Was
triggert uns eigentlich alle so sehr am Schicksal der hungerstreikenden Julia
Timoschenko?
Daß
korrupte Regime der UdSSR-Nachfolgestaaten nicht zimperlich mit ihren
politischen Gegnern umgehen, ist schließlich üblich.
In Usbekistan gibt es übrigens wie
in Russland einen Verfassungsparagraphen, nach dem die fünfjährige Amtszeit des
Präsidenten nur einmal verlängert werden kann.
Aber was kümmert Karimov, 74,
der wegen erwiesener Korruption schon im Knast saß die Verfassung?
Ab und an
gibt es Referenden, die regelmäßig mit deutlichen 90%-Ergebnissen für Karimov enden
und wenn Oppositionelle solche Ergebnisse bezweifeln, werden sie nicht wie Frau
Timoschenko unter zweifelhaften Bedingungen eingesperrt, sondern gleich
erschossen.
Mit den Usbeken, denen dieser Kurs nicht passt, macht Karimow kurzen Prozess.
Zuletzt ließ er im Jahr 2005 rund 600 „Aufständische“ von seinem Militär erschießen.
Die EU sprach nach dem Massaker Einreisverbote aus, kippte aber schon anderthalb Jahre später wieder um.
Der Usbekische Diktator Islom Karimow wird mit deutschen Steuergeldern verätschelt.
Kaum war Guido Westerwelle im Amt setzte die EU auf seinen Druck auch das Waffenembargo gegen Usbekistan aus:
Auf einem Gipfeltreffen in Luxemburg beschlossen die EU-Außenminister am Dienstag (27.10.2009), dieses Embargo wieder aufzuheben. Zur Begründung hieß es, die EU wolle die Verantwortlichen des Landes dazu ermutigen, weitere Schritte zur Verbesserung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten zu unternehmen.
[…] Die Außenminister betonten dabei ihre auch weiterhin bestehende Sorge über die Lage der Menschenrechte in Usbekistan. Alle politischen Gefangenen und alle Menschenrechtler müssten auf freien Fuß gesetzt, die Meinungs- und Pressefreiheit garantiert und Kinderarbeit verboten werden. Nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen hat sich jedoch die Lage der Menschenrechte in Usbekistan eher verschlechtert. Zahlreiche Menschenrechtler und Journalisten wurden in den vergangenen Jahren festgenommen.
[…]"Damit stellt die EU der usbekischen Regierung einen Freibrief für weitere Menschenrechtsverletzungen aus", erklärte die deutsche Menschenrechtlerin Barbara Lochbihler, die für die Grünen im Europaparlament sitzt. Imke Dierßen, Zentralasien-Expertin bei amnesty international, wertete die jüngste Entscheidung als "Schlag ins Gesicht der Opfer und Überlebenden". Denn noch immer gebe es in Usbekistan Folter und Übergriffe gegen Menschenrechtler. Die EU sei regelrecht "eingeknickt" und lasse "diejenigen im Stich, die sich in Usbekistan für die Einhaltung der Menschenrechte engagieren und dabei ihre Sicherheit und ihre Freiheit aufs Spiel setzen". Auch Deutschland geriet in die Kritik. Die Bundesrepublik habe ihre "Rolle als Motor der europäisch-zentralasiatischen Beziehungen" nicht genutzt, um Usbekistan dazu zu bewegen, vier Jahre nach dem Massaker in Andischan eine unabhängige internationale Untersuchung der Ereignisse zuzulassen.
(Deutsche Welle 28.10.2009)
Westerwelle und Merkel päppeln das Karimow-Regime inzwischen ganz offiziell:
110 Angehörige der Bundeswehr tun hier ihren Dienst in einer Umgebung, die zwar friedlich, aber nicht unbedingt freundlich ist. Die deutschen Soldaten werden mürrisch geduldet, was sich der örtliche Diktator Islam Karimow freilich gut bezahlen lässt. Ein Vertrag sichert seinem Regime neuerdings eine üppige Pauschale.
