Dienstag, 26. Juni 2012

Schaffe, schaffe, Scheiße baue!




Im föderalen Deutschland gibt es vier Mega-Bundesländer, die über sechsfaches Stimmgewicht im Bundesrat verfügen.

Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfahlen und Niedersachsen.
Als Merkel und Westerwelle 2009 die Bundesregierung bildeten, stellte die Union alle vier Megaministerpräsidenten. Sie brachten allein schon satte 24 Stimmen im Bundesrat zusammen. 
Mit tatkräftiger Unterstützung der Wildsäue und Gurkentruppen in Berlin (Eigenbeschreibung der Koalitionsparteien) sind schon 12 der 24 Stimmen an die Opposition gefallen.
NRW und BW werden inzwischen Rot/Grün regiert.
Nur die Bayerischen Wähler scheinen vernunftresistent genug zu sein, um mehrheitlich den Politamokläufer und Hobbypsychopath Vollhorst Seehofer zu favorisieren.

Man betrachtet üblicherweise den politischen Wechsel als gutes Zeichen, als Beleg für das Funktionieren der Demokratie. Keine Regierung darf sich so in der Macht verkrallen, daß sie sich nicht mehr abwählen lässt.
In anderen Ländern ist es ganz üblich, daß ein abgewählter Regierungschef in die Opposition geht und einige Zeit später wieder ins Amt gewählt wird. Norwegen und Israel sind Beispiele.

In Deutschland ist das unüblich. Hier ist das Obrigkeitsdenken noch so verankert, daß ein Bundeskanzler nicht als politisch aktiver „Ex-Kanzler“ denkbar ist. Sie scheiden aus der Politik aus und müssen fortan als „Ausscheidung“ ihr Dasein fristen.
Auch auf Länderebene gibt es nur ganz vereinzelt diese Comebacks - Eberhard Diepgen und Bernhard Vogel fallen mir ein.

Ein neues Phänomen der letzten CDU-Machtverluste ist die Tiefe der Abstürze. 
Mit den Länderregierungschefs Ahlhaus (*1969) und Mappus (*1966) sackten 2011 zwei Pykniker im besten Politikeralter in so tiefe Löcher, daß sie nur noch endgelagert werden können. 

Beide haben gewaltigen Ärger mit der Staatsanwaltschaft und werden von ihren eigenen Parteien nur noch mit der Kneifzange angefasst.
Schon Wulff (*1959), KT von und zu Guttenberg (*1971) und Norbert Röttgen (*1965) hatten verbrannte Erde hinterlassen, so daß man niemanden die Nachfolge wünschen mochte. 
Aber Mappus hat nicht nur eine etwas peinliche Affäre zu verantworten, sondern DEN Machtverlust in DEM CDU-Land schlechthin verursacht. 
Dabei demonstrierte er ausgerechnet in dem Land des Unternehmertums und der Vollbeschäftigung, in dem sich einer seiner Vorgänger als „das Cleverle“ bezeichnen ließ, die völlige ökonomische Ahnungslosigkeit der CDU-Landesregierung und zettelte auf Steuerzahlerkosten ein Milliardendesaster an.

Illegal natürlich - aber das ist ja Ehrendsache bei CDU-Hinterzimmerdeals.

Es ist ein tiefer Fall, den der ehemalige Ministerpräsident Baden-Württembergs erlebt. CDU-Mann Stefan Mappus wurde verstoßen von den Wählern, von seiner Partei und einem neuen Arbeitgeber. Nun hat auch der Rechnungshof des Landes das Vorgehen der früheren Landesregierung unter dem Christdemokraten beim Abschluss des EnBW-Deals scharf gerügt. […] Die Prüfung des Geschäfts von Ende 2010 ergab, "dass das Verfahren im Vorfeld des Vertragsabschlusses in wesentlichen Teilen nicht den Anforderungen genügt, die aus der Landesverfassung und der Landeshaushaltsordnung folgen". Auch bei der Ausgestaltung des Aktienkaufvertrags sei es nicht in ausreichendem Maße gelungen, "Regelungen zu vermeiden, die für das Land wirtschaftlich nachteilig sind".

Eingefädelt wurde der Deal (am Landtag vorbei) offenbar in Wahrheit von Mappus' Trauzeugen Dirk Notheis, der den CDU-Regierungschef wie eine Marionette benutzte, um sich die Taschen aus der Landeskasse zu füllen.

 Auch der CDU-Finanzminister Stächle dilettierte in sagenhaftem Ausmaß und nickte einfach die Milliardenausgaben ab, ohne den Vorgang auch nur zu prüfen.

