Sonntag, 13. Mai 2012

NRW-Signale




Nein, bisher habe ich es nie verstanden, wieso an Röttgen so hartnäckig das Etikett „besonders intelligent“ klebte.

Ich kann dafür keinerlei Beleg finden und sehe schon gar nicht in seinen politischen (Un)-Taten Hinweise auf besondere Geistesleistungen. 
Vermutlich ist die Floskel „intelligent“ einfach eins dieser nicht hinterfragten „Dekorations-Adjektive“ (Max Goldt), das an diesem Namen klebt.
 So wie die Suche nach Vermissten immer „fieberhaft“ ist und Selbstmordanschläge immer als „feige“ bezeichnet werden.
Alle drei Eigenschaftsworte sind schlicht und ergreifend idiotisch.

Nun hat aber Herr Röttgen nach dem heutigen Mega-Debakel doch einigermaßen klug gehandelt, indem er früh erkannte, daß ihm seine schöne CDU-Hausmacht vermutlich gleich um die Ohren fliegen würde und dementsprechend konsequent vom Landesvorsitz zurück trat, bevor er zurück getreten worden wäre.

Was gäbe es da auch noch zu beschönigen? Vor zwei Jahren lag die CDU noch knapp vor der SPD und nun sind die Sozis 13 Prozentpunkte vorn.

Der Umweltminister hat das erstaunlich klar bekannt bei seiner kurzen Rücktrittsstellungnahme fünf Minuten nach den ersten Prognosen.
 Dafür muß ich glatt mal Anerkennung aussprechen.
Freilich war dieser selten klare Moment auch schnell wieder vorbei, als er zehn Minuten später in die Sinnlos-Floskel verfiel er habe mit seinen Themen nicht beim Wähler durchdringen können. 

Weniger Aussage geht kaum. 

Hannelore Kraft zog allerdings kaum später nach, als sie erklärte der Wahlsieg sei der Tatsache zu verdanken, daß die SPD den Menschen in den Mittelpunkt gestellt habe.

Auch dafür sollte sie fünf Euro ins Phrasenschwein stecken.

Halten wir Frau Kraft zu Gute, daß sie offensichtlich völlig ausgepowert und übermüdet ist. 
Wen wundert es?

Übrigens; ich weiß nicht ob „man“ das in einem politischen Blogposting schreiben darf: Ich finde, die Ministerpräsidenten hat sich optisch gemacht! 
Nicht, daß das irgendeine Relevanz hätte, aber als ich sie vor Jahren zuerst auf der politischen Bühne wahrnahm, fand ich ihr Gesicht ausdruckslos und die ganze Person irgendwie wenig attraktiv. 
Inzwischen hat sie aber Charisma gewonnen, eine ausdrucksstarke Mimik und ist ein echter Hingucker. Und die Frisur sitzt auch.

Das Gegenteil ist bei ihrem CDU-Herausforderer der Fall, der optisch immer blasser und langweiliger zu werden scheint, obwohl er sich offensichtlich nicht gerade besonders überanstrengt hat. 

Nun versucht er mit der Verantwortungsübernahme für die Mutter aller Niederlagen zu retten was zu retten ist - seinen Job in Berlin nämlich.

Vom Kanzleramt dürfte er heute eine gewaltige Strecke hinweg gedriftet sein. 
Die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, hat schon mal Frau Merkel aufgefordert sich einen neuen Umweltminister zu suchen, da ein solcher Versager auf so einem wichtigen Posten nicht tragbar sei.

Zerschlagung der Solarenergieförderung, Subventionen für die Ölkonzerne und Herdprämie - nein, das konnte nicht ziehen.

Bundespolitisch ist dieser Absturz der CDU noch bedeutsamer als der Triumph der tüchtigen Hannelore Kraft und ihrer SPD; er ist noch folgenreicher als der neue Glanz von Rot-Grün. Schon wieder hat sich ein potentieller Nachfolger von Angela Merkel erledigt, schon wieder hat ein möglicher künftiger Partei- und Fraktionschef sich selbst aus dem Weg geräumt. Innerhalb von acht Wochen ist aus dem glänzenden Politiker Röttgen, der viel erreicht, noch viel mehr gewollt und sich alles zugetraut hat, ein Kanzlerkandidat in spe a. D. geworden. Er hat im Wahlkampf fast alles falsch gemacht; aus seinem Stern wurde ein Unstern.
[…] Lindner ist vorläufig das Strahlemännchen, das Röttgen bis vorgestern noch war. Lindner hat nun den Ruf des wägend-modernen Intellektuellen, der bis vor kurzem noch Röttgen erfolgreich begleitet hat. […]  
Mit Röttgen aber stürzt noch mehr ab: Die Hoffnung der progressiveren Teile der CDU, in einem Bundesland von Gewicht eine schwarz-grüne Koalition ausprobieren zu können - und so die CDU aus der koalitionsstrategischen Defensive zu bringen.

Es ist doch beeindruckend wie sehr Angela Merkel, die CDU-Notlösung von 1999, inzwischen als Solitär ihrer Partei dasteht. 
Dabei ist sie gar nicht gewachsen, sondern hat nur alle CDU’ler um sich herum geschrumpft.

Ich stellte mir heute ganz spontan vor was passieren würde, wenn Merkel wie einst Müntefering, Sharon, oder Steinmeier aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen relativ plötzlich aus dem Amt scheiden müßte.
Ihr Vertreter als Bundeskanzlerin, Minister Rösler, ist ungefähr so kanzlertauglich wie Guildo Horn. 

Sollte Frau Merkel dauerhaft ausfallen, bräuchte die CDU aber einen neuen Vorsitzenden und Bundeskanzler.

Wer, zum Teufel, könnte das machen?

Im Kabinett sitzen Schäuble (zu alt), von der Leyen (undurchsetzbar bei den Konservativen), Schavan (indiskutabel), Pofalla (unfähig und verhasst), Thomas de Maizière (ohne Ausstrahlung und Hausmacht), Kristina Schröder (indiskutabel und nicht durchsetzungsfähig) und der eben als Versager entlarvte Röttgen.

Bliebe noch die Riege der CDU-Ministerpräsidenten: 
Die drei Ostler, Stanislaw Tillich, Reiner Haseloff , Christine Lieberknecht, haben aber keinerlei bundespolitische Bedeutung, Volker Bouffier ist extrem unbeliebt, David McAllister ist zu jung und steht für den Wulff’schen Niedersachsen-Sumpf. 
Und Annegret Kramp-Karrenbauer ist eine bundesweit nahezu unbekannte Kommunalpolitikerin. 

Das sind die guten Nachrichten für die SPD. 
Sollten sich die drei Schlafmützen Steinmeier, Gabriel und Steinbrück weiterhin im Tiefschlafmodus der Politik verweigern und eine extrem ungeeignete Generalsekretärin weiterhin vor sich hin debakulieren lassen, könnte dennoch einer von ihnen Kanzler werden, indem man nur abwartet bis Merkel irgendwann mal aufhört.

In der CDU gibt es schlicht und ergreifend niemand mehr, der Kanzler kann.

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