Ursprünglich einmal ging es um den gemeinsamen Kampf gegen den Terror. Schon seit längerer Zeit aber raunen Insider, die Usbeken verlangten für den 2002 errichteten Stützpunkt immer ungenierter Bares. Im vergangenen Jahr bezifferte die Bundesregierung die Kosten für den Stützpunkt Termes in der Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion auf 12,2 Millionen Euro im Jahr 2009.
[…] Neuerdings aber kassieren die Usbeken jährlich eine 'Ausgleichszahlung' in Höhe von 15,95 Millionen Euro. Im Januar wurde sie das erste Mal ans usbekische Finanzministerium überwiesen - rückwirkend für 2010.
'Das Regime von Karimow ist eines der brutalsten nicht nur in Zentralasien, sondern weltweit', beklagt die Bundestagsabgeordnete Viola von Cramon von den Grünen. 'Wenn die Bundesregierung mit solchen Zahlungen dazu beiträgt, dieses Regime zu festigen, dann ist das ein Skandal', fügt sie hinzu.
(Süddeutsche Zeitung 21.04.2011)
Die
politischen Gegner, die Karimov massakriert, kennt aber keiner und sie sind
auch nicht reich und mächtig.
Also muß man sich auch nicht um sie kümmern.
Frau
Timoschenko hingegen ist blond, bekannt und hat auch noch diese unglaublich einprägsame PR-Frisur, die sie weltweit erkennbar gemacht hat.
Sie
soll außerdem sehr gut mit Herrn Putin können.
Und, last but not least: Sie ist
eine Oligarchin, also eine von den richtig Reichen.
Aus
einfachen Verhältnissen stammend gelang es ihr und ihrem Mann frühzeitig einen
Fuß in die staatliche Ölindustrie zu bekommen. Bevor sie Politikerin wurde war
ihr Privatkonto auf beinahe eine Milliarde Dollar angeschwollen.
(Nein,
ich bin kein Experte in östlicher Ölindustrie, aber wenn ich vorsichtig
mutmaßen sollte, würde ich annehmen, daß ein derart kometenhafter Aufstieg aus
dem Nichts zur Öl-Milliardärin in den Ex-Sowjetrepubliken nicht funktioniert,
wenn man immer Samthandschuhe trägt, altruistisch denkt und sich streng an
jedes Gesetz hält.)
Zweimal
war Timoschenko Ministerpräsidentin der Ukraine.
Vorwürfe wegen Untreue und
Mauscheleien gab es reichlich und nun sitzt sie im Knast, hat einen blauen
Fleck am Bauch und klagt über Bandscheibenschmerzen.
Das
macht Guido und Angie ganz fickerig.
Selten hat man sie außenpolitisch so aktiv
gesehen. Sie wollen sogar irgendein Ballspiel boykottieren und schickten
Deutschlands beste Ärzte aus der Berliner Charité rüber, um nach Julia zu
sehen.
Die
Ukraine eignet sich eben sehr gut zum Hochhalten des Menschenrechtsfähnchens.
Es
ist ein großes Land, so daß man nicht zu sehr befürchten muß als nörgelnder
Goliath da zu stehen. Andererseits ist die Ukraine weder militärstrategisch
(so wie Usbekistan als Brückenkopf nach Afghanistan), noch
ökonomisch-strategisch (wie Russland wegen der Rohstoffe) wirklich wichtig, so
daß der diplomatische Druck billig und wohlfeil ist.
Gleichzeitig
mit Timoschenko hat noch ein sehr prominenter Mensch echte Probleme mit seinem
nicht gerade Menschenrechts-affinen Heimatregime.
Chen Guangcheng heißt der gute Mann.
Er hatte es gewagt die Pekinger
Ein-Kind-Politik zu kritisieren.
Der blinde 40-Jährige wurde 2005 vom Chinesischen Regime unter
Hausarrest gestellt und 2006 zu vier Jahren Haft verurteilt. In der Haft wurde
er nicht gut behandelt und trat in Hungerstreik. (Kommt das jemand bekannt vor?)
