Während
es mir heute viele Bloggisten gleichtun und genau wie ich gestern die TV-Doku am Montag, 16. März um 23.30 Uhr im Ersten
die Dokumentation "Das Schweigen der Männer - Die katholische Kirche und der
Kindesmissbrauch" empfehlen, zeigen sich auch die
klassischen Printmedien wieder einmal von ihrer frommen Seite.
Es ist
die bayerische SZ, die auf ihrer Medienseite in einem ausführlichen Interview diese
Doku empfiehlt.
In den
Hamburger Zeitungen sucht man vergeblich danach.
Stattdessen
gibt es aber seitenlange Lobeshymnen über den ultrakonservativen
Meisner-Schüler Heße, der als neuer Erzbischof nach Hamburg versetzt wurde.
Kardinal
Meisner, den selbst der fromme Kirchenfreund Volker Beck ob seiner ständigen
NS-Vergleiche einen „Hassprediger“ nannte, profilierte sich 40 Jahre als Rechtsaußen
der ohnehin schon konservativen deutschen Bischöfe.
Kein
Glaubensbruder ist mehr durch zutiefst bösartige und abfällige Äußerungen über
Schwule, Linke, Frauen, Juden, Muslime und Atheisten aufgefallen.
Erzbischof
Heße aber bewundert Meisner und verdankt ihm alles.
So einen
Mann sollte man totschweigen.
Kann das
so schwer fallen? Es gibt doch ohnehin so gut wie keine Katholiken in Hamburg
und auch alle Christen zusammen sind eine Minderheit in dieser Stadt.
Nicht so
die norddeutschen Medien.
Da fällt
nicht ein einziges Wort der Kritik.
Sie
schreiben:
Stefan Heße ist ein
Hoffnungsträger der Kirche
[…]
Der
Rheinländer brillierte bei seinem ersten Auftritt im Norden mit einem hohen Maß
an persönlicher Emotionalität, Humor und Offenheit. Es bereitete ihm erkennbar
keine Mühe, von dem zu sprechen, was sein Herz in diesen Tagen bewegt. Dass er
bald seine lieb gewordene Heimat verlassen muss und die betagten Eltern
zurücklässt.[…] "Ich stehe für Transparenz, Ehrlichkeit,
Authentizität. Ich bin ehrlich und offen mit Haut und Haaren. Ich komme nach
Hamburg, wie ich bin. Und ich will ein weites Herz für die Menschen
haben."
Wer so spricht, kommt
nicht als weltferner Kleriker daher, sondern als lernbereiter Kirchenmann. Mit
seinem freundlich-gewinnenden Ton hat der neue Erzbischof tatsächlich die sonst
so hierarchische Amtskirche auf den Boden eines kollegialen Miteinanders
gestellt, bei dem der künftige Chef selbst Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit von
den anderen einfordert. […]
(Edgar S. Hasse, 28.01.15)
Viel Prominenz bei
Weihe des neuen Bischofs Heße.
[…]
Unter den 24 katholischen Bischöfen sind
neben Marx der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic,
sowie die Kardinäle Rainer Maria Woelki (Köln) und sein Vorgänger Joachim
Meisner. Evangelischerseits nehmen außer Landesbischof Ulrich auch die
Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck, Kirsten Fehrs, und der Hamburger
Superintendent Uwe Onnen teil.
Der Gottesdienst, der
um 10.00 Uhr beginnt, wird von NDR Fernsehen sowie als Livestream […] übertragen.
(HH
Abendblatt 05.03.15)
Erzbischof Heße
befürwortet Gottesbezug in Verfassung
(Die
ZEIT 7. März 2015)
Halleluja, Hamburg -
ein Stadtrundgang mit Erzbischof Heße
[….]
Der 48-jährige Heße hat gerade die erste
Nacht in Hamburg verbracht. Und staunt. Über das windige Kirmeswetter, die
gelungene Architektur in der City und die Freundlichkeit der Einheimischen. [….]
Nach einem Besuch in der Abendblatt-Redaktion
und einem Gespräch mit Chefredakteur Lars Haider starten wir zu einer ebenso
exklusiven wie kurzen Tour durch die Hansestadt. [….] Da tritt plötzlich Kirsten Fehrs auf. Die evangelische Bischöfin für
den Sprengel Hamburg und Lübeck hat gerade im Gottesdienst zur Konstituierung
der Hamburgischen Bürgerschaft gepredigt und ist nun auf dem Weg zur
Parlamentssitzung. "Ich bin der Neue", stellt sich der langjährige
enge Vertraute des Kölner Kardinals Joachim Meisner vor. "Und ich bin die
Alte", schmunzelt mit hanseatischer Untertreibung die Bischöfin, die seit
drei Jahren im Amt ist. [….] Jetzt
machen wir erst mal im Michel Station, dem Hamburger Wahrzeichen. [….] Danach setzt sich der Erzbischof selbst auf
die Orgelbank, greift in die Tasten und schließt die Augen. Sanfte Klänge
erfüllen das barocke Gotteshaus. Alle lauschen dem Spiel, bis Hauptpastor Röder
am Ende sagt: "Es ist das erste Mal, dass im Michel ein Erzbischof Orgel
spielt." [….] Von der
Speicherstadt führt ihn diese erste Stadtbesichtigung dann mitten rein in das
neue moderne Herz der Stadt. Wir spazieren am Wasser, wo gerade ein kräftiger
Wind die Elbe herauf weht und das Wasser des Flusses aufpeitscht. [….] Der Wind bläst auch hier jetzt heftig durch
die Straße, Heße hat sich einen dunklen Parka übergezogen, zieht seine
Schirmmütze tiefer über die Ohren. [….] Ach, so vieles gebe es in der Stadt noch zu
entdecken. Und immer wieder diese "wundervolle Architektur", die man
an so vielen Stellen in Hamburg zu sehen bekomme. Das sei in Köln schon anders,
nicht so schön. [….]
