Gerade bin ich etwas verwirrt ob einiger Kommentare in der Presse.
Sigmar Gabriel bastele, so
heißt es, heimlich an einer rotrotgünen Bundesregierung. Er tue nur so, als ob
er ein braver Merkel-Partner wäre und setze in Wahrheit ganz linke Politik
durch.
Als Indizien für diese
These gelten Nahles‘ Kompromisslosigkeit beim Mindestlohn und diverse
Personalentscheidungen.
Der SPD-Außenpolitiker Gernot Erler wird
nach Angaben des Auswärtigen Amtes neuer Russland-Koordinator der
Bundesregierung. Erler, der in diesem Jahr 70 Jahre alt wird, gehört zu den
engen Vertrauten von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). […..]
Um die Personalie hatte es nach
SPIEGEL-Informationen heftigen Streit gegeben. Der bisherige Amtsinhaber,
Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff, wollte sich nicht aus dem Amt
zurückziehen. Der Russlandbeauftragte wird von Steinmeier und Bundeskanzlerin
Angela Merkel gemeinsam bestimmt.
Hinter der Personalfrage verbirgt sich
eine Richtungsentscheidung: Erler, der slawische Sprachen studierte, steht für
eine russlandfreundliche Linie. Es müsse Schluss sein mit dem Russland-Bashing,
forderte er in diesem Jahr. Er äußerte Verständnis für das Misstrauen Moskaus
gegenüber dem Westen.
CDU-Politiker Schockenhoff dagegen
plädiert für eine harte Linie gegenüber der Regierung von Präsident Wladimir
Putin. […..]
Weitere Beispiele:
In einem SZ-Kommentar wird
erklärt, daß Gabriel vielleicht nicht gerade plane die große Koalition bald
platzen zu lassen, aber er bereite den Boden dafür, daß 2017 einem rotrotgrünen
Bündnis nichts mehr im Wege stehe.
[…]
Das zeigen seine beiden jüngsten
Personalentscheidungen: SPD-Generalsekretärin soll die Gewerkschafterin Yasmin
Fahimi werden, Schatzmeister der Bundestagsabgeordnete Dietmar Nietan. Fahimi
sitzt im Vorstand eines Vereins, dessen einziger Zweck es ist, Rot-Grün (oder
eben, da es dafür in der näheren Zukunft kaum reichen dürfte: Rot-Rot-Grün)
inhaltlich vorzubereiten. Und Nietan engagiert sich in der sogenannten
SPD-Denkfabrik, die schon seit Jahren für Bündnisse mit Linken und Grünen
plädiert. Während Gabriel also brav die Kabinettsdisziplin einhalten und sich
dem Fortgang der Energiewende widmen kann, dürften aus dem Willy-Brandt-Haus
demnächst Gesprächsfäden zur Linken gesponnen werden. […] Sollten sie damit Erfolg haben, könnte die
Geschichte der leidigen Beziehungskiste Rot-Rot-Grün eine ironische Wendung
nehmen: Dann könnten anstelle der Linken die Grünen zum Faktor werden, der dem
Bündnis im Weg steht. Noch befindet sich die Partei im Stadium der
Neuorientierung, doch bereits jetzt ist erkennbar, dass sie steuerpolitisch
wieder in die Mitte einschwenken wird. Sollte Schwarz-Grün in Hessen
funktionieren, könnte das außerdem die Lust beträchtlich steigern, es auch im
Bund mal zu versuchen. Und da sich Sigmar Gabriel gerade der Energiewende
bemächtigt, dürfte er bald zu einem Lieblingsgegner der Grünen werden. […]
Da ich spätestens seit
2005 intensiv für R2G werbe, sollte ich froh über den mutmaßlichen Kurs der
SPD-Spitze sein.
Allein, mir fehlt der
Glaube!
Eine SPD, die sich
wirklich darauf besinnt ein eigenes Rückgrat zu haben, die Dieter Hildebrandts
Axiom „die SPD scheißt in jede Hose, die man ihr hinhält“ aufgibt, die endlich nicht
mehr lieber Appendix einer CDU, sondern selbstbewußte Gestalterin ist, kann
sich nicht in
der causa Seehofer und in der Causa Pofalla so erbärmlich feige wegducken, wie es
jetzt geschieht.
Das dröhnende Schweigen der Genossen wird
sogar noch verwerflicher, wenn man beobachtet, daß nun auch Teile der CDU auf
den NPD-Kurs einschwenken.
Wenn es irgendwas nützte, wäre
ich froh dieser miesen Koalition nicht zugestimmt zu haben.
Aber das wäre wohlfeil und kostet nichts.
Schützenhilfe für Horst Seehofer:
Thüringens CDU-Fraktionschef Mike Mohring fordert nun ebenfalls einen harten
Kurs gegen Einwanderer aus Osteuropa. Auch einen Beitrittsstopp für die EU
bringt er ins Spiel.
[….]
Erstmals bekommt die CSU Unterstützung für
ihre Forderungen: Bei ihrer Klausurtagung in Kloster Volkenroda will die
CDU-Fraktion in Thüringen am Freitag ein europakritisches Positionspapier
beschließen. Zentrale Punkte sind die Forderung nach einem Erweiterungstopp für
die EU - und die Schützenhilfe für die CSU-Kollegen in Bayern beim Thema
Armutseinwanderung.
Zwar sei man froh über die
Freizügigkeitsregelungen in der EU, heißt es in dem Papier, das SPIEGEL ONLINE
vorliegt. "Gleichzeitig brauchen wir aber auch Regelungen, dass die
erstmalige Zuwanderung nicht in die Sozialsysteme laufen kann."