Inzwischen leidet er unter chronischen Darminfektionen,
weil er im Knast nicht angemessen medizinisch behandelt wurde.
Frau Merkel sagt aber nichts dazu.
Charité-Ärzteteams
müssen nicht in sein
Dorf Dongshigu jetten.
Die Kanzlerin schlenderte vor zwei Wochen hingegen
freundlich plaudernd mit dem
China kann eben machen was die Ukraine nicht darf.
China ist unfassbar reich und der wichtigste Deutsche Handelspartner.
Und
außerdem ist Chen Guangcheng kein Oligarch, sondern arm.
Für
die Christin Merkel sind Menschenrechte eben nicht universell, vielmehr sind sie äußerst dehnbar
- je nachdem wie wichtig ihr derjenige ist, der die Menschenrechte verletzt.
Im
Moment ist zum Beispiel Druck auf den Iran schwer en vogue und so bemängelt man
zu Recht, daß es nicht gerade freundlich ist Schwule an Baukränen aufzuhängen.
Aber
was ist so eine Kritik schon wert angesichts der Tatsache, daß die Menschen im
Iran noch geradezu liberal behandelt werden - verglichen mit dem Steinzeitregime
nebenan in der extrem antidemoktratischen absoluten Saudi-Diktatur.
Dort können
Frauen nur von den Rechten der Perserinnen träumen.
Stört Merkel aber gar
nicht; im Gegenteil.
Deutschland liefert 200 Panzer nach Riad, damit die
Oppositionellen niedergemacht werden können.
Der Saudische König ist eben reich
und hat viel Öl.
Und
dann ist da noch Israel.
Der Staat ist zwar winzig und ökonomisch nicht ungeheuer
bedeutend, aber dafür ist er politisch und historisch ein Gigant.
Ein Gigant
mit ein paarhundert illegalen Atomsprengköpfen noch dazu.
Ich
habe, im Gegensatz zu vielen anderen Linken sehr große Sympathien für Israel. Das
gilt aber exklusive der ultraorthodoxen Spinner, der Siedler und der
Netanjahu-Regierung.
Insbesondere habe ich gar keine Sympathien für den
extremistischen Hetzer, der zur Zeit Israelischer Außenminister ist.
Aber
auch das sieht die Bundesregierung anders.
Der
gute Mann ist zur Zeit gerade in Berlin.
Außenminister Avigdor Lieberman befindet sich auf Besuch in Deutschland. Am Montag nahm er an einer Feierstunde der Deutsch-Israelischen Gesellschaft anlässlich des 100. Geburtstags des Verlegers Axel Springer teil.
Anwesend waren unter anderem Liebermans Amtskollege Guido Westerwelle, der Botschafter des Staates Israel in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Reinhold Robbe, die Witwe Axel Springers, Friede Springer, und der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG, Mathias Döpfner.
In seiner Rede bei der Veranstaltung sagte Lieberman unter anderem: "Springer trug entscheidend zur Begründung der besonderen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland bei und war sich dabei der vorhandenen moralischen Dilemmata, der traumatischen historischen Erinnerungen und der gemeinsamen Interessen unserer beider Nationen beim Aufbau einer besseren Zukunft voll bewusst.
Springers Geist, der es ihm möglich machte, sich der Supermacht Sowjetunion entgegenzustellen, leitete ihn auch darin, für die Entstehung, Sicherheit und den Wohlstand des jüdischen Staates einzutreten. […]
Während
die Bundesregierung mit Lieberman und Springer kuschelt, ist natürlich keine Gelegenheit
die lästigen Menschenrechte anzusprechen.
Das Thema wird tatsächlich nur bei
der LINKEn verfolgt.