Die Bischofsweihe am
Sonnabend versprach auf jeden Fall frischen Wind für die katholische Kirche im
Norden. Denn es wurde viel gelacht und applaudiert in diesem feierlichen, aber
niemals steifen Gottesdienst. Heße sprach frei und leidenschaftlich - zum
Entsetzen des Zeremonienmeisters, der angesichts der Live-Übertragung des
Gottesdienstes im NDR Fernsehen hilflos auf das vorbereitete Manuskript
starrte. Aber Heße pfiff aufs Protokoll, berief sich auf Papst Franziskus und
sagte, er wolle vor allem den Glauben weitergeben, denn was nicht weitergegeben
werde, werde ranzig.
Diese Bischofsweihe im
St. Mariendom war ein ganz besonders feierlicher Gottesdienst, mit viel
Weihrauch und Gesängen. Die katholische Kirche zeigte, was sie liturgisch kann.
Die kunstvolle und handgeschriebene Ernennungsurkunde mit Papst-Siegel aus dem
Vatikan wurde erst allen Bischöfen gezeigt, dann hoch gehalten, damit die
Gemeinde sie sehen konnte und schließlich verlesen.
[….] So katholisch wie am Sonnabend war Hamburg
schon lange nicht mehr: Vor dem voll besetzten Mariendom waren Kardinäle,
Bischöfe und Priester mit wehenden Soutanen zu sehen. Es sah ein bisschen aus
wie auf dem Petersplatz im Vatikan.
Die besten Bilder.
„Liebe Schwestern und
Brüder, hier stehe ich nun erstmals in ganzer Pracht und Herrlichkeit vor
Ihnen!“ Mit einer ordentlichen Ladung Selbstironie begrüßte Stefan Heße als
frisch geweihter Hamburger Erzbischof seine Schäfchen im voll besetzten
Mariendom in St. Georg. Der rheinische Frohsinn des Kölners nahm dem
goldglitzernden Bombast seiner gestrigen Amtseinführung die Schwere. Wir haben die
besten Fotos der Heße-Einführung.
Brückenbauer im
Mariendom
[…]
Heße hat recht schnell die Bedeutung des
östlichen Teils seines Erzbistums erkannt. Gerade in Mecklenburg ist die
Säkularisierung und die Auflösung traditioneller kirchlicher Strukturen so weit
fortgeschritten, dass die Region zu einem Erprobungsfeld missionarischer
Impulse werden könnte. Nicht von ungefähr führt sein erster Antrittsbesuch in
das entkirchlichte Mecklenburg und in die Schweriner Staatskanzlei. Dass seine
Bischofsweihe ausgerechnet mit dem Lied aus der DDR-Wendezeit "Vertraut
den neuen Wegen" begann – übrigens von einem evangelischen
Theologieprofessor verfasst –, steht ebenfalls für feinsinniges
zeitgeschichtliches Gespür. […]
Eltern des neuen
Bischofs: "Wir waren den Tränen nahe"
[…]
St. Georg. Da saßen sie nun in der ersten
Reihe und sahen, wie ihr Sohn zu Boden ging. Bäuchlings lag Stefan Heße vor dem
Altar, während die 700 Kirchenbesucher den Beistand der Heiligen und Märtyrer
erflehten.
Die Kölner
Bäckersleute Gisela und Franz-Josef Heße kämpften am Sonnabend im Dom St.
Marien mit den Tränen. Das Leben ihres 48 Jahre alten Sohnes zog wie in einem
Film vor ihrem inneren Auge vorbei. Wie er das Orgelspiel lernte. Wie es ihn
immer wieder in Kirchen zog. Wie er Kaplan wurde. Und nun das: die Weihe ihres
einzigen Sohnes zum Bischof und seine Einführung in das Amt des Hamburger
Erzbischofs. Stefan Heße, der Bäckersjunge aus Köln-Junkersdorf, wird an der
Spitze von 400.000 Katholiken in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg
stehen. […] Wie herzlich ihm die Gläubigen im Erzbistum
begegnen, konnte man beim kleinen Volksfest vor dem Dom St. Marien erleben.
Passend für die Rheinländer, gab es auf Wunsch frisch gezapftes Kölsch. […]
AMEN!
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