Dienstag, 26. Juni 2018

Milde Xenophobie


Die CSU verfügt über einen ihr sehr gewogenen Hausdemoskopen; Herrn Jung von GMS.
Das Institut fertigt kontinuierlich Umfragen für die CSU-Staatskanzlei; finanziert vom Steuerzahler.
Umfragen lehnt man zwar empört als unseriös ab, wenn einem die Ergebnisse nicht passen, aber in Wahrheit sind fast alle Politiker von Umfragen besessen. Insbesondere CDU und CSU richten sich manisch nach Umfragen aus und auch die AfD verfügt mit INSA aus Bernd Höckes Heimat über ein Hausinstitut.

Tatsächlich messen wohl alle Demoskopen weit verbreitete xenophobe Tendenzen unter den Deutschen. Ihnen sind es generell zu viele Ausländer im Land. Obwohl kaum einer über das Aufenthaltsrecht, das Staatsbürgerschaftsrecht und die wahren Zahlen von „Ausländerkriminalität“, oder die Anzahl der Muslime in Deutschland informiert ist, hält sich hartnäckig das Vorurteil, es wären zu viele, die es viel zu leicht hätten und überdies auch noch bevorzugt würden.
Nichts davon stimmt, aber CSU, Lindner, Wagenknecht, AfD und deutsche Talkshows haben effektiv Agitprop betrieben.
Nun will der deutsche Michl die Fremden loswerden.
Alle Maßnahmen, die Ausländern Knüppel zwischen die Beine werfen, sind bei weit über der Hälfte der Bürger beliebt.

Da Xenophobie und „Mir san mir“ schon immer die Kernkompetenz der CSU sind, stellt sie sich jetzt an die Spitze der Bewegung und führt einen ausländerfeindlichen Wahlkampf an, der das Zeug hat die Bundesregierung zu sprengen.
Wäre doch gelacht, wenn Söder, Dobrindt und der arme alte Trottel im Innenministerium, der den beiden Jung-Rechts-Agitatoren hinterherrennen laufen muss, nicht mit ordentlich Dresche auf „die Musel und Neger“ einen schönen fetten Wahlsieg im Oktober in Bayern einfahren könnten.
Und schreien die Menschen nicht ohnehin auf der Straße alle „Merkel muss weg“?

Ein naheliegendes Konzept für die CSU, denn mit Nachplappern der AfD-Hetze hatten die Bayern bereits bei der letzten Bundestagswahl die heftigsten Unions-Verluste und größten AfD-Gewinne aller westlichen Bundesländer eingefahren.
Die Leute wählen das Original. Und weil die CSU damit so spektakuläre gegen die Wand prallte, versucht sie es nun noch mal.

Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.
(Albert Einstein)

Es kommt nun, wie erwartet.
Die CSU reißt die gesamte Union mit nach unten und verhilft der AfD zu neuen Rekordumfrageergebnissen.
Besonders extrem schmiert die CSU zu Hause ab. Ausgerechnet die zutiefst verhasste Kanzlerin ist in Bayern populärer als Söder.

[….] Forsa-Umfrage: Merkel erhält in Bayern mehr Zuspruch als die CSU
[….] Mit ihrem Kurs unter anderem in der Flüchtlingspolitik kann die CSU einer Umfrage zufolge bei der Mehrheit der Bayern nicht punkten. [….] Der von Seehofer geforderte nationale Alleingang in der Flüchtlingspolitik wird überwiegend abgelehnt - in Bayern ebenso wie im Rest der Republik. 
In der Forsa-Umfrage sprechen sich bundesweit 71 Prozent der Bürger für die von Merkel angestrebte europäische Lösung in der Asylpolitik aus. Auch zwei Drittel der Bayern (68 Prozent) wollen ein gemeinsames europäisches Vorgehen. Der Anteil der Befürworter einer europäischen Flüchtlingspolitik sei im Laufe des Junis sogar um vier Prozentpunkte gewachsen, erklärten die Demoskopen. Seehofer wird demnach vor allem von den Anhängern der AfD unterstützt: 83 Prozent von ihnen sind für den nationalen Alleingang, aber nur 44 Prozent der CSU-Anhänger.
[….] Von der Verteidigung der absoluten Mehrheit bei der Landtagswahl im Oktober ist Söder immer noch weit entfernt. Laut Forsa kommt die CSU in Bayern aktuell auf 40 Prozent. [….]  Bei einer Bundestagswahl könnte die CSU in Bayern zurzeit nur noch mit 36 Prozent rechnen, 2,8 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl im September 2017. [….]