Derzeit prüft ein Untersuchungsausschuss des Landtags den fünf Milliarden Euro schweren EnBW-Deal, bei dem Notheis seinen CDU-Freund Mappus beraten hat. Es geht um die Frage, ob das Land zu viel bezahlt hat. Der Staatsgerichtshof des Landes hat den ohne Mitwirkung des Parlaments von Mappus und Notheis eingefädelten Kauf der Anteile vom französischen Energiekonzern EdF als Verfassungsbruch beurteilt.  Um den Deal einzufädeln, verschickte Notheis per E-Mail Anweisungen an Mappus. Die Nachrichten lassen den damaligen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs als Marionette erscheinen, die beim EnBW-Kauf von einem Investmentbanker gesteuert war. Notheis bezeichnete Merkel in den E-Mails als "Mutti", und Mappus' Einfluss auf die Kanzlerin der Bundesrepublik so: Weil der Baden-Württemberger drei von zehn Delegierten auf einem CDU-Bundesparteitag stelle, "kann er Angela mit seinen Truppen töten".

So geht es zu, wenn CDU’ler aus dem Landesverband Schäuble und Schavans freie Hand haben. Mit Geld können die Konservativen einfach nicht.

Unfassbare Geld-Massen nimmt CDU-Finanzminister derzeit auf und erhöht den deutschen Schuldenberg auf astronomische Zahlen.

Deutschland muss wegen der Hilfen in der Schuldenkrise mehr Geld aufnehmen als bisher geplant. Die Deutsche Finanzagentur wird im dritten Quartal des Jahres nach eigenen Angaben zusätzlich Kredite in Höhe von drei Milliarden Euro aufnehmen. Die Finanzagentur, die für die Kreditaufnahme und das Schuldenmanagement des Bundes zuständig ist, gibt demnach im dritten Quartal Schuldpapiere in einer Gesamthöhe von 71 Milliarden Euro aus. Insgesamt will sich der Bund in diesem Jahr 255 Milliarden Euro am Kapitalmarkt leihen. Mehr als die Hälfte davon sammelte die Finanzagentur im ersten Halbjahr ein: 35 Auktionen brachten insgesamt 136,5 Milliarden Euro in die Staatskasse. Sie waren durchschnittlich 1,7-fach überzeichnet.

Man fragt sich schon woher Merkel und ihre CDU die Chuzpe nehmen in Europa umher zu laufen und Ländern, die so pleite sind, daß sogar schwer chronisch Kranke keine Medikamente mehr bekommen, mit erhobenen Fingern zu diktieren, sie dürften kein Geld leihen!

Sie sollte sich lieber an die eigene Nase fassen und mal mit ihrem CDU-Spitzenpersonal in Stuttgart sprechen.

Der [EnBW-Deal] ist - ob durch eigene Verfehlung der Betroffenen oder nicht - zur Katastrophe geworden: für Mappus, für seinen Nachfolger Winfried Kretschmann, für Baden-Württemberg, für den Berufsstand der Investmentbanker, für die EnBW. Und ein wenig auch für die politische Kultur der ganzen Republik.
Die fortschreitende Aufklärung des EnBW-Deals erhellt ein Schattenreich, in dem sich ein mächtiger Volksvertreter von einem augenscheinlich noch viel mächtigeren Geschäftsmann willig fernsteuern ließ - zum politischen und finanziellen Wohl der Beteiligten, und allerhöchstens nebenbei zum Wohl der Bürger. Wenn Politikverdrossene je ein schlagendes Beispiel suchten für die Pflichtvergessenheit und Machtversessenheit von Eliten: Mappus und sein Kumpel, Parteifreund und Bankberater Dirk Notheis haben es ihnen frei Haus geliefert.
Die beiden haben fünf Milliarden Euro, ein Siebtel des Landeshaushalts, zu ihrem Spielgeld gemacht. Selbst die Bundeskanzlerin, die Notheis in seinen Mails "Mutti" nennt oder - wenn er mal höflich sein will - "Angela", war nur eine Figur in diesem Spiel. […]
Stefan Mappus ist bereits hart bestraft worden, er wurde verstoßen von den Wählern, von seiner Partei und einem neuen Arbeitgeber. Er ist so tief gefallen, wie ein Politiker nur fallen kann. Und es wäre zumindest niemand bass erstaunt, wenn die Staatsanwaltschaft doch noch einen Anfangsverdacht auf treuwidriges Handeln erkennen würde.
 (Roman Deininger 26.06.2012)

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