Die etwa 30 CDU-Politiker sprechen sich
für einen kompletten Beitrittsstopp für weitere europäische Länder aus.
"In beitragswilligen Staaten wie Montenegro, Mazedonien, Albanien, der Türkei
oder auch Island gibt es zahlreiche nationale Probleme, die zuvor in den
Ländern selbst zu lösen sind", heißt es. "Die derzeit heftig geführte
Debatte um mögliche Zuwanderungen in die deutschen Sozialsysteme durch die
Integration Bulgariens und Rumäniens zeigt deutlich, dass diese Frage vor
weiteren EU-Erweiterungen dringend gelöst werden muss."
[….] "Wir wollen kein zentralistisch
organisiertes und regiertes Europa", heißt es darin. "Kleinteilige
Richtlinieninitiativen der Europäischen Kommission bedrohen die Akzeptanz
Europas bei den Bürgerinnen und Bürgern." [….]
Eine SPD, die solche
braunen Umtriebe schweigend hinnimmt, soll das Rückgrat haben, um bald R2G zu
planen?
Thüringen ist übrigens das
Bundesland, in dem gegen die CDU-Ministerpräsidentin staatsanwaltlich ermittelt
wird und just der ehemalige CDU-Innenminister ganz knapp am Knast
vorbeigeschrammt ist.
Und die SPD-Thüringen
spielt gerne den Mehrheitsbeschaffer als Juniorpartner in einer schwarzroten
Koalition, obwohl eine deutliche Rot-Rote Mehrheit da ist.
Der ehemalige Innenminister Christian
Köckert wurde am Mittwoch vom Landgericht in Meiningen zu einer
Bewährungsstrafe verurteilt.
Ein Jahr und drei Monate
Gesamtfreiheitsstrafe lautete das Urteil der ersten Strafkammer des
Landgerichts Meiningen am Mittwoch gegen Christian Köckert. Diese wird zur
Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss der Verurteilte 200 Stunden gemeinnützige
Arbeit leisten und die Kosten des Verfahrens tragen.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass
sich der frühere Innenminister der CDU und ehrenamtliche Beigeordnete der Stadt
Eisenach in zwei Fällen der Vorteilsannahme und Abgeordneten-Bestechung
schuldig gemacht hat.
[…] Staatsanwältin Katrin Höhn [hatte] eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren
und sechs Monaten ohne Bewährung gefordert.
Und dann ist da auch noch
die Linke, die zwar in vielen Ost-Bundesländern ein willkommener und
vernünftiger Koalitionspartner ist, aber im Bund leider immer wieder ins
Unseriöse abgleitet.
Gegenüber der EU versucht
sie sich gerade als CSU 2.0. als linke Tea Party.
So Leid es mir tut; aber
da muß ich den Seeheimern Recht geben. Mit solchen Leuten kann man keine
Bundesregierung bilden.
[….] Auslandseinsätze, Rüstungsexporte,
Arbeitsmarkt - das sind so die Baustellen, auf die Gysi muss, will er ein
rot-rot-grünes Bündnis vorbereiten. Und dann ist da noch die Europawahl im Mai,
die bei der Fraktionsklausur Zunder bedeuten dürfte. Grund ist ein Leitantrag
der Parteispitze für den Europaparteitag im Februar. Der Haupttext ist eher
erwartbar, er kritisiert Sozialabbau in der EU und die Übermacht der Banken,
will Frieden, Ökostrom, durchlässigere Grenzen. Die Einleitung aber klingt, als sei Brüssel die Zentrale des Bösen.
Die EU, heißt es da, sei "zu einer neoliberalen, militaristischen und
weithin undemokratischen Macht" geworden. Statt internationaler Solidarität
bringe Europa "mehr faschistische Parteien, rechtspopulistische Hetzer und
mehr Menschenjagd in und an den Grenzen" hervor und stürze "Millionen
Menschen ins Elend".
Linke Reformer wie der Außenpolitiker
Stefan Liebich sind entsetzt. "Das ist eine Aufforderung, nicht zur
Europawahl zu gehen", sagt er. [….] Wer
Wagenknecht fragt, ob dieses negative Europabild dem von Rechtspopulisten nicht
gefährlich ähnlich sieht, guckt in ein nachdenkliches Gesicht. 350.000 Stimmen
hat die Linke bei der Bundestagswahl an die Alternative für Deutschland (AfD)
verloren. "Wir dürfen das nicht beschönigen", sagt sie. "Die AfD
spricht die Europafrage geschickt an. Bei vielen, die die angebliche
Euro-Rettung aus gutem Grund ablehnen, kann sie damit punkten." [….]
"Ich glaube, dass da Trennschärfe gefragt ist", warnt die
linke Innenpolitikerin Petra Pau, die aus ihrem Wahlkreis Berlin-Marzahn nur zu
gut weiß, dass Europaskepsis, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit auch in
linken Hochburgen Tür an Tür wohnen können. Und auch in der Linksfraktion im
Bundestag gibt es Leute, denen vorgeworfen wird, sich in Sachen Europa aufs
Nationale zurückzuziehen. Diether Dehm ist so einer, er war mal Schlagersänger,
jetzt ist er europapolitischer Sprecher und überzeugt, dass die EU ein
undemokratischer Moloch ist, ohne Trennung von Exekutive und Legislative, den
Standards des Grundgesetzes weit unterlegen. [….]
So sehr ich für R2G bin
und alles einer CSU an der Macht vorziehe – ich sehe keine Anzeichen dafür, daß
es bald soweit sein könnte.
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