranzig.
Diese Bischofsweihe im St. Mariendom war ein ganz besonders feierlicher Gottesdienst, mit viel Weihrauch und Gesängen. Die katholische Kirche zeigte, was sie liturgisch kann. Die kunstvolle und handgeschriebene Ernennungsurkunde mit Papst-Siegel aus dem Vatikan wurde erst allen Bischöfen gezeigt, dann hoch gehalten, damit die Gemeinde sie sehen konnte und schließlich verlesen.
[….] So katholisch wie am Sonnabend war Hamburg schon lange nicht mehr: Vor dem voll besetzten Mariendom waren Kardinäle, Bischöfe und Priester mit wehenden Soutanen zu sehen. Es sah ein bisschen aus wie auf dem Petersplatz im Vatikan.

Die besten Bilder.
„Liebe Schwestern und Brüder, hier stehe ich nun erstmals in ganzer Pracht und Herrlichkeit vor Ihnen!“ Mit einer ordentlichen Ladung Selbstironie begrüßte Stefan Heße als frisch geweihter Hamburger Erzbischof seine Schäfchen im voll besetzten Mariendom in St. Georg. Der rheinische Frohsinn des Kölners nahm dem goldglitzernden Bombast seiner gestrigen Amtseinführung die Schwere. Wir haben die besten Fotos der Heße-Einführung.

Brückenbauer im Mariendom
[…] Heße hat recht schnell die Bedeutung des östlichen Teils seines Erzbistums erkannt. Gerade in Mecklenburg ist die Säkularisierung und die Auflösung traditioneller kirchlicher Strukturen so weit fortgeschritten, dass die Region zu einem Erprobungsfeld missionarischer Impulse werden könnte. Nicht von ungefähr führt sein erster Antrittsbesuch in das entkirchlichte Mecklenburg und in die Schweriner Staatskanzlei. Dass seine Bischofsweihe ausgerechnet mit dem Lied aus der DDR-Wendezeit "Vertraut den neuen Wegen" begann – übrigens von einem evangelischen Theologieprofessor verfasst –, steht ebenfalls für feinsinniges zeitgeschichtliches Gespür. […]

Eltern des neuen Bischofs: "Wir waren den Tränen nahe"
[…] St. Georg. Da saßen sie nun in der ersten Reihe und sahen, wie ihr Sohn zu Boden ging. Bäuchlings lag Stefan Heße vor dem Altar, während die 700 Kirchenbesucher den Beistand der Heiligen und Märtyrer erflehten.
Die Kölner Bäckersleute Gisela und Franz-Josef Heße kämpften am Sonnabend im Dom St. Marien mit den Tränen. Das Leben ihres 48 Jahre alten Sohnes zog wie in einem Film vor ihrem inneren Auge vorbei. Wie er das Orgelspiel lernte. Wie es ihn immer wieder in Kirchen zog. Wie er Kaplan wurde. Und nun das: die Weihe ihres einzigen Sohnes zum Bischof und seine Einführung in das Amt des Hamburger Erzbischofs. Stefan Heße, der Bäckersjunge aus Köln-Junkersdorf, wird an der Spitze von 400.000 Katholiken in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg stehen. […] Wie herzlich ihm die Gläubigen im Erzbistum begegnen, konnte man beim kleinen Volksfest vor dem Dom St. Marien erleben. Passend für die Rheinländer, gab es auf Wunsch frisch gezapftes Kölsch. […]

AMEN!

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