Ob
es in Bayern denn auch diese Piraten gäbe, fragte Papst Benedikt XVI bei seinem
gestrigen Geburtstagsempfang den Bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer.
Die
halbe deutsche Presse jubilierte.
Das sei ja erstaunlich wie detailliert Herr
Ratzinger informiert wäre.
Naja,
Piraten-Experte Seehofer wird ihm sicher eine objektive Einschätzung gegeben
haben. (Bayerns Innenminister Joachim Hermann wirft den Piraten vor, zu Chaos
und Anarchie aufzurufen.)
Statt
Chaos und Anarchie merken einige Piraten gerade, daß die praktische Politik
erheblich anstrengender und zeitaufwändiger als anonymes Herumkritisieren ist.
Gestern schockte Schatzmeister Rene Brosig seine Mit-Segler mit der Nachricht seinen
Job hinzuwerfen.
Nach nur 3h Schlaf heute Nacht und einem vollen Arbeitstagfühle ich mich jetzt wie betrunken(Rene Brosig 6:55 PM - 17 Apr 12 via TweetDeck)
Wer
hätte das gedacht; in der Bundespolitik und im Focus des Medieninteresses kommt
man nicht dazu eine ruhige Kugel zu schieben!
Jeder Bundesvorstand muss die viele Zeit die sie/er in die Parteiarbeit einbringt, an anderer Stelle wegnehmen. Wir alle haben unsere Auszeiten, die Zeit zur Regeneration, auf ein Minimum reduziert. Eine Nacht ist bei mir heute nach etwa 4-5 Stunden Schlaf zu Ende und freie Wochenenden gibt es praktisch nicht mehr. Einige Vorstandsmitglieder reduzierten zudem ihre beruflichen Verpflichtungen. Andere und zu denen gehöre auch ich, reduzierten die Zeit für Freunde und Familie. Nachdem ich praktisch keine Regenerationszeiten mehr habe und durch Beruf und Partei sehr viele Aufgaben zu erledigen sind, befinde ich mich in einem Zustand der permanenten Anspannung. Das Gefühl noch etwas erledigen zu müssen, sich keine Auszeit nehmen zu dürfen, ist seit Monaten mein ständiger Begleiter. Selbst ein Tag Garten- oder Haushaltsarbeit führt zu einem schlechten Gewissen. Während ich die Arbeit an Haus und Hof noch mit Hilfe von außen kompensieren kann, fehlt es mir an ausreichender Zeit für Familie und Freunde. Die permanente Anspannung führt dazu, dass ich nicht mehr ausgeglichen bin.
Die
politische Geschäftsführerin der Piraten, Marina Weisband, hatte mit einer ganz
ähnlichen Begründung auf ihre erneute Kandidatur verzichtet.
Über
so viel Naivität kann man sich nur wundern.
Das
ist doch alt bekannt, daß sich Spitzenpolitiker in eine körperlich unglaublich auszehrende
Mühle begeben.
Sie
ruinieren ihre Gesundheit, bekommen Herz-Probleme, muten ihrer Familie
Unzumutbares zu. Ehen scheitern, Kinder wenden sich ab.
Hochinteressant
ist daher die Photo-Dokumentations-Langzeitstudie „Gesichter der Macht“ von
Herlinde Koelbl, die von 1991-1999 jährlich je ein Portrait von 15
Spitzenpolitikern anfertigte. Man kann nur staunen wie enorm sich der Dauerstress
in Gesichtsfurchen und tiefen Augenringen ablesen läßt.
Nicht
daß ich Angela Merkels Europa-Politik auch nur ansatzweise vernünftig fände,
aber bei der Gipfeleritis der letzten Jahre kann man tatsächlich nicht
behaupten, sie wäre faul.
Ich
frage mich allerdings, ob nicht einige zeitaufwändige politische Prozesse effektiver
zu handhaben wären.
Anders
als Brosig ist Merkel mit einem Apparat ausgestattet, der es ihr
erlauben sollte zu delegieren.
Andere
Bundeskanzler waren dazu durchaus in der Lage.
Der
ebenfalls durch außerordentlich komplizierte außenpolitische Großkrisen
manövrierende Bundeskanzler Schröder konnte sich auf seinen Vizekanzler
stützen.
Schickte er Fischer zur UN oder in den Nahen Osten, konnte dieser ihm
ein gewaltiges Stück Arbeit abnehmen; möglicherweise sogar mehr erreichen als
der Chef.
Merkel
hätte 2009 niemals akzeptieren dürfen einen Volldödel wie Westerwelle auf den
entsprechenden Posten zu setzen.
Gaga-Guido ist nicht nur keine Hilfe, sondern
verschlimmbessert die Situation eher noch, so daß das Bundeskanzleramt
anschließend die Scherben beseitigen muß, wenn der Außenminister mal wieder
irgendwo in der Welt Deutschland blamiert hat.
Die
Zusammenarbeit der Ministerien sollte eigentlich der Kanzleramtsminister
koordinieren und Reibungsverluste vermeiden.
Stattdessen hat sie die Vollpfeife
Pofalla („ich kann deine dumme Fresse nicht mehr sehen“ - Pofalla zu Bosbach)
an der Backe, die immer noch zusätzliches Chaos auslöst.
Was für ein
Unterschied zu Schröders höchsteffektiven Frank-Walter Steinmeier in dem Job.
Dasselbe
Problem hat Merkel in ihrem zweiten Chefposten als CDU-Vorsitzende.
Auch
dort ist sie von mittelmäßigen Ja-Sagern umgeben, bei denen man schon froh sein
muß, wenn sie sich ohne sich zu verlaufen im Konrad-Adenauer-Haus einfinden.
Die
Chaotisierung der CDU findet derzeit auf den Schlachtfeldern Herdprämie, Entfernungspauschale und verbindliche Frauenquote statt, bei denen alles munter
durcheinander gackert.
Als
Ausweg gäbe es zwei Möglichkeiten.
Zunächst einmal eine alle überzeugende
Argumentation. Diese Möglichkeit entfällt natürlich bei in Schilda ausgebrüteten
Idiotien, wie der Herdprämie.
Bleibt
zweitens das „Basta“, also eine Entscheidung von ganz oben, der sich alle fügen
müssen.
Das
allerdings ist Merkels Sache nun erst Recht nicht.
Robert
Roßmann kommentierte in der gestrigen SZ „Die CDU, ein Betreuungsfall“ und
schloss seine vernichtende Analyse der debakulierenden Unions-Führung mit
folgender Einschätzung:
Und so wird die CDU weiter streiten. Bis die Frauen doch noch einknicken - oder Wolfgang Schäuble das Problem für die Kanzlerin löst. In Zeiten der Schuldenbremse hat der Finanzminister keine Milliarden für das teure Betreuungsgeld übrig. Es wäre ein Ergebnis à la Merkel: Die Kanzlerin entscheidet nicht, sondern wartet, bis etwas sich entscheidet.
So
entsteht Arbeit durch Kanzlerische Arbeitsverweigerung.
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