Dienstag, 13. März 2012

Es werde Licht!



Wir, also „wir“, die Atheisten, die sich tagtäglich mit kirchenpolitischen Fragen auseinandersetzen, die Carsten Frerks „Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland“ (Alibri 2002) und das „Violettbuch Kirchenfinanzen“ (Alibri 2010) gelesen haben; wir kirchenkritischen Menschen, die Michael Schmidt-Salomons Veröffentlichungen verfolgen, die IBKA-Mitglieder sind, die den gbs-newsletter abonniert haben, die für den hpd spenden; wir, die selber denken können und Fragen stellen; WIR wissen einigermaßen gut Bescheid über die grundlegenden Absurditäten der finanziellen Verflechtungen und Staat und Kirche.

Wir haben aber alle die Berichte von Panorama und Monitor im Gedächtnis, in denen kirchliche Justiziare und kirchenpolitische Sprecher der Parlamentsfraktionen nach den Zahlungen an die Kirche gefragt werden und alle mußten passen.
Schon die Frage gilt als irgendwie ungehörig. Als ob man etwas Amoralisches und Asoziales erfragen würde. Hat sich doch in den Köpfen des Otto Normalverbrauchers fest eingestanzt, daß Kirchen grundsätzlich völlig selbstlos sind und von ihren Kirchensteuern lauter soziale Wohltaten finanzieren.
Selbst die meisten Ungläubigen loben die Kirchen für ihr soziales Engagement.

Daß viele kirchliche Krankenhäuser und Kindergärten bis zu 100% staatlich finanziert sind, ist absolutes Elitenwissen, das trotz Mantra-artiger Wiederholung nicht ins Bewußtsein der breiten Bevölkerung vordringt.

Ja, doch, seit 2010 ist die Aufmerksamkeit für Kinderfickereien der katholischen Geistlichen größer geworden, aber abgesehen davon werden wir doch immer wieder mit einem erstaunten „was hast du bloß gegen die Kirche? Die tun doch so viel Gutes!“ konfrontiert.

Auf solche Fragen könnte ich stundenlang antworten, starte aber gewohnheitsmäßig damit, daß ich es mir als Atheisten nicht gefällt die Bischofsgehälter von bis zu 13.000 Euro im Monat bezahlen zu müssen.
Ich bin immer wieder erstaunt darüber wie unbekannt diese schlichte Tatsache ist - ganz selbstverständlich nehmen alle, die sich nicht extrem für das Thema interessieren an, daß die Gehälter aus der „Kirchensteuer“ (die nichts anderes als ein Mitgliedsbeitrag ist, für den der Staat als Inkassounternehmen auftritt) aufgebracht werden.

Man weiß schon allgemein, daß der Vatikan die Lehrbefugnis für katholische Theologieprofessoren entziehen kann, daß die Ortsbischöfe die Missio Canonica aberkennen können und damit einem Religionslehrer kaltstellen können.
 Daß aber in beiden Fällen, also der katholischen Hochschulausbildung und dem schulischen Religionsunterricht die Gehälter vom Staat bezahlt werden, ist schon weniger bekannt.

Nur wenn zufällig mal ein einzelner Fall in die Öffentlichkeit gerät, wie zum Beispiel die Abberufung des offensichtlich in seiner Schule sehr beliebten Religionslehrers David Berger durch den höchst unbeliebten und antidemokratisch installierten Kölner Erzbischof Meisner, ist die Empörung groß. 

Wieso hat der Kardinal die alleinige Entscheidungsbefugnis über solche Dinge - obwohl es um einen staatlich bezahlten Lehrer an einer staatlichen Schule geht und sowohl Schülerschaft, als auch Elternvertreter und Lehrerkollegium Berger unbedingt behalten wollen?

Willkommen in der Realität!

 So sind die Regeln. Wenn sich niemand dafür interessiert und sich die Leute mit einem achselzuckenden „die Kirchen tun so viel Gutes“ zufrieden geben, wird sich auch nichts ändern.

Ich bin fest davon überzeugt, daß die öffentliche Meinung über die Kirchen dramatisch verfallen würde, wenn die Bürger wenigstens wüßten auf wie viele staatliche Angelegenheiten die Kirchen Einfluß nehmen (indem sie beispielsweise in Bundestags-Ethikkommissionen und Rundfunkräten hocken) und auf welch mannigfache Art und Weise Kirchen Geld vom Staat abziehen.

Die Macht das zu verändern, so wie es schon die Weimarer Reichsverfassung und nun auch das Grundgesetz gebietet, hätten die Parlamentarier, die aber fast alle vor der Macht der Kirche zittern und inaktiv bleiben.
Sie werden erst durch massiven Druck der Wähler aktiv werden.

In diesem Sinne finde ich es äußert begrüßenswert, wenn nach dem totalen Abdriftender FDP und der SPD in die Religiotie (CDU, CSU und Grüne sind ohnehin stramm auf Kirchenkurs) wenigstens einige Linke-Landesverbände in die Puschen kommen.

Der Held des Tages ist Ralf Michalowsky, kirchenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in NRW, dessen Kleine Anfragen nie richtig beantwortet wurden und der deswegen zu stärkerem Geschütz greift.

Mit einer Großen Anfrage will die Fraktion DIE LINKE im Landtag Licht in die undurchsichtigen Finanzverflechtungen von christlichen Kirchen und Land NRW bringen. „Die in diesem Komplex herrschende Intransparenz war für mich die Hauptmotivation, mich mit diesem Thema näher zu beschäftigen“, erklärt der kirchenpolitische Sprecher der Fraktion, Ralf Michalowsky. Die großen Kirchen erklärten zwar gern unisono, dass sie viel Geld in den Sozialbereich steckten, verschwiegen aber gern, dass dieses Geld zum größten Teil aus dem Steueraufkommen komme, kritisiert Michalowsky. „Wie viel das Land den Kirchen auf den unterschiedlichen Wegen zukommen lässt, kann man aber nirgendwo einsehen.“
[…]
 Auf die bisher vier von Michalowsky gestellten Kleinen Anfragen zur Kirchenfinanzierung hatte die Landesregierung eher ausweichend geantwortet. „Das wird ihr bei unserer Großen Anfrage nicht gelingen“, so Michalowsky. „Diesmal muss die Regierung ganz klar Farbe bekennen.“

Sehr löblich, liebe Linke. 
Zu dem Schritt könnte sich die SPD mit Nahles und Thierse nie durchringen.

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