Der arme Söder: Hundert Tage Dauerhetze, Krawall gemacht, der das Zeug hat die EU zu sprengen und massiven Unmut der Unternehmerverbände auslöst und nun lehnen die Bayern ihn mehrheitlich ab????

[……] Horst Seehofer schneidet im Urteil der Bayern genauso schlecht ab wie sein ungeliebter Nachfolger Söder. Nur 37 Prozent der Bürger im Freistaat bewerten seine Arbeit positiv, 61 Prozent aber negativ. Auch der Innenminister findet mehrheitlich Zustimmung nur bei den Anhängern von CSU (55 Prozent) und AfD (61 Prozent). Besonders kritisch sehen ihn die Anhänger der Grünen (94 Prozent).
Seehofer betrachtet die „Lösung der Flüchtlingsfrage“ als seine Hauptaufgabe in der Bundesregierung – 75 Prozent der Bayern sind allerdings der Auffassung, dass es Probleme gibt, „die genauso wichtig oder sogar noch wichtiger sind“. Das glauben sogar auch zwei Drittel der CSU-Anhänger (66 Prozent). [….]

Die Zahlen sind von Forsa und das Institut war in der Vergangenheit immer treffsicherer, als es seine Kritiker wahrhaben wollen.

Die CSU, die weniger aufgrund ihrer Überzeugung, als durch Auswertung der Umfragen agiert, fraß aufgrund der Forsa-Zahlen sofort Kreide und milderte heute den Ton gegenüber der Kanzlerin deutlich ab.

Aber wie konnte sich die CSU so irren? Hatte sie nicht einfach das gefordert, was eine große Mehrheit will? Wieso wird sie demoskopisch nicht belohnt?
Das sind die Fragen, die sich Markus Söder heute auch stellt, während er in sein Kopfkissen weint.

Ich sehe einige mögliche Erklärungen:

Allzu durchsichtig ist das CSU-Verhalten. Jeder weiß, daß es sich nur um Wahlkampfspektakel handelt.

Aus den letzten Jahren wissen wir, daß die CSU viel fordert, gern das Maul aufreißt, aber in Regierungsverantwortung nichts davon umsetzen kann, weil ihre Minister zu unfähig sind. Anti-Ausländermaut, Herdprämie, Obergrenze…

Die handelnden Personen (Dobrindt, Söder und Seehofer) sind charismafrei, unsympathisch und unglaubwürdig.

Nicht jeder, der ein mulmiges Gefühl bei Muslimen und dunkelhäutigen Ausländern bekommt, ist zwangsweise ein AfD-affiner Rassist. Offenkundig gibt es auch Abstufungen von Xenophobie zwischen den Extremen Gauland und mir.
Es gibt Leute, die meiner Auffassung von der völligen Grenzöffnung nicht folgen können und unbedingt weniger Migranten in Deutschland haben wollen, die aber dennoch Mitleid mit Flüchtlingen haben und noch lange nicht Seehofer folgen.
Diesen milden Xenophoben versucht auch Sahra Wagenknecht nachzulaufen, wenn sie immer mal wieder AfD-Rhetorik verwendet, oder neuerdings auch noch gegen Schwule agitiert. Das ist zwar widerlich und macht die LINKE für mich unwählbar, aber Wagenknecht ist nur skrupellos und unsensibel. Sie ist nicht selbst eine derartige Ausländerhasserin wie Pegidioten, Storch oder Höcke.
Diese moderaten Ausländer-Ablehner möchten gern, daß im Krankenhaus alle deutsch sprechen, daß die hier lebenden Migranten schön still und möglichst angepasst leben und nicht etwa als Kurden für ihre Rechte demonstrieren. Sie wollen aber nicht jeden einzelnen rauswerfen und gruseln sich bei herzzerreißenden Szenen, wenn Familien bei nächtlichen Abschiebungen auseinandergerissen werden.
Kurzum, sie sind eben nicht so mies wie Söder.

1 Kommentar:

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