„Zur Zeit befinden sich 4600 Palästinenser in Haft, davon mehr als 300 in Administrativhaft. 200 von ihnen sind Kinder. Den 456 Gefangenen aus Gaza wurden seit 2007 alle Familienbesuche untersagt. Mehr als 2000 Häftlinge sind im Hungerstreik, einige seit 70 Tagen. Es scheint allerdings, als würde die Bundesregierung diese Gelegenheit verstreichen lassen und wieder einmal mehr ihre Menschenrechtspolitik der doppelten Standards demonstrieren. Damit bleibt sie in Sachen Menschenrechte auf der internationalen Bühne unglaubwürdig.
Einige der Gefangenen im Hungerstreik befinden sich in Lebensgefahr. Trotzdem wird Ärzten der ungehinderte Zugang zu Gefangenen untersagt. DIE LINKE fordert den sofortigen ungehinderten Zugang für Ärzte für Menschenrechte zu den in Lebensgefahr schwebenden Gefangenen. Bilal Diab und Thaer Halahleh, die seit 71 Tagen im Hungerstreik sind sowie alle Häftlinge, die seit mehr als 40 Tagen im Hungerstreik sind, müssen sofort in ein öffentliches Krankenhaus eingewiesen werden. Allen Hungerstreikenden muss das Recht auf medizinische Betreuung, Rechtsbeistand und Familienbesuche gewährt werden. Desweiteren sind alle palästinensischen Administrativhäftlinge entweder sofort freizulassen oder vor ein ordentliches Gericht zu stellen.“
(Pressemitteilung der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, 08.05.2012, Annette Groth)
Man weiss das. Und trotzdem kriegt man Pickel, wenn man's so kompakt liest/hört. Merkel hin, Merkel her. Die Demokraten/Politiker/Parteien hier und weltweit, speziell jene, die laut fuchtelnd das Schild "Demokratie!" vor sich hertragen, handeln doch ALLE nicht anders.
AntwortenLöschenWer nennt mir (konsequente) Ausnahmeerscheinungen???
Hier eine sehr guter Hindergrundbericht über die Gasmilliardärin Timoschenko
AntwortenLöschenhttp://principiis-obsta.blogspot.se/2012/05/der-fall-der-julija-timoschenko.html
MfG Daniel
@ Satirgay; sehe ich genauso. Ich bin ja GRUNDSÄTZLICH noch nicht mal ein Verfechter der Theorie, daß man anderen Staaten ständig reinreden muß.
AntwortenLöschenAber diese Inkonsequenz NERVT. Bei dem einen blasen sie sich als Gralshüter der Demokratie auf und bei viel schlimmeren Diktatoren wird gekuschelt.
KOTZ.
Ich verstehe auch echt nicht - Ironiemodus aus: - was die Bundesregierung reitet ausgerechnet so einen Heckmeck um Timoschenko zu machen.
Gäbe es da nicht massenhaft Menschen, die dringender Unterstützung brauchen???
@ Daniel:
Danke für den LINK!!!
LGT
Timoschenko kann sich gerade mal gluecklich schaetzen, nicht in Bayerischem Verwahrsam zu schmachten.
AntwortenLöschenDa spart Sie sich die staendige Analnachschau und klitorische Vorhauetchenabnutzung.
Und die 2-Faced Timoschenko-Heuchelei passt ja dann auch wieder mal mit dem simultanen Besuch der radikalen Siedlerschlampe Afickdoch.
Nice!
Gruss
Jake
.....in Bayern hätte sie allerdings - selbst als CSU-Mitglied - schwerlich so schnell eine Milliarde Dollar zusammenraffen können!
AntwortenLöschenUnd außerdem glaube ich nicht, daß die Bayerischen Polizisten auch so gerne Analnachschauen bei über 50-Jährigen Frauen durchführen...
Die scheinen mir schon mehr auf die Hintern von ganz jungen Kerlen zu stehen.....
Und wieder einmal frage ich mich, ob ich bald aufwache und mir einfällt, daß diese Dinge alle nur ein bizarrer Alptraum waren. Das kann doch nicht die echte, wirkliche R
ealität sein......